Olgerdige

Olgerdige (dänisch auch mit bestimmtem Artikel Olgerdiget) bezeichnet eine Befestigungsanlage zwischen der Thingstätte Urnehoved und dem heutigen Ort Tinglev in Nordschleswig, Dänemark. Eine Fortsetzung im Norden bis Aabenraa wird angenommen. Das Bauwerk wird auf das 1. Jh. u. Z. datiert.

Grundlegende Untersuchungen wurden in den 1960er und 70er Jahren durchgeführt. Hans Neumann verfasste das archäologische Standardwerk[1]. Seit den 2000er Jahren kamen weitere Forschungen, auch dendrochronologische Untersuchungen, hinzu[2].

Der Name leitet sich ab aus[3]:

  • Olger: Personenname, basierend auf der Legende von Holger Danske; alternativ: Zusammenhang mit altengl. ealgian, Verteidigung, Schutz
  • dige: urspr. Grube, Graben oder Grab, später auch Hügel, Damm, Erdwall

Es wurden drei Bauphasen festgestellt:

  1. Errichtung in einem Zug, dendrochronologisch festgestellt für den Zeitraum 22 bis 31 n. Chr., wobei das Jahr 31 am wahrscheinlichsten ist[4]. Es wurde lediglich eine Palisadenreihe errichtet.
  2. Zweite Bauphase 51 n. Chr.[5] Die Palisade wurde durch weitere Reihen sowie Graben und Wall ergänzt.
  3. Dritte Bauphase um 90 u. Z.[6]

Die Anlage wird als Grenzbefestigung zwischen den Angeln und den Jüten angesehen[7]. Dies deckt sich mit den vorgefundenen unterschiedlichen Bestattungssitten dieser Gruppen zu dieser Zeit, die sich räumlich entsprechend abgrenzen lassen. So werden von den Jüten über lange Zeiträume Körperbestattungen vorgenommen, während bei den Angeln die Tradition der Brandbestattung vorherrscht.[8] Neuerdings werden die Warnen als nördliche Nachbarn der Angeln im Over-Jerstal-Kreis im Betrachtungszeitraum diskutiert[9]. Einen möglichen historischen Bezug überliefert Tacitus, Germania 40.1., wenn er von den varinii spricht.

Der Olgerdige war nicht nur Verteidigungsanlage, sondern sperrte bzw. kontrollierte auch drei bereits in vorgeschichtlicher Zeit nachweisbare Wege[10].

Der Olgerdige könnte Teil einer größeren Grenz- und Verteidigungslinie sein, die die komplette dänische Halbinsel etwas nördlich der heutigen deutsch-dänischen Grenze von West nach Ost durchzieht. Die Linie beginnt im Westen bei den Burgen Archsum-Burg (Sylt) und Trælbanken (nahe Hoyer), nutzt von Ost nach West fließende Flüsse und endet beim Olgerdige[11].

Insgesamt wurden 28 Wallanlagen oder Sperrwerke in Dänemark gefunden, die meisten jedoch aus frühmittelalterlicher Zeit[12]. Der Olgerdige nimmt aufgrund seiner Größe und seines Alters eine Sonderstellung ein.

Mitte des 2. Jh. n. Chr. hatten die Angeln die Warnen weiter nach Norden gedrängt und einen neuen Wall, den Æ Vold errichtet. Der Olgerdige verlor seine Bedeutung.

Es wird ein Zusammenhang mit der von Prokop erwähnten Verdrängung der Heruler angenommen.

Literatur

  • Morten Hegewisch, Von Leese nach Kalkriese? Ein Deutungsversuch zur Geschichte zweier linearer Erdwerke, in: Ernst BALTRUSCH, Morten HEGEWISCH et alii (Hg.), 2000 Jahre Varusschlacht. Geschichte – Archäologie – Legenden (= Topoi. Berlin Studies of the  Ancient World 7), Berlin/Boston 2012, 177–212
  • Hans Neumann, Olgerdiget - et bidrag til Danmarks tidligste historie, Haderslev 1982 (mit deutscher Zusammenfassung)
  • Per Ethelberg, Frühe Königreiche. Machtkonzentrationen in Südskandinavien im 1.–4. Jahrhundert n. Chr., in: VARUSSCHLACHT I. OSNABR. LAND GmbH (Hg.), 2000 Jahre Varusschlacht: Konflikt, Stuttgart 2009, 170–182
  • Steen Wulf Andersen, Vorzeitdenkmäler in Sønderjylland, Haderslev 1993
  • Per Ethelberg, Slesvig som grænseland i 1.–2. årh. e.Kr., in: Anne BLOND, Kim FURDAL, Carsten P. RASMUSSEN (Hg.): Forundringsparat. Festskrift til Inge Adriansen, Haderslev 2014, 247–268 (engl. Zusammenfassung in Vorbereitung)
  • Andres Siegfried Dobat, Danevirke - a linear earthwork in the province of Schleswig and ist socio-political background, in: Martin Segschneider (Hrsg.), Ringwälle und verwandte Strukturen des ersten Jahrtausends n. Chr. an Nord- und Ostsee, Neumünster 2009, 137–158

Weblinks

Einzelnachweise

  1. NEUMANN (1982)
  2. Zum Beispiel von L. CHRISTENSEN, 2012 (unveröffentlicht, jedoch ausführlich berichtet bei ETHELBERG, 2014).
  3. ETHELBERG (2014), S. 250
  4. ETHELBERG (2014), S. 266
  5. ETHELBERG (2014), S. 266
  6. http://arachne.uni-koeln.de: 2109435: Olgerdige
  7. NEUMANN (1982), S. 131
  8. Ingemar Nordgren in The Well Spring of the Goths S. 229@1@2Vorlage:Toter Link/www.scribd.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2018. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  9. ETHELBERG (2014), S. 261
  10. NEUMANN (1982), S. 134
  11. ETHELBERG (2014), S. 261
  12. vgl. HEGEWISCH (2012), S. 196