Opferstock

Opferstock in Sankt Martin, Flintsbach am Inn
Opferstock an der Außenwand eines Pastorats in Lübeck

Ein Opferstock oder Opferkasten ist ein Behälter im Innenraum oder an der Außenmauer einer Kirche zur Sammlung von Geldspenden.

Die Tradition von Sammelkästen für Almosen in Gotteshäusern geht schon auf den Jerusalemer Tempel und Synagogen zurück (2 Kön 12,10 , 2 Chr 24,8–11 ). Da Martin Luther bei entsprechenden Stellen im Neuen Testament (Mk 12,41–44 , Lk 21,1–4 , Joh 8,20 ) altgriechisch γαζοφυλάκιονgazophylákion mit „Gotteskasten“ übersetzte, wird dieser Begriff, der in der frühen Neuzeit sonst den Aufbewahrungsort des Gemeindevermögens bezeichnete,[1] mancherorts synonym zu „Opferstock“ gebraucht.[2]

Der Wortteil Stock[3] verweist darauf, dass die Behälter ursprünglich aus ausgehöhlten Baumstämmen oder -stümpfen gefertigt wurden.[4][5] Der Begriff wird aber auch für Opferkästen verwendet, die aus anderen Materialien wie Metallen oder Stein hergestellt oder fest im Mauerwerk der Kirche verbaut sind.

Historisch soll die Aufstellung von Opferstöcken erstmals von Papst Innozenz III. in der Bulle Quia maior 1213 zur Finanzierung des Fünften Kreuzzugs angeordnet worden sein.[4][6] Dies rief vielerorts Unmut hervor,[7] unter anderem kritisierte Walther von der Vogelweide in den Sprüchen des Unmutstons diese Praxis als Vorwand für den Ausbau des Lateran.[8]

Wenn Opferstöcke in Kirchen vorhanden sind, existieren sie zumeist zusätzlich zu den in den Gottesdiensten abgehaltenen Kollekten mit dem Klingelbeutel und haben oft auch einen anderen Sammlungszweck: während Kollekten häufig einem bestimmten Projekt oder Hilfswerk zugutekommen (was dann jeweils vorher angekündigt wird), werden Geldspenden aus dem Opferstock oft für allgemeine Anliegen der Kirchengemeinde verwendet oder aber für längerfristige Sammelzwecke wie Kirchenrenovierung, Orgelbau oder soziale Projekte. In manchen, besonders evangelischen, Gemeinden können der Opferstock oder am Kirchenausgang angebrachte Spendendosen aber auch dazu dienen, die Kollekte der Gottesdienstbesucher am Ende des Gottesdienstes aufzunehmen.[9] In vielen Kirchen dient der Opferstock ferner zugleich als Kasse für den Schriftenstand: die Kirchenbesucher werden dann gebeten, den Preis für die zum Kauf angebotenen Bildpostkarten, Kirchenführer und sonstigen Verkaufsschriften in den Opferstock einzuwerfen.

Literatur

  • Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg: Willkommen in unseren Kirchen: eine Orientierungshilfe. Bischöflich Münstersches Offizialat, Vechta 2017, DNB 1132237300, S. 27.
  • Martin Langenberg: Opferstock und Sammeldose: ein erster Blick auf die Spendengefäß-Sammlung von Dr. Heinrich Loosen. In: Novaesium. Neusser Jahrbuch für Kunst, Kultur und Geschichte. 2014, ISSN 0077-7862, S. 161–171.
  • Rainer Auts: Opferstock und Sammelbüchse: die Spendenkampagnen der freien Wohlfahrtspflege vom Ersten Weltkrieg bis in die sechziger Jahre. Schöningh, Paderborn [u. a.] 2001, ISBN 3-506-79610-0.
  • Niklot Klüssendorf: Gelt, so in Klingelsack gefalt: das evangelische Kirchenopfer der Frühneuzeit im Lichte des Opferstocks von Rohr (Thüringen) (= Mitteldeutsche Forschungen. Bd. 110). Böhlau, Weimar/Köln/Wien 1993, ISBN 3-412-06393-2.
  • Marion Martin (Hrsg.): Wenn das Geld im Kasten klingt …: vom Opferstock zur Online-Spende. Eine Ausstellung des Museums für Sepulkralkultur, Kassel, in Verbindung mit der Evangelischen Kreditgenossenschaft eG, Kassel; 12. November 2005 bis 5. Februar 2006. Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal, Kassel 2005, ISBN 3-924447-31-4.

Weblinks

Commons: Opferstöcke – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Opferstock – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Gotteskasten, m.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 8: Glibber–Gräzist – (IV, 1. Abteilung, Teil 5). S. Hirzel, Leipzig 1958, Sp. 1264–1265 (woerterbuchnetz.de).
  2. Wilhelm Thomas: Der Gotteskasten. In: Quatember 1955, S. 31 (online-Version des Textes)
  3. Stock, m.. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 19: Stob–Strollen – (X, 3. Abteilung). S. Hirzel, Leipzig 1957, Sp. 10–45 (woerterbuchnetz.de).
  4. a b R. Schrod: Opferstock. In: Wetzer und Welte’s Kirchenlexikon oder Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hülfswissenschaften. Zweite Auflage hrsg. von Joseph Hergenröther, fortgesetzt von Franz Kaulen. Band 9: Naama bis Pignatelli. Herder, Freiburg i. Br. 1895, DNB 948388447, Sp. 925 (Textarchiv – Internet Archive).
  5. Opferstock. In: Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. 5. Auflage. Band 2. Brockhaus, Leipzig 1911, S. 312 (zeno.org).
  6. Karl Schwarzel: Anleitung zu einer vollständigen Pastoraltheologie. Rieger, Augsburg 1800, S. 37 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  7. Theodor Nolte: Papst Innozenz III. und Walther von der Vogelweide. In: Thomas Frenz (Hrsg.): Papst Innozenz III., Weichensteller der Geschichte Europas. Steiner, Stuttgart 2000, ISBN 3-515-07433-3, S. 69–91, hier S. 80 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Helene Luise Köppel: Ein ketzerisch Lied?, abgerufen am 12. November 2018
  9. Opferstock. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 15, Bibliographisches Institut, Leipzig/Wien 1908, S. 75–76.

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Opferstock, Sankt Martin, Flintsbach am Inn
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