Oliver Trapp

Oliver Trapp (* 9. Juni 1973 in Göppingen) ist ein deutscher Chemiker. Er forscht und lehrt seit 2016 als Professor für Organische Chemie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.[1]

Leben

Oliver Trapp wuchs in Bad Boll (Baden-Württemberg) auf und besuchte das Mörike-Gymnasium in Göppingen. Während seiner Schulzeit nahm er am Wettbewerb Jugend forscht teil und wurde für seine Arbeiten zur Wirkung eines Komplexbildners auf Hefe 1992 mit dem Bundessieg im Fach Chemie und dem Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft für eine interdisziplinäre Arbeit ausgezeichnet.[2] 1992 belegte er beim 4th European Community Contest for Young Scientists den ersten Platz.

Von 1993 bis 1998 studierte er Chemie an der Eberhard Karls Universität Tübingen. Seine Diplomarbeit zur „Synthese substituierter 1,3-Diphenylallene, Bestimmung von Interkonversionsbarrieren mittels stopped-flow Multidimensionaler Gaschromatographie und Simulation von Elutionsprofilen“ fertigte er bei Volker Schurig am Institut für Organische Chemie an. In seiner Doktorarbeit „Bestimmung der Interkonversionsbarrieren von Enantiomeren, Epimeren und Diastereomeren mittels chromatographischer Methoden und Simulation von Elutionsprofilen in der dynamischen Chromatographie – Theorie und Anwendung“, die er als Kollegiat des Graduiertenkollegs „Chemie in Interphasen“ und gefördert durch ein Doktorandenstipendium des Fonds der Chemischen Industrie ebenfalls im Arbeitskreis von V. Schurig anfertigte, entwickelte er neue Techniken und Algorithmen zur schnellen und präzisen Bestimmung von Enantiomerisierungsbarrieren mittels enantioselektiver dynamischer Chromatographie.[3]

Als Postdoktorand forschte Oliver Trapp in der Gruppe von Richard N. Zare an der Universität Stanford, gefördert mit einem Emmy-Noether-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Dort arbeitete er an der Entwicklung der Hadamard-Transform Time-of-Flight-Massenspektrometrie.[4]

Als Emmy-Noether-Nachwuchsgruppenleiter baute Oliver Trapp seinen eigenen Arbeitskreis am Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr auf. Dort entwickelte er neue Methoden zum Hochdurchsatzscreening neuer Katalysatoren.[5] 2009 habilitierte er an der Ruhr-Universität Bochum und erhielt die Venia Legendi für das Fach Chemie.

2008 nahm er einen Ruf auf eine W3-Professur an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg an, wo er bis 2016 als Professor für Organische Chemie lehrte und forschte.[6] In den Jahren 2015 und 2016 war er außerdem als wissenschaftlicher Koordinator des von der BASF und der Universität Heidelberg getragenen Catalysis Research Laboratory (CaRLa) tätig.[7]

Seit 2015 ist Oliver Trapp Max Planck Research Fellow am MPI für Astronomie[8] und wissenschaftlicher Koordinator der Heidelberg Initiative for the Origins of Life (HIFOL).[9]

2016 folgte er einem Ruf auf die Nachfolge von Herbert Mayr am Department Chemie der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist seit September 2016 W3-Professor für Organische Chemie an der Fakultät für Chemie und Pharmazie.

Oliver Trapp ist seit September 2001 mit Gabriele Susanne Trapp (geb. Schoetz) verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.

Forschungsgebiete

Im Verlauf seiner Diplom- und Doktorarbeit beschäftigte sich Oliver Trapp mit dynamischer Chromatographie und bestimmte mithilfe des von ihm entwickelten Computerprogramms ChromWin[10] Interkonversionsbarrieren, unter anderem für die Epimerisierung von Chalcogran,[11] die Enantiomerisierung von Oxazepam,[12][13] Thalidomid[14] und Chlorthalidon,[15] die cis-trans-Isomerisierung eines Dipeptids[16] sowie die Inversionsbarriere für stereogene Stickstoff-Atome, z. B. in der Trögerschen Base[17] oder 1,3,4-Oxadiazolidinen[18]. 2006 veröffentlichte er seine zentrale Arbeit zur „Unified Equation for Access to Rate Constants of First-Order-Reactions in Dynamic and On-Column Reaction Chromatography“,[19][20][21] mit der die Bestimmung von Geschwindigkeitskonstanten und Aktivierungsbarrieren dynamischer Prozesse anhand der Elutionsprofile möglich ist, und zu der er auch ein Software-Paket entwickelte.

