Nesselrode (Adelsgeschlecht)

Stammwappen derer
von Nesselrode

Nesselrode ist der Name eines bergischen Adelsgeschlechts. Zweige der Familie bestehen bis heute. Die Herren von Nesselrode gehören zum Uradel der Grafschaft Berg. Wegen der über eine Tochterlinie abstammenden Grafen Droste zu Vischering von Nesselrode-Reichenstein siehe Droste zu Vischering.

Eine Verwandtschaft zu dem erloschenen Geschlecht von Nesselröden ist unwahrscheinlich.

Geschichte

Herkunft

In den Urkunden des Grafen Heinrich III. von Sayn († 1. Januar 1247) vom 16. Oktober 1241 ausgestellt in Herchen a.d. Sieg und von Mechthild (* v. Landsberg, † 12. November 1285), ehemalige Gräfin von Sayn, vom 16. Februar 1249 im Hof der Gräfin in Köln, wird ein Zeuge Heinrich Fleck (Vlekko / flecko) von Holstein, abgegangene Wasserburg bei der späteren Burg Homburg bei Nümbrecht (Oberbergischer Kreis) erwähnt.

Das Geschlecht wird erstmals mit dem Ritter Heinrich genannt Flecke von Nesselrode als Lehnsmann der Abtei Deutz im September 1303 in einer Urkunde genannt.[1] Eine Abstammung von Albert Sobbe von Leysiefen ist wahrscheinlich.[2] Namensgebender Stammsitz war die Burg Nesselrath an der Wupper bei Leichlingen. 1335 wird der Sohn von Heinrich Flecke von Nesselrode, Flecke von Nesselrode, Lehnsmann des Grafen Rainald II. von Geldern.[3] 1368 erscheint der Ritter Johann von Nesselroide, der als Lehnsmann der Grafen von Berg auftritt und siegelt.[4]

Burg Nesselrath, der ursprüngliche Stammsitz der Familie
Schloss Ehreshoven, über 500 Jahre im Besitz der Nesselrode
Burg Herrnstein, seit 1436 im Besitz der Familie
Schloss Herten, fast 300 Jahre Sitz der Linie Nesselrode-Reichenstein
© Sir Gawain / Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0
Schloss Hugenpoet, 1508–1831 Sitz der Nesselrode-Hugenpoēt
Haus Lüttinghof, 1615–1727 im Besitz der Familie

Thomas Bohn, Gräfin Mechthild von Sayn (1200/03-1285) Eine Studie zur rheinischen Geschichte und Kultur; Böhlau Verlag Köln; Weimar; Wien 2002 S. 492 Urk. Nr. 17 und S. 510 Urk. Nr. 37 ISBN 3-412-10901-0

Linien und Besitzungen

Wilhelm von Nesselrode († 1389 oder 1399?) heiratete Jutta von Grafschaft, Tochter des Adolf von Grafschaft zu Ehreshoven und Jutta von Sayn. Er wurde durch diese Ehe Herr von Ehreshoven bei Engelskirchen im heutigen Oberbergischen Kreis und Mitherr von Stein. Seine Söhne Johann der Ältere zum Stein und Johann der Jüngere zu Ehreshoven waren Stammväter der zwei Hauptlinien Stein-Reichenstein und Ehreshoven.

Angehörige der Stein-Reichensteiner Linie erhielten bereits 1481 das Erbmarschallsamt und das Erbkämmereramt des Herzogtums Berg. Der Sohn von Johann dem Älteren von Nesselrode zum Stein und der Katharina von Gehmen, Wilhelm († 1499), heiratete Elisabeth Nyt von Bürgel und erhielt 1478 die Reichsgrafschaft Rheydt. Seine Urenkel, die Reichsfreiherren Bertram und Johann Matthias von Nesselrode, begründeten zwei weitere Zweige der Familie.

Im § 24 des Reichsdeputationshauptschlusses vom 25. Februar 1803 wurde den Grafen von Nesselrode-Reichenstein für Burgfey und Mechernich eine Rente von 206 Gulden zugestanden.[6] Franz Josephs Tochter Maria Carolina (* 1776), aus der Ehe mit Felicitas Johanna Gräfin von Manderscheidt-Blanckenheim, heiratete 1799 Johann Felix Bernhard Freiherr Droste zu Vischering. Sein Sohn Felix wurde von seinem Großvater mütterlicherseits, Johann Franz Joseph von Nesselrode-Reichenstein († 1824), als Universalerbe eingesetzt. Der Name, das Wappen und die Güter der Linie Nesselrode-Landscron/Reichenstein fielen daher nach dem Tod Maria Carolinas am 21. Januar 1858 an die Familie Droste zu Vischering. Heute tragen diese den Doppelnamen Grafen Droste zu Vischering von Nesselrode Reichenstein.

