Oberornau
Oberornau Gemeinde Obertaufkirchen | |
---|---|
Koordinaten: | 48° 13′ N, 12° 14′ O |
Höhe: | 483 m ü. NHN |
Eingemeindung: | 1. Juli 1972 |
Postleitzahl: | 84419 |
Vorwahlen: | 08082, 08073 |
Oberornau, Ortsmitte |
Oberornau ist eine Gemarkung von Obertaufkirchen, einer Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Mühldorf am Inn.
Geografie
Geografische Lage
Oberornau liegt in der Region Südostoberbayern im Ornautal, durch das der Ornaubach fließt; ein Nebenfluss der Goldach.
Geomorphologie
Das Landschaftsbild um Oberornau trägt recht deutlich die Züge ihrer eis- und zwischeneiszeitlichen Entstehungsgeschichte. Es handelt sich hierbei um ein Altmoränengebiet aus der Rißzeit, welche vor ca. 240.000 Jahren einsetzte. In der Rißzeit bildete in dieser Gegend der Abschnitt von Peterskirchen über Heldenstein und Schwindkirchen den Altmoränenbereich. Das abfließende Schmelzwasser vertiefte die Täler und Rinnen und lagerte mitgeführte Schlamm- und Geröllmassen ab. Bei der vorläufig letzten Kälteperiode, der Würmeiszeit (130.000 - 20.000 v. Chr.), kam der neuerlich vorstoßende Inn-Gletscher auf der Höhe von Gars am Inn und Haag i. OB zum Erliegen.
Geschichte
Spätmittelalter
Zu den ersten bekannten Grundbesitzern gehörten die bayerischen Herzöge aus dem Hause der Agilolfinger, allen voran Tassilo III. Nach seinem Sturz im Jahr 788 ging sein Besitz mit Zustimmung des Karolinger-Königs Karl (der spätere Karl der Große) an die Salzburger Geistlichkeit. Nachgewiesen ist dieser Besitz in den beiden kurz nach dem Sturz Tassilos III. angelegten Güterbeschreibungen Salzburgs, dem Indiculus Arnonis und dem Breves Natitiae, 788 und 790 aufgezeichnet unter dem ersten Salzburger Erzbischof Arn.
Unter dem übergangenen Besitz findet man auch an der Ornau drei Parochialkirchen mit insgesamt sieben Huben („Ad Aharnouua ecclesiae III cum mansis VII“; damit waren gemeint: das heutige Oberornau und wahrscheinlich Pfaffenkirchen und Obertaufkirchen).
Um das Jahr 923 findet man in den Aufzeichnungen des Bistums Salzburg (Cod. Odalberti Nr. 97 a) den Eigentumsübergang von Birnbach (Pirchinapach) vom Edlen Eparhart, einem Lehensmann des Erzbischofs, auf das Bistum Salzburg. Im Jahr 924 (Cod. Odalberti Nr. 44) ging Oberornau vom Vorbesitzer Bistum Salzburg auf die „Edle Frau Rihni“ über. Dies ist gleichzeitig die zweitälteste urkundliche Erwähnung von Oberornau.
Der Giebinger und Ornauer Adel
Haselberg
Um 1150 wird beim Konvent in Au der Edle Hazaga de Haselperge (Haselberg) erwähnt. 1180/90 begegnet man in den Aufzeichnungen von Au noch den Brüdern Dietmar und Ulrich von Haselberg. Am 27. März 1313 ist der Ritter Chunrat ab Hoselperig als Bürge in einer Auer Tradition aufgeführt.
Oberornau (Ornau)
Seit Anfang des 10. Jhdts. gehörten die Ornauer Herren zu den Vasallen der Grafen von Ebersberg: Dietrich ca. 935/60, Sintbert ca. 1050/55, Dietrich ca. 1080, Rotbert ca. 1095/1100.
Im Laufe der Jahre zersplitterte das zusammenhängende Besitztum, was sich auch in den Ortsnamen Frauenornau, Oberornau und Ornau (bei Weidenbach) ausdrückt. Im 12. Jhd. begegnet man zunächst Hermann von Ornau und dann dessen Sohn Heinrich.
1127/35 ist der Freie und Vasall der Vögte von Mödling, Sigboto von Ornau, erwähnt. Eine Generation später taucht der Name dann in Verbindung mit Giebing und Niederhaim (Niederham) auf.
Mitte des 12. Jhdts. werden Rudiger de Arnowe und sein gleichnamiger Sohn mehrmals in Zeugenreihen erwähnt. Rudiger unterstand wohl zunächst formell dem vorgenannten Sigboto bzw. dessen Gattin, einer Tochter des Vogtes Kuno IV.
