Niune

Vermutlich handelt es sich bei Niune (auch Herr Niuniu, Neune) um einen fahrenden Sänger, dessen Liederbuch in verschiedene Handschriften aufgenommen wurde. Ein Träger des Namens ist urkundlich nicht bezeugt. Zeitlich ordnet ihn die Forschung in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts ein.

Autorbild (Codex Manesse)

Zur Überlieferung

Unter dem Namen Niune sind in der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift (A, Bl. 21v–24v) ein Leich und 60 Liedstrophen überliefert. Der Leich und die ersten sieben Strophen finden sich in gleicher Reihenfolge auch im Codex Manesse (C, Bl. 319r–319v).

In A und C wird ein Großteil der Texte parallel auch anderen Autoren zugeordnet. Die Neidhart zugeordneten Lieder sind zudem in der Riedegger Handschrift (R) und in der Berliner Handschrift (c) zu finden. Allein neun Strophen (in der Tabelle fett gedruckt) sind ausschließlich im Niune-Korpus erhalten, werden einem Autor dieses Namens allerdings abgesprochen.

Lieder bzw. EinzelstrophenStrophen in A (unter Niune)Parallelüberlieferung unter anderen Autornamen
LeichLeichRudolf von Rotenburg
I1–2Kol von Niunzen
II3–7Rudolf von Rotenburg
III8–9Leuthold von Seven
IV10, 11, 12, 13Wachsmut von Künzingen
V14
VI15–19Ulrich von Singenberg
VII20
VIII21–22
IX23
X24–28Ulrich von Liechtenstein
XI29–31Otto von Botenlauben
XII32–34Markgraf von Hohenburg
XIII35–36Waltram von Gresten
XIV37Graf Rudolf von Fenis-Neuenburg
XV38Namenlos
XVI39–41Walther von der Vogelweide
XVII42Walther von der Vogelweide
XVIII43
XIX44–45Reinmar der Alte
XX46Namenlos
XXI47Neidhart
XXII48–50Albrecht von Johansdorf
XXIII51–57Neidhart
XXIV58–59Reinmar der Alte
XXV60Reinmar der Alte

Zum Korpus

Ausschnitt aus dem Niune-Korpus (Kleine Heidelberger Liederhandschrift)

Der Textkorpus zeichnet sich vor allem durch seine Heterogenität aus. Es lassen sich weder inhaltlich noch formal besonders viele Gemeinsamkeiten finden, die einen Autor vermuten ließen. Neben der kunstvollen Gattung des Minneleichs finden sich sowohl altertümliche als auch obszöne Texte. Zehn der 25 Texte bestehen nur aus einer Strophe. Neben zahlreichen Minneklagen finden sich auch Frauen- und Tagelieder. Besonders die Verschiedenartigkeit der Lieder stützt die These, dass es sich bei Niune um einen fahrenden Sänger oder Spielmann handelt, dessen Repertoireheft (möglicherweise editierte) Texte anderer Sänger enthält.

Literatur

  • Hartmut Bleumer: „Zum ‚Niune‘-Problem: Walther 90a/b; L. 117,29/118,12“, in: Walther von der Vogelweide. Textkritik und Edition. Hrsg. Thomas Bein. Berlin, De Gruyter, 1999. S. 93–103.
  • Carl von Kraus (Hrsg.): Deutsche Liederdichter des 13. Jahrhunderts. Band 2. Tübingen: Max Niemeyer, 1978. S. 352–353.
  • Franz Pfeiffer: Die alte Heidelberger Liederhandschrift: mit einer Schriftprobe, reprogr. Nachdruck der Ausgabe. Stuttgart 1844. Hildesheim: Olms, 1962. S. 118–136.
  • Konrad Burdach: Neune. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 23, Duncker & Humblot, Leipzig 1886, S. 549.
  • Günther Schweikle: Niune, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Band 6, Berlin: De Gruyter, 1987. Spalte 1169f.

Weblinks

Wikisource: Niune – Quellen und Volltexte

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zweite Seite des Niune-Korpus in der Kleinen Heidelberger Liederhandschrift