Nelly Haalck

Nelly Haalck (* 11. August 1899 als Nelly Habke in Ostrohe, Holstein; † 9. März 1985) war eine deutsche Politikerin in der DDR (CDU).

Leben

Nelly Haalck wurde als Tochter eines Lehrers[1] im Kreis Norder-Dithmarschen geboren. Nach dem Besuch des Lyzeums in Heide und eines Oberlyzeums in Altona absolvierte Nelly Habke eine Ausbildung für Lehrerinnen von 1916 bis 1920. Sie studierte danach einige Semester Nationalökonomie[2] in Hamburg und in Freiburg/Breisgau von 1920 bis 1922.[3] Sie war die Ehefrau des Geophysikers Hans Haalck und führte den Haushalt der Familie. Ab 1943 wurde Nelly Haalck dienstverpflichtet beim Reichsamt für Bodenforschung, einer Nachfolgeeinrichtung der Preußischen Geologischen Landesanstalt (PGLA) in Berlin.[1] Nach Ende des Zweiten Weltkrieges trat Nelly Haalck in die Politik ein.[4] Sie wurde 1945 Mitglied der CDU in Brandenburg.[5] Ursprünglich war sie Lehrerin, die nur in der Weimarer Republik ihren Beruf ausüben konnte, und – am Wohnort der Familie[6] in Potsdam – Hausfrau und Mutter für ihre beiden Söhne, dem späteren Historiker Peter[7] und dem Juristen Jörgen Haalck, sowie dann Politikerin in der SBZ und DDR.[8] Zu DDR-Zeiten erinnerte sich Haalck im Zuge der in der DDR geführten Diskussion um die NS-Vergangenheit des Chefs vom Bundeskanzleramt Staatssekretär Globke an einen Elternabend in einem Potsdamer Gymnasium während der Nazi-Diktatur, auf dem mitgeteilt wurde, dass die Kinder jüdischer Eltern unverzüglich die Schule verlassen müssten, „obwohl sie zum Teil zu den besten Schülern gehörten“.[9]

Politisches Wirken

1950 kam die CDU-Politikerin als Abgeordnete in den Brandenburgischen Landtag.[10] Auf dem 4. Brandenburger Landesparteitag der CDU in Eberswalde im Juli 1950 wurde Nelly Haalck als eine Stellvertreterin des neuen Landesvorsitzenden Hermann Gerigk gewählt. Ihr Stellvertreteramt übte sie zeitweilig zusammen mit dem 2. Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes Brandenburg Heinrich Lechtenberg aus.[11] Im Landtag Brandenburgs gehörte Nelly Haalck zur Fraktion des Demokratischen Frauenbundes Deutschland laut Liste der Mitglieder des Brandenburger Landtags (1946–1952) 2. Wahlperiode. Zweimal, 1954 und 1958, wurde die Frauenpolitikerin in die Volkskammer der DDR entsandt.[12] Nelly Haalck war Mitglied des "Ausschusses für Eingaben der Bürger an die Volkskammer".[13] Sie besuchte 1958 als Kandidatin für die Volkskammer mehrere kirchliche Einrichtungen, um sich vorzustellen, darunter das von Diakonissen geleitete Oberlinhaus in Potsdam.[14] Nelly Haalck wurde 1958 „als berufene Vertreterin der Frauen in der CDU“ vom Hauptvorstand, dem sie seit 1956 angehörte, ins Präsidium der CDU unter dem Parteivorsitzenden August Bach gewählt und übte diese Funktion bis März 1962 aus.[15] Als das nach dem 9. Parteitag der CDU 1958 gebildete Präsidium des Hauptvorstandes von Walter Ulbricht, dem Ersten Sekretär der SED empfangen wurde, nahm Nelly Haalck an der Zusammenkunft, zusammen mit August Bach, Friedrich Burmeister, Gerhard Desczyk, Fritz Flint,[16] Gerald Götting, Wolfgang Heyl, Hansjürgen Rösner,[17] Rudolph Schulze, Max Sefrin und Heinrich Toeplitz teil. Die Rolle dieser Blockpartei in der DDR wurde dabei u. a. im Blick auf ein einheitliches Deutschland betont, insbesondere hatte die Ost-CDU die von der SED-Führung damals noch akzeptierte Aufgabe bekräftigt, „bürgerliche Kreise für die nationale Wiedergeburt Deutschlands als friedliebender, demokratischer Staat zu gewinnen und in den sozialistischen Umwandlungsprozeß einzubeziehen“.[18]