Vermutlich ein Verwandter des Sigboto war Heinrich von Ornau, ca. 1165–1204. Er fungierte als Salmann des Richters Heinrich senior (wahrscheinlich sein Vater) auf einem Hof in Niederham.
Die Ortsadeligen von Ornau finden sich in mehreren Urkunden des 12. Jahrhunderts: 1135 werden genannt Henricus, Dietricus und Ulricus de Arnowe, 1160 Rudiger de Arnowe, 1180 Hermanus de Arnowe. Das Geschlecht erlosch um 1200.
Hofgiebing (Giebing)
Auch in Hofgiebing ist ein Ortsadel nachzuweisen.
Der erste urkundlich erwähnte Adlige der Gegend wird im Jahr 935 in den Aufzeichnungen des Stiftes Emmeran in Regensburg erwähnt. Sein Name war Gotschalk von Giebingen. (Hof-)Giebing gehört auch zu den ältesten Adelssitzen der Gegend. Der Name Gotschalk hielt sich auch am Ort bis ins 13. Jhd. Zwischen 1130 und 1147 und zwischen 1210 und 1220 begegnet man in den Auer Traditionsbüchern ebenfalls dem Namen "Gotscalcus de Giebinge".
Im Jahr 1123 wird in den Aufzeichnungen des Bistums Salzburg der Edelfreie Herman von Giebing erwähnt. Diese Familie war auch im nahen Rimbach begütert. Um 1150 ist in einer Urkunde des Klosters Gars dessen gleichnamiger Sohn erwähnt.
Ein älterer (um 1150/55) und ein jüngerer (um 1180/90) Sigboto von Giebing findet sich in Aufzeichnungen des Bistums Freising. Hier handelt es sich wahrscheinlich um Sigboto von Niederham, welcher im Dienst des Bistums Freising stand.
Um 1150 werden in den Auer Traditionsbüchern mehrfach die Brüder Konrad und Ulrich von Giebing erwähnt. Sie waren Ritter der Regensburger Geistlichkeit. Ein jüngerer Ulrich von Giebing, wahrscheinlich ein Sohn des Konrad, findet sich in Verbindung mit den Vögten von Mödling (Stampfl bei Au am Inn). Ab hier wird die Abkehr der Giebinger von den Regensburgern und die Verbindung mit den Mödlingern und damit den Salzburger Ministerialen offenkundig.
Heinrich von Giebing ist erstmals um 1130/40 als Salmann (Grund-, Hofverwalter) des Salzburger Ministerialen Jedung erwähnt. Der zweite Heinrich, vermutlich ein Bruder des jüngeren Ulrich ist um 1160 in einer Auer Zeugenreihe erwähnt. Ab 1204 taucht dann recht häufig ein dritter Heinrich als Zeuge auf. Dieser hatte zwei Brüder : Heimo und Rudiger, sowie zwei Söhne: Kuno und Ulrich.
1257 ist Konrad von Giebing in einer Raitenhaslacher Zeugenreihe erwähnt. In einer Urkunde vom 28. Dezember 1287 vermachte Konrad von Giebing sein Gut in Liopfing dem Stift der Auer Chorherren. Konrad von Giebing hatte zwei Söhne. Heinrich starb noch vor seinem Vater, vom anderen Sohn, Saxo, weiß man dass er der letzte aus dem Adelsgeschlecht der Giebinger war. Saxo von Giebing verzichtete 188 auf seine Lehensgüter in Eberharting, in Bietsheim bei Weidenbach, in Kagen und in Krafting zugunsten des Erzbischofs Rudolf von Salzburg mit der Auflage, dass weder dieser, noch seine Nachfolger dieselben weiterverleihen dürfen.
Saxo von Giebing und seine Frau Gysila, Tochter des Friedrich von Chuntel (Kundl), blieben ohne Nachkommen. Ihr Hofgiebinger Besitz geht um 1300 an den bayerischen Herzog Otto III. über.
Nach dem Tod des Saxon von Giebingen wurde die Hofmark Hofgiebing von herzoglichen Ministerialen verwaltet. Diesen wurde, im Gegensatz zu den bischöflichen, die niedere Gerichtsbarkeit übertragen, was in der Bezeichnung Hofmark zum Ausdruck kam.
