Operation Plowshare

Storax-Sedan-Explosion von 1962
Der Krater der Storax Sedan-Explosion von 1962

Operation Plowshare (auch Project Plowshare oder deutsch Operation Pflugschar) war der in den Vereinigten Staaten gebräuchliche Begriff für die Entwicklung von Techniken zur Nutzbarmachung nuklearer Explosionen für zivile Bauprojekte.

Der Begriff wurde 1961 geprägt und ist angelehnt an das Buch Micha (Mi 4,3 : „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen.“). Die Sowjetunion betrieb unter dem Namen Atomexplosionen für die Volkswirtschaft ein ähnliches Projekt, das schon 1949 vom sowjetischen Andrei Januarjewitsch Wyschinski, Diplomat bei der UN, angekündigt wurde.

Projektleiter in Livermore war von 1959 bis 1961 Wilmot N. Hess.

Diskutierte Einsatzgebiete

Projekt Chariot: Die äußere Linie zeigt den Verlauf einer gedachten Sprengung mit einem TNT-Äquivalent von 2,4 Megatonnen TNT (MT); die innere Linie zeigt die vermutete Wirkung einer Sprengung von 460 Kilotonnen TNT (kT). Zum Vergleich: Die Atombombe von Hiroshima hatte eine Sprengkraft von etwa 15 kT

Unter anderem wurde vorgeschlagen, mittels nuklearer Explosionen den Panamakanal zu erweitern oder einen neuen Wasserweg durch Nicaragua zu schaffen, den Nicaragua-Kanal. Ebenfalls denkbar wäre ein Durchbruch durch Bergketten für den Bau von Highways oder die Schaffung von Kavernen zur Speicherung von Wasser, Öl oder Gasen.

Ein diskutierter durch Israel führender Kanal hätte den Suezkanal umgehen können.[1][2]

Weit fortgeschritten war die Planung für Operation Chariot. Dabei sollte mit mehreren Wasserstoffbomben ein künstlicher Hafen bei Kap Thompson in Alaska geschaffen werden. Letztlich scheiterte der Plan an der kurzen eisfreien Zeit dort sowie den Sorgen um eine mögliche nukleare Kontamination der Gegend.

Testexplosionen

Aushöhlung der ersten Explosion (Nougat Gnome)

Am 7. Mai 1960 kündigte Präsident Eisenhower neue seismische Forschungen „für die Entdeckung von Atomtests“ an. Mit einem vom Forschungs- und Entwicklungsdirektor des US-Verteidigungsministeriums, Herbert York sowie dem „Vater der WasserstoffbombeEdward Teller entwickelten so genannten Ditchdigger (Grabenbagger) wollte man mittels thermonuklearer Sprengungen künstliche Gräben oder Kanäle herstellen.[3]

Die erste Testexplosion im Rahmen der Operation Plowshare fand Ende 1961 nahe Carlsbad in New Mexico statt. Dabei wurde eine Bombe mit einer Sprengkraft von drei Kilotonnen TNT-Äquivalent gezündet. Dies geschah in einem Steinsalzgebiet 360 Meter unter der Oberfläche, wobei eine runde 52 Meter große und 25 Meter hohe Aushöhlung entstand.

Ein halbes Jahr später wurde der Sedan-Kernwaffentest im Rahmen der Operation Storax durchgeführt, bei dem etwa 12 Millionen Tonnen Erde bewegt wurden. Diese Bombe von 104 Kilotonnen wurde, wie die meisten der 25 nachfolgenden Explosionen auch, auf der Nevada Test Site durchgeführt. Insgesamt dauerte die Operation bis Mai 1973.

Folgende Tabelle enthält alle bisher belegten Versuche:

TestnameDatum / Zeit
(GMT)
OrtSprengkraftTestserie
Gnome10. Dezember 1961, 19:00 UhrCarlsbad, New Mexico3 kTOperation Nougat
Sedan6. Juli 1962, 17:00 UhrNevada Test Site, Area 10h104 kTOperation Storax
Anacostia27. November 1962, 18:00 UhrNevada Test Site, Area 9i5,2 kTOperation Storax
Kaweah21. Februar 1963, 19:47 UhrNevada Test Site, Area 9ab3 kTOperation Storax
Tornillo11. Oktober 1963, 21:00 UhrNevada Test Site, Area 9aq0,38 kTOperation Niblick
Klickitat20. Februar 1964, 15:30 UhrNevada Test Site, Area 10e70 kTOperation Niblick
Ace11. Juni 1964, 16:45 UhrNevada Test Site, Area 2n3 kTOperation Niblick
Dub30. Juni 1964, 13:33 UhrNevada Test Site, Area 10a11,7 kTOperation Niblick
Par9. Oktober 1964, 14:00 UhrNevada Test Site, Area 2p38 kTOperation Whetstone
Handcar5. November 1964, 15:00 UhrNevada Test Site, Area 10b12 kTOperation Whetstone
Sulky18. Dezember 1964, 19:35 UhrNevada Test Site, Area 18d0,9 kTOperation Whetstone
Palanquin14. April 1965, 13:14 UhrNevada Test Site, Area 20k4,3 kTOperation Whetstone
Templar24. März 1966, 14:55 UhrNevada Test Site, Area 9bt0,37 kTOperation Flintlock
Vulcan25. Juni 1966, 17:13 UhrNevada Test Site, Area 2bd25 kTOperation Flintlock
Saxon11. Juli 1966, 15:33 UhrNevada Test Site, Area 2cc1,2 kTOperation Latchkey
Simms6. November 1966, 14:45 UhrNevada Test Site, Area 10w2,3 kTOperation Latchkey
Switch22. Juni 1967, 13:10 UhrNevada Test Site, Area 9bv3,1 kTOperation Latchkey
Marvel21. September 1967, 20:45 UhrNevada Test Site, Area 10ds12,2 kTOperation Crosstie
Gasbuggy10. Dezember 1967, 19:30 UhrFarmington, New Mexico29 kTOperation Crosstie
Cabriolet26. Januar 1968, 16:00 UhrNevada Test Site, Area 20l2,3 kTOperation Crosstie
Buggy12. März 1968, 17:04Nevada Test Site, Area 30a-e5 × 1,08 kTOperation Crosstie
Stoddard17. September 1968, 14:00 UhrNevada Test Site, Area 2cms31 kTOperation Bowline
Schooner8. Dezember 1968, 16:00 UhrNevada Test Site, Area 20u30 kTOperation Bowline
Rulison10. September 1969, 21:00 UhrGrand Valley, Colorado43 kTOperation Mandrel
Flask26. Mai 1970, 15:00 UhrNevada Test Site, Area 2az105 kTOperation Mandrel
Miniata8. Juli 1971, 14:00 UhrNevada Test Site, Area 2bu83 kTOperation Grommet
Rio Blanco17. Mai 1973, 16:00 UhrRifle, Colorado3 × 33 kTOperation Toggle

