Opfer einer großen Liebe
| Film | |
| Titel | Opfer einer großen Liebe |
|---|---|
| Originaltitel | Dark Victory |
| Produktionsland | USA |
| Originalsprache | Englisch |
| Erscheinungsjahr | 1939 |
| Länge | 99 Minuten |
| Altersfreigabe |
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| Stab | |
| Regie | Edmund Goulding |
| Drehbuch | Casey Robinson |
| Produktion | David Lewis, Hal B. Wallis |
| Musik | Max Steiner |
| Kamera | Ernest Haller |
| Schnitt | William Holmes |
| Besetzung | |
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Opfer einer großen Liebe (Originaltitel: Dark Victory) ist ein in Schwarzweiß gedrehtes US-amerikanisches Filmdrama von Edmund Goulding aus dem Jahr 1939. Die Hauptrollen sind mit Bette Davis, George Brent und Geraldine Fitzgerald besetzt.
Die Rolle der Judith Traherne gilt als eine der besten Rollen von Bette Davis.[1] Das von Casey Robinson geschriebene Drehbuch basiert auf dem gleichnamigen Broadway-Stück von George Emerson Brewer jr. und Bertram Block. Der Film zeigt die Wandlung der reichen, nur an Vergnügungen interessierten Erbin Judith Traherne, die erfährt, dass sie an einem inoperablen Hirntumor leidet. Die Liebe zu ihrem Arzt hilft ihr, ihrem Leben eine völlig neue Richtung zu geben. Das Stück wurde von den Autoren ursprünglich für Tallulah Bankhead geschrieben, war jedoch 1934 mit nur 55 Aufführungen am Broadway nicht so erfolgreich, wie man erwartet hatte.[1] Ein damaliger Filmtrailer verkündete: „The love story no woman will ever forget!“ (Die Liebesgeschichte, die keine Frau je vergessen wird!)
Handlung
Judith Traherne, gerade 23 Jahre jung, kapriziös und als reiche Erbin eines Pferderennstalls finanziell unabhängig, liebt neben den Pferden, Hunde, rauschende Feste in der High Society und das Rauchen. Immer häufiger jedoch plagen sie unerträgliche Kopfschmerzen und eine zunehmende Sehschwäche, die schließlich sogar zu einem Reitunfall führt. Eigensinnig, wie Judith nun einmal ist, weigert sie sich, zum Arzt zu gehen, bis Ann, in erster Linie Freundin aber auch ihre Sekretärin, sie schließlich doch dazu bringen kann, den Gehirnspezialisten Dr. Frederick Steele aufzusuchen.
Judith, die ein Leben ganz entgegengesetzt dem von Dr. Steele führt, bewundert ihren Arzt, der in seinem verantwortungsvollen Beruf aufgeht. So willigt sie auch in eine schnelle Operation ein, nach der Judith sich ausgesprochen gut fühlt und in ihrem Glauben bestärkt wird, geheilt zu sein. In Unkenntnis ihrer unheilbaren Krankheit veranstaltet Judith auf ihrem Anwesen ein Fest mit allen ihren Freunden, zu dem sie auch Dr. Steele einlädt. Dort stellt Ann, die etwas ahnt, den Doktor zur Rede und er gesteht ihr schließlich die Wahrheit über Judiths Zustand. Steele gerät zunehmend in einen Gewissenskonflikt, da er sich in Judith verliebt hat – und Judith erwidert seine Zuneigung völlig unbefangen.
Durch einen dummen Zufall entdeckt Judith ihre Patientenakte, glaubt sich verraten und stürzt sich tief verletzt und todunglücklich von einem Vergnügen ins nächste. Während dieser Phase ihres Lebens vertraut sie sich eines Abends ihrem langjährigen Freund, dem Stallburschen Michael an, der in diesem inhaltsschweren Gespräch die richtigen Worte findet, um sie erkennen zu lassen, wie leer ihr Leben eigentlich ist. Judith zieht einen Schlussstrich und krempelt ihr Leben völlig um. Sie ist nun bereit, die aufrichtige Liebe, die ihr von ihrem Arzt entgegengebracht wird, anzunehmen. Sie entschuldigt sich bei Dr. Steele, den sie aus tiefstem Herzen liebt – Steele macht ihr einen Heiratsantrag und Judith nimmt glücklich an. Die beiden heiraten und ziehen sodann in das ländlich gelegene Vermont, wo Steele ein Labor eröffnet. Sie sind dort sehr glücklich miteinander; Steele ist inzwischen ein renommierter Forscher geworden und versucht verzweifelt ein Mittel zu finden, um Judith doch noch heilen zu können.
