Niccolò Sagredo

Girolamo Forabosco: Niccolo Sagredo

Niccolò Sagredo (* 18. Dezember 1606 in Venedig; † 15. August 1676 ebenda) war nach der Zählweise der staatlich gesteuerten Geschichtsschreibung der Republik Venedig ihr 105. Doge. Er regierte vom 6. Februar 1675 bis zu seinem Tod kaum eineinhalb Jahre lang.

Sein Vater wurde 1630 wegen Feigheit zu zehn Jahren Haft verurteilt, und nur dem Tod zweier seiner Brüder war es zu verdanken, dass er entlassen und rehabilitiert wurde, und sich in den folgenden Jahrzehnten in den Diensten der Republik Venedig bewähren konnte. Dies ermöglichte zugleich den Aufstieg seines Sohnes Nicolò. Dieser war vor allem als Botschafter tätig, der sich mit unzureichendem Erfolg um die Finanzierung des Krieges gegen die Osmanen um Kreta (1645–1669) bemühte, ebenso wie um militärische Unterstützung. In Rom lernte er eine Reihe von Künstlern kennen, und er trug sowohl dort, als auch in Venedig zur Verschönerung der Stadt bei.

Familie

Die Sagredo gehörten zu den neuesten Familien, den case novissime, die erst nach dem Chioggia-Krieg in den Kreis der Nobili aufgenommen worden waren. Sie führten ihre Herkunft jedoch bis auf die Römer zurück. Nach Venedig waren sie aus Sebenico gekommen, dem heutigen Šibenik.

Fotografie des Palastes der Sagredo aus den 1870er Jahren, heute Palazzo Trevisan Cappello

Nicolò Sagredo entstammte den Sagredo del ramo di S. Sofia. Er war der älteste von acht Söhnen des Prokurators von San Marco, des Zaccaria Sagredo, und der Paula Foscari, einer Nachfahrin von Francesco Foscari. Von seinen zehn Geschwistern fielen zwei Brüder bei den Kämpfen um Candia (Kreta), ein Bruder war Patriarch von Venedig. Einer seiner Vorfahren zählt zu den Heiligen der Katholischen Kirche, Gherardo (Gellért), Abt des Benediktinerklosters San Giorgio, der 1046 in Ungarn den Märtyrertod erlitt.

Zaccaria Sagredo war wegen Feigheit in der Schlacht bei Valeggio vom 25. Mai 1630 zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Außerdem wurde ihm der Rang eines Prokuratoren von San Marco entzogen. Nur der Tod seiner Brüder Bernardo und Paolo kurz vor und zu Beginn des besagten Krieges um Kreta (1645 und 1646) führte zu seiner Rehabilitation. Er wurde später Botschafter am spanischen Hof, wo er auch zum Ritter geschlagen wurde. Auch war er Botschafter am päpstlichen Hof in Rom.

Die Familie gehörte zu den reichsten Venedigs. Zum Zeitpunkt der Wahl Niccolò Sagredos zum Dogen besaß sie neben einem Palast in der Stadt ausgedehnten Grundbesitz in Venetien, auf Istrien und in Dalmatien. Die Sagredo di S. Sofia lebten im Palazzo Trevisan am Rio di Palazzo. Dort hatte 1629 der Dialogo sopra i due massimi sistemi del mondo Tolemaico e Copernicano zwischen Galileo Galilei und dem Onkel des späteren Dogen, mit Giovan Francesco Sagredo stattgefunden. 1661 erwarben die Sagredo den nach ihnen benannten Palast, die Ca’ Sagredo. Die Familie besaß Wälder und Eisenminen in den Dolomiten sowie eine Villa in Marocco di Venezia, südlich von Mogliano Veneto.[1]

Der Santa-Sofia-Zweig der Sagredo starb 1738 mit dem erbenlosen Gerardo aus, der 1692 zur Welt gekommen war.

Leben

Botschafter in Paris, im Reich, in Rom

Niccolò Sagredo galt, ähnlich wie sein Bruder Alvise, der später eine kirchliche Laufbahn einschlug, als geschickter Diplomat und begabter Redner. Er hatte der Stadt als Diplomat und in Verwaltungsämtern gedient. Als Botschafter am spanischen Hof wurde er mit dem Titel eines Cavaliere ausgezeichnet, zuvor war er bereits Botschafter in Frankreich und im Reich gewesen. Am 30. April 1650 entschied der Senat, ihn, als Nachfolger des Giovanni Giustinian, als Botschafter nach Rom zu schicken. Das Amt wurde ihm am 12. Oktober 1651 übertragen, Anfang Dezember erreichte er Rom, am 7. Dezember erhielt er eine Audienz bei Papst Innozenz X.

