Offene Parlamentarische Debatte

Die Offene Parlamentarische Debatte (OPD) ist ein Format, also ein bestimmtes Regelwerk, des Debating. Es versteht sich als turniertaugliches akademisches Debattierformat, das die Sportlichkeit der Parlamentarischen Debatte und den Realismus der Publikumsdebatte miteinander vereint. In Deutschland ist es neben dem British Parliamentary Style (BPS) das bedeutendste Format. Die Deutsche Debattiermeisterschaft wird abwechselnd in OPD und BPS ausgetragen. Eine Debatte im Format OPD erfordert neun Redner, von denen sechs in zwei Dreierteams (Regierung und Opposition) und die übrigen drei unabhängig als fraktionsfreie Redner agieren. Die Vorbereitungszeit nach Bekanntgabe des Themas beträgt 15 Minuten, die Redezeit pro Fraktionsredner sieben und pro fraktionsfreiem Redner dreieinhalb Minuten.

Die Offene Parlamentarische Debatte schafft eine Synthese der beiden Hauptrichtungen akademischer Debattierformate, der Parlamentarischen Debatte und der Publikumsdebatte. Von ersterer übernimmt sie die Organisation der Redner in zwei Fraktionen, die einander ausschließende Positionen vertreten und einander Fraktionsdisziplin schulden, sowie die Berücksichtigung gegnerischer Zwischenfragen während der Reden. Von letzterer übernimmt sie die aktive Integration des Publikums mit eigenständigen Redebeiträgen im Herzen der Debatte, eine Ausrichtung der Debattanten auf die Zuhörer und die Berücksichtigung von Zwischenrufen aller Teilnehmer, die zusammengenommen zu einer realistischeren Redesituation führen als in den teilweise von den ursprünglichen Persuasionszielen losgelösten Parlamentarischen Formaten mit unproduktiver Eristik.

Die Kombination dieser Elemente führt in der Offenen Parlamentarischen Debatte zu einem Format, das sowohl im Clubbetrieb als auch im Turnierbetrieb mit einigen schlagenden Vorteilen aufwartet. Im Clubbetrieb profitieren die Debattanten von der Möglichkeit, überzeugende Reden zu üben, die über bloße argumentative Schlüssigkeit hinaus, das Publikum vollständig erreichen und bewegen. Reine Scheingefechte werden von der aufmerksamen Hörerschaft umgehend durch Zwischenrufe und von den Fraktionsfreien Redner durch Positionierung auf der Gegenseite abgestraft. Anfängern im Verein bieten die unterschiedlichen Redezeiten von Fraktionsrednern und Fraktionsfreien die Möglichkeit eines leichteren Einstiegs und stufenweise Verlängerung der Redezeiten. Gleichzeitig werden durch dieses Variantenreichtum unterschiedliche Spannungsbögen und Redegliederungen trainiert.

Die Flexibilität des Formats ermöglicht im Clubbetrieb zudem eine Integration von neun bis zwölf Teilnehmern und damit eine Anpassung an den jeweiligen Andrang von Rednern in der Debatte und einen nahezu fließenden Übergang von einer Debatte zu mehreren parallel geführten gleichzeitig. Durch die geheime Abstimmung am Beginn jeder Debatte und das offene Votum an ihrem Ende bekommen die Redner zudem einen guten Eindruck von der Effektivität ihrer Reden. Das Publikum erhält ein weiteres Beeinflussungsmoment, das die Debatte bis zum Schluss hin spannend hält. Es ist allerdings anzumerken, dass die entscheidende Teamwertung auf Turnieren meist von Juroren übernommen wird.

Schließlich bietet die OPD im Clubbetrieb die Möglichkeit, bei Interesse die debattierten Themen im Vorfeld der Debatte überblicksartig zu recherchieren und damit den Auseinandersetzungen mehr Tiefgang zu verleihen. Diesem Zweck dient die Festlegung der Fragestellung einige Tage vor der jeweiligen Debatte.

Im Turnierbetrieb bietet das Regelwerk der Offenen Parlamentarischen Debatte ebenfalls einige Vorteile, da Wettkämpfe in diesem Format besonders fair und spannend ausfallen. Die Integration der Fraktionsfreien Redner im Turnier, die sich in den Finalrunden aus den besten Rednern der bereits ausgeschiedenen Teams rekrutieren, bietet Teams und Rednern unabhängig voneinander die Möglichkeit sich für das Finale zu qualifizieren. Dadurch werden verstärkt auch heterogene Teams möglich und Spannungen innerhalb der Fraktionen reduziert, denn: Kein guter Redner bleibt auf der Strecke.

Die Bereitstellung von geschlossenen Entscheidungsfragen (im Gegensatz zu offenen Themen bei anderen Formaten) ermöglicht es beiden Fraktionen die kurze Vorbereitungszeit vor der Turnierdebatte optimal zu nutzen und sich gleichermaßen zu präparieren. Die symmetrische Aufteilung der an einem Turnier teilnehmenden Teams auf die Positionen in der Debatte sorgt für einen vollständigen Ausgleich möglicher Vorteile, Schwierigkeiten oder Herausforderungen in Regierung, Opposition oder als Fraktionsfreie Redner. Jedes Team tritt an jeder Position in den Vorrunden gleich oft an. Der Einfluss der Setzungen oder des Loses auf das Turnierergebnis wird damit minimiert.

Juroren und Präsidenten wie auch den Debattanten wird gleichermaßen die Erfüllung ihrer jeweiligen Rolle im Turnier erleichtert, da sich erstgenannte nicht mehr in der Doppelaufgabe von angesprochener Zuhörerschaft und bewertenden Dritten befinden. Die Fraktionsfreien Redner und das Publikum sind die Adressaten der Überzeugung in der Debatte, die Jury bewahrt ihre Neutralität außerhalb der eigentlichen Debatte.

Schließlich sorgt das absolute Bewertungssystem im Turnierbetrieb für den Verzicht auf selektive Paarungen und Gruppierungen der Teilnehmer. In einem OPD-Turnier kann jedes Team auf jedes andere treffen und punktet ausschließlich in Abhängigkeit von seinen eigenen Leistungen. So finden Debatten mit unterschiedlichsten Paarungen statt, die Debattanten lernen verschiedenste Debattierstile der stärkeren und schwächeren Gegner kennen und treffen in jeder Debatte auf Vertreter von vier weiteren Teams. Dies hilft den Geist der Debattierturniere als Ort des Wettkampfs, des Austauschs und der persönlichen Weiterentwicklung zu bewahren.

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