Einige Zeit später erhält Judith einen Brief von ihrer besten Freundin Ann, die ihren Besuch ankündigt, über den sich Judith und ihr Mann sehr freuen. Judith und Ann verbringen vergnügte Stunden miteinander, als sie jedoch zusammen im Garten Blumenzwiebeln pflanzen, stellt Judith bestürzt fest, dass ihre Sehkraft rapide nachlässt; beide wissen, dass dies ein sicheres Anzeichen für ihren nahenden Tod ist. Frederick hat am selben Tag ein wichtiges Telegram erhalten. Er wird zu einem in New York stattfindenden Kongress eingeladen, wo er seine medizinischen Ergebnisse den bedeutendsten Wissenschaftlern präsentieren soll. Natürlich möchte er, dass Judith ihn dorthin begleitet. Judith jedoch versteht es, ihm ihren wahren Zustand zu verheimlichen und ihn dazu zu bringen, ohne sie zu fahren.
Judith, nun fast vollständig erblindet, möchte dennoch mit Ann die letzten Hyazinthenzwiebeln setzen, Blumen die ihr Mann so liebt, und bittet Ann, sich nach ihrem Tod um ihren Frederick zu kümmern, da es für ihn „ja schlimmer ist als für mich, weil ich ja nur gehen muss!“ Kurz darauf schickt sie auch Ann fort mit den Worten: „Sei meine beste Freundin! Geh jetzt! Bitte!“ Sie betritt dann ihr Haus, verabschiedet sich von ihren beiden Hunden und geht in ihr Schlafzimmer hinauf, um ruhig und gefasst ihrem Ende entgegenzusehen.
Produktion
Produktionsnotizen, Hintergrund
Das Melodram Opfer einer großen Liebe, bearbeitet von Casey Robinson, basiert auf dem Theaterstück von George Emerson Brewer jr. und Bertram Bloch. Der Regisseur Edmund Goulding fing im Oktober 1938 mit den Dreharbeiten an, die bis in den November hinein dauerten. Gedreht wurde teils im San Fernando Valley.[2] Es handelt sich um einen Warner Bros. Film, der in Co-Produktion mit den First National Pictures realisiert wurde.
Film und Hauptdarsteller wurden von der Kritik sehr gelobt. Bette Davis wurde für ihre Leistung als Judith Traherne für den Oscar als Beste Hauptdarstellerin nominiert. Von der Kritik wurde hervorgehoben, dass die Schauspielerin die ungemein schwierige Endszene des Films großartig gemeistert habe, dass man allenfalls etwas „an den Engelschören hätte aussetzen können, mit denen der Komponist Max Steiner seine Musik (die ihm eine Oscar-Nominierung) einbrachte gekrönt habe.“[1] Der Bette-Davis-Biograph Jerry Vermilye schrieb weiter, „dass die Rolle der Judith Traherne für jede Schauspielerin, die diese Bezeichnung verdient, eine wunderbare Rolle“ sei und führte weiter aus: „Bette Davis fing jede blitzschnell wechselnde Laune dieses unbeständigen Charakters ein, während sie sich von der draufgängerischen, trotzigen jungen Dame der Gesellschaft zur erbitterten Hedonistin wandelt, dann zur liebevollen Ehefrau, die sich mit einem kurzen Glück mit dem geliebten Mann abfindet.“[1]
Der Film, der im selben Jahr wie das Filmdrama Vom Winde verweht in den Kinos erschien, hatte gegenüber diesem das Nachsehen. Das Südstaatenepos konnte bei der Oscarverleihung 1940 in acht Kategorien den Oscar erringen.
