Operation Chastise

(c) Bundesarchiv, Bild 183-C0212-0043-012 / CC-BY-SA 3.0
Die stark beschädigte Edertalsperre
Staumauer des Edersees heute; dort, wo die Mauer beschädigt wurde, befinden sich keine Abflusstore
Luftbild von Überflutungen entlang der Eder nach Bombardierung der Staumauer des Edersees; im Bild unten links der Bahnhof Wabern (Imperial War Museum)

Die Operation Chastise (englisch für Züchtigung) war eine in der Nacht vom 16. zum 17. Mai 1943 durchgeführte militärische Operation mit dem Ziel, die Staumauern von sechs Talsperren im heutigen Nordrhein-Westfalen und in Hessen zu zerstören.

Das Unternehmen mit 19 umgebauten Lancaster-Bombern wurde von der No. 617 Squadron der Royal Air Force ausgeführt. Eingesetzt wurden speziell entwickelte Roll- oder Rotationsbomben, welche die Mauern von Eder- und Möhnetalsperre stark beschädigten. Die Angriffe auf die Lister-, Sorpe- und Ennepetalsperre waren ohne Erfolg. In den von den auslaufenden Stauseen von Eder und Möhne verursachten Flutwellen kamen zwischen 1300 und mehr als 2400 Menschen ums Leben (Quellenangaben zu unterschiedlichen Zahlen siehe Abschnitt Taktische Sicht in diesem Artikel), davon ein erheblicher Anteil Zwangsarbeiter und alliierte Soldaten in Kriegsgefangenenlagern. Der militärische Nutzen der Operation war innerhalb des britischen Militärs umstritten. 53 der 133 beteiligten alliierten Soldaten starben bei dem Einsatz.

Zielsetzung

Angriffsziele waren die Staumauern des Eder- und Diemelsees in Nordhessen (Abfluss zur Weser) sowie Sorpe- und Möhnesee, ferner die Lister- und Ennepetalsperre im Einzugsbereich der Ruhr.

Das strategische Ziel der britischen Angriffsoperation bestand in einer Schädigung der Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet, das für die Briten das Zentrum der deutschen Waffenproduktion darstellte. Die Zerstörung der Talsperren wurde daher als kriegsentscheidend angesehen. Auch sollte möglichst dauerhaft die Wasserversorgung nicht nur für die Industrie, sondern auch für die Bevölkerung unterbrochen werden. Den Briten war bekannt, dass die Stauseen den Wasserstand von Wasserstraßen (Mittellandkanal, Weser) im weiteren Umfeld regulierten, auf denen Wirtschafts- und Kriegsmaterial transportiert wurde. Beschädigungen, Zerstörungen und Opfer unter der Zivilbevölkerung in den Gebieten unterhalb der jeweiligen Staumauern bildeten beim Angriff eher einen Nebeneffekt. Die von den Briten erhoffte demoralisierende Wirkung auf die Bevölkerung trat ebenso wenig ein wie bei den sonstigen Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg.

Britische Militärs hatten bereits 1937 die Vernichtung der deutschen Talsperren diskutiert und festgestellt, dass deren Zerstörung mit konventionellen Mitteln nicht möglich war. Seit Kriegsausbruch gab es verschiedene Vorstellungen zur Durchführung, beispielsweise mit Torpedos, ferngesteuerten Bombern oder durch Fallschirmjäger.

Entwicklung des Angriffsplans

Roll- oder Rotationsbombe: Nachbildung vor dem Sperrmauer Museum Edersee in Hemfurth-Edersee am Edersee
Die Upkeep-Rollbombe unter Guy Gibsons Lancaster B Mk III (Special).

Barnes Wallis, ein Ingenieur der britischen Vickers-Flugzeugwerke, entwarf eine spezielle Bombe für die Zerstörung von Talsperren. Wallis war bekannt geworden durch die Entwicklung der Vickers Wellesley- und der Vickers-Wellington-Bomber.

