Oberköpfe

Rotfuchs- und andere Felle in der Lohgerberei Naumann in Leipzig (1912)

Köpfe, vor allem aber Oberköpfe, war die in der deutschsprachigen Pelzbranche gebräuchliche Bewertung und Bezeichnung der ausgesucht guten und auch größten Felle einer Art.[1][2]

Die inzwischen kaum noch benutzte benutzten Begriffe Köpfe, Oberköpfe und auch Unterköpfe wurden vor allem bei Marderfellen, aber auch bei Iltisfellen, Fuchsfellen, Bisamfellen und Kaninfellen verwendet. In den deutschen Auktionsberichten wurden sie besonders aufgeführt und bewertet, wie: Baummarder, Oberköpfe usw.[1][3] Die Kanin-Handelsgesellschaft in Leipzig bot bei Kaninfellen unter der Sorte Ia an, den sogenannten Oberköpfen: Extra große Felle, mit weißem Leder, gut behandelt.[4] Zumindest in Russland waren im Handel russischsprachig die gleichen Begriffe gebräuchlich.[5]

Als Oberköpfe Ostpreußen wurden laut einem Pelzlexikon die größten und qualitativ wertvollsten ostpreußischen Edelmarderfelle gehandelt.[3] Jedoch wurden auch Rotfuchsfelle unter der Bezeichnung Oberköpfe Ostpreußen angeboten. Um die Jahre 1928/1929 notierten am Leipziger Rauchwarenmarkt: Ostpreußen prima für 27,50 bis 45 Mark; Gebirgsfüchse-Oberköpfe für 50 bis 65 Mark.[6]

  • Beispielsweise war das deutsche Fuchssortiment wie folgt aufgeteilt:[4]
BezeichnungBeschreibung
Oberköpfe=Selected (ausgesuchte Ware)
Prima weißledrige=I. Sorte; einwandfrei
Prima grünledrige=I. Sorte, leicht grünledrig
Dreiviertel=II. Sorte; grünledrig (Übergang)
Halb=III. Sorte
Viertel=IV. Sorte
Schwarten=Flache Sommerfelle
Leicht beschädigte
Beschädigte
Schuss
HandelsbezeichnungBeschreibung
Golowka=Köpfe
Jacknetny=Oberköpfe
Schapaschny=Mützenware
Flora=Oberoberköpfe, als die allerbesten[7]
  • Um 1928/29 notierten am Leipziger Rauchwarenmarkt per Stück:
Rohe Baummarderfelle: Qualität prima 75,- bis 120,- Mark, Oberköpfe 120,- bis 160,- Mark
Rohe Steinmarderfelle: prima 60,- bis 75,- Mark, Oberköpfe 70,- bis 85,- Mark.[6]

Walter Grigull erinnerte sich 1983 an seine Zeit als junger Förster in Ostpreußen:

„Einige Marder konnten die Außenbeamten in jedem Jahr in Schlagbäumen und Mardereisen fangen und für eigene Rechnung verwerten. Die ostpreußischen Rauchwaren wurden in der Leipziger Zentrale des Fellhandels mit einem Aufschlag von 20 Prozent gehandelt. Die sogenannten Oberköpfe von Füchsen und Mardern wurden gerne gekauft. In der Inflationszeit vor 1924 bezahlten die Händler die Marder- und Fuchsbälge mit Dollarschatzanweisungen, die wertbeständig waren und eine unerhörte Kaufkraft hatten. Für den Erlös eines Marderbalges konnte man zwei Anzüge kaufen.“

Walter Grigull: In: Das Ostpreußenblatt.[8]

Marginalien

In Hamburg bestand im Jahr 1979 der Pelzbranchen-Kegelklub „Oberköppe“ mit 22 Mitgliedern, „eine gesunde Mischung von Branchenangehörigen sächsischen und hanseatischen Geblütes“, seit über 25 Jahren.[9]

Einzelnachweise

  1. a b Alexander Tuma: Pelz-Lexikon. Pelz- und Rauhwarenkunde, Band XX. Alexander Tuma, Wien 1950, S. 71, Stichworte „Oberköpfe, Oberköpfe Ostpreußen“.
  2. Resultate der Wildwaren-Auktion der Tierhaarverwertung Mucrena, Leipzig. In: Der Rauchwarenmarkt, 25. Januar 1922, Nr. 20, S. 2.
  3. a b Alexander Tuma: Pelz-Lexikon. Pelz- und Rauhwarenkunde, Band XIX. Alexander Tuma, Wien 1950, S. 64–65, Stichwort „Köpfe“.
  4. a b Christian Franke/Johanna Kroll: Jury Fränkel’s Rauchwaren-Handbuch 1988/89. 10. überarbeitete und ergänzte Auflage. Rifra-Verlag, Murrhardt 1988, S. 150, 222, 367.
  5. Auskunft des Rauchwarenhändlers Klaus-Dieter Ribak, Frankfurt am Main, 25. Oktober 2018.
  6. a b Kurt Nestler: Rauchwaren- und Pelzhandel. Dr. Max Jänecke Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1929, S. 105–106.
  7. Hermann Philippsberg: Die Rauchwaren-Messe in Nishnij-Nowgorod und ihre Beziehungen zum Leipziger Rauchwaren-Handel bis zum Ausbruch des Weltkriegs. In: Die Pelzkonfektion, Nr. 1, Berlin, Januar 1926, S. 74.
  8. Walter Grigull: Das Schicksal der Wildbahn besiegelt - Über den Grenzwald Gauden berichtet Walter Grigull (V). In: Das Ostpreußenblatt, Folge 6, 15. Februar 1983, S. 13 (PDF). Zuletzt abgerufen 16. Oktober 2018.
  9. Gustav A. Demuth: Sehr geehrter Herr Winckelmann. In Winckelmann Pelzmarkt Nr. 516, 16. November 1979, S. 17.

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Lohgerberei Naumann, Leipzig, Gerberstraße, Jacob Peter, 1912.jpg
Aquarell von Jacob Peter (Leipzig, 1912): Lohgerberei Naumann in der Gerberstraße 8.
Auf mehrstöckigen Trockenböden aufgehangene Rotfuchsfelle, u. a. Felle (Marder?) im obersten Stockwerk der Gerberei.
Lagerbuch des Naoum Dedo aus Leipzig, 1883-1884-01 (Ausschnitt).jpg

Das Buch umfasst 239 nummerierte Doppelseiten und ein Tabulatur-Register. Der letzte Eintrag befindet sich auf Seite 72, die beiden Seiten 7 sind nicht beschrieben.

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