Da 1957 die DDR an einer gesamtdeutschen Politik in ihrem Sinne interessiert war, erhielt die Politikerin auf Vorschlag der CDU als Auszeichnung den Vaterländischen Verdienstorden mit der Begründung: „Nelly Haalck, Mitglied des CDU-Bezirksvorstandes Potsdam, Mitglied der Volkskammer und des Nationalrats (der Nationalen Front), hat sich besondere Verdienste in der gesamtdeutschen Arbeit und auf internationalen Frauenkonferenzen erworben.“[19] Zuvor wurden ihre Verdienste als Frauenpolitikerin mit der Verleihung der Clara-Zetkin-Medaille anerkannt.[20] Als sie in den 1950er Jahren westdeutschen Frauen das Kloster Stift zum Heiligengrabe und die Hoffnungsthaler Anstalten – eine kirchliche Einrichtung für Menschen mit Behinderungen – vorstellte, würdigte die Politikerin „die hingebungsvolle Arbeit“ der vor allem in Lobetal hauptamtlichen Mitarbeitenden und bemühte sich dabei, um Vertrauen bei den (westdeutschen) Christen zur DDR zu werben, insbesondere aber „das Mißtrauen der westdeutschen Besucherinnen“ abzubauen. In der DDR bei „allen christlichen Menschen eine … vertrauensvolle Bereitschaft zur Mitarbeit zu wecken“, sah Nelly Haalck 1959, im zehnten Jahr des Bestehens der DDR, als Ziel ihrer politischen Arbeit an. In Heiligengrabe informierte sich Nelly Haalck mehrmals über die Arbeit der Schwestern des Friedenshorts in ihrem diakonischen Dienst am Nächsten, die 1945 nach ihrer Vertreibung aus dem Diakonissen-Mutterhaus in Miechowitz/Oberschlesien hier eine neue Heimat und Betätigung in der Betreuung von verwaisten Kindern fanden. Mit ihrem Engagement als Betreuerin von christlichen Frauengruppen aus Westdeutschland und ihren Besuchen als Volkskammerkandidatin bzw. -abgeordnete in Heiligengrabe, konnten Nelly Haalck jedoch nicht verhindern, dass die DDR-Behörden Ende der 1950er Jahre anordneten, die kirchlicherseits betreuten Nachkriegskinder in staatliche Heime unterzubringen.[21] Nelly Haalck wurde sowohl in der Presse als auch im Rundfunk der DDR gelegentlich als Gastkommentatorin tätig.[22] Nelly Haalck war in ihrer zweiten Heimat Potsdam als Mitglied des Bezirksvorstandes der CDU, als Bezirkstagsabgeordnete und stellv. Vorsitzende des DFD-Bezirksvorstandes noch bis ins hohe Alter hinein politisch aktiv.[23]

Im 75. Lebensjahr nannte Nelly Haalck als Resümee ihres Lebens, ihren Einsatz für Frauenrechte[24] und dass sie „viel und weit“ reisen konnte. Zusammen mit ihrem Ehemann Hans Haalck reiste Nelly Haalck erstmals in der Weimarer Republik im Jahre 1927 nach Kanada.[25] Sie gehörte Delegationen der DDR an, die unter anderen in westliche Hauptstädte fuhren. Beispielsweise nahm Nelly Haalck als Volkskammerabgeordnete an der Londoner Konferenz von Parlamentariern aus Ost und West zu Abrüstungsfragen im Februar 1960 teil.[26] Besondere Freude hatte sie daran, sich sowohl für die Mitmenschen einzusetzen als auch, „sich mit der Kunst und der Geschichte anderer Völker zu beschäftigen.“[27]