Negative Folgen

Es gab mehrere negative Auswirkungen der 27 nuklearen Explosionen der Operation Plowshare:[4]

„Das Projekt Gnome blies radioaktiven Dampf über die Presse-Tribüne. Die Presse war eingeladen worden, um die Sicherheit der Technik zu bestätigen. Die nächste Explosion, eine 104 Kilotonnen-Bombe auf dem Testgelände in Nevada, bewegte zwölf Millionen Tonnen Erde. Eine radioaktive Wolke stieg 12.000 Fuß hoch und ging über dem Mississippi-Fluss nieder. Weitere Konsequenzen waren vernichtetes Land, umgesiedelte Gemeinden, Tritium-kontaminiertes Wasser, Radioaktivität und Fallout von in die Atmosphäre geschleudertem Schutt. Die Verantwortlichen ignorierten die Probleme und spielten sie herunter, bis das Programm 1977, auch auf öffentlichen Druck hin, eingestellt wurde.“[4]

Operation Plowshare zeigt, wie etwas, das eigentlich die nationale Sicherheit verbessern sollte, unabsichtlich genau das Gegenteil erreichen kann, wenn die sozialen, politischen und ökologischen Folgen nicht bedacht werden. Es zeigt aber auch, dass öffentlicher Widerstand und Opposition Projekte wie dieses stoppen können.[4]

Resultat

Letztlich wurde keine der Anwendungsmöglichkeiten in die Tat umgesetzt. Auch die Fürsprache prominenter Wissenschaftler wie Edward Teller konnte keine Änderung an dem Resultat bringen. Neben der potentiellen Umweltverschmutzung durch radioaktive Kontaminierung war auch der Kostenfaktor ein enormes Hemmnis.

Am 16. Mai 1960 wurde in Paris zwischen den Großmächten USA, Russland, Frankreich ein Atomtest-Moratorium vereinbart. Erst im Mai 1977 wurde von der UNO eine Konvention über ein Verbot von „militärischen oder anderweitig feindlich gesinnten Einsätzen von Umwelt-Modifikationen“ verabschiedet, welches auf künstliche herbeigeführte Eingriffe in das Wettergeschehen oder provozierte geologische Reaktionen wie Erdbeben abzielt.[3]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Operation Plowshare – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Marianne Guenot: The US had a plan in the 1960s to blast an alternative Suez Canal through Israel using 520 nuclear bombs. Insider, 25. März 2021.
  2. H. D. MacCabee: Use of Nuclear Explosives for Excavation of Sea-Level Canal Across the Negev Desert. United States Office of Scientific and Technical Information, 1. Juli 1963.
  3. a b Deutschlandfunk, Dossier, 2. September 2011, Gaby Weber, deutschlandfunk.de: Die nukleare Pflugschar - US-Testversuche trotz des Moratoriums (3. September 2011, 30. Januar 2015), Manuskript dazu
  4. a b c Benjamin K. Sovacool, 2011: Contesting the Future of Nuclear Power: A Critical Global Assessment of Atomic Energy, World Scientific, pp. 171–172.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Sedan Plowshare Crater.jpg
Crater from the 1962 "Sedan" nuclear test as part of Operation Plowshare. The 104 kiloton blast displaced 12 million tons of earth and created a crater 320 feet deep and 1,280 feet wide. (Look to the size of the roads in the bottom-right of the picture, and the observation deck at the lower-right edge of the crater, for a sense of scale)
Storax Sedan nuke.jpg
Storax Sedan shallow underground nuclear test by the United States, used for a cratering experiment. 6 July 1962 (GMT), Nevada Test Site Yield: 104 kt. The main purpose of the detonation was to asses the non military dimension of a nuclear explosion.
Project Gnome nuclear explosion - salt dome cavity.jpg
View toward the top of the salt dome cavity created by the Gnome underground nuclear test. Note the stalactites. A man wearing a hard hat is standing on the rubble pile, just to the right of center in the photo. Gnome was conducted on December 10, 1961 as part of Operation Plowshare. For more information or additional images, please contact 202-586-5251.