In seiner unabhängigen Forschungsarbeit beschäftigte sich Oliver Trapp mit Methoden zum Hochdurchsatz-Screening in der Chromatographie durch Integration von Katalyse und Trennung bei der on-column Reaktionschromatographie[22] durch Multiplexing mithilfe der Hadamard-Transformation, durch die der Auslastzyklus erhöht und das Signal-Rausch-Verhältnis verbessert werden kann. Dabei werden mehrere Proben über einen Mehrkanal-Multiplexinginjektor entsprechend einer n-Bit-Pseudozufallssequenz ins chromatographische Trennsystem injiziert (bis zu 3000 Injektionen pro Stunde). Das gesamte Chromatogramm, das nach Trennung der einzelnen Analyte auf der Säule aufgezeichnet wird, stellt eine Faltung der überlappenden zeitversetzten Einzelchromatogramme dar, die durch Anwendung eines von Oliver Trapp entwickelten Algorithmus erhalten werden können.[23] Seine Arbeiten aus dieser Zeit bewegen sich an der Schnittstelle zwischen analytischer Chemie und Informationstechnologie und beinhalteten zudem die Untersuchung des Verhaltens zahlreicher stereodynamischer molekularer Systeme und Reaktionen mithilfe von gas- und flüssigchromatographischen Methoden.

Die von ihm entwickelten chromatographischen Methoden wandte Oliver Trapp erfolgreich auf die Untersuchung katalytischer Reaktionen an. Als übergeordnetes Thema seiner Forschungsprojekte kann man die Stereochemie von Molekülen ansehen. So konnte er in einer viel beachteten Arbeit[24] in Kooperation mit wissenschaftlichen Partnern die Absolutkonfiguration kleiner Moleküle in der Gasphase mithilfe von Coulomb-Explosionen direkt nachweisen.[25] Er entwickelte mit seiner Gruppe außerdem neue stereochemisch flexible Liganden, die durch nicht-kovalente Wechselwirkungen mit chiralen Molekülen in Lösung oder temperaturgesteuert[26] ihre stereochemischen Eigenschaften ändern. Indem das Produkt einer katalytischen Reaktion selbst die stereochemischen Eigenschaften des Katalysators steuert, kann die enantioselektive Selbstamplifikation eines Produkt-Stereoisomers erreicht werden.[27][28] Die Bedeutung dieses Aspekts sowie weitere wichtige Reaktionen für die Entstehung des Lebens auf der Erde untersucht Oliver Trapp mit seiner Gruppe an der LMU München in Zusammenarbeit mit Partnern aus den interdisziplinären Forschungskooperationen OLIM (Origins of Life Initiative Munich)[29] und HIFOL (Heidelberg Initiative for the Origins of Life).

Schema einer selbstamplifizierenden enantioselektiven Katalyse.

Auszeichnungen und Preise

1992Bundessieger Jugend forscht
1992Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für ein interdisziplinäres Forschungsprojekt
1992Erster Preis beim 4. Europäischen Wettbewerb für junge Wissenschaftler
1993Austauschstipendium der Europäischen Union zur Teilnahme am 44. International Science and Engineering Fair
1999–2001Doktorandenstipendium des Fonds der Chemischen Industrie (FCI)
2001Attempto-Preis der Fakultät für Chemie, Pharmazie und Biochemie der Universität Tübingen
2001Procter & Gamble Innovationspreis für die beste Dissertation an der Fakultät für Chemie der Universität Tübingen 2001
2002Emmy-Noether-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
2003Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) in Analytischer Chemie
2005Emmy-Noether-Nachwuchsgruppenleiter
2007Thieme Journal Award
2007Merck Research Grant Award
2008Mitglied im Jungen Kolleg der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Naturwissenschaften und Künste
2008ADUC-Preis der Gesellschaft Deutscher Chemiker für die beste Habilitation 2008
2008Heinz-Maier-Leibnitz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft
2008Innovationspreis 2008 des Landes Nordrhein-Westfalen
2009Forschungspreis der Universität Heidelberg
2010HTC-11 Award
2010ERC Starting Independent Researcher Grant
2011Capital Junge Elite “4 times 40 under 40 year-olds”
2012ERC Proof of Concept Grant
2015Ernennung zum Max Planck Research Fellow