Bette Davis hatte um diese Rolle und diesen Film hart kämpfen müssen, was angesichts des Erfolgs im Nachhinein interessant ist. Jack Warner von Warner Brothers hatte die Rechte an dem Film zwar für Bette Davis gekauft, äußerte aber bis zuletzt Zweifel daran, dass der Film ein Erfolg werden könnte: „Wer wird schon einen Film über ein Mädchen sehen wollen, das stirbt?“[1]
Der ausführende Produzent David O. Selznick hatte die Hauptrollen von Dark Victory 1935 ursprünglich für Greta Garbo und Fredric March vorgesehen, die aber schon für Anna Karenina verplant waren. 1936 bot Selznick die Hauptrolle dann Merle Oberon an, die aber aufgrund von Vertragskomplikationen ablehnte. Warner Bros. kaufte Selznick die Rechte 1938 für 50.000 US-Dollar ab, nachdem Produzent David Lewis und Regisseur Edmund Goulding ihr Interesse an dem Stoff bekundet hatten, die wiederum von Bette Davis Interesse an der Rolle wussten. Bette Davis erzählte, dass Goulding das Drehbuch noch insoweit verändert habe, dass er Judith Ann als beste Freundin zur Seite gestellt habe.[2]
Notizen zum Film
- In der ersten Fassung des Filmes gab es eine erweiterte Endszene. Judith Trahernes Pferd gewinnt den Grand National und ihr Stallbursche Michael O’Leary bricht in Tränen aus. Die Zuschauer empfanden diese Szene als unpassend, woraufhin der Regisseur sie entfernen ließ.[2]
- Bette Davis erzählte in Interviews oft, dass dies ihre Lieblingsrolle gewesen sei. George Brent soll geäußert haben, dass Bette Davis in diesem Film „die großartigste Darstellung ihres Lebens“ gebracht hat. Bette Davis und George Brent spielten in elf gemeinsamen Filmen die Hauptrollen. Zur Zeit von Dark Victory bahnte sich zwischen Davis und Brent eine private Beziehung an.[1]
- Die irisch-amerikanische Schauspielerin Geraldine Fitzgerald spielte hier ihre erste Filmrolle.[2] Der spätere US-Präsident Ronald Reagan ist in der Nebenrolle eines „jungen Salonlöwen“ zu sehen.[1]
- Es existiert eine deutsche Synchronfassung, in der Ann als Anna bezeichnet wird und Dr. Frederick Steele als Dr. Alfred Stahl.
- Michael O’Leary ist einer der Namen, den Pierce Brosnan als Remington Steele in der gleichnamigen Krimi-Serie in seiner dunklen Vergangenheit des Öfteren als Decknamen angegeben hat.
Veröffentlichung
Am 20. April 1939 hatte der Film in New York in den USA Premiere, am 22. April 1939 lief er dann allgemein in den amerikanischen Kinos an. Im Jahr 1939 wurde er zudem in folgenden Ländern veröffentlicht: Kanada (Toronto), Schweden, im Vereinigten Königreich (London), in Dänemark, Argentinien, Mexiko, Ungarn, in den Niederlanden und in Slowenien sowie 1940 in Finnland, 1942 in Portugal, 1945 in Frankreich, 1946 in Italien, 1947 in Hongkong, 1948 in Spanien (Barcelona und Madrid) und in Japan. Am 21. April 1950 lief er in der Bundesrepublik Deutschland an. Das Filmdrama trug auch den Verweistitel Solange die Liebe lebt.[3] In Österreich war er ab dem 3. November 1950 zu sehen. 1951 erfuhr er in Dänemark eine erneute Aufführung. 2005 wurde er in Griechenland auf DVD veröffentlicht. Veröffentlicht wurde er zudem in Bulgarien, Brasilien, Chile, Südkorea, Norwegen, Polen, der Sowjetunion, in der Türkei und in Jugoslawien.
1995 erschien der Film auf DVD bei Warner Home Video. Der Film wurde restauriert. Als Special gibt es den Original-Kinotrailer, einen Audiokommentar von James Ursini (Filmhistoriker) sowie von Paul Clinton (CNN-Filmkitker) und ein Making-of aus dem Jahr 1995: 1939: Harte Konkurrenz für Opfer einer großen Liebe. Die DVD enthält die englische Originalversion sowie die deutsche und spanische Fassung.