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Gabriele Baumgartner, Dieter Hebig (Hrsg.): Biographisches Handbuch der SBZ/DDR. 1945–1990. Band 1: Abendroth – Lyr. K. G. Saur, München 1996, ISBN 3-598-11176-2, S. 265.
  2. Handbuch der Volkskammer der DDR, Berlin, 1957, S. 316 unter "Haalck, Nelly" und ihr Porträt auf S. 199.
  3. Habel, Walter (Hrsg.): Wer ist? Das deutsche Who's who. 2. ergänzte Auflage, arani-Verlags-GmbH, Berlin-Grunewald, S. 107, Stichwort: Haalck, Nelly
  4. Haalck, Nelly. In: Martin Broszat, Hermann Weber (Hrsg.): SBZ Handbuch. Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949. 2. Auflage. Oldenbourg Verlag, München 1993, ISBN 3-486-55262-7, S. 919.
  5. Erwähnung des Partei-Eintrittdatums von Nelly Haalck im Glückwunschschreiben des Präsidiums des Hauptvorstandes der CDU zu ihrem 65. Geburtstag. In: Neue Zeit, 11. August 1964, S. 2. Familie Haalck wohnte zur Zeit des Eintritts in die CDU in der Berliner Vorstadt von Potsdam, Böcklinstraße, bis Anfang 1945 noch Metzstraße, 6, letztere laut Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 1935, Spalte 978. Im Jahre 1931 wohnte Familie Haalck in der Potsdamer Eisenhartstr. 19, laut Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 1931, Spalte 462.
  6. Davor hatte Familie Haalck bis Ende der 1920er Jahre in Berlin-Lichterfelde in einem eigenen Haus gewohnt. Heinersdorfer Straße 16. In: Berliner Adreßbuch, 1929, Teil 4, Lichterfelde, S. 1639. „E: Haalck, H. Dr. phil., Phys.“ („E“ steht für „Eigentümer“).
  7. Peter Haalck befasste sich 1968 an der Humboldt-Universität, Sektion Geschichte, in einer Qualifikationsarbeit mit dem Thema Die Rolle von Gregor und Otto Strasser in der NSDAP vom Scheitern des Novemberputsches 1923 bis zur Bamberger Führertagung 1926, 60 Seiten maschinenschriftlich.
  8. Die Journalistin Barbara Faensen informiert u. a. über das Wohnhaus Haalcks in Potsdam; Anschrift laut Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 1970, S. 940: Haalck, Hans Dr. Prof., Potsdam Zum Telegrafenberg 5 (1971 einbezogen in die Templiner Straße), wobei Nelly Haalck nach dem Tode ihre Mannes (†1969) in den 12. Stock eines Potsdamer Punkthochhauses zog und erwähnt auch Söhne und Enkel in einem Beitrag am Vorabend des 75. Geburtstages von Nelly Haalck. In: Neue Zeit, 10. August 1974, S. 8.
  9. „Sie erlebte Globkes Gesetze in Aktion: Volkskammerabgeordnete Unionsfreundin Nelly Haalck klagt Judenmörder an.“ In: Neue Zeit. 14. August 1960, S. 4.
  10. Fritz Reinert: Brandenburgs Parteien 1945-1950: Möglichkeiten und Grenzen kooperativer Politik. Brandenburgische Landeszentrale für Politische Bildung, 1995, S. 164: „Zu … Abgeordneten, die bei strittiger Auffassung in ihren Fraktionen für Anträge der SED im Landtag gewonnen werden konnten, gehörten u. a. …, Nelly Haalck, Karl Grobbel (sämtlich CDU)….“
  11. Richter, Michael: Die Ost-CDU 1948-1952: zwischen Widerstand und Gleichschaltung. Düsseldorf, 1991, S. 257, dort als "Nelli Haalck" namentlich genannt; ISBN 3-7700-0945-2
  12. Neue Zeit, 11. August 1959, S. 1 (CDU-Glückwunschschreiben zu ihrem 60. Geburtstag)
  13. Wer ist wer in derSBZ? Ein biographisches Handbuch. Berlin-Zehlendorf [1958], S. 87 Spalte 1; DNB 455851549
  14. Neue Zeit, 15. November 1958, S. 2
  15. Neue Zeit, 30. März 1962, S. 1.
  16. Seit 1946 Mitglied der CDU, Vorsitzender CDU-Bezirksverbandes Groß-Berlin ab 1958 und Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin Helmut Müller-EnbergsFritz Flint. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  17. Seit 1945 Mitglied der CDU Helmut Müller-EnbergsHansjürgen Rösner. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
  18. Neues Deutschland, 24. Oktober 1958, S. 1
  19. Neue Zeit, 7. Oktober 1957, S. 6 mit Porträt von Nelly Haalck.
  20. Handbuch der Volkskammer der DDR, Berlin, 1957, S. 316 unter "Haalck, Nelly"
  21. Nelly Haalck: Mit westdeutschen Frauen unterwegs. Hrsg. im Auftrage der Parteileitung der CDU. Union Verlag, Berlin 1959, S. 60, Friedenshort. abgerufen am 18. September 2013
  22. So hielt Nelly Haalck im Anschluss an die Evangelische Morgenfeier den Gastkommentar in Radio DDR am 6. März 1966 und schrieb zum Beispiel den Leitartikel im Zentralorgan der CDU zum Internationalen Frauentag am 8. März 1960. In: Neue Zeit, 5. März 1966, S. 5, und Neue Zeit, 8. März 1960, S. 1/2
  23. Kondolenzschreiben des CDU-Hauptvorstandes an den Sohn der Verstorbenen, Peter Haalck, in Berlin. In: Neue Zeit, 13. März 1985, S. 2
  24. Zum Beispiel hielt Nelly Haalck bereits im Herbst 1946 im Kreisverband Potsdam (Vorsitzender Hans Egidi), Ortsgruppe Berliner Vorstadt, in der damaligen Gewerbeschule Rubensstraße, einen Vortrag zum Thema: Die Arbeit der Frau in der CDU.
  25. Die geplante Schiffsreise von Liverpool (England) nach Montreal (Canada) für den 29. April 1927 musste ihr Ehemann aus familiären Gründen auf den 8. Mai 1927 nach Quebec umbuchen. Passagierliste
  26. Neue Zeit, 5. Februar 1960, S. 4
  27. Neue Zeit, 10. August 1974, S. 8
  28. Neue Zeit, 8. März 1956, S. 1
  29. Neue Zeit, 7. Oktober 1957, S. 6
  30. Erwähnung im Kondolenzschreiben des CDU-Hauptvorstandes, in: Neue