Oikistes
Als Oikistes (altgriechisch οἰκιστήςoikistḗs; von οἰκίζειν oikízein ‚besiedeln‘), auch Ktistes (altgriechisch κτίστηςktístēs; von κτίζειν ktízein ‚gründen‘) oder Heros Ktistes wurden in der Antike mythische, aber auch historische Gründer einer Stadt oder Kolonie bezeichnet.
Auf dem griechischen Festland wurde meist ein Gott oder Heros als Stadtgründer angenommen, der in lokalen Heiligtümern als Schutzpatron der Stadt verehrt wurde. Oft wurde der Name der Stadt zudem als Eponym für den Gründer genommen.
Zur Zeit der griechischen Kolonisation ist der Oikistes hingegen historisch fassbar. Meist oblag ihm die Aufgabe, das Schiff zu stellen, mit dem die Kolonisten vom griechischen Festland zur Koloniengründung aufbrachen. Deshalb befragte er rituell ein Orakel, meistens das Orakel von Delphi, über die Vorteile des möglichen Standorts der neuen Siedlung und legte anschließend den Ort der Gründung fest. Nach der Ankunft in der neu zu gründenden Kolonie bestimmte der Oikistes die Landverteilung und das Straßenraster. Ihm zu Ehren wurden in der Kolonie in der Art der Heroen der mythischen Oikisten Heiligtümer errichtet, Spiele gestiftet und Feste ausgerichtet.
In hellenistischer Zeit gab es kleine Veränderungen. Als Stadtgründer wurden nun auch Leute verehrt, die die Stadt eigentlich nicht gründeten. So wurde die von Antigonos I. Monophthalmos gegründete Hafenstadt Antigoneia an den Dardanellen von seinem Nachfolger Lysimachos in Alexandria Troas umbenannt. Diese Umbenennung wurde als Stadtgründung angesehen und der bisher als Stadtgründer verehrte Antigonos wurde von einem Kult für Lysimachos abgelöst. Die Funktion des Oikistes wurde zu einer politischen.
Liste berühmter Oikisten:
- Archias für Syrakus
- Battos für Kyrene
- Byzas für Byzantion
- Epeios für Pisa und Metapont
- Euarchos für Katane
- Phalantos für Tarent
- Hippokles von Kyme und Megasthenes von Chalkis für Cumae
Literatur
- Wolfgang Leschhorn: „Gründer der Stadt“. Studien zu einem politisch-religiösen Phänomen der griechischen Geschichte. Steiner, Stuttgart 1984, ISBN 3-515-04181-8.