Rezeption
Kritik
Frank S. Nugent von der New York Times meinte, dass die Vergabe des „Oscars an Bette Davis für ihre Leistung in Jezebel“ im vorhergehenden Jahr „verfrüht“ gewesen sei. Dark Victory habe gezeigt, wie „hervorragend die Schauspielerin tatsächlich sei und mehr als das, sie verzaubert und ist bezaubernd.“ […] „Miss Davis, Geraldine Fitzgerald und der Rest der Schauspieler [haben] dem Film mit ihrem sensiblen Spiel zu den eindringlichsten Bildern der Saison verholfen.“[4]
In der Variety war zu lesen, Dark Victory sei ein spannendes Drama mit einer stets präsenten Unterströmung der Tragödie und ein gut produziertes Werk. Bette Davis spiele darin eine kraftvolle und beeindruckende Rolle.[5]
Alan G. Barbour sprach in seinem Buch Humphrey Bogart von einem „Rührstück der beliebten Bette Davis“, in dem „Humphrey Bogart als irischer Stallknecht eine schreckliche Fehlbesetzung“ sei und es immer noch besser sei, „seinem Filmtyp entsprechend eingesetzt zu werden, als eine Fehlbesetzung hinzunehmen“. Für Bette Davis sei dieser Film einer ihrer „denkwürdigsten und beliebtesten“ Erfolgsfilme gewesen. Die Schauspielerin habe Szene für Szene „mit diesem speziellen Zauber“ ausgestattet, „dessen nur sie allein fähig“ gewesen sei, „den nur sie“ habe heraufbeschwören können.[6]
John Farr stellte auf der Seite Best Movies by Farr fest, dass dieser Oscar-nominierte Schnulzenfilm über eine sterbende Dame der Gesellschaft, die in den verbleibenden Monaten ihres Lebens ihr Glück suche, 1939 das Publikum begeistert habe. Und es sei nicht schwer zu verstehen, warum. Die brillante Davis sei großartig und verwandele sich überzeugend von der herrischen, draufgängerischen Pferdezüchterin Judith Traherne in einen bodenständigen, spirituell bescheidenen Menschen. Humphrey Bogart liefere eine muntere Rolle als irischer Stallbursche und, achten solle man auch auf Ronald Reagan, der als Judiths Verehrer Alec Hamin großartig sei. Wer Lust auf Tränen habe, für den sei Dark Victory das Ticket zu tränenreicher Glückseligkeit.[7]
Tim Dirks befasste sich auf der AMC Filmsite mit dem Film und meinte, Dark Victory sei ein sentimentales, tragisches und bewegendes Melodram aus den Warner Bros. Studios – gedreht in Hollywoods berühmtestem und wettbewerbsintensivstem Jahr. Der Film biete eine elektrisierende, fesselnde, meisterhafte und rührende Darstellung seines Starstars Bette Davis. Für das Filmstudio sei es ein gewisses Risiko gewesen, einen intensiven Film über eine todkranke Patientin mit negativer Prognose zu drehen und zu veröffentlichen.[8]
Keith Uhlich führte auf der Seite Slant aus, sogar für die Standards eines typischen Melodrams von Bette Davis sei Dark Victory ein Überfluss an Reichtum: Ein Film, der mit Humphrey Bogart (als verliebtem proletarischen Stallknecht) beginne und mit einer längeren Sequenz ende, in der Davis’ verwöhnte Long Island-Promi Judith Traherne (erblindet aufgrund einer lähmenden Gehirnerkrankung) einen emotional niederschmetternden Sterbemarsch im ‚Kreuzzeichen‘-Stil aufführe. Swansons erster Tonfilm von Edmund Goulding teile mit Dark Victory eine perverse, aber aufrichtige Vorliebe für christliche Ikonographie. Davis sei in dem Film eine kulleräugige Christin, die am Ende des Films entschlossen sei, dem Tod mit dem größten Frieden ins Auge zu blicken (und dabei durch den durchsichtigsten und schmeichelhaftesten aller Filter fotografiert werde). Der Weg dorthin sei natürlich schon der halbe Spaß und es mache einen Riesenspaß, Davis auf dieser Reise zu begleiten.[9]
