Olympische Winterspiele 1980/Eiskunstlauf

Eiskunstlauf bei den
Olympischen Winterspielen 1980
Information
AustragungsortVereinigte StaatenVereinigte Staaten Lake Placid
WettkampfstätteOlympic Center
Nationen20
Athleten84 (40 Marssymbol (männlich), 44 Venussymbol (weiblich))
Datum16.–23. Februar 1980
Entscheidungen4
Innsbruck 1976

Bei den XIII. Olympischen Winterspielen 1980 in Lake Placid fanden vier Wettbewerbe im Eiskunstlauf statt. Austragungsort war das Olympic Center.

Bilanz

Medaillenspiegel

PlatzLandGoldSilberBronzeGesamt
1Sowjetunion 1955 Sowjetunion2114
2Deutschland Demokratische Republik 1949 DDR1113
3Vereinigtes Konigreich Großbritannien11
4Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten112
5Ungarn 1957 Ungarn11
6Deutschland BR BR Deutschland11

Medaillengewinner

KonkurrenzGoldSilberBronze
HerrenVereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Robin CousinsDeutschland Demokratische Republik 1949 Jan HoffmannVereinigte StaatenVereinigte Staaten Charles Tickner
DamenDeutschland Demokratische Republik 1949 Anett PötzschVereinigte StaatenVereinigte Staaten Linda FratianneDeutschland BR Dagmar Lurz
PaareSowjetunion 1955 Irina Rodnina / Alexander SaizewSowjetunion 1955 Marina Tscherkassowa / Sergei SchachraiDeutschland Demokratische Republik 1949 Manuela Mager / Uwe Bewersdorf
EistanzSowjetunion 1955 Natalja Linitschuk / Gennadi KarponossowUngarn 1957 Krisztina Regőczy / András SallaySowjetunion 1955 Irina Moissejewa / Andrei Minenkow

Ergebnisse

  • K = Kür
  • KP = Kurzprogramm
  • P = Pflicht
  • PT = Pflichttanz
  • Pz = Platzziffer
  • Pkt. = Punkte

Herren

PlatzLandSportlerPKPKPzPkt.
1Vereinigtes Konigreich GBRRobin Cousins040101013189,48
2Deutschland Demokratische Republik 1949 GDRJan Hoffmann010202015189,72
3Vereinigte Staaten USACharles Tickner020503028187,06
4Vereinigte Staaten USADavid Santee030305034185,52
5Vereinigte Staaten USAScott Hamilton080404045181,78
6Sowjetunion 1955 URSIgor Bobrin070608055177,40
7Frankreich FRAJean-Christophe Simond061006064175,00
8Japan 1870Japan JPNMitsuru Matsumura110707075172,28
9Japan 1870Japan JPNFumio Igarashi130806077172,04
10Sowjetunion 1955 URSKonstantin Kokora101110091168,18
11Deutschland Demokratische Republik 1949 GDRHermann Schulz090913098166,70
12Kanada CANBrian Pockar121212107163,26
13Deutschland BR FRGRudi Cerne151311116159,30
14Schweden SWEThomaz Öberg141414127149,80
15Vereinigtes Konigreich GBRChristopher Howarth161515134145,66
16China Volksrepublik CHNXu Zhaoxiao171616144117,16
Sowjetunion 1955 URSWladimir Kowaljow05zurückgezogen

Datum: 21. Februar.

Läufer aus Österreich und der Schweiz waren nicht am Start.

