Open 60

IMOCA Safran I, heute MASCF von Isabelle Joschke
Klassenzeichen
Zeichen nicht vorhanden
Bootsmaße
Länge üA:59–60 Fuß / 17,983 bis 18,288 m
Breite üA:max. 5,85 m
Tiefgang:max. 4,50 m
Masthöhe:max. 29 m
Segelfläche
Segelfläche am Wind:~ 330 m²
Sonstiges
CE-Entwurfskategorie:A
Takelungsart:Slup
Klasse:international
IMOCA der ersten Generation mit rundem Boden

Die Open 60, heute allgemein nach ihrer Klassenvereinigung IMOCA oder Imoca genannt, ist eine seit 1991 bestehende Einrumpf-Segelyacht-Klasse von etwa 18 Metern Länge, die entwickelt wurde, um Einhand oder mit einer Mannschaft aus 2 Seglern Langstreckenregatten zu bestreiten. Diese Regatten, vor allem die Transatlantik- und Um-Die-Welt-Rennen haben die Entwicklung dieser hochmodernen Boote bestimmt zusammen mit den Fortschritten bei modernen Segelmaschinen wie z. B. den AC-Cup-Yachten der letzten Generationen. Aber im Gegensatz zu den ausschließlich auf Geschwindigkeit ausgelegten America’s-Cup-Yachten müssen IMOCAs den schwierigsten Wetterbedingungen standhalten und sind dementsprechend entwickelt, gebaut und ausgerüstet.

Im Frühjahr 2018 wurde bekannt, dass IMOCA-Yachten beim darauffolgenden The Ocean Race 2022/2023 (vormals Volvo Ocean Race) mit kleiner Mannschaft zusätzlich zu den VO65-Yachten teilnehmen werden.[1]

Charakteristik

Die Klassenregeln für den Entwurf einer IMOCA folgen dem „box rule“ („Kastenmaß“)-Gedanken: Nur die Maximalwerte beim Rumpf (Länge, Breite, Tiefgang), sowie die Masthöhe sind begrenzt. In diesen Maßen kann der Konstrukteur seine Ideen verfolgen. So sind z. B. Flügelmasten, Kippkiele und Doppelruder Standard in der Klasse und seit 2015 werden auch Tragflügel eingesetzt. Zugleich sind die Boote im Allgemeinen sehr solide gebaut, da sie oft unter den schlechtesten denkbaren Wetterbedingungen gesegelt werden müssen. Einige der teilnehmenden Yachten der 2020er Vendée-Globe-Regatta haben schon mehrere Weltumsegelungen hinter sich und sind immer noch konkurrenzfähig, wenn sie von erfahrenen Skippern gesegelt werden.

Im Gegensatz zu Einheitsklassen ist die IMOCA eine offene Klasse: alles, was nicht ausdrücklich verboten, eingeschränkt oder vorgeschrieben ist, ist erlaubt. Waren bei der Premiere die Regeln noch besonders einfach – Einrumpfboot, Länge zwischen 59 und 60 Fuß und eine bestimmte Mindeststabilität gegen Kentern –, wurden über die Jahre die Konstruktionsfreiheit aus Sicherheits- und Kostengründen immer weiter eingeschränkt. Als Antwort auf sich häufende Unfälle sind heute z. B. standardisierte Kohlenstofffaser-Flügelmasten und Kielfinnen aus Edelstahl vorgeschrieben. Die Anzahl und Anordnung von wasserdichten Schotten, eine Aufprallbox im Bug und am Kielkasten und andere bauliche und konstruktive Vorgaben haben die Zuverlässigkeit der IMOCA-Yachten im Laufe der Zeit erhöht, vor allem im Hinblick auf die immer höheren Geschwindigkeiten, die heute durch Leichtbau und größere Wirksamkeit von Segeln und Riggs erreicht werden.

Die ersten größeren Änderungen der Regeln erfolgten nach der Vendée Globe 1996–1997, die durch das Verschwinden von Gerry Roufs und das Kentern von drei anderen Teilnehmern gekennzeichnet war. Um die neuen Regeln zu erfüllen, mussten neue Boote nun zwei Kentertests bestehen, damit im Falle einer teilweisen oder vollständigen Kenterung sich das Boot auch ohne Mast und ohne fremde Hilfe selbst aufrichten kann. Das Aufkommen von Trimmtanks und Kippkielen machte 2005 weitere Anpassungen an diese Stabilitätskriterien notwendig.

