Nordobersächsisch-Südmärkisch

Nordobersächsisch-Südmärkisch

Gesprochen in

Brandenburg, Sachsen-Anhalt
Linguistische
Klassifikation

Nordobersächsisch-Südmärkisch ist eine ostmitteldeutsche Dialektgruppe. Sie bildet einen Interferenzraum zwischen dem mitteldeutschen Obersächsisch und dem niederdeutschen Brandenburgisch.[1][2]

Teilgebiete umfassen Nordobersächsisch und Südbrandenburgisch (Südmärkisch) und schließt als Exklave auch Berlinerisch mit ein.[1]

Nordobersächsisch

Das Gebiet, wo Nordobersächsisch gesprochen wird (oder bis in die jüngere Vergangenheit gesprochen wurde), gehörte bis ins 15./16. Jahrhundert zum niederdeutschen Sprachraum und wurde seither vom Mitteldeutschen überformt. Es handelt sich damit um eine hochdeutsche Mundart auf niederdeutschem Substrat.

Beispiele auf lautlicher Ebene für niederdeutsches Substrat, das heißt für beibehaltene niederdeutsche Erscheinungen, sind /j/ und /χ/ für normalmittelhochdeutsch /g/ sowie stimmloses unaspiriertes /g/ für normalmittelhochdeutsch /k/: Jôrden ‚Garten‘, chrîn ‚grün‘, grîn ‚kriegen‘. Auf morphologischer Ebene lebt als niederdeutsches Substrat der oblique Einheitskasus mit der Form des Akkusativs: mich und dich gilt hier auch für ‚mir‘ und ‚dir‘. Das Nordobersächsische wird in das Osterländische, die mansfeldische Dialektfläche, die fuhnische Dialektfläche und die dübener Dialektfläche unterteilt.[1]

Südbrandenburgisch (Südmärkisch)

Das östlich des Nordobersächsischen gelegene Südbrandenburgisch (Südmärkisch) nimmt mit der Niederlausitzer Mundart einen Raum ein, der einst sorbischsprachig war und ab dem 17./18. Jahrhundert verdeutscht wurde. Das Berlinische ist durch diesen Dialekt beeinflusst und wird z. T. hinzugerechnet. Die Besonderheit dieses Dialekts ist die Tatsache, dass er in einem großen Gebiet nieder- und hochdeutsche Merkmale in sich vereinigt. Dies ist durch die Überformung des einstigen mittelniederdeutschen Dialekts durch das den hochdeutschen Dialekten zugehörige Mitteldeutsch zu erklären.

In der Literatur (und von den Sprechern selbst) werden die Begriffe „Märkisch“ und „Brandenburgisch“ teilweise vermengt, gemäß der unter märkische Dialekte skizzierten Taxonomie sollten die mitteldeutschen Mundarten Südbrandenburgs richtiger als „Südbrandenburgisch“, aber in ihrer modernen Form nicht „Südmärkisch“ bezeichnet werden, da es sich nicht um Dialekte des Märkischen, das dem Ostniederdeutschen zugehört, sondern des Mitteldeutschen handelt. Die Bezeichnung „Südmärkisch“ ist nur historisch richtig, da es sich um ursprünglich niederdeutsche Mundarten handelt, die mitteldeutsche Merkmale angenommen haben.

Zum Südbrandenburgischen gehören

Spezifische Merkmale (illustriert anhand der Niederlausitzer Mundart) beinhalten:

  • Lautverschiebung von p, t, k zu f (nicht pf), z/ß und ch:
    • Fanne ‚Pfanne‘, Fund ‚Pfund‘, heeßen ‚heißen‘, ich, weech ‚weich‘[3]
    • daneben aber auch Appel ‚Apfel‘, plüen/plien ‚pflügen‘ in der Niederlausitz[3]
  • Bewahrung der niederdeutschen Monophthonge ê und ô statt hochdeutsch ei und au:
    • Been, breet, Boom, kofen, lofen,[3] vgl. mittelmärkisch Been, breet, Boom, kopen, lopen
  • Entrundung von ö, ü und eu:
    • hibsch ‚hübsch‘, Biecher ‚Bücher‘, Lecher ‚Löcher‘, scheen ‚schön‘, Scheine ‚Scheune‘[3]
  • Slawische Einflüsse, v. a. aus dem Niedersorbischen:
    • fehlender Artikel (foahre noach Schmiede)[4]
    • Unsicherheit im Gebrauch von anlautendem h- (eezen ‚heizen‘, Eistall ‚Heustall‘)[4]
    • Gebrauch des Reflexivpronomens (die Katze leeft sich ‚die Katze ist läufig‘, wörtlich ‚die Katze läuft sich‘)[4]

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Joachim Wiese: Kleines Brandenburger-Berliner Wörterbuch. Reclam, Leipzig 1996.
  • Anneliese Bretschneider: Die brandenburgische Sprachlandschaft. Schmitz, Gießen 1981.
  • Peter Wiesinger: Das Nordobersächsisch-Südmärkische. In: Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. Hrsg. von Werner Besch, Ulrich Knoop, Wolfgang Putschke, Herbert Ernst Wiegand. Zweiter Halbband. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1983, S. 865–869, dazu Karte 47.12.

Einzelnachweise

  1. a b c Ludwig Erich Schmitt (Hrsg.): Germanische Dialektologie. Franz Steiner, Wiesbaden 1968, S. 135–136
  2. TITUS Didactica: German Dialects: Map frame. Abgerufen am 18. Juni 2022 (vgl. insbesondere die dortige Karte).
  3. a b c d Joachim Wiese: Kleines Brandenburger-Berliner Wörterbuch. Reclam, Leipzig 1996, S. 8.
  4. a b c Joachim Wiese: Kleines Brandenburger-Berliner Wörterbuch. Reclam, Leipzig 1996, S. 9.