In einer Vorschau wurde über Charles Tickner angeführt, dass er die große Hoffnung der Amerikaner sei und für die Europäer eine große Unbekannte darstelle. Jan Hoffmann war schon Europa- und Weltmeister, aber noch nie Olympiasieger – diesem Titel jagte er seit 1968 (Grenoble) nach.[1] Nach dem Kurzprogramm führte noch Hoffmann, doch Cousins hatte einen Riesensprung auf Rang 2 vollzogen (einmal Note 6!), Tickner lag auf Rang 3 und er hatte „Heimvorteil“[2], doch er enttäuschte in der Kür mit einer durchschnittlichen Leistung. Im Duell um Gold siegte der bessere Kunstläufer – Cousins und Hoffmann liefen nacheinander. Der Engländer lief nahezu fehlerlos, sein Hauptakzent lag auf dem künstlerischen Eindruck, doch er musste bangen, denn er hatte den dreifachen Rittberger beidbeinig aufgesetzt, den Lutz war der nur doppelt gesprungen. Hoffmann verlor Gold in der B-Note, wo es zweimal 5,6 und einmal gar 5,5 gab. Er hatte zwar höchste Schwierigkeiten mit fünf Dreifachen geboten, aber trotz einer deutlichen Verbesserung in den tänzerischen Elementen fehlte die Eleganz. Nach Tickners Darbietung war klar, dass diese nur zu Bronze reichte – einzig die Notengebung sorgte teilweise für Heiterkeit, denn einige Jurymitglieder schienen hier das Zufallsprinzip angewendet zu haben. Die Kür war auch schon eine Talenteschau für morgen, denn einige der Läufer (Cousins, Hoffmann und auch der nicht angetretene Kowaljow) standen vor ihrem Karriereende, andere (Matsumura, Igarashi und auch der mit einer eigenwilligen Darbietung aufwartende Bobrin) waren möglicherweise die Medaillengewinner der Zukunft.[3]

Damen

PlatzLandSportlerinPKPKPzPkt.
1Deutschland Demokratische Republik 1949 GDRAnett Pötzsch010403011189,00
2Vereinigte Staaten USALinda Fratianne030102016188,30
3Deutschland BR FRGDagmar Lurz020506028183,04
4Schweiz SUIDenise Biellmann120201043180,06
5Vereinigte Staaten USALisa-Marie Allen080304045179,42
6Japan 1870Japan JPNEmi Watanabe040805048179,04
7Osterreich AUTClaudia Kristofics-Binder050709060176,88
8Italien ITASusanna Driano061410077172,82
9Vereinigte Staaten USASandy Lenz110607082172,74
10Finnland FINKristiina Wegelius071112087172,04
11Jugoslawien YUGSanda Dubravčić131008100170,30
12Vereinigtes Konigreich GBRKarena Richardson100904109168,94
13Deutschland BR FRGKarin Riediger151311120166,32
14Schweiz SUIDanielle Rieder091516125165,46
15Kanada CANHeather Kemkaran161215128164,64
16Sowjetunion 1955 URSKira Iwanowa181613144161,54
17Finnland FINSusan Broman141717152157,54
18Deutschland BR FRGTina Riegel171918162149,50
19Italien ITAFranca Bianconi191819171144,82
20Korea Sud 1949 KORShin Hae-sook202222186128,18
21Spanien 1977 ESPGloria Mas212021190126,56
22China Volksrepublik CHNBao Zhenghua222120191126,96

Datum: 23. Februar

Anett Pötzsch gewann überraschend, indem sie die amtierende Weltmeisterin Linda Fratianne besiegen konnte. Bei den Preisrichtern gab es keine Mehrheit aus dem Ostblock. Linda Fratianne konnte entgegen den Erwartungen die Kür nicht gewinnen. Damit war der Rückstand aus dem Pflichtprogramm zu groß. Eine weitere Überraschung war Denise Biellmann, die das Kurzprogramm und die Kür für sich entscheiden konnte.

Es war dies die einhundertste Olympia-Goldmedaille für die DDR (davon hatten die Sommersportler 76 gewonnen).

Das Niveau dieser Konkurrenz kam nicht an manche Leistungen früherer Läuferinnen heran.

Aus US-Sicht wurde (vor allem nach dem Ausfall der Paarläufer Babilonia/Gardner) alles auf Fratianne gesetzt, wobei auch der Heimvorteil hätte ausschlaggebend sein sollen (allerdings hatte Fratianne zuvor bei den US-Titelkämpfen nicht zu überzeugen vermocht).