Weblinks

  • O. Trapp auf der Website der LMU München

Einzelnachweise

  1. Trapp Research Group, LMU München, abgerufen am 30. November 2017.
  2. Jugend forscht, Untersuchung der Wirkung eines Komplexbildners auf Hefe@1@2Vorlage:Toter Link/www.jugend-forscht.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , abgerufen am 30. November 2017.
  3. Diplom und Doktorthesen, Institut für Organische Chemie Tübingen, abgerufen am 30. November 2017.
  4. Stanford University, Alumni des Zare Lab, abgerufen am 30. November 2017.
  5. Trapp, Neue Techniken zum Hochdurchsatzscreening von Katalysatoren, Forschungsbericht Max-Planck-Institut für Kohlenforschung 2006, abgerufen am 30. November 2017.
  6. Trapp, Universität Heidelberg (Memento des Originals vom 21. Oktober 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/trapp.uni-hd.de, abgerufen am 30. November 2017.
  7. CARLA, Catalytic Research Lab, Universität Heidelberg, 2014, zur Ernennung von Trapp (Memento des Originals vom 1. Dezember 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.carla-hd.de, abgerufen am 30. November 2017.
  8. Prof. Dr. Oliver Trapp zum MPG-Fellow an das Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) berufen, Max-Planck-Institut für Astronomie, 16. Dezember 2015, abgerufen am 30. November 2017.
  9. Max-Planck-Institut für Astronomie, HIFOL, abgerufen am 20. Dezember 2019.
  10. O. Trapp, V. Schurig, Comput. Chem. 2001, 25, 187–195.
  11. O. Trapp, V. Schurig, Chem. Eur. J. 2001, 7, 1495–1502.
  12. G. Schoetz, O. Trapp, V. Schurig, Anal. Chem. 2000, 72, 2758–2764.
  13. G. Schoetz, O. Trapp, V. Schurig, Enantiomer 2000, 5, 391–396.
  14. O. Trapp, G. Schoetz, V. Schurig, J. Pharm. Biomed. 2002, 27, 497–505.
  15. G. Schoetz, O. Trapp, V. Schurig, J. Capil. Electrophor. 1999, 6, 167–175.
  16. G. Schoetz, O. Trapp, V. Schurig, Electrophoresis 2001, 22, 2409–2415.
  17. O. Trapp, V. Schurig, J. Am. Chem. Soc. 2000, 122, 1424–1430.
  18. R.G. Kostyanovsky, G.K. Kadorkina, V.R. Kostyanovsky, V. Schurig, O. Trapp, Angew. Chem. 2000, 112, 3066–3069.
  19. O. Trapp, Anal. Chem. 2006, 78, 189–198.
  20. O. Trapp, Electrophoresis 2006, 27, 534–541.
  21. O. Trapp, Electrophoresis 2006, 27, 2999–3006.
  22. O. Trapp, S.K. Weber, S. Bauch, W. Hofstadt, Angew. Chem. 2007, 119, 7447–7451.
  23. O. Trapp, Angew. Chem. 2007, 119, 5706–5710.
  24. Heidelberger Forscher bilden erstmals direkt die Absolutkonfiguration einer chiralen Verbindung ab Seite der Uni Heidelberg vom 28. November 2013, abgerufen am 26. Dezember 2017.
  25. P. Herwig, K. Zawatzky, M. Grieser, O. Heber, B. Jordon-Thaden, C. Krantz, O. Novotny, R. Repnow, V. Schurig, D. Schwalm, Z. Vager, A. Wolf, O. Trapp, H. Kreckel, Science 2013, 342, 1084–1086.
  26. Chemiker haben erstmals einen temperaturgesteuerten Katalysator entwickelt, der beide molekulare Spiegelbilder einer Verbindung synthetisiert Seite der Uni Heidelberg vom 12. März 2015, abgerufen am 26. Dezember 2017.
  27. G. Storch, O. Trapp, Nature Chemistry 2017,9,179–187.
  28. Chirale Moleküle: Schnell auf einer Seite Meldung der LMU vom 1. Dezember 2016, abgerufen am 26. Dezember 2017.
  29. Origins of Life Initiative, LMU München, abgerufen am 30. November 2017.

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Selbstamplifikation.png
Autor/Urheber: AKT LMU, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Schematische Übersicht zu den Schlüsselschritten der enantioselektiven selbstamplifizierenden Katalyse. Nach Aktivierung des Präkatalysators wird das Produkt aus dem prochiralen Edukt zunächst nur racemisch oder mit geringer Enantioselektivität gebildet. Der Katalysator interagiert über chirale Selektoreinheiten bevorzugt mit einem der beiden Produktenantiomere. Diese Wechselwirkung zwischen dem Produktenantiomer und dem stereochemisch flexiblen Katalysator induziert eine strukturelle Änderung, die auch das katalytisch aktive Zentrum beeinflusst. Diese Strukturänderung bewirkt, dass das Produkt in den nachfolgenden Katalysezyklen mit höherer Enantioselektivität gebildet wird.