Lisa Marie Bowman widmete sich dem Film auf der Seite Through the Shattered Lens // Where mainstream meets grindhouse, exploitation, otaku and gamers und meinte, bei einem Titel wie Dark Victory könne man sich wohl denken, dass die Geschichte dieses Films keine fröhliche sein werde. Wer etwas bemängeln wolle, könne das bei einem Film wie Dark Victory durchaus tun, da der Film zugegebenermaßen vorhersehbar und Humphrey Bogart etwas fehlbesetzt sei und ja, dieser Film habe wohl einen Präzedenzfall für Filme geschaffen, in denen unabhängige Frauen durch eine tödliche Krankheit sowohl bestraft als auch erlöst werden würden. Man könne zwar kleinlich sei, aber all das spiele keine Rolle, denn Dark Victory funktioniere fast wider Willen. Bette Davis liefere hier eine ihrer besten Leistungen ab und lasse selbst die übertriebensten Ereignisse glaubwürdig und real wirken. Ihre Performance decke das gesamte Spektrum ab und gehe sogar noch weiter. Der Film werde oft als ‚Tränenzieher‘ bezeichnet und am Ende des Films habe auch sie Tränen in den Augen gehabt. Wenn selbst eine so lebhafte und starke Figur wie Judith Taherne den Tod nicht besiegen könne, welche Hoffnung bleibe uns anderen dann noch?[10]
Michael Reuben war in seiner Bewertung für Blu-ray.com der Ansicht, dass der Grund für den Erfolg dieses Films einer Person zuzuschreiben sei: Bette Davis. Warner-Bros. hatte es für unwahrscheinlich gehalten, dass dieser Tränenzieher ein Erfolg werden könnte, da schon das Originalstück 1934 am Broadway floppte. Dark Victory sei einer jener seltenen Filme, in denen die Leistung eines einzigen Stars die vielen Einwände, die der Stoff aufwerfe, beiseite lasse. Die Story sei manipulativ, die Gefühle häufig rührselig, das Verhalten vieler Charaktere fragwürdig und die medizinische Wissenschaft lächerlich – doch das habe niemanden interessiert. Davis turbulente Darstellung einer jungen und ehemals sorglosen Frau, die plötzlich mit einer unheilbaren Krankheit konfrontiert wird, sei so komplex und fesselnd, dass sie die vielen Einwände, die die Handlung des Films aufwerfe, beiseite schiebe. Wenn jemand gute Argumente für künstlerische Freiheit aufzählen möchte, sollte Bette Davis in Dark Victory ganz oben stehen.[11]
Der Kritiker Derek Winnert empfahl, auf jeden Fall Taschentücher für den unwiderstehlichen Tränenzieherfilm Dark Victory von Regisseur Edmund Goulding aus dem Jahr 1939 bereitzuhalten. Eine brillante Davis packe ihre Chance in einer ihrer Schlüsselrollen beim Schopf und erhalte mehr als kompetente Unterstützung von George Brent als ihrem Arzt und damaligen Ehemann Frederick Steele, Geraldine Fitzgerald als ihrer sympathischen Freundin Ann King, Ronald Reagan als Alec und Henry Travers als dem alten Dr. Parsons. Leider sei Humphrey Bogart, der Probleme mit seinen Zähnen und seinem Akzent gehabt habe, in seiner Rolle als Trahernes irischer Pferdepfleger Michael O’Leary eine peinliche Figur – und dies sei wohl seine schlechteste Leistung in einem Film.[12]
Andrew Wickliffe stellte bei The Stop Button fest, dass Bette Davis und Geore Brent würden sich in Dark Victory nie küssen. Der Film biete Davis eine hervorragende Rolle, bis zum Schlluss. Insgesamt sei er eine etwas holprige Angelegenheit, im ersten Akt, der sich in drei Akte gliedere, wirke Davis nicht besonders sympathisch. Für Bogart, der zum Spielball des Melodramas werde, sei dies keine Glanzrolle. Brent spiele den innerlich zerrissenen Arzt hervorragend und verleihe Davis in ihrer ersten gemeinsamen Szene sogar Menschlichkeit. Das Melodrama biete Davis und Fitzgerald gutes Material, nicht aber