Die Baukosten eines IMOCA beliefen sich im Jahr 2020 auf rund 6 Mio. €.[2] Das Nachrüsten auf Tragflügel der neuesten Generation kostet etwa 500 000 – 600 000 €.[3]

Geschichte

In den 1980er Jahren erwies sich die 60-Fuß-Größe für Einhand-Ozeanregatten als ein guter Kompromiss zwischen Leistung und Seetüchtigkeit der Yacht einerseits und dem Vermögen der Skipper, sie unter allen Bedingungen zu handhaben, andererseits. Aus den traditionell schmalen Yachtentwürfen mit guten Allround-Eigenschaften entwickelten vor allem französische Konstrukteure den Trend zu größeren Breiten als Antwort auf die großen Anteile von Vorwindstrecken bei Weltumsegelungen. Diese größeren Breiten garantieren ein besseres Aufrichtmoment durch größere Formstabilität, wodurch das Boot weniger Ballast nötig hat, um mehr Segelfläche zu tragen. Größere Formstabilität wurde ebenfalls wichtig durch den zunehmenden Gebrauch von Wasserballast-Tanks in den Seiten, deren Gewicht das Wiederaufrichten nach einer Kenterung verschlechtern konnten. Auf der anderen Seite verschlechtern sich die Amwind-Eigenschaften durch die großen Breiten der Boote, was aber wegen der höheren Geschwindigkeiten raumschots in Kauf genommen wurde.

Open 60 unter Segeln

Gegen Mitte der 1990er Jahre hatten die IMOCA-Rennyachten die größte Breite fast achtern, flache Decks, minimale Deckshäuser und kleine Cockpits. Um das überkommende Wasser schneller abfließen zu lassen (1 Kubikmeter Wasser wiegt eine Tonne) waren die Cockpits nach achtern offen. Ab 1994 wurden Carbon/Nomex-Sandwiches der Werkstoff für die Rümpfe und das Gesamtgewicht lag nun kaum über 8 Tonnen bei etwa 3 Tonnen Kielgewicht. Ab 1997 wurden Kippkiele und Flügelmasten mit langen Auslegern als Salinge in Deckshöhe ausprobiert. Entwicklungen, die heute Standard sind.

Viele Unfälle bei der Vendée Globe und anderen Rennen machten Anpassungen bei der Konstruktion der Yachten nötig. Zum Beispiel wurden die Decks nun in Querrichtung stärker gebogen und die Deckshäuser vergrößert, um das Wiederaufrichten nach Kenterungen zu verbessern. Um das Großsegel besser kontrollieren zu können, wurden, wie bei Mehrrumpfbooten üblich, gebogene Travellerschienen eingebaut.

Auftriebsleisten am Bug

Die Amwind-Eigenschaften vor allem bei den Atlantikrennen mussten verbessert werden und so versahen die Konstrukteure die IMOCA-Generation 2005 mit asymmetrischen Schwertern, die paarweise angeordnet, für mehr Seitenkraft sorgen sollten, da die projizierte Fläche der geneigten Kiele diese für Segeln nach Luv benötigte Kraft nicht mehr aufbringen konnte.

Abgeschrägte Deckskante, Kimmknick unten und oben

Ein weiterer Schritt zu schnelleren Booten und besserem Handling waren Kimmknicke am Heck, die das Surfen der Rümpfe raumschots verbesserten oder gar erst möglich machen. Durch Kimmknicke kann die Oberfläche des Bodens verbreitert werden, ohne die Gesamtbreite zu verändern. Außerdem verbessern sie den Geradeauslauf, was vor allem den Autopiloten entlastet, dessen Rolle beim Einhand-Langstreckensegeln von größter Bedeutung ist. Der nächste Schritt waren Kimmknicke auch weiter oben, sodass die Decks schmaler wurden, ohne die Breite zu verändern, was den Wasserwiderstand bei Krängung reduziert und wiederum zur besseren Richtungsstabilität beiträgt.