Die Siegerin zeigte eine sportlich rasante Kür, die aber im Tänzerischen nicht die Ausstrahlung von Fratianne erreichte.

Biellmann war als Letzte gestartet, sie sprang vier Dreifache, den dreifachen Lutz sprang sie als einzige aller Läuferinnen – und sie zeigte wiederum traumhafte Neuschöpfungen von Pirouetten.

Kristofic-Binder (sie erinnerte an eine Schülerin, die erst in der letzten Minute vor der Prüfung zu büffeln beginnt) war nach der Pflicht und dem Kurzprogramm auf Rang 5 gelegen und erfüllte mit Endrang 7 die in sie gesetzten Erwartungen. Sie war als Vorletzte der vorletzten Gruppe gestartet, wirkte nicht so nervös wie bei vorherigen Konkurrenzen. Nach dem Kurzprogramm war hinsichtlich der Medaillen bereits der Endstand gegeben.[3][4][5][6]

Paare

PlatzLandPaarKPKPzPkt.
1Sowjetunion 1955 URSIrina Rodnina / Alexander Saizew010109147,26
2Sowjetunion 1955 URSMarina Tscherkassowa / Sergei Schachrai020219143,80
3Deutschland Demokratische Republik 1949 GDRManuela Mager / Uwe Bewersdorf040333140,52
4Sowjetunion 1955 URSMarina Pestowa / Stanislaw Leonowitsch030431141,14
5Vereinigte Staaten USACaitlin Carruthers / Peter Carruthers050546137,38
6Deutschland Demokratische Republik 1949 GDRSabine Baeß / Tassilo Thierbach060653136,00
7Vereinigte Staaten USASheryl Franks / Michael Botticelli070764133,84
8Deutschland BR FRGTina Riegel / Andreas Nischwitz080871131,70
9Kanada CANBarbara Underhill / Paul Martini090978129,36
10Vereinigtes Konigreich GBRSusy Garland / Robert Daw111091124,36
11Australien AUSElizabeth Cain / Peter Cain101198131,70
Vereinigte Staaten USATai Babilonia / Randy Gardnerzurückgezogen

Datum: 17. Februar – das Kurzprogramm stand am 15. Februar um 17:30 h Ortszeit am Programm.

Die Fachwelt hatte ein spannendes Duell zwischen dem URS-Paar Irina Rodnina / Alexander Saizew und Tai Babilonia / Randy Gardner aus den USA erwartet, es hieß, „hier würden zwei Welten aufeinander treffen – auf der einen Seite Eleganz, Harmonie, Artistik, dort Jugend, Schwung, Anmut“.[7], doch es kam nicht dazu, denn bei Gardner wurde beim Einlaufen für das Kurzprogramm am 15. Februar eine vor zwei Wochen erlittene Leistenzerrung akut: Er stürzte bei zwei Doppelflips, mit dem er noch nie Schwierigkeiten hatte. Das Duo kam zwar noch programmgemäß aufs Eis, Gardner startete noch einen Versuch, danach musste er resignieren. Es wäre allerdings für Babilonia/ Gardner nicht leicht gewesen, Rodnina/Saizew zu besiegen, denn das sowjetische Paar bot im Kurzprogramm eine starke Leistung, erhielt Noten zwischen 5,7 und 5,9 und wurde von allen Preisrichtern auf Platz 1 gesetzt; es gab hier eine Dreifachführung für die URS, denn es folgten Tscherkassowa/ Schachrai und Pestowa/Leonowitsch.[8]

Mit diesem Sieg stellte Irina Rodnina die von Sonja Henie errungenen drei Olympiagoldmedaillen (1928, 1932, 1936) ein. Die Norwegerin hatte diese allerdings im Einzel errungen, zudem hatte Rodnina vor acht Jahren in Sapporo mit Alexei Ulanow dieses Gold geholt, 1976 hatte sie bereits mit Saizew gewonnen.