Brent. Zwar habe er immer noch einige gute Momente im Film, aber nichts Vergleichbares zur ersten Hälfte, als seine aufgesetzte Ruhe von Tragik durchdrungen war. Die schauspielerischen Leistungen im Film seien durchweg gut – Davis sei großartig – sei aber zu gehetzt, zu überhastet. Das Herzstück des Films sei die Leistung von Davis. Brents Performance scheine eine Zeit lang Potenzial zu haben, doch sei die Beziehung zwischen ihm und Davis viel zu keusch (vor allem, wenn man bedenke, dass sie abseits der Kamera eine Affäre gehabt hätten). Ernest Hallers Kameraführung sei gut, Max Steiners Filmmusik exzellent.[13]
Jessica P. schrieb bei Comet Over Hollywood, Dark Victory sei einer der besten Filme des Jahres 1939. Die Filmindustrie, die überzeugt gewesen sei, dass der Film ein Flop würde, sei eines Besseren belehrt worden. Der Film habe großartige Kritiken erhalten, sei eine Woche lang die Nummer eines der Kinocharts gewesen und habe insgesamt 97.780.000 Dollar (heute in etwa: 1.772.624.778,42 Dollar) eingespielt. Er sei nicht nur einer der erfolgreichsten Filme des Jahres gewesen, er habe auch mehr Geld eingespielt als die meisten Filme von Bette Davis zu diesem Zeitpunkt Er sei einer der wichtigsten Filme in Bette Davis Karriere gewesen und auch ihr persönlicher Lieblingsfilm.[14]
Gary W. Tooze schrieb auf der Seite DVD Beaver, Bette Davis’ bravouröse, bewegende, aber nie morbide Darstellung der Judith Traherne, einer sterbenden Erbin, die entschlossen sei, in den wenigen ihr verbleibenden Monaten ihr Glück zu finden, bleibe ein Klassiker. Wenn Davis nicht die Studioleitung dazu gedrängt hätte, die Storyrechte für den Film zu kaufen, wäre dieser Erfolg nie möglich gewesen. Jack Warner war voller Skepsis undmeinte, wer wolle schone ine Frau erblinden sehen=? Die Antwort sei: Fast alle: Dark Victory sei Davis![15]
Caio Bogoni schrieb bei Cine Grandiose, Dark Victory sei ein Porträt des Rests eines Lebens. Es sei einfach ironisch, dass Davis’ Leistung, so gut sie auch sei, nicht für den Oscar gereicht habe, den Vivien Leigh schließlich für Vom Winde verweht gewonnen habe. Wenn Davis’ in ihrer Darstellung etwas absolut gelungen sei, dann das, das Mitgefühl des Zuschauers für die Situation zu wecken und ihn, mehr noch, für sich zu gewinnen, zumal sich die Gefühle, um die es gehe, als weitaus veränderlicher erweisen als das endgültige und unabänderliche Schicksal des Mädchens.[16]
Bei Cinecaps Digest war man der Meinung, dass dieses altmodische Melodram einer manipulativen Drei-Taschentuch-Darstellerin, die durch Davis’ wie immer großartige Bemühungen beinahe gerettet worden wäre, nur dann schwächele, als sie gebeten werde, ihre Krankheit für die billigen Plätze zu spielen. Diese Krankheit sei zufällig eines jener Leiden, die es nur in Hollywood gebe und die ihre Haltung, ihr Auftreten und ihre Frisur/ihr Make-up nicht beeinträchtigten, und da der Star nie Angst gehabt habe, in einem unvorteilhaften Licht gesehen zu werden, wenn die Rolle es erfordert habe, sei der Hochglanzansatz umso frustrierender.[17]