Cockpit Safran I

Um das Jahr 2010 wurde durch die Wirtschaftskrise eine Diskussion ausgelöst, ob nicht eine Einheitsklasse geschaffen werden sollte, um die steigenden Baukosten eines IMOCA zu begrenzen. Dies wurde von der Mehrheit der Segler abgelehnt. Allerdings wurden, vor allem den Lehren der letzten Unfälle folgend, Carbon-Standardmasten und Standardkielfinnen aus Edelstahl vorgeschrieben.

Foils der ersten Generation

Energie an Bord

Eine IMOCA muss laut Reglement mit einem Elektromotor oder einem Dieselmotor von mindestens 35 PS ausgestattet sein. Bis zum Ende eines Rennens muss die Yacht mindestens 20 Liter Diesel vorhalten, um einer Person auf See mit Hilfe des Motors zu Hilfe kommen zu können. Darüber hinaus steht es jedem frei, die optimale Kraftstoffmenge zu definieren (gewöhnlich 200 bis 300 Liter). Mit ein bis zwei Stunden täglichem Betrieb ermöglicht der Motor im Wesentlichen die Deckung des steigenden Strombedarfs (Autopilot, Bordcomputer, Navigationszentrum, verschiedene Sensoren, Wasserzubereiter, Pendelkiel, Kommunikation, Video- und Fotoaufnahmen an Bord). Als Zubehör ermöglicht er ein wenig Heizkraft. Das Reglement verlangt eine Autonomie von 5 Stunden bei 5 Knoten mit dem Motor, egal ob Diesel oder elektrisch.

Viele Segler haben Solarpaneele und einige haben Windturbinen installiert. Die alternative Lösung sind Hydro-Generatoren, die am Heck mittels eines Propellers im Abwasser der Yacht arbeiten. Meist paarweise angeordnet sind sie nun der Standard auf IMOCAs.

Neue Entwicklungen

Im Jollenbereich werden seit dem Beginn der 2000er Jahre Tragflügel immer populärer. Der America’s Cup zeigte, dass auch größere Boote damit ausgerüstet werden können. Im Jahr 2015 wurden vom Konstruktionsbüro VPLP / Verdier fünf IMOCAs mit Tragflügeln gezeichnet, die auf beiden Seiten des Rumpfes mehr oder weniger waagerecht austreten. Schon die zweite, größere Generation erzeugte raumschots 6 Tonnen Auftrieb, was etwa 75 % des Gesamtgewichts des Bootes ausmacht. In den folgenden Jahren entwickelten die Konstrukteure diese „Foils“ weiter, sie wurden größer und konnten bald bei flachem Wasser und ausreichend Wind den gesamten Rumpf aus dem Wasser heben.[4][5]

Der Geschwindigkeitszuwachs dieser Maßnahmen schaffte Probleme im Seegang. Die Boote segelten in den vorausliegenden Wellenberg und wurden dadurch heftig gebremst. Eine erste Maßnahme waren breite Leisten am Bug oberhalb der Wasserlinie, die dort für Auftrieb sorgten. Bald aber wurden bei älteren Booten die Bugs abgesägt und fülligere Bugsektionen angebaut. Neuere Generationen bekommen nun einen weitaus voluminöseren Bug.

In der Classe Mini und bei den Class40-Booten sind seit einigen Jahren Prahm-Bugs in Gebrauch, die sehr breit und unten sehr flach sind und das Eintauchen vorn weitgehend vermeiden sollen zugunsten eines Aufgleitens auf der vorauslaufenden Welle. Die Klassenregeln verhindern allerdings bei den IMOCAs diesen Schritt, um das Problem zu adressieren. Auch T-Ruder sind noch nicht erlaubt; Somit ist eine Tragflügel-IMOCA ein wenig wie ein Flugzeug ohne Höhenruder, also nur bedingt steuerbar was den Längstrimm angeht. Die Klassenvereinigung hat signalisiert, dass in den nächsten Jahren hier eine Korrektur vorgenommen wird.[6]

Ausblick auf kommende Entwicklungen

Die Konstrukteure der nächsten Generation werden neben der Weiterentwicklung der Tragflügel auch das Wohl der Skipper im Augenmerk haben. Die Arbeitsbereiche werden noch weiter geschützt werden wie im Falle der 2019er Hugo Boss sowie Charlie Dalins Apivia mit sogar nach achtern vollständig geschlossene Kabinen.