Das Siegerpaar brauchte bei der Kür nicht ganz aus sich herauszugehen, vieles war eher Routine – es fehlte die Herausforderung, welche möglicherweise durch das Mitwirken von Babilonia/Gardner entstanden wäre – so war es nicht verwunderlich, dass auch kein Preisrichter die Höchstnote zog. Umstritten war Rang 3, die Majorität der besseren Plätze entschied für das DDR-Paar Mager/Bewersdorff, welches mit einem betont sportlichen Programm beeindruckte.[9]

Eistanz

PlatzLandPaarPTKPzPkt.
1Sowjetunion 1955 URSNatalja Linitschuk / Gennadi Karponossow0102013205,48
2Ungarn 1957 HUNKrisztina Regőczy / András Sallay0201014204,52
3Sowjetunion 1955 URSIrina Moissejewa / Andrei Minenkow0303027201,86
4Tschechoslowakei TCHLiliana Řeháková / Stanislav Drastich0404039198,02
5Vereinigtes Konigreich GBRJayne Torvill / Christopher Dean0505042197,12
6Kanada CANLorna Wighton / John Dowding0606054193,80
7Vereinigte Staaten USAJudy Blumberg / Michael Seibert0707066190,30
8Sowjetunion 1955 URSNatalja Bestemjanowa / Andrei Bukin0909075188,18
9Vereinigte Staaten USAStacey Smith / John Summers0808075188,38
10Deutschland BR FRGHenriette Fröschl / Christian Steiner1010094178,38
11Osterreich AUTSusanne Handschmann / Peter Handschmann1111096177,78
12Vereinigtes Konigreich GBRKaren Barber / Nicky Slater1212104176,92

Datum: 19. Februar.

Das österreichische Geschwisterpaar Handschmann hatte sich einen Platz unter den ersten Zehn erhofft, doch bereits im ersten Pflichttanz war es beim «Starlight-Walzer» aus dem Takt geraten. Unterm Strich hatte sich der von ihm betriebene Aufwand nicht gelohnt, denn es hatte seine Kostüme in der Wiener Oper anfertigen lassen. Die Reihung der ersten drei nach zwei Pflichttänzen war identisch mit dem Endresultat, also Linitschuk/ Karponossow vor Regőczy/Sallay und Moissejewa/Minenkow. Bei der Kür stand erneut die Notenvergabe in der Kritik, das Publikum äußerte seinen Unmut über jene für ihre erklärten Lieblinge Regőczy/Sallay, deren schwungvoller, origineller Vortrag schwächer benotet wurde als der des russischen Siegerpaares, bei dem die Dame sogar einmal ausgerutscht war. Der britische Wertungsrichter zeigte ungeniert eine lächerlich niedrige Note für Moissejewa/Minenkow, doch reichte es trotzdem nicht zu einer Medaille für «sein» Duo Torvill/Dean.[10][11]

Einzelnachweise

  1. „Hoffmann kämpft um sein Gold“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 19. Februar 1980, S. 14.
  2. Spalte 5: „Höhepunkt Herrenkür“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 21. Februar 1980, S. 14.
  3. a b „Poet schlug den Artist“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 23. Februar 1980, S. 10.
  4. Spalte 5: „Fratianne Favorit“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 21. Februar 1980, S. 14.
  5. Mitte rechts: „Weltmeisterpaar gescheitert“, vorletzter und letzter Absatz. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 17. Februar 1980, S. 8.
  6. „Pötzsch holte 100. Goldene für DDR“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 25. Februar 1980, S. 8.
  7. „Zwei Welten wollen Goldmedaille . Rodnina-Saizew gegen US-Stars“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 15. Februar 1980, S. 07.
  8. Mitte rechts: „Weltmeisterpaar gescheitert“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 17. Februar 1980, S. 8.
  9. „Immer wieder Rodnina“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 19. Februar 1980, S. 14.
  10. Mitte rechts: „Weltmeisterpaar gescheitert“; ab letzter Absatz in Spalte 1 des Artikels. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 17. Februar 1980, S. 8.
  11. „Opernkostüme brachten nichts . Handschmann blieben Vorletzte“. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 21. Februar 1980, S. 14.

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