Der Begründer der Ehreshovener Hauptlinie, Johann der Jüngere zu Ehreshoven, war vermählt mit Helene von Bock. Seine Nachkommen waren Amtmänner und Räte in bergischen Diensten und Domherren und Kanoniker in rheinischen, westfälischen und lütticher Domstiften. Wilhelm Franz († 1732) wurde Kanoniker zu Lüttich und Paderborn, Propst zu Münster und Stuhlweißenburg und seit 1703 Bischof von Fünfkirchen. Franz Karl († 1750), kaiserlicher Wirklicher Geheimer Rat, erhielt am 20. November 1729 das Indigenat in Ungarn. Sein Sohn Karl Franz († 1798), jülich-bergischer Kanzler und kurpfälzischer geheimer Staatsrat, war von 1776 bis 1794 kurpfälzischer Statthalter von Jülich-Berg. Er verkehrte mit Goethe und förderte die öffentlichen Bibliotheken. In Düsseldorf führte er das Palais Nesselrode und war Protektor der kurfürstlichen Kunstakademie. Sein jüngerer Bruder Wilhelm wurde russischer Gesandter in Lissabon und Berlin. Dessen Sohn Karl Robert von Nesselrode (* 1780; † 1862) war russischer Reichskanzler und einer der führenden Diplomaten des 19. Jahrhunderts. Die Herrschaft Ehreshoven erhielt die Genossenschaft des rheinischen ritterbürtigen Adels zur Errichtung eines „Stifts für unverheiratete katholische adelige Fräuleins“ von Maria von Nesselrode (* 1853; † 1920).

Ein weiterer Johann von Nesselrode wurde 1508 mit Hugenpoet belehnt. Seine Nachkommen Johann und Wilhelm begründeten die Linie Nesselrode-Hugenpoēt, die noch heute in Bayern und den Niederlanden besteht. Aus der Linie kamen u. a. eine Ur-Ur-Urgroßmutter der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, Johanna, die 1670 Bernhard III. von Droste-Hülshoff (1634–1700) heiratete[7]. Deren Enkelin wiederum, Richmod von Droste zu Hülshoff (1704–1750), heiratete Christian von Nesselrode-Hugenpoet, General in österreichischen Diensten[8]. Ebenfalls aus diesem Zweig kam unter anderen Johann Leopold Freiherr von Nesselrode-Hugenpoēt († 1768), Generalvikar zu Speyer und der bayerische General Maximilian Freiherr von Nesselrode-Hugenpoēt (* 1804; † 1886).

Standeserhebungen

Im Laufe der Zeit sind an Mitglieder der verschiedenen Linien zahlreiche Standeserhebungen gekommen.

Durch ihr siegreiches Vorgehen bei der Schlacht von Worringen im Jahr 1288 erlangte die Familie Bedeutung. Sieben Junker von Nesselrode wurden daraufhin von Herzog Johann I. von Brabant zum Ritter geschlagen.

Aus der Linie Ehreshoven wurde am 3. Juli 1653 Philipp Wilhelm von Nesselrode zum Thumb und Ehreshoven in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Als Erbmarschall des Herzogtums Berg und Direktor der Bergischen Ritterschaft erhielt er das ungarische Indigenat am 12. November 1695 zu Wien. Sein Bruder Wilhelm Franz Johann Bertram von Nesselrode, der ebenfalls am 3. Juli 1653 den Reichsfreiherrentitel erhielt, wurde am 4. September 1710, zusammen mit seinem Neffen Franz Karl Freiherr von Nesselrode, in den Reichsgrafenstand erhoben. Franz Carl Graf von Nesselrode erhielt als kurpfälzischer Kämmerer und Stallmeister am 20. November 1729 das ungarische Indigenat. Bei der Kurländischen Ritterschaft wurde Karl Robert Graf von Nesselrode, der spätere kaiserlich-russische Geheimrat und Reichskanzler, am 21. April 1817 immatrikuliert. Sein Sohn Dimitri Graf von Nesselrode, kaiserlich russischer Kammerherr, Staatsrat und Oberhofmeister, erhielt am 24. November 1864 eine russische Anerkennung des Grafentitels.

Aus der Linie Stein erhielten die Brüder Bertram von Nesselrode zum Stein und Matthias von Nesselrode zu Rath den alten Reichsfreiherrenstand am 14. Oktober 1652 zu Prag. Eine Bestätigung des Reichsfreiherrenstandes für Franz Freiherr von Nesselrode, Sohn von Bertram und kurfürstlich-kölnischer Rat und Gouverneur des Vest Recklinghausen, erfolgte am 3. August 1685 zu Wien. Am 3. Oktober 1702 wurde er in den Reichsgrafenstand erhoben. Johann Salentin Wilhelm Freiherr von Nesselrode und Rhade, kaiserlicher Oberstleutnant, erhielt am 4. September 1710 zu Wien den Reichsgrafentitel mit von Landscron. Dessen Sohn Johann Franz Graf von Nesselrode-Landscron, kaiserlicher Kämmerer, Geheimrat und Generalfeldzeugmeister, wurde 1731 in die niederösterreichische und 1734 in die oberösterreichische Landsmannschaft aufgenommen.