Im Cinemagazine setzte sich Bart Rietvink mit dem Film auseinander und führte aus, dass er im Jahr seines Erscheinens starke Konkurrenz gehabt habe, da 1939 ein außergewöhnlich produktives Filmjahr gewesen sei, in dem mehrere genreprägende Filme Premiere gefeiert hätten. Dass dieser Film noch heute in Erinnerung sei, zeuge von seiner Qualität. Bette Davis, die diese Rolle zu ihrer Lieblingsrolle erklärt habe, zeige im Film sehr deutlich, dass sie sich voll und ganz für Judith Traherne einsetze. Dark Victory sei ein technisch exzellenter Film mit wunderschöner Kameraführung, passender Musik und einer beeindruckenden Besetzung, darunter Humphrey Bogart und mit einer starken Leistung von Geraldine Fitzgerald. Bette Davis laufe in diesem Tränenzieher zu Höchstform auf. Sie habe eine starke Leinwandpräzenz und liefere oft eine überraschend subtile Darstellung, insbesondere in Anbetracht des Genres des Films. Alles in allem sei dies ein bemerkenswert unterhaltsamer Film, der dank seiner hervorragenden schauspielerischen Leistung und (film-)technischen Qualitäten weit über den Rahmen eines traditionellen Schmökers hinausgehe. Für Fans des Genres sei er ein absolutes Muss.[18]
Den Kritiker Dennis Schwartz konnte der Film im Gegensatz zur Mehrheit der Kritiker nicht überzeugen, er schrieb, dass dieser grauenhafte Kassenschlager und hoffnungslos veraltete Schnulzenfilm ein Klassiker der Frauenliteratur sei, der eine Aneinanderreihung kitschiger Klischees präsentiere, die selbst einen gestandenen Mann vor Schmerzen zusammenzucken lassen würden. Es sei einer der vier Filme von 1939, für die Bette Davis für ihre typisch übertriebenen, emotionalen Darbietungen viel Lob erhalten habe. Edmund Goulding versuche verzweifelt, aus diesem Schund ein anspruchsvolles Melodrama zu machen und inszeniere ihn, als wäre alles nur ein großer Schwindel – ein Film, der Zynismus so sehr provoziere wie Keime Erkältungen.[19]
Für das Lexikon des internationalen Films war Opfer einer großen Liebe ein „[e]indringlicher, wenn auch etwas sentimentaler Film, der seine gefühlvolle Geschichte psychologisch stimmig erzählt“. Innerhalb der guten Besetzung rage Bette Davis heraus.[3] „Eine der größten, traurigsten Rollen von Bette Davis“, befand Cinema.[20]
Der Kritiker Christoph Hartung überschrieb seine Filmkritik mit „Was zu sagen wäre“ und meinte sodann, dass die Engels-Chöre, die Bette Davis „auf ihrem letzten Weg ins Schlafzimmer“ begleiten würden, „etwas dick aufgetragen“ seien. Zwar habe „Warners Hauskomponist Max Steiner“ auch für Dark Victory „wieder einfühlsam orchestriert, aber die Engels-Chöre“ machten „eine ergreigende Szene, die uns unwillkürlich nach einem Taschentuch suchen“ lasse, zum Kitsch. „Immerhin“: Bette Davis zeige „sich in Höchstform“. „Nuanciert“ spiele „sie das Portrait des hübschen Schwans mit dem Goldenen Löffel im Mund, dessen Schicksal der Film erst nach und nach, scheibchenweise“ freilege. Davis fange „jede Laune dieses Mädchens, Beruf Tochter, ein, während sich von der draufgängerischen, trotzigen jungen Dame der Gesellschaft zur erbitterten Hedonistin“ wandele, „dann zur liebevollen Ehefrua, die sich mit einem kurzen Glück mit dem geliebten Mann“ abfinde.[21]
Auszeichnungen
Der Film wurde in den Kategorien Beste Hauptdarstellerin, Beste Filmmusik und Bester Film für die am 29. Februar 1940 im Ambassador Hotel in Los Angeles stattfindende Oscarverleihung nominiert.
Nachwirkungen
Barbara Stanwyck und Melvyn Douglas spielten die Hauptrollen in dem Stück in einer Lux Radio Theatre Version noch vor Erscheinen des Films im Jahr 1938, und Bette Davis verkörperte ihre Rolle im Zusammenspiel mit Spencer Tracy im Erscheinungsjahr des Films 1939 in einer weiteren Lux Radio Theatre Version.[2]
1963 wurde der Stoff unter dem Titel Stolen Hours (Das Glück in seinen Armen) mit Susan Hayward und Michael Craig erneut verfilmt (Susan Hayward starb 1975 selbst an einem Hirntumor). 1976 entstand eine Verfilmung fürs Fernsehen unter dem Originaltitel Dark Victory (Solange die Liebe lebt) mit Elizabeth Montgomery und Anthony Hopkins.