Giebing blieb bis Anfang des 16. Jhdts. im Besitz der bayerischen Herzöge. Als dann im Landshuter Erbfolgekrieg 1504/1505 das Schloss Schwindegg von den Pfälzischen Soldaten niedergebrannt worden war, gab Herzog Albrecht V. von Bayern den Sitz und die Hofmark Hofgiebing dem Schwindegger Schlossherrn Jakob von Fraunhofen als Entschädigung. 1558 ist die Hofmark Hofgiebing in der Hand von Veit Marschalk von Pappenheim. 1580 kam Giebing an die Edlen von Haunsperg aus der Nähe von Laufen a. d. Alz. Sebastian von Haunsperg kämpfte 1571 in der Schlacht von Lepanto. Er starb 1605. Nach ihm folgte Ferdinand, welcher bereits 1616 als 27-Jähriger starb. Auf diesen folgte Magdalena von Haunsperg. Über den bayerischen Herzog gelangte Giebing in Besitz der Freifrau von Moreau. 1848 wurde im Zuge der Verwaltungs- und Gerichtsneuorganisation die niedere Gerichtsbarkeit der Hofmarken aufgehoben. Dies bedeutete auch das Ende der Hofmark Hofgiebing. Der Grundbesitz wurde auf die zur Hofmark gehörenden Anwesen übertragen. Vom Schloß ist heute nichts mehr zu sehen. Dieses wurde abgetragen. Lediglich den Burggraben kann man zum Teil noch erkennen.
Die politische Gemeinde 1818 – 1972
1818 waren im Königreich Bayern die Grundlagen zur Bildung der Landgemeinden (Ruralgemeinden) geschaffen. Im Gemeindeverzeichnis des Landgerichts Mühldorf vom 20. August 1819 verwaltete das Landgericht 54 Gemeinden, darunter Oberornau mit 100 Familien (1 Dorf, 8 Weiler, 38 Einöden). Am 23. Mai 1838 kommt es zur Gründung des Landgerichts Haag (bis 1804 war Haag bereits Sitz eines Landgerichts) aus Teilen der Landgerichte Wasserburg, Erding und Mühldorf. Für Oberornau mit seinen damals 500 Einwohnern war ab da das Landgericht Haag zuständig. Mit einer Verfügung vom 27. Januar 1840 wurden dann die dem Landgericht Haag einverleibten Steuerdistrikte, darunter auch Oberornau, dem Rentamt Mühldorf ausgegliedert und dem Rentamt Wasserburg zugeteilt. Damit war die Voraussetzung für die zukünftige Zugehörigkeit zum Landkreis Wasserburg am Inn (bis 1939 wurden die Landkreisverwaltungen Bezirksamt genannt) geschaffen.
Von 1920 bis 1960 hatte Oberornau eine eigene ärztliche Versorgung. Zuerst praktizierte von 1920 bis 1935 Franz Ruhland in Oberornau. Auf ihn folgte bis 1960 Wilhelm Hesse.
1912 wurde in Oberornau im alten Schulhaus ein Landespolizeiposten eingerichtet und mit zwei Gendarmen besetzt. Sie hatten bis zur Aufhebung des Landespolizeipostens im Jahr 1960 in dem Gebiet zwischen Haun im Osten und Gatterberg im Westen, sowie Schwindkirchen im Norden und Ramsau im Süden für Ordnung zu sorgen.
Von 1931 bis in die 90er Jahre hatte Oberornau ein eigenes Postamt.
Am 1. Juli 1972 wurde Oberornau in die Gemeinde Obertaufkirchen eingemeindet.
Kirche
siehe auch: Liste der Baudenkmäler in Obertaufkirchen
Die Kirche von Oberornau, die bereits 788 erwähnt wird, reicht in die spätgotische Zeit zurück. Bei der Barockisierung von 1767 schmückte Balthasar Mang, Maler in Kraiburg, die Decke mit vier Gemälden (Kreuzigung Christi, Kreuzigung des Apostels Andreas, des hl. Petrus und des Bischofs Simeon von Jerusalem). Patron der Kirche war von jeher St. Andreas. Bemerkenswert sind noch die 14 barocken Kreuzwegstationen, auf Holz gemalt, 1836 renoviert. Der beschwingt gestaltete Rokoko-Hochaltar zeigt einen verwirrenden Reichtum an Figuren und Formen; die Altarfigur des Kirchenpatrons kann durch einen Drehmechanismus gegen eine Madonnenfigur ausgewechselt werden. 1865 und 1895 wurden weitere Kirchenrestaurierungen durchgeführt. Im Jahre 1928 wurde die Pfarrkirche unter Pfarrer Neumair erweitert und ein Jahr später mit einer neuen Orgel mit 26 klingenden Registern und 1685 Pfeifen bestückt. Sie ist das Werk des Orgelbauers Georg Glatzl in Altmühldorf. Das Kirchengeläute aus fünf Glocken hat ein Gesamtgewicht von 100 Zentnern.
Die Expositur Oberornau 1887 – 1921
Bereits in der ersten Hälfte des 12. Jhdts. verlor die Pfarrei Oberornau ihre Selbständigkeit und wird nur noch als Filialkirche der Pfarrei Reichertsheim genannt. Dieser Zustand währte 750 Jahre lang. Erst mit dem Status einer Expositur (der Pfarrei Reichertsheim) wurde wieder mehr Selbständigkeit erlangt.
Die Expositi (Geistlichen) von Oberornau
Amtszeit | Name |
---|---|
1887–1888 | Peter Antretter aus Oberflintsbach |
1888–1892 | Bernhard Schmid aus Aiglsbach bei Regensburg |
1892–1894 | Stephan Reinthaler aus Reibersdorf, Pfarrei Obertaufkirchen |
1894–1901 | Anton Bauer aus München |
1901–1905 | Wilhelm Garner aus Nürnberg |
1905–1916 | Ludwig Weiß aus Kienberg |
1916–1918 | Andreas Ziegler |
1918–1920 | Josef Farnhammer |
1920–1921 | Johann Neumair |
Die Pfarrei Oberornau
Die noch vorhandenen Aufzeichnungen über die Expositur Oberornau enden 1901, die über die Pfarrei Oberornau beginnen 1929.
Im Jahre 1921 wurde die Expositur Oberornau zur Pfarrei erhoben und Expositus Johann Neumair wurde der erste Pfarrer der neuen Pfarrei.
Die Pfarrer der Pfarrei Oberornau
Amtszeit | Name |
---|---|
1921–1949 | Johann Baptist Neumair |
1949–1971 | Karl Götz aus Mengersreuth bei Regensburg |
1971–1976 | Josef Neumann aus Homolitz |
1976–1995 | Hermann Josef Egerer aus Hohendorf bei Marienbad in Böhmen |
1996-2001 | Tadeusz Kmiec-Forstner aus Breslau |
2001-2022 | Jozo Karlic |
Schule
Um die Schule machte sich im 19. Jahrhundert die Mesnerfamilie Wimmer in Oberornau verdient. Josef Wimmer war von 1815 bis 1859 Lehrer und zugleich auch Mesner und Organist. 1862 wurde ein eigenes Schulhaus erbaut und die Schule mit dem ersten ausgebildeten Lehrer, Johann Kilger, besetzt. 1910 wurde ein neues Schulhaus mit zwei Schulsälen errichtet, wobei das alte Schulgebäude durch die Landpolizei bis zu ihrer Aufhebung 1960 benützt wurde. Im Rahmen der Landkreisreform 1972 wurde die selbständige Gemeinde Oberornau (ehemaliger Landkreis Wasserburg am Inn) in die Gemeinde Obertaufkirchen (Landkreis Mühldorf am Inn) eingemeindet und als Folge wird in dieser Zeit auch die Volksschule Oberornau aufgelöst.
Politik
Die politische Gemeinde Oberornau bestand bis zur Gebietsreform 1972.
Einwohnerentwicklung
Jahr | Einwohner | Jahr | Einwohner |
---|---|---|---|
1824 | 432 | 1925 | 647 |
1838 | 500 | 1939 | 561 |
1875 | 514 | 1948 | 950 |
1890 | 547 | 1950 | 810 |
1900 | 552 | 1956 | 599 |
1907 | 608 | 1965 | 520 |
1916 | 598 | 1971 | 489 |
Persönlichkeiten
- Maike Conway (* 1967), Dokumentarfilmerin und Regisseurin, lebt in Oberornau
- Fredl Fesl (* 1947), bayr. Mundartsänger und -humorist, lebte mehrere Jahre in Oberornau
- Wilhelm Hesse (1888–1960), "da Doktor", wohnte ab 1934 in Oberornau im Doktorhaus und praktizierte dort bis 1958 als Arzt. Er war Besitzer des Hesse-Schlößl (vgl.: Gelächter von aussen. Aus meinem Leben 1918–1933. von Oskar Maria Graf) in der Burgau in Wasserburg am Inn. Zu seinen Freunden gehörten u. a. der Maler Karl Wähmann, die Schriftsteller Oskar Maria Graf und Joachim Ringelnatz.
- Hanns Vogel (* 13. August 1912 in München-Schwanthalerhöhe, † 14. November 2005 ebenda), deutscher Dramaturg, Schriftsteller und Theaterleiter und Gründer der Münchner Autorenvereinigung Münchner Turmschreiber. Er lebte mehrere Jahre in Oberornau.
Literatur
- Sigfrid Hofmann (Red.): Stadt und Landkreis Wasserburg am Inn. Vergangenheit und Gegenwart. Heimatbuch. = Heimatbuch Stadt und Landkreis Wasserburg am Inn. Hoeppner, Pörsdorf bei Assling/Obb. 1962.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: wolfgangcyrus68, Lizenz: Copyrighted free use
Oberornau und das obere Ornaubachtal von Süden
Autor/Urheber: wolfgangcyrus68, Lizenz: Copyrighted free use
Ortsmitte von Oberornau von Süden
Autor/Urheber: Hans Hain, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Oberornau von Haslberg gesehen (1968)