Aus der Linie Nesselrode-Hugenpoēt wurden am 22. August 1814 in die Freiherrenklasse der Adelsmatrikel im Königreich Bayern Carl-Theodor Freiherr von Nesselrode-Hugenpoēt, königlich-bayerischer Major, und sein Bruder Maximilian Freiherr von Nesselrode-Hugenpoēt, der spätere königlich-bayerische Generalmajor, eingetragen. Ebenfalls bei der Freiherrenklasse immatrikuliert wurde am 26. März 1822 Carl Anselm Franz Freiherr von Nesselrode-Hugenpoēt, königlich-bayerischer Hauptmann.

Wappen

Das Stammwappen zeigt in Rot einen silbernen Wechselzinnenbalken mit oben vier und unten drei Zinnen. Auf dem Helm ist ein am Hals mit dem Zinnenbalken belegter roter Brackenrumpf. Die Helmdecken sind rot-silbern.

Namensträger

Karl Robert von Nesselrode
(1780–1862)

Literatur

  • Arnold Robens: Der ritterbürtige landständische Adel des Großherzogthums Niederrhein : dargestellt in Wapen und Abstammungen, Band 1, Aachen 1818, S. 68–104 online bei der Heinrich Heine Universität Düsseldorf
  • Wilhelm Güthling: Zur Geschichte des Geschlechts Nesselrode. In: Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Bd. 63, Neustadt a. d. Aisch 1935, S. 56–77.
  • Otto Hupp: Münchener Kalender 1907. Verlagsanstalt München/Regensburg 1907.
  • Ernst Heinrich Kneschke: Neues allgemeines deutsches Adels-Lexicon. Band 6, Friedrich Voigt’s Buchhandlung, Leipzig 1865, Seite 471–474. (Digitalisat)
  • Clemens Graf von Looz-CorswaremNesselrode, von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 73 (Digitalisat).
  • Leonie Gräfin von Nesselrode: Die Chorfenster von Ehrenstein: Bertram von Nesselrode und Margarethe von Burscheid. Stifter an der Schwelle zur Frühen Neuzeit. Diss. Böhlau, 2008 (Rheinisches Archiv, Band 153)
  • Kurt Niederau: Die ältesten Generationen der v. Nesselrode. In: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde, Bd. 18, Jg. 45, Neustadt/ Aisch 1957, Sp. 25–44 und 89–94.
  • Leopold von Zedlitz-Neukirch: Neues preussisches Adelslexicon. Band 3, Gebrüder Reichenbach, Leipzig 1837, Seite 455–456. (Digitalisat)
  • Genealogisches Handbuch des Adels. Band IX, Band 116 der Gesamtreihe. C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1998, ISSN 0435-2408.
  • Theodor Berger: X. Die Grafen von Nesselrode und Reichenstein In: Die Durchläuchtige Welt, 1731, Band 2, S. 981–986
  • H.J. Vetter: Authentische Sammlung der bey der Bergischen Ritterschaft vorhandenen und aufgeschworenen adelichen Wapen und Stammtafeln. Langen, Köln 1791, S. 54–62 (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek).
  • Ernst Haiger: Konfession und Begräbnisort: Adelige Grablegen [u. a. der Familie v. Nesselrode-Hugenpoet] in der St.-Laurentius-Kirche in Mintard im 17. und 18. Jahrhundert. In: Die Pfarrkirche in Mintard = Zeitschrift des Geschichtsvereins Mülheim a. d. Ruhr 92 (2017), ISSN 0343-9453, S. 69–111.

Siehe auch

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Einzelnachweise

  1. Historisches Archiv der Stadt Köln, Deutzer Urkunden 11.
  2. Niederau 1957, Sp. 90 und 91.
  3. Niederau 1957, Sp. 42.
  4. Stadtarchiv Düsseldorf, Jülich-Bergische Urkunden 820.
  5. Emi Wollny: Herten wird eine Stadt. Verlag der Buchhandlung Droste, Herten 1987, S. 11.
  6. Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 7., vollständig überarbeitete Auflage. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54986-1, S. 459.
  7. J. Holsenbürger: Die Herren v. Deckenbrock (v. Droste-Hülshoff) und ihre Besitzungen. Münster i.W. 1869, S. 179
  8. Wilderich von Droste zu Hülshoff: 900 Jahre Droste zu Hülshoff. 2. erweiterte Auflage, Verlag LPV Hortense von Gelmini, Horben 2022, ISBN 978-3-936509-19-9
  9. Emi Wollny: Herten wird eine Stadt. Verlag der Buchhandlung Droste, Herten 1987, S. 61 und 68.

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