Weblinks
- Opfer einer großen Liebe bei IMDb
- Opfer einer großen Liebe Informationen zum Film auf mynetcologne.de
- Dark Victory bei Turner Classic Movies (englisch)
- Filmmusik verstehen durch Bette Davis Ausführungen zur Musik in Opfer einer großen Liebe s.S. kinomensch.wordpress.com
- Opfer einer großen Liebe auf filmposter-archiv.de
- The History of the Academy Awards: Best Picture – 1939 nighthawknews.wordpress.com (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Jerry Vermilye: Bette Davis Ihre Filme – ihr Leben, Heyne Filmbibliothek Nr. 32/4, Wilhelm Heyne Verlag, München, 2. aktualisierte Auflage von 1988, ISBN 3-453-86016-0, S. 76–79. Zitat: „Im nächsten Film Dark Victory (›Opfer einer großen Liebe‹, 1939) bekam Bette Davis eine ihrer besten Rollen; wahrscheinlich sogar die Rolle, an die sich das Publikum am besten erinnert.“
- ↑ a b c d e Dark Victory bei Turner Classic Movies.
- ↑ a b Opfer einer großen Liebe. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 29. März 2019.
- ↑ Frank S. Nugent: Dark Victory. In: The New York Times, 21. April 1939, abgerufen am 23. März 2013.
- ↑ Dark Victory In: Variety, variety.com (englisch) 1939. Abgerufen am 28. September 2025.
- ↑ Alan G. Barbour: Humphrey Bogart. Seine Filme – Sein Leben.
In: Heyne Filmbibliothek Nr. 32/1. 6. Auflage. Heyne, München 1973 (deutsche Erstausgabe 1984); ISBN 3-453-86001-2, S. 179. - ↑ John Farr: Dark Victory bestmoviesbyfarr.com (englisch). Abgerufen am 28. September 2025.
- ↑ Tim Dirks: Filmsite Movie Review Dark Victory (1939) filmsite.org (englisch). Abgerufen am 28. September 2025.
- ↑ Keith Uhlich: Edmund Gouldings Dark Victory slantmagazine.com (englisch), 28. Juni 2005. Abgerufen am 28. September 2025.
- ↑ Lisa Marie Bowman: Embracing The Melodrama #8: Dark Victory (dir by Edmund Goulding) unobtainium13.com (englisch), 1. Juli 2014. Abgerufen am 10. November 2025.
- ↑ Michael Reuben: Dark Victory blu-ray.com (englisch), 9. Juni 2015. Abgerufen am 1. Oktober 2025.
- ↑ Derek Winnert: Dark Victory ***** (1939, Bette Davis, George Brent, Humphrey Bogart, Geraldine Fitzgerald, Ronald Reagan, Henry Travers) – Filmklassiker-Kritik 2.699 derekwinnert.com (englisch), 14. Juli 2015. Abgerufen am 28. September 2025.
- ↑ Andrew Wickliffe: Dark Victory (1939, Edmund Goulding), thestopbutton.com (englisch), 5. April 2018. Abgerufen am 10. November 2025.
- ↑ Jessica P.: Watching 1939: Dark Victory cometoverhollywood.com (englisch), 26. Juli 2018. Abgerufen am 1. Oktober 2025.
- ↑ Gary W. Tooze: Dark Victory dvdbeaver.com (englisch; inklusive zahlreicher Filmfotos etc.). Abgerufen am 28. September 2025.
- ↑ Caio Bogoni: Dark Victory (Vitória Amarga): Análise e impressões cinegrandiose.com (portugiesisch), 23. Juli 2019. Abgerufen am 1. Oktober 2025.
- ↑ Dark Victory (1939) cinecapsdigest 63/100 (englisch). Abgerufen am 1. Oktober 2025.
- ↑ Bart Rietvink: Dark Victory (1939) cinemagazine.nl, (niederländisch). Abgerufen am 1. Oktober 2025.
- ↑ Dennis Schwartz: Dark Victory dennisschwartzreviews.com, 5. August 2019. Abgerufen am 10. November 2025.
- ↑ Opfer einer großen Liebe. In: cinema. Abgerufen am 6. April 2022.
- ↑ Christoph Hartung: Frauendrama mit einer großartigen Bette Davis: Opfer einer großen Liebe christophhartung.de. Abgerufen am 28. September 2025.