Nun lasst uns Gott dem Herren

Nun lasst uns Gott dem Herren ist ein Kirchenlied, dessen Text 1575 von Ludwig Helmbold unter dem Titel „Ein Dancklied, nach essens und sunst, fur allerley Wolthaten Gottes“ verfasst wurde. Die Melodie wurde von Nikolaus Selnecker 1587 publiziert,[1][2] sie stammt aber möglicherweise ursprünglich von Balthasar Meusel alias Balthasar Musculus. Das Lied ist ein Danklied. Es hat acht Strophen.

Text

Edition der Originalfassung durch Philipp Wackernagel

Das Lied war ursprünglich gedacht als Lied nach dem Essen. Ludwig Helmbold hat das Lied selber 1575 in einer Sammlung von 60 geistlichen Liedern mit dem Untertitel veröffentlicht: „Ein Dancklied, nach essens, vnd sunst, fur allerley Wolthaten Gottes.“[3] Dennoch geht es inhaltlich weit über den Dank für das Essen hinaus und nimmt den Gabecharakter des ganzen Lebens in den Blick, in seinen körperlichen aber auch seelischen Dimensionen. Im Hintergrund der vierten Strophe steht die Vorstellung vom „Christus medicus“, also vom Christus als einem Arzt.

Das Lied des Pädagogen Helmbold hat einen pädagogischen Grundzug. Dafür spricht der auffordernde Beginn: „Nun lasst uns …“, aber auch der klare und einfache Aufbau der Strophen (4 Zeilen, Reimschema aa und bb), der es einfach macht, den Liedtext auswendig zu lernen.

In der Hymnologie wird diskutiert, ob Helmbold bestimmte Artikel der Confessio Augustana als Vorlage für sein Lied benutzte[4] oder auch Luthers Kleinen Katechismus bzw. zumindest das sog. Gratias[5] innerhalb des Kleinen Katechismus.[6]

Melodie

EG 320 Nun lasst uns Gott dem Herren (Orgeleinspielung)

Die Entstehung der Melodie sowie ihre Rezeptionsgeschichte[7] hängen von Anfang an mit dem vierstimmigen Satz zusammen, der sowohl im Evangelischen Gesangbuch (EG 320) als auch im Schweizer Reformierten Gesangbuch (RG 548) abgedruckt ist. Melodie und Satz lassen sich bis in eine Ulmer Handschrift aus der Bibliothek der von Schermarschen Familienstiftung zurückverfolgen, die um das Jahr 1575 herum entstanden sein dürfte. Die dort zu findende Urform des Liedes wiederum geht wahrscheinlich auf Balthasar Meusel alias Balthasar Musculus zurück. Der Satz wurde dann 1649 von Johann Crüger bearbeitet. Das Lied ist ohne Taktangabe und Taktstriche notiert, wechselt aber faktisch zwischen Dreihalbe- und Sechsvierteltakten.

Veröffentlichung

Das Lied erschien 1682 im Neu Leipziger Gesangbuch von Gottfried Vopelius und 1738 in der Sammlung Harmonischer Liedschatz von Johann Balthasar König. Heute steht es im Evangelischen Gesangbuch (EG 320) und im Schweizer Reformierten Gesangbuch (RG 548).

Wirkungsgeschichte

Das Lied wurde zu einem Vorbild für andere deutsche Choräle, z. B. auch für Paul Gerhardts Neujahrslied Nun lasst uns gehn und treten (1653; EG 58), das mit denselben drei Worten beginnt und ebenso wie sein Morgenlied Wach auf, mein Herz, und singe (1647; EG 446) auf dieselbe Melodie gesungen wird. Dieterich Buxtehude komponierte zum Lied eine Kantate (BuxWV 81). Johann Sebastian Bach nutzte den Choral als Abschluss zweier Kantaten, der Weimarer Kantate für den Dreifaltigkeitssonntag O heilges Geist- und Wasserbad (BWV 165) und seiner Kantate zum Reformationstag Gott der Herr ist Sonn und Schild (BWV 79).

Literatur

  • Helmut Lauterwasser: 320 – Nun lasst uns Gott dem Herren. In: Wolfgang Herbst, Ilsabe Seibt (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Nr. 16. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-50302-7, S. 27–34 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Christian Bunners: Nun laßt uns Gott, dem Herren. In: Christian Möller (Hrsg.): Ich singe Dir mit Herz und Mund. Calwer Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-7668-3525-4, S. 173–179.
  • Nun lasst uns Gott dem Herren. In: Evangelisches Gesangbuch. Leipzig und Berlin 2006, ISBN 3-88981-231-7, Nr. 320.

Weblinks

Commons: Nun lasst uns Gott dem Herren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nikolaus Selnecker: Christliche Psalmen Lieder vnd KJrchengesenge Jn welchen die Christliche Lehre zusam gefasset vnd erkleret wird Trewen Predigern in Stedten vnd Dörffern Auch allen frommen Christen zu diesen letzten vnd schweren zeiten nütz vnd tröstlich. Johann Beyer, Leipzig 1587, S. 139 ff.; digitale-sammlungen.de.
  2. Johannes Zahn: Die Melodien der deutschen evangelischen Kirchenlieder. Erster Band: zweizeilige bis fünfzeilige Melodien. Bertelsmann, Gütersloh 1889, S. 43, Nr. 159; digitale-sammlungen.de.
  3. Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts. Band 4, Leipzig 1874, S. 647
  4. Christian Bunners: Nun laßt uns Gott dem Herren. In: Christian Möller (Hrsg.): Ich singe Dir mit Herz und Mund. Calwer Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-7668-3525-4, S. 173–179.
  5. Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. 9. Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1982, ISBN 3-525-52101-4, S. 523.
  6. Helmut Lauterwasser: 320 Nun lasst uns Gott dem Herren. In: Wolfgang Herbst und Ilsabe Seibt (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 3, Nr. 16. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-50302-7, S. 27–34, hier 28 f.
  7. Helmut Lauterwasser: 320 Nun lasst uns Gott dem Herren. In: Wolfgang Herbst und Ilsabe Seibt (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 3, Nr. 16. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2011, ISBN 978-3-525-50302-7, S. 27–34, hier 32 ff.

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Urfassung des Liedtextes Nun lasst uns Gott dem Herren von Ludwig Helmbold 1575, wiedergegeben bei Wackernagel (1874)