Normenhierarchie (Schweiz)

Die Normenhierarchie der Schweiz beschreibt die Normenhierarchie der Schweizer Rechtsquellen. Sie hat Bedeutung für das Legalitätsprinzip.

In der Schweiz gilt auf Bundesebene folgende Gliederung:[1]

  1. Bundesverfassung
  2. Bundesgesetze, völkerrechtliche Verträge
  3. Verordnungen
  4. Verfügungen

Auf Kantonsebene ist die Gliederung die gleiche, nur dass Bundesrecht immer dem kantonalen Recht vorgeht, man spricht von der derogatorischen Kraft des Bundesrechts.

Bundesverfassung

Die Bundesverfassung (BV) ist die Rechtsquelle auf oberster Stufe. Eine Änderung der Bundesverfassung bedarf immer des doppelten Mehrs – also der Zustimmung von Volk und Ständen. Die Bundesverfassung steht im Allgemeinen über den völkerrechtlichen Verträgen; sie ist aber in jedem Fall dem zwingenden Völkerrecht untergeordnet.[2] Das Bundesgericht hat zudem festgehalten, dass es auch der Europäischen Menschenrechtskonvention in einem Konflikt mit der Bundesverfassung den Vorrang gibt (siehe ausführlicher: Völkerrechtlicher Vertrag (Schweiz)#Völkerrechtlicher Vertrag und innerstaatliches Recht).[3]

Gesetz und völkerrechtlicher Vertrag

Die Bundesgesetze und völkerrechtlichen Verträge sind Rechtsquellen der zweiten Stufe. Um zu verhindern, dass sich die richterliche Gewalt über die gesetzgebende Gewalt erhebt, hat der Verfassungsgeber in Art. 190 der Bundesverfassung festgehalten, dass die Bundesgesetze und das Völkerrecht für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend sind. Das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden müssen somit Bundesgesetze und völkerrechtliche Verträge selbst dann anwenden, wenn es diese als verfassungswidrig erachtet (siehe ausführlicher: Verfassungsgerichtsbarkeit#Schweiz).[1] Dass völkerrechtliche Verträge Vorrang gegenüber Bundesgesetzen haben, ist nirgends positiv niedergeschrieben. Weder die Bundesverfassung noch eine andere Rechtsquelle definieren dies abschliessend, weshalb von Fall zu Fall entschieden wird. In seiner neueren Praxis gibt das Bundesgericht grundsätzlich völkerrechtlichen Verträgen den Vorrang vor Bundesgesetzen, auch wenn diese später verabschiedet wurden, also jünger sind[4] (siehe auch: Völkerrechtlicher Vertrag (Schweiz)#Völkerrechtlicher Vertrag und Bundesgesetz).

Bundesgesetze werden durch die Bundesversammlung erlassen und völkerrechtliche Verträge werden durch sie genehmigt. Sie sind zweifach demokratisch legitimiert: Einerseits, da das vom Volk gewählte Parlament, die Bundesversammlung, sie erlässt bzw. genehmigt. Andererseits aber, weil sie dem fakultativen Referendum unterstehen, wobei das nicht für alle völkerrechtlichen Verträge gilt (Art. 141 BV); Bundesgesetze sowie deren Änderungen unterstehen dem fakultativen Referendum hingegen immer.[5]

Verordnung

Auf der dritten Stufe der Normenhierarchie stehen die Verordnungen, die in den meisten Fällen vom Bundesrat erlassen werden. Sie konkretisieren die Bundesgesetze, sind jedoch noch immer rechtsetzende Bestimmungen und somit generell-abstrakt. Sie unterstehen nicht dem fakultativen Referendum. Sie dürfen analog den Gesetzen in keinem Widerspruch zu übergeordneten Rechtsquellen stehen.[6]

Verfügung

Die Verfügungen (auch: Dienstanweisungen) sind Bestimmungen für den Vollzug der Behörden und Verwaltungen. Diese werden durch die zuständige Behörde der Bundesverwaltung erlassen.

Dienstweisungen regeln detaillierte Verfahrensabläufe für den Vollzug der Gesetze und Verordnungen bei den Behörden selber und haben keinerlei gesetzlichen Charakter.

Einzelnachweise

  1. a b Bundesverfassung. In: parlament.ch. Abgerufen am 18. April 2022.
  2. Ulrich Häfelin, Walter Haller, Helen Keller, Daniela Thurnherr: Schweizerisches Bundesstaatsrecht. 10. Auflage. Schulthess, Zürich 2020. S. 624–625
  3. BGE 139 I 16 E. 5. In: bger.ch. Bundesgericht, abgerufen am 7. April 2022.
  4. BGE 122 II 234 E. 4e. In: bger.ch. Bundesgericht, abgerufen am 19. April 2022.
  5. Bundesgesetze. In: parlament.ch. Abgerufen am 18. April 2022.
  6. Verordnungen. In: parlament.ch. Abgerufen am 18. April 2022.