Niederbrechen

Niederbrechen
Gemeinde Brechen
Wappen der ehemaligen Gemeinde Niederbrechen
Koordinaten:50° 22′ N, 8° 10′ O
Höhe: 166 (140–232) m ü. NHN
Fläche:12,28 km²[1]
Einwohner:3884 (31. Dez. 2022)[2]
Bevölkerungsdichte:316 Einwohner/km²
Eingemeindung:31. Dezember 1971
Postleitzahl:65611
Vorwahl:06438
Ortsansicht aus Richtung Westen, von der Berger Kirche aus
Ortsansicht aus Richtung Westen, von der Berger Kirche aus

Niederbrechen ist Verwaltungssitz sowie größter der drei Ortsteile der Gemeinde Brechen im mittelhessischen Landkreis Limburg-Weilburg.

Geographische Lage

Der Ort liegt im Tal des Emsbach und an der Bundesstraße 8 sowie der Main-Lahn-Bahn. Westlich des Ortsrands mündet der Wörsbach in den Emsbach. Niederbrechen selbst liegt auf 140 bis 210 Metern Höhe. Im nordwestlichen Gemarkungsteil werden in der nur leicht hügeligen Landschaft bis zu 232 Meter erreicht. Südlich des Orts verlaufen die Bundesautobahn 3 und die ICE-Strecke Frankfurt-Köln. Die Gemarkung weist nur kleinere Waldstücke und vor allem landwirtschaftliche Nutzfläche auf. Westlich und südwestlich des Orts befinden sich größere Kiesgruben, die teilweise bereits ausgebeutet und stillgelegt sind.

Die Niederbrechener Gemarkung grenzt im Nordwesten an Lindenholzhausen. Im Uhrzeigersinn folgen Villmar, Weyer, Oberbrechen, Werschau, Nauheim und Mensfelden.

Geschichte

Gefangenenturm

Ortsgeschichte

Ein bei Niederbrechen entdecktes Reihengräberfeld deutet auf eine bereits in der Merowingerzeit bestehende Besiedlung hin. In der ältesten bekannten urkundlichen Erwähnung des Orts in einer Schenkungsurkunde an das Kloster Lorsch aus dem Jahr 772 ist von „Brachina“ die Rede, ohne Unterscheidung zwischen Ober- und Niederbrechen. Auf 1023 datiert die erste Benennung, die sich klar als Niederbrechen identifizieren lässt, damals unter der Bezeichnung „Burg Brechen“. Am 15. Januar 1363 erhielt Niederbrechen von Kaiser Karl IV. Stadtrechte, die es jedoch Mitte des 16. Jahrhunderts wieder verlor.[3][4] Von 1367 bis 1379 entstand eine Stadtmauer mit vorgelagertem Graben. In kleinen, meist in Wohnhäusern eingebauten Resten ist die Mauer bis heute erhalten. Als letzter von einst sieben Türmen steht noch der Gefangenenturm.

Die ersten Anordnungen der Verhütung eines Brandes im Zusammenhang mit häuslichen Feuerstätten in Textform im Kurfürstentum Trier vom 9. Mai 1721 führten auch in Niederbrechen zu erheblichen Verbesserungen der Bauweise der Gebäude.[5]

Am 30. April 1872 brannten rund 80 Häuser und damit etwa die Hälfte des Orts ab.

Die heutige, dem Heiligen Maximin geweihte Pfarrkirche wurde von 1899 bis 1901 erbaut, wobei Reste der alten Kirche in den Bau einbezogen wurden. 1952 wurde der Kirchturm erneuert. Die Katholiken von Niederbrechen pilgern seit vielen Jahrzehnten zur Wallfahrtskapelle Maria Hilf Beselich und geben dort ihren Glauben kund.[6]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Zum 31. Dezember 1971 fusionierten bis dahin selbstständigen Gemeinden Niederbrechen und Werschau im Zuge der Gebietsreform in Hessen freiwillig zur neuen Gemeinde Brechen.[7][8] Oberbrechen kam am 1. April 1974 kraft Landesgesetz hinzu.[9] Ortsbezirke nach der Hessischen Gemeindeordnung wurden nicht errichtet.

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Niederbrechen angehört(e):[10][11]

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Niederbrechen 3867 Einwohner. Darunter waren 162 (4,2 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 705 Einwohner unter 18 Jahren, 1729 zwischen 18 und 49, 753 zwischen 50 und 64 und 780 Einwohner waren älter.[12] Die Einwohner lebten in 1575 Haushalten. Davon waren 432 Singlehaushalte, 465 Paare ohne Kinder und 540 Paare mit Kindern, sowie 114 Alleinerziehende und 21 Wohngemeinschaften. In 354 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 1050 Haushaltungen lebten keine Senioren.[12]

Einwohnerentwicklung

Niederbrechen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020
Jahr  Einwohner
1834
  
1.183
1840
  
1.210
1846
  
1.268
1852
  
1.236
1858
  
1.283
1864
  
1.420
1871
  
1.398
1875
  
1.470
1885
  
1.547
1895
  
1.683
1905
  
1.770
1910
  
1.854
1925
  
2.121
1939
  
2.295
1946
  
2.711
1950
  
2.833
1956
  
3.009
1961
  
3.305
1967
  
3.660
1970
  
3.690
1978
  
3.700
1980
  
3.688
1985
  
3.587
1991
  
3.651
1995
  
3.718
2000
  
3.912
2005
  
4.023
2011
  
3.867
2015
  
3.853
2020
  
3.836
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[10]; Gemeinde Brechen[13]; Zensus 2011[12]

Historische Religionszugehörigkeit

• 1885:023 evangelische (= 1,49 %), 1524 katholische (= 98,51 %) Einwohner[10]
• 1961:150 evangelische (= 4,54 %) und 3141 (= 95,04 %) katholische Einwohner[10]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Vereine

Auf Ortsebene bestehen folgende Vereine: Brieftaubenverein Luftpost 1863, Brieftaubenverein Taunusbote, Computer-Club Commodore, DLRG-Ortsgruppe Brechen/Runkel/Vilmar, DRK-Ortsverein, Förderverein der Schule Niederbrechen, Freiwillige Feuerwehr (gegründet 1897, seit 1947 mit ihrem Blasorchester), Freundeskreis Berger Kirche, Fußballclub Alemannia 1911, Gebrauchshunde-Verein, Geflügel- und Vogelzuchtverein 1929, Gewerbeverein Brechen, Jazz-Club Brechen, KAB-Ortsverein St. Josef, Kath. Frauengemeinschaft, Katholische Junge Gemeinde, Kirchenchor Cäcilia, Landfrauen-Verein Brechen, Männergesangverein Concordia, Männergesangverein Frohsinn 1912, Mandolinenclub Wanderlust, PeeZ, Radfahrverein Torpedo, Schachklub 1948, Tennisclub 77 Brechen, Tennisclub 80 blau-weiß, Turnverein 1901 (mit Blasorchester), VdK-Ortsgruppe Brechen, Verschönerungsverein, Vogel- und Naturschutzverein und der Volks- und Gebirgstrachtenverein D'Emsbachthaler.

Veranstaltungen

Die Niederbrechener Kirmes wird regelmäßig am zweiten Oktoberwochenende gefeiert. Eine Besonderheit ist der seit dem Jahr 1985 etablierte Rockabend am Freitagabend zur Eröffnung der Kirmes. Auch überregional bekannte Bands wie die Rodgau Monotones (1983, 1993, 2000, 2008, 2015 und 2018), Liquido (2004), J.B.O. (2005), Donots, Die Happy, Mickie Krause und Die Crackers sind dort aufgetreten.

Zudem wird jährlich im Herbst ein Krammarkt veranstaltet.

Anlässlich der Ersterwähnung von „Brachina“ in 772 wurde im Rahmen einer Veranstaltungsreihe im Jahr 2022 das 1250-jährige Jubiläum gefeiert.[14]

Wirtschaft und Infrastruktur

Einrichtungen und Freizeitmöglichkeiten

Sport- und Kulturzentrum

In dem Ort existiert seit dem Jahr 1897 die Freiwillige Feuerwehr Niederbrechen, die den abwehrenden Brandschutz und die allgemeine Hilfe sicherstellt, sowie die katholische öffentliche Bücherei. Für die Kinderbetreuung stehen der Kindergarten „St. Maximin“ in der Westerwaldstraße, das Kinderhaus in der Schlei sowie seit August 2011 die neu errichtete Kinderkrippe zur Verfügung. Weiterhin sind die Schule im Emsbachtal, das Kultur- und Sportzentrum in der Runkeler Straße und die neu gebaute Sportanlage im Mittelweg vorhanden.

Verkehr

Der Bahnhof Niederbrechen liegt an der Main-Lahn-Bahn. Zudem führte die Bundesstraße 8 durch die Ortschaft.

Kommunikation/Internet

Der Ortsteil Niederbrechen ist aufgrund der historisch erfolgten Telefon-Kupferverkabelung auf DSL-Technologie für die kabelgebundene Telekommunikation und Internet angewiesen. Nach der erfolgreichen Vorvermarktung erfolgt allerdings zurzeit die Erschließung der Ortsgemeinde mit Glasfaser (FTTB/FTTH).[15]

Daneben ist ergänzend Mobilfunk als Kommunikations- und Internet-Alternative im Ortsbereich nahezu flächendeckend verfügbar.[16] Im Jahr 2022 betrug die Mobilfunkabdeckung in der Gemeinde Brechen durchschnittlich ca. 2 % für 5G, ca. 94 % für 5G DSS, ca. 100 % für LTE, ca. 100 % für 2G.

Söhne und Töchter des Ortes

  • Georg Heinrich Schupp (1762–1848), Schultheiß und Mitglied des Nassauischen Landtags
  • Amtmann Johannes Jacobus Finger († 1802), Stifter des Amtmann-Finger’scher Stipendienfonds
  • Johann Stilger (1817–1876), nassauischer Landtagsabgeordneter
  • Martin Richard (* 1951), Bürgermeister der Kreisstadt Limburg a.d. Lahn (1997–2015)
  • Willi Steul (* 1951), Ethnologe, Journalist und Rundfunkmanager
Commons: Niederbrechen – Sammlung von Bildern

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Durch den Reichsdeputationshauptschluss.
  3. Infolge der Rheinbundakte.
  4. Abtrennung der Justiz (Justizamt Limburg) bis 1854.
  5. Infolge des Deutschen Krieges.
  6. Endgültige Trennung zwischen Justiz (Amtsgericht Limburg a. d. Lahn) und Verwaltung.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.

Einzelnachweise

  1. Flächenstatistik der Gemeinde und ihrer Ortsteile. In: Internetauftritt. Gemeinde Brechen, abgerufen am 23. Mai 2020.
  2. Zahlen und Fakten. In: www.gemeinde-brechen.de. Gemeinde Brechen, abgerufen am 29. August 2023.
  3. Inhaltsangabe zu Christoph Waldecker: 1363. Verleihung der Stadtrechte an Niederbrechen. Schriftenreihe Gemeindearchiv Brechen, Heft 11, 2014, abgerufen am 10. November 2024.
  4. Abschrift der Verleihungsurkunde, OnlineChronikBrechen, Arbeitskreis Historisches Brechen, abgerufen am 10. November 2024.
  5. Franz-Josef Sehr: Brandschutz im Heimatgebiet vor 300 Jahren. In: Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg (Hrsg.): Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 2022. Limburg 2021, ISBN 978-3-927006-59-1, S. 223–228.
  6. Franz-Josef Sehr: 250 Jahre Wallfahrtskapelle Maria Hilf Beselich. In: Jahrbuch für den Kreis Limburg-Weilburg 2017. Der Kreisausschuss des Landkreises Limburg-Weilburg, Limburg-Weilburg 2016, ISBN 978-3-927006-54-6, S. 137–141.
  7. Gemeindegebietsreform in Hessen; Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 22. Dezember 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 2, S. 47, Punkt 50 Abs. 27 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,8 MB]).
  8. Karl-Heinz Gerstemeier, Karl Reinhard Hinkel: Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Hrsg.: Hessischer Minister des Inneren. Bernecker, Melsungen 1977, OCLC 180532844, S. 369.
  9. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 369 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  10. a b c d Niederbrechen, Landkreis Limburg-Weilburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  11. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 18 und 58, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  13. Einwohnerstatistik (Entwicklung), Gemeinde Brechen (Memento vom 4. Dezember 2021 im Internet Archive)
  14. 1250 Jahre Niederbrechen und Oberbrechen. In: www.gemeinde-brechen.de. Gemeinde Brechen, 2022, abgerufen am 23. November 2024.
  15. www.glasfaser-fuer-brechen.de – Informationen zum Glasfaser-Ausbau in der Gemeinde Brechen. Abgerufen am 1. Juli 2022 (deutsch).
  16. Bundesnetzagentur – Breitbandatlas. Abgerufen am 1. Juli 2022.

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