In Booten der neusten Generation sind eine zunehmende Menge von Sensoren verbaut, die alles Messbare messen: natürlich die Kräfte in vitalen Bereichen des Bootes, aber auch in den Laminaten der Rümpfe selbst. Alex Thomson hat in seiner 2019er Hugo Boss auch Sensoren, die seine Umwelt messen. So berichtet er in einem Videointerview von Bord während der Vendée Globe 2020, dass in seinem vollständig geschlossenem Deckshaus beim schnellen Segeln Lautstärken von 90 – 98 dB herrschen.[7] Kommentare von Skippern und Bootsbauern lassen darauf schließen, dass in folgenden Generationen von IMOCAs dem Wohlbefinden des Skippers mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden wird.

Des Weiteren wird eine Höhensteuerung beim Foilen z. B. via T-Ruder unerlässlich sein, um die Strukturen der Boote nicht zu überlasten. Die Boote werden wieder etwas schmaler (schon die Hugo Boss 2019 ist nur noch 5,4 m breit), da die Foils für zusätzliche Stabilität sorgen.

Wichtige Regatten

Gitana 16 mit Foils

Konstrukteure

Weblinks

Commons: Open 60' – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. IMOCAs bei Volvo Ocean Race. Abgerufen am 27. Dezember 2020.
  2. Baukosten einer IMOCA. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (französisch).
  3. Baukosten von IMOCA-Tragflügeln. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (französisch).
  4. VPLP-Konstrukteure mit Aufnahmen von IMOCA 60 mit Foils
  5. Vendée Globe 2020 preview: New generation foilers will sail on the limit. 10. September 2020, abgerufen am 19. Oktober 2020 (amerikanisches Englisch).
  6. Tragflügel am Ruder. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
  7. Lärmpegel an Bord einer modernen IMOCA. 17. November 2020, abgerufen am 17. November 2020 (englisch).
  8. Farr Design. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
  9. Finot-Conq. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
  10. JuanK-Design. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
  11. Marc Lombard. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
  12. Owen Clark. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
  13. VPLP. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).
  14. Verdier. Abgerufen am 27. Dezember 2020 (englisch).

Auf dieser Seite verwendete Medien

Operon Racing Eco 60.jpg
Autor/Urheber: Kristina D.C. Hoeppner, Lizenz: CC BY-SA 2.0
The <a href="http://www.velux5oceans.com/" rel="nofollow">Velux 5 Oceans</a> race is a tough solo race of sailers around the world. After completing the 2nd ocean sprint from South Africa to New Zealand, the skippers rest in Wellington until Waitangi Day when they commence the 3rd sprint to South America. The two longest sprints are already behind them: La Rochelle to Cape Town (7,500 Nautic Miles) and Cape Town to Wellington (7,000 Nautic Miles).
60feet IMOCA SAFRAN 01.JPG
Autor/Urheber: Der ursprünglich hochladende Benutzer war Jerome Samson in der Wikipedia auf Englisch, Lizenz: CC BY-SA 3.0
SAFRAN, a 60' en:IMOCA monohull (built 2007), under medium wind in the Quiberon Bay (Brittany, France), on Saturday 20 October, 2007. Photo by Guillaume Le Masson & Jerome Samson
Foil IMOCA Banque populaire VIII.jpg
Autor/Urheber: Martin Leveneur, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Foil tribord du 60 pieds IMOCA Banque populaire VIII, skippé par Armel Le Cléac'h.
Cockpit-IMOCA-Safran.jpg
Autor/Urheber: Optipag, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Cockpitdu 60 pieds IMOCA Safran à la Trinité-sur-Mer.
Gamesa VG2012.jpg
Autor/Urheber: jakez29120 from PONT L'ABBE, FRANCE, Lizenz: CC BY-SA 2.0
0364-Vendée 2012 (Départ)
VM Matériaux Brest 2008.JPG
Autor/Urheber: Philippe Chagniot, Lizenz: GPL
VM Matériaux in Brest in 2008.
La Mie Câline (IMOCA).jpg
Autor/Urheber: Sebring12Hrs, Lizenz: CC BY-SA 4.0
La Mie Câline (IMOCA) aux Sables-d'Olonne en août 2016.
Sebastien Josse (10).jpg
Autor/Urheber: Eric HOUDAS, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Sebastien Josse au départ du Vendée Globe 2016-2017