Konventioneller Bombenabwurf

Die ursprüngliche Idee Wallis’ bestand darin, eine zehn Tonnen schwere Bombe aus einer Höhe von 12.200 Metern auf eine Talsperre abzuwerfen. Dieser Plan war nicht durchführbar: Versuche und Berechnungen hatten gezeigt, dass eine ausreichend schwere Bombe für diesen Zweck einen immens leistungsfähigen Bomber benötigen würde. Eine viel kleinere Sprengladung würde jedoch genügen, wenn die Bombe direkt an der Böschung des Damms bzw. der Wand einer Mauer unterhalb der Wasseroberfläche zur Explosion käme. Doch diese Möglichkeit wurde bereits durch die Torpedonetze vereitelt, die (ähnlich wie bei einem Kriegsschiff) an den Talsperren installiert waren, um einen Torpedo in einer gewissen schützenden Distanz zur Explosion zu bringen oder ihn dort aufzufangen.

Rollbombe

Schematische Darstellung des Abwurfs einer Roll- oder Rotationsbombe zur Zerstörung einer Staumauer

Wegen des Schutzes durch Torpedonetze konstruierte Wallis die Roll- oder Rotationsbombe. Dabei handelte es sich um eine walzenförmige Bombe mit 4 Tonnen Gewicht, die ca. 3 Tonnen Sprengstoff enthielt, die von einem Elektromotor kurz vor dem Abwurf in eine Rückwärtsdrehung versetzt wurde (Rotationsgeschwindigkeit: 500 Umdrehungen pro Minute). Die Bombe sprang nach dem Abwurf wie ein flacher Kieselstein beim Steinehüpfen über die Wasseroberfläche und konnte somit die Torpedo-Abwehrnetze überwinden. An der Staumauer angelangt, kam sie mit einer geringen Restgeschwindigkeit zum Sinken. Durch einen Druckzünder wurde die Bombe in etwa 10 m Tiefe zur Explosion gebracht, wo sie ein Loch in die Talsperre reißen sollte. Die Wasserkräfte des ablaufenden Stausees bewirken dann eine schnelle Vergrößerung des Loches.

Einsatzbeschluss und -umsetzung

Nach Tests und vielen Diskussionen wurde dieser Plan am 26. Februar 1943 von den Befehlshabern verabschiedet. Die Bombe bekam den Codenamen Upkeep. Als spätester Einsatzzeitpunkt wurde der 20. Mai festgelegt. Dann hatten die Stauseen ihren höchsten Wasserstand und es herrschte Vollmond. Somit verblieb lediglich eine Vorbereitungszeit von rund drei Monaten für die Herstellung der Bomben, die Umrüstung der Flugzeuge und die Ausbildung der Piloten.

Mit der Operation wurde die No. 5 Bomber Group der Royal Air Force beauftragt, die im März 1943 eine neue Staffel für diese Mission aufstellte. Ursprünglich Staffel X genannt, wurde sie durch Wing Commander Guy Gibson befehligt, der eine Einsatzerfahrung von mehr als 170 Missionen besaß. 21 weitere Flugzeugbesatzungen wurden von der 5. Gruppe hinzugezogen, um diese in Lincolnshire auf dem etwa 8 km nördlich von Lincoln gelegenen Militärflugplatz RAF Scampton stationierte neue Staffel zu vervollständigen.

Die Angriffsflugzeuge waren umgebaute Avro Lancaster Mk III, mit der anderen Bezeichnung Typ 464 (Provisorisch). Um Gewicht einzusparen, wurde der Großteil der Bewaffnung entfernt; ebenso der mittlere MG-Turm. Die Bombe und ihre ungewöhnliche Form bedingte es, dass die Klappen des Bombenschachts weggelassen wurden und die Bombe zum Teil aus dem Flugzeugrumpf herausragte. Sie wurde mittels zweier Hakenhalter (crutches) montiert; vor dem Abwurf versetzte sie ein Hilfsmotor in eine schnelle Rückwärtsdrehung.

Abwurftechnik

Derwent Reservoir, wo Trainingsläufe gemacht wurden

Bomben aus 18 Metern Höhe bei 390 km/h Geschwindigkeit in einer präzise einzuhaltenden Distanz zum Ziel abzuwerfen, verlangte sehr viel Geschick seitens der Besatzungen. Benötigt wurden dazu Experten mit intensiver Nacht- und Tiefflugerfahrung, die sich an die Lösung zweier schwieriger technischer Probleme machten.

Das erste bestand darin, die Bomben in der richtigen Distanz zur Staumauer abzuwerfen: Die Staumauern des Möhne- und Edersees hatten je einen Turm an beiden Seiten. Aufgrund von vorhergehenden Luftaufnahmen wurde berechnet, in welchem Winkel die Türme während des Abwurfzeitpunkts erscheinen sollten. Als Hilfe für die Ansteuerung wurde ein einfaches Gerät gebaut, das prinzipiell aus einem gleichschenkligen Holzdreieck bestand. Die zwei zielzugewandten Ecken wurden mit einem Stift (Nagel) versehen, die dritte Ecke war dem Auge des Bombenschützen vorbehalten. Bei Visierung der Deckungsgleichheit Stifte – Türme war die richtige Entfernung erreicht.

Das zweite technische Problem war die Abwurfhöhe: Die herkömmlichen barometrischen Höhenmesser in Flugzeugen waren für diesen Zweck viel zu ungenau. Also wurden zwei Scheinwerfer an der Unterseite des Flugzeuges befestigt – je einer am Bug und am Heck. Sie wurden so zueinander ausgerichtet, dass die Lichtkreise, die jeder auf der Wasseroberfläche abzeichnete sich zu einer „8“ berührten, wenn die optimale Abwurfhöhe von 18 (oder 20) m erreicht war.[1]

Diese zwei Techniken wurden über dem Eyebrook Reservoir in Leicestershire und dem Derwent Reservoir in Derbyshire während 6 Wochen intensiv geübt.

Der Angriff

Die endgültigen Tests wurden am 29. April 1943 durchgeführt. Am 13. Mai erfolgte die Auslieferung der Rollbomben an die Staffel. Als die Wetterlage für geeignet befunden wurde, wurden die Besatzungen am 15. Mai über die Angriffsziele informiert.

Organisation

Die 19 am Angriff beteiligten Lancaster-Bomber aus RAF Scampton wurden in drei Gruppen eingeteilt. Die Formation 1 sollte die Möhne- und danach die Ederstaumauer angreifen und die Formation 2 den Sorpestaudamm. Die dritte Gruppe bildete die Reserve, die zwei Stunden später abheben und etwaige noch nicht zerstörte Ziele angreifen sollte. Bei einem Erfolg der Formationen 1 und 2 waren Formation 3 die Dämme bei Schwelm sowie die Mauern von Ennepe- und Diemelsee als Ziel zugewiesen.

Die Kommandozentrale für die Mission befand sich beim Hauptquartier der 5. Gruppe in Grantham. Die Morsecodes für die Missionen waren Goner für eine abgeworfene Bombe, Nigger für den zerstörten Möhnestaudamm und Dinghy für einen Erfolg an der Ederstaumauer. Guy Gibson wählte Nigger, weil dies der Name seines schwarzen Hundes war, der in der Nacht zum 17. Mai von einem Fahrzeug überfahren worden war.

Hinflug

Der Hinflug erfolgte in Baumwipfelhöhe (zwischen 25 und 40 Meter), um die Erkennung durch deutsche Radarstationen zu vermeiden. Die Flugzeuge benutzten zwei sorgfältig ausgearbeitete Routen, um Fliegerabwehrstellungen auszuweichen.

Formation 1 flog zwischen Walcheren und Schouwen-Duiveland an Land, überquerte die Niederlande, umging die Flugplätze bei Eindhoven und Gilze-Rijen sowie die Luftverteidigung des Ruhrgebiets, umflog Hamm im Norden und drehte dann nach Süden auf die Möhnetalsperre zu. Formation 2 flog zunächst nördlicher über Vlieland und die Zuiderzee an, nahm dann etwa ab Wesel die gleiche Route wie die erste Gruppe und drehte hinter der Möhne südlich zur Sorpe hin ab.

Formation 1 bestand aus neun Maschinen in drei Gruppen – Guy Gibson, Hopgood und Martin, Young, Astell und Maltby sowie Maudslay, Knight und Shannon. Formation 2 bestand aus den fünf Flugzeugen von McCarthy, Byers, Barlow, Rice und Munro. Townsend, Brown, Ottley und Burpee bildeten Formation 3. Zwei Besatzungen waren wegen Krankheit ausgefallen.

Die Maschinen der Formation 2 starteten wegen der längeren Flugstrecke auf der nördlichen Route um 21:10 Uhr als erste. Wegen eines Hydraulik-Defekts hoben McCarthy nebst Besatzung mit 20 Minuten Verspätung in einer Ersatzmaschine ab. Formation 1 startete um 21:25 Uhr.

Bereits kurz hinter der holländischen Küste kam es zu ersten Verlusten. Formation 2 traf es hart: Munro verlor durch Flaktreffer sein Funkgerät und drehte über der Zuiderzee ab. Rices Bombe fiel ins Meer, weil er zu tief geflogen war, doch er konnte die Maschine abfangen und wieder zur Basis zurückkehren. Die Bomber von Barlow und Byers überflogen die Küste bei Harderwijk und wurden wenig später abgeschossen. Nur der verspätete McCarthy überquerte die Niederlande unversehrt. Formation 1 verlor nur Astell und seine Besatzung bei Marbeck in der Nähe von Raesfeld (NRW).

Angriff auf die Möhnetalsperre

Möhnetalsperre nach dem Angriff
(c) Bundesarchiv, Bild 101I-637-4192-20 / Schalber / CC-BY-SA 3.0
Die stark beschädigte Möhnetalsperre

Die Formation 1 erreichte die Möhnetalsperre und Gibsons Flugzeug (Rufzeichen „G“ für George) ging als erstes in den Angriff über, Hopgood (Rufzeichen „M“ für „Mother“) als Zweiter. Hopgoods Flugzeug wurde dabei im Tiefflug durch gegnerisches Flakfeuer getroffen und schließlich durch die Druckwelle der eigenen explodierenden Bombe zerstört. Martin (Rufzeichen „P“ für „Peter“) wurde als dritter Angreifer ebenfalls getroffen, trotzdem war sein Angriff erfolgreich. Nachdem Young (Rufzeichen „A“ für „Apple“) und nach ihm Maltby (Rufzeichen „J“ für „Johnny“) ebenfalls einen erfolgreichen Angriff auf die Talsperre fliegen konnten, war die Mauer gebrochen. Schließlich führte Gibson Young, Shannon, Maudslay und Knight zur Eder.

Angriff auf die Edertalsperre

Das Eder-Tal war in dichten Nebel gehüllt, aber nicht verteidigt. Die umliegenden Hügel erschwerten den Anflug an die Edertalsperre, so dass das erste Flugzeug, die Maschine von Shannon, nach sechs vergeblichen Anläufen zunächst abbrach. Maudslay (Z wie Zebra) unternahm den nächsten Versuch, doch seine Bombe detonierte auf der Krone und beschädigte das Flugzeug. Shannon erzielte beim nächsten Anflug einen erfolgreichen Abwurf. Die letzte Bombe der Formation, abgeworfen aus der Maschine von Knight, beschädigte schließlich die Talsperre.

Angriffe auf die Sorpe- und Ennepe-Talsperren

McCarthy (T wie Tom) erreichte die Sorpetalsperre allein. Der breite Erddamm bildete ein deutlich schwerer zu zerstörendes Ziel als die beiden erfolgreich attackierten Stein- und Betonbauwerke an Möhne und Eder. Aus diesem Grund war an der Sorpe trotz des ungünstigen, hügeligen Geländes zu beiden Seiten der Talsperre ein Anflug längs des Damms und Abwurf der Bombe ohne Rotation geplant.

Dieses Manöver erwies sich in der Praxis als noch komplizierter, da man den alten Langscheider Kirchturm auf dem Hügel nicht in Betracht gezogen hatte. Nach dem anschließenden Sturzflug ins Tal blieben dem Piloten nur wenige Sekunden, bevor er die Maschine vor den Hügeln am Ostufer wieder hochziehen musste, sodass dem Bombenschützen George Johnson keine Zeit für Kurskorrekturen blieb.

McCarthy unternahm bei stärker werdendem Nebel zunächst neun erfolglose Anflüge auf den zu diesem Zeitpunkt noch unverteidigten Damm, bis sich Johnson beim zehnten Versuch dazu entschloss, die Waffe auszulösen. Der direkte Treffer beschädigte jedoch nur die Dammkrone, die Talsperre blieb intakt.

Danach wurden drei Reservemaschinen zur Sorpe beordert. Burpee (S wie Sugar) kam dort niemals an. Brown (F wie Freddy) erreichte das Ziel und kam trotz dichter werdenden Nebels zum Abwurf, jedoch gleichfalls ohne den Damm zu zerstören. Als Anderson (Y wie Yorker) als letzter ankam, war der Nebel bereits zu dicht für einen Anflug. Die verbliebenen zwei Maschinen wurden also zu Ausweichzielen beordert. Ottley (C wie Charlie) wurde dabei abgeschossen, während Townsend (O wie Orange) seine Bombe auf die Mauer der Ennepetalsperre abwarf.

Rückflüge

Auf dem Flug nach Großbritannien zurück – wiederum auf Baumwipfelhöhe – wurde ein weiteres Flugzeug abgeschossen. Die Maschine von Young wurde von der Fliegerabwehr getroffen und stürzte nahe der niederländischen Küste ins Meer.

Liste der beteiligten Flugzeuge

Flugzeug RufzeichenKommandantZielBemerkungen
Erste Angriffswelle
G GeorgeW/C GibsonMöhnetalsperreAngriffsführer. Bombe explodierte kurz vor der Mauer. Zog das gegnerische Flakfeuer auf sich.
M MotherF/L HopgoodMöhnetalsperreAuf dem Hinflug durch Flak getroffen. Bombe sprang über die Mauerkrone. Während des Angriffs über dem Ziel abgeschossen.
P Peter (Popsie)F/L MartinMöhnetalsperreBombe verfehlte das Ziel
A AppleS/L YoungMöhnetalsperreBombe traf das Ziel und verursachte kleinen Mauerbruch. Während des Rückflugs über der niederländischen Küste abgeschossen.
J JohnnyF/L MaltbyMöhnetalsperreBombe traf das Ziel und verursachte großen Dammbruch.
L LeatherF/L ShannonEdertalsperreBombe traf das Ziel – ohne Wirkung.
Z ZebraS/L MaudsleyEdertalsperreBombe verfehlte das Ziel und beschädigte das Flugzeug. Während des Rückflugs über Deutschland abgeschossen.
N NutP/O KnightEdertalsperreBombe traf das Ziel und verursachte großen Mauerbruch.
B BakerF/L AstellN/AStürzte auf Hinflug nach Kollision mit Hochspannungsleitung ab.
Zweite Angriffswelle
T TommyF/L McCarthySorpetalsperreBombe traf das Ziel – ohne Wirkung.
E EasyF/L BarlowN/AStürzte auf Hinflug nach Kollision mit Hochspannungsleitung ab.
K KingP/O ByersN/AAuf dem Rückflug über der niederländischen Küste abgeschossen.
H HarryP/O RiceN/ABombe über dem Meer verloren. Kehrte zurück, ohne das Ziel anzugreifen.
W WillieF/L MunroN/ADurch Flak über der niederländischen Küste beschädigt. Kehrte zurück, ohne das Ziel anzugreifen.
Dritte Angriffswelle
Y YorkF/S AndersonListertalsperreKonnte wegen Nebels das Ziel nicht finden.
F FreddyF/S BrownSorpetalsperreBombe traf das Ziel – ohne Effekt.
O OrangeF/S TownsendEnnepetalsperreMine traf das Ziel – ohne Effekt.
S SugarP/O BurpeeN/AAuf dem Hinflug über den Niederlanden abgeschossen.
C CharlieP/O OttleyN/AAuf dem Hinflug über Deutschland abgeschossen.

Nach dem Angriff

Nicht explodierte Rollbombe der abgestürzten Lancaster „Easy“, Besatzung F/L Barlow

Insgesamt wurden 53 der 133 Soldaten getötet; drei sprangen mit Fallschirmen ab und gerieten in Gefangenschaft. Von den Überlebenden wurden 33 am 22. Juni im Buckingham Palace vom König ausgezeichnet: Gibson erhielt das Victoria-Kreuz, fünf Männer erhielten den Distinguished Service Order, zehn das Distinguished Flying Cross mit vier Balken, zwölf wurden mit der Distinguished Flying Medal und zwei mit der Conspicuous Gallantry Medal geehrt.

Nach einer Werbetournee in den USA kehrte Gibson in den Dienst zurück und kam bei einem Erkundungsflug am 19. September 1944 ums Leben.

Nach dem Angriff auf die Talsperren wurde die 617. Staffel als Spezialisteneinheit beibehalten. Das Abzeichen der Gruppe wurde durch Operation Chastise geprägt, es besteht aus drei Blitzen, einem gebrochenen Damm und dem Motto „Après moi le déluge“ („Nach mir die Sintflut“).[2] Die Staffel hatte danach den Auftrag, die ebenfalls von Barnes Wallis entwickelten, massiven Tallboy- und Grand-Slam-Bomben mit Hilfe eines neu entwickelten, viel präziseren Bombenvisiers einzusetzen. Am 15. Oktober 1944 erfolgte ein weiterer, ebenfalls vergeblicher Luftangriff der britischen Luftwaffe auf die Sorpetalsperre, diesmal mit Bomben des Typs Tallboy.

Die 617. Staffel existiert noch heute, die Mitglieder dieser Einheit werden immer noch als „Dam Busters“ bezeichnet.

Einfluss auf den Kriegsverlauf

Taktische Sicht

Mahnmal für die Opfer der Flutkatastrophe am Möhnestausee in Neheim
Propaganda-Artikel über die Talsperren-Bombardierung

Aus den Stauseen der Möhne und der Eder flossen rund 330 Millionen Tonnen Wasser. Bergwerke wurden überflutet und zahlreiche Häuser, Fabriken, Straßen, Eisenbahnlinien und Brücken beschädigt oder zerstört. Schätzungen zeigen, dass die Trinkwasserproduktion vor dem 15. Mai 1943 eine Million Tonnen pro Tag betrug; diese Menge sank nach dem Angriff auf ein Viertel.

Über die Gesamtzahl der Opfer gibt es unterschiedliche Angaben: Einige Tote konnten nicht identifiziert werden, einige Menschen blieben vermisst. Amtliche Berichte und deutsche Pressemeldungen unterlagen damals der Propaganda und wiesen Mängel auf. Insbesondere zu den ums Leben gekommenen Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen ließen sich Daten bislang nur unvollständig rekonstruieren.

  • Unterhalb der Möhnetalsperre lag die Zahl der Toten zwischen 1284 und über 1600 Menschen, darunter über 1000 Zwangsarbeiter.[3] Die meisten Toten forderte die anfangs bis zu 12 Meter hohe Flutwelle im Zwangsarbeiterlager Möhnewiesen (mind. 526 tote Zwangsarbeiterinnen[3]) im Ort Neheim knapp elf Kilometer flussabwärts. Aber auch im Ruhrtal, noch 100 km von der Staumauer entfernt, in Essen-Steele, kamen Menschen durch die Wassermassen ums Leben.[3]
  • Die Zahlen zu Todesopfern unterhalb des Edersees schwanken zwischen 47 oder 68 Menschen. Einige Beiträge jüngeren Datums, in denen der Tod von über 700 Kriegsgefangenen in einem Arbeitslager direkt unterhalb der Edersee-Staumauer erwähnt wird, beruhen vermutlich auf einer Verwechslung mit Angaben zur Möhnetalsperre. Am Edersee wurde erst nach dem Angriff ein Zwangsarbeiterlager zur Wiederherstellung der Talsperre eingerichtet.

Der britische Luftmarschall Arthur Harris, der den Plan abgelehnt hatte, urteilte über den Angriff, dass er keine erkennbaren Erfolge gebracht habe und nur eine spektakuläre Aktion gewesen sei.[4]

Nach der erfolgten Mission schrieb Barnes Wallis jedoch: „Ich spürte, dass Deutschland einen Schlag erlitt, von welchem sich das Land mehrere Jahre nicht erholen kann.“ Genauer betrachtet hatte die Operation Chastise jedoch nicht die erwünschte oder vermutete Wirkung. Am 27. Juni lief die Trinkwasserförderung wieder auf der vorherigen Leistung – dank eines Notfallplans, der nur ein Jahr vorher eingeführt worden war. Zur gleichen Zeit war auch das Elektrizitätsnetz wieder repariert. Der Angriff forderte zwar viele Tote – mehr als die Hälfte von ihnen alliierte Kriegsgefangene –, aber tatsächlich waren die Schäden nichts anderes als ein kleines „Problem“ für die Industrie des Ruhrgebietes.

Die Briten stellten Fotos der stark beschädigten Talsperren aus und es war für sie ein Propagandaerfolg. Der Angriff ließ laut einem Beitrag der BBC die Ansicht entstehen, dass die Alliierten den Krieg gewinnen würden.[4]

Strategische Sicht

Die Mission wurde mit dem Ziel unternommen, die deutsche Verteidigung ins Kernland zurückzuzwingen und Kriegserfolge abseits der Schauplätze von Bodenoffensiven zu erzielen – eine Strategie, die in der Bombardierung Berlins im Winter von 1943 auf 1944 gipfelte. Im Mai 1943 bedeutete dies, dass die deutsche Luftwaffe und die Fliegerabwehr von Osteuropa ferngehalten werden sollten, und im Frühjahr 1944 sollte so die Invasion in der Normandie, die Operation Overlord, strategisch vorbereitet werden.

Arbeiter, die zum Bau von Verteidigungsanlagen gegen eine alliierte Invasion eingesetzt worden waren, wurden von dieser Aufgabe abgezogen, um den Wiederaufbau der Talsperren in Rekordzeit zu bewältigen. Dies schwächte die entsprechenden Verteidigungsbauwerke. Im Mai 1943 brach die deutsche Kohleproduktion um 400.000 t ein, was besonders der deutsche Rüstungsminister Albert Speer als eine Katastrophe betrachtete.[4]

Diplomatische Sicht

Ein wichtiger Grund, diesen kühnen Angriff überhaupt zu planen, war, Stalin davon zu überzeugen, dass Großbritannien ein schlagkräftiger Verbündeter sei. Dies hatte zur Konsequenz, dass die Sowjetunion nicht bei der Verteidigung im Angesicht der deutschen Invasion Russlands aufgeben dürfe. Zum Zeitpunkt der Ausführung hatte dieser Aspekt allerdings kaum noch eine Bedeutung, denn inzwischen war mit dem Untergang der deutschen 6. Armee in Stalingrad die Wende im Kriegsverlauf bereits eingetreten.

Bilder der beschädigten Talsperren und Überschwemmungen

Verfilmung und Populärkultur

Siehe auch

Literatur

  • Paul Brickhill: The Dam Busters. 1952.
  • Helmuth Euler: Wasserkrieg – 17. Mai 1943: Rollbomben gegen die Möhne-, Eder- und Sorpestaudämme. Motorbuch, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-613-02789-3.
  • Guy Gibson: Enemy Coast Ahead Uncensored, Crecy, Manchester 2006, ISBN 978-0-85979-118-2.
  • Douglas C. Dildy: Dam Busters. Operation Chastise 1943. Osprey, Oxford New York 2010, ISBN 978-1-84603-934-8.
  • Ralf Blank: Die „Möhnekatastrophe“ im Mai 1943 als Teil des europäischen Kriegsgedenkens, in: Der Märker 61 (2012), S. 97–121.
  • Max Hastings: Operation Chastise: The RAF's Most Brilliant Attack of World War II. HarperCollins, New York, 2020, ISBN 978-0-06-295363-6 (Ebook: ISBN 978-0-06-295362-9).
  • Helmuth Euler: Als Deutschlands Dämme brachen. Die Wahrheit über die Bombardierung der Möhne-Eder-Sorpe-Staudämme 1943. Motorbuch, Stuttgart 1975, ISBN 3-87943-367-4.
  • Winston Churchill: The Second World War. 1951, Band IV, Kapitel XXV.
  • John Sweetman: The Dambusters Raid. Cassell, 1999, ISBN 0-304-35173-3.

Weblinks

Commons: Operation Chastise – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Geheimnis Möhnetalsperre – WDR Doku youtube.com, 19:00–20:40/43:47
  2. Abzeichen der Gruppe, auf valka.cz.
  3. a b c Ralf Blank: Die Nacht des 16./17. Mai 1943 – „Operation Züchtigung“: Die Zerstörung der Möhne-Talsperre, auf lwl.org.
  4. a b c The Dambusters raid: How effective was it?, BBC News, 15. Mai 2013, abgerufen am 15. Mai 2013.
  5. Nachtauge, Kurzbeschreibung und Rezension, 480 Seiten, Karl Blessing Verlag, 2013, ISBN 3-89667-458-7, auf histo-couch.de, abgerufen am 28. Dezember 2013.

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Photograph of the breached Möhne Dam taken by Flying Officer Jerry Fray of No. 542 Squadron from his Spitfire PR IX, six Barrage balloons are above the dam
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Möhne Dam destroyed
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Operation CHASTISE: the attack on the Moehne, Eder and Sorpe Dams by No. 617 Squadron RAF on the night of 16/17 May 1943. A practice 10.000 lbs 'Upkeep' weapon attached to the bomb bay of Wing Commander Guy Gibson's Avro Type 464 (Provisioning) Lancaster, ED932/G 'AJ-G', at Manston, Kent, while conducting dropping trials off Reculver.
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Totenstele/Denkmal für die Opfer der Möhnekatastrophe, Hauptstraße, Neheim
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Titelseite des Bochumer Anzeigers mit Propaganda-Artikel einer angeblichen jüdischen Schuld der Talsperrenbombadierung.

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Bouncing bomb principle as used by the Dambusters during WWII. The bomb (called Upkeep) was designed to be dropped at 60 feet approximately 1/3 of a mile from the dam. the bomb would strike the wall of the dam and due to the 500 rpm backspin imparted on it roll down the wall and detonate at 30 feet. The GIF incorrectly shows the bomb sinking near to the dam.
Captured Bouncing Bomb-HU 62922.jpg
A German official stands next to an unexploded, British Upkeep bouncing bomb. The weapon was recovered from the wreckage of Avro Lancaster ED927/G 'AJ-E', piloted by Flt Lt Barlow. The aircraft crashed at 2350 hours on 16 May 1943 after striking power lines 5km east of Rees, Germany. All on board were killed.
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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
ADN-ZB

12.2.1964
Westdeutschland:
Am 17. Mai 1943...
lösten sich aus den nur 18 Meter hoch fliegenden Maschinen der Royal Air-Force vier Tonnen schwere Spezialbomben, klatschten in die Fluten und übersprangen die Sperren vor den Mauern. Es brachen der Damm der Möhnetalsperre in 77 Meter Länge und 20 Meter Tiefe und der Damm der Edertalsperre in 70 Meter Länge und 22 Meter Tiefe. Die dann zu Tal schießenden Wassermengen der insgesamt 304 Millionen Kubikmeter Wasser fassenden Talsperren richteten ungeheure Verwüstungen an und töteten im Gebiet der Möhne 1.200 Menschen, im Gebiet der Eder eine nicht mehr zu ermittelnde Zahl, aber mindestens 300.
UBz.: Blick auf die zerstörte Staumauer der Edertalsperre.

(16.5.1963)
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