1653 gelang es ihm nur mühsam, wenigstens 2000 Mann zugesagt zu bekommen, mit deren Hilfe die Republik Venedig versuchte, die Insel Kreta zu verteidigen. Bis 1655 bleib Sagredo in Rom, um noch im selben Jahr und erneut 1660 dort als Gesandter zu erscheinen.

Doch verhandelte er nicht nur wegen der Hilfen im Osmanenkrieg, sondern er lernte auch eine Reihe von Künstlern kennen. Unter diesen waren Viviano Codazzi, Jacques Courtois, Michelangelo Cerquozzi, Giovanni Ghisolfi, Pietro da Cortona, Salvator Rosa. Auch kümmerte er sich um die römische San-Marco-Kirche, bei deren Ausschmückung einige der besagten Künstler tätig waren.

Am 18. Juni 1655 wurde Sagredo Prokurator von San Marco. 1659 und 1668 war er als Riformatore dello Studio di Padova für die Universität Padua zuständig. 1661 erwarb er von den Morosini die heutige Ca' Sagredo. Der spanische König schlug ihn zum Ritter.

Das Dogenamt

Am 6. Februar 1675 wurde er im ersten Wahlgang mit großer Mehrheit zum Dogen gewählt. Die Venezianer gewann er durch seine Großzügigkeit und seine karitative Tätigkeit für sich. Trotz des Verlustes von Candia war Venedig weiterhin eine Stadt, in der große Vermögen für die Verschönerung der Stadt eingesetzt wurden. Auch Sagredo kümmerte sich um die Verschönerung des Dogenpalasts, aber auch um die Pflasterung der wichtigsten Straßen in der Stadt.

Er starb am 15. August 1676, möglicherweise an einer aufgebrochenen Nabelhernie.

Grabmal, Porträt

Die dortige Büste des Dogen von 1746
Die Cappella Sagredo in der Kirche San Francesco della Vigna

Seine sterblichen Überreste wurden in der Familienkapelle der Sagredo in der Kirche San Francesco della Vigna begraben. Dort sollte auch sein Bruder Alvise beigesetzt werden.

Die Büste Nicolò Sagredos wurde von Antonio Gai 1746 geschaffen, ihm gegenüber befindet sich eine Büste seines Bruders. Andrea Celesti fertigte ein Porträt für die Sala dello Scrutinio im Dogenpalast an.

Literatur

  • L'Ambasceria della città di Capodistria al doge Nicolò Sagredo, in: Almanacco istriano, Tondelli, Capodistria 1864, S. 109–114. (online bei europeana.eu)
  • William L. Barcham: The cappella Sagredo in San Francesco della Vigna, in: Artibus et historiae, IV (1983) 101–124.
  • Linda Borean: “In camera dove dormo”. Su alcuni quadri di Nicolò Sagredo, in: Arte veneta, 1997, n. 50, S. 122–130.
  • Cristiana Mazza: La committenza artistica del futuro doge Niccolò Sagredo e l’inventario di Agostino Lama, in: Arte veneta, 1997, n. 51, S. 88–103.
  • Andrea Da Mosto: I dogi di Venezia con particolare riguardo alle loro tombe, Ferdinando Ongania, Venedig [1939], nachgedruckt unter dem Titel I Dogi di Venezia, Florenz 1983, S. 92.
  • Aldo Cherini, Pietro Valente: Il doge Nicolò Sagredo e il collegio di Capo d’Istria, Triest 2006. (Digitalisat, PDF)
  • Emanuela Zucchetta: La cappella Sagredo nella chiesa di San Francesco della Vigna. Storia, arte e restauro, Padua 2003.
  • Simona Negruzzo: Sagredo, Nicolò, in: Dizionario Biografico degli Italiani 89 (2017) 607–609.

Weblinks

Commons: Niccolò Sagredo – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Nick Wilding: Sagredo, Giovan Francesco, in: Dizionario Biografico degli Italiani 89 (2017).
VorgängerAmtNachfolger
Domenico II. ContariniDoge von Venedig
16751676
Alvise Contarini

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