Notariatsinstrument

Notariatsinstrument Gerwins von Hameln vom 5. März 1445 mit seinem Notariatssignet
Deutschsprachiges Notariatsinstrument des Neumarkter Notars Michael Wulfing (aus Wiener Neustadt stammend) vom 6. Mai 1500, mit lateinischer Subscriptio

Als Notariatsinstrument (instrumentum publicum, auch instrrumentum notarile) wird die von einem öffentlich – von Kaiser oder Papst – bestellten Notar ausgefertigte Urkunde bezeichnet, die zum gerichtsfähigen Beweis eines Rechtsgeschäfts dient, das in Gegenwart des Notars von den beteiligten Parteien abgeschlossen wurde. Die Authentizität wird durch die Unterschrift des Notars und seine manus publica, seine in seinem Arbeitsgebiet bekannte Handschrift, garantiert (Autographie). Diese Form der Beurkundung entstand in Italien im 12. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Rezeption des römischen Rechts an der Universität Bologna, mit den Schriften der Ars dictandi und der Ars notariae standen Handbücher zur Verfügung. Zusätzliche Regelungen konnten durch Statuten der Kommunen und der Notarszünfte festgelegt werden.

Notwendiger Bestandteil der Unterfertigung des Notars war sein Notariatssignet. Die Instrumente entstanden häufig auf der Basis von verknappten Vornotizen, die die Notare in sogenannten Imbreviaturen, den buchförmigen Notarsregistern, aufzeichneten und dann zur Grundlage der mit vollem Formular ausgefertigten Urkunden machen konnten. Diese Imbreviaturen (= abgekürzte Aufzeichnungen) sind selten überliefert und weisen mit Durchstreichungen (Kanzellierungen) von Einzeleinträgen auf eine erfolgte Mundierung hin.[1]

Während in der Provence sich diese Form der Beurkundung schon gegen Ende des 12. Jahrhunderts durchgesetzt hatte, verbreitete sich das Notariatsinstrument nördlich der Alpen erst im 14. Jahrhundert, auch wenn vereinzelt ältere Belege aus dem 13. Jahrhundert aus dem Rheinland und insbesondere Köln (Schreinsbücher) zur Verfügung stehen. Folgte hier die Rezeption des gegenüber der traditionellen Siegelurkunde fortgeschrittenen Notariatswesens vor allem französischen Vorbildern, lief ein anderer Rezeptionsstrang über den Trentiner und Tiroler Raum aufgrund von dessen Nähe zu den oberitalienischen urbanen Zentren und der Lage am alpenquerenden Brennerkorridor. Vor allem im deutschsprachigen Raum von Bozen und Meran ist so seit dem 13. Jahrhundert ein blühendes Notariatswesen entstanden, das erst um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert von neueren Formen abgelöst wurde.

Literatur

  • Andreas Meyer: Art. Notariatsinstrument. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. 2. Auflage. Teil 3, 2016. Sp. 1975–1976.
  • Hannes Obermair: Il notariato nello sviluppo della città e del suburbio di Bolzano nei secoli XII–XVI. In: Il notariato nell’arco alpino. Produzione e conservazione delle carte notarili tra medioevo e età moderna (Studi storici sul notariato italiano, Bd. XVI). Milano: Giuffrè 2014. ISBN 978-88-14203794. S. 293–322.
  • Peter-Johannes Schuler: Notar, Notariat. A. Deutsches Reich II. Öffentliches Notariat. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 6. Artemis & Winkler, München/Zürich 1993, ISBN 3-7608-8906-9, Sp. 1272 f.
  • Giorgio Costamagna: E. Italien. II. Mittel- und Norditalien. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 6. Artemis & Winkler, München/Zürich 1993, ISBN 3-7608-8906-9, Sp. 1278 f.
  • Klaus Militzer: Schreinseintragungen und Notariatsinstrumente in Köln. In: Notariado público y documento privado. De los orígenes al siglo XIV. Actas del VII Congreso Internacional de Diplomática. Valencia, 1986 (= Papers i Documents. Bd. 7). Band 2. Conselleria de Cultura, Educación i Ciència, Generalitat Valenciana, Valencia 1989. ISBN 84-7579-854-3, S. 1195–1224.
  • F. Autrand: B. Frankreich I. Öffentliche Notare. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 6. Artemis & Winkler, München/Zürich 1993, ISBN 3-7608-8906-9, Sp. 1273 f.
  • Francesco Magistrale: E. Italien. I. Süditalien. In: Lexikon des Mittelalters (LexMA). Band 6. Artemis & Winkler, München/Zürich 1993, ISBN 3-7608-8906-9, Sp. 1276 f.
  • Toni Diederich: Siegelurkunde – Notariatsinstrument – Schreinseintrag. Zur Rechtssicherung von Liegenschaften und Erbzinsen im spätmittelalterlichen Köln. In: Archiv für Diplomatik. Bd. 53 (2007) S. 353–366.
  • Oswald Redlich: Die Privaturkunden des Mittelalters (Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte / Abt. IV, 3. Teil), München und Berlin 1911, S. 209–233 (Nachdruck 1967).

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hans von Voltelini: Die Südtiroler Notariats-Imbreviaturen des 13. Jahrhunderts. Teil 1 (Acta Tirolensia 2). Innsbruck: Wagner 1899, Neudruck Aalen: Scientia 1973.

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Gerwin von Hameln 2 A III 7 42 (Stadtarchiv Braunschweig) (2).JPG
Notariatsinstrument des Notars Gherwinus de Hameln, Kleriker der Hildesheimer Diözese. Vor dem Notar bekennt Ludolphus Sachtelevent, Bürger zu Braunschweig, dass er dem Johann Sachtelevent, Kleriker der Hildesheimer Diözese, seinem Sohn, damit er in den geistlichen Stand treten und sich weihen lassen kann, sein im Pfarrsprengel St. Petri gelegenes Haus, das er derzeit bewohnt, vermacht hat und setzt ihn zu seinem Erben ein. Die Urkunde dokumentiert die Tätigkeit Gerwins von Hameln als öffentlicher bzw. kaiserlich ernannter Notar in der Stadt Braunschweig. Zudem überliefert die Urkunde das Notariatssignet Gerwins von Hameln (linke Seite).
NM Michael Wulfing 1500 dt (2).jpg
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Notarial deed signed by the notary Michael Wulfing of Neumarkt in South Tyrol, dated May 6th 1500, stored within the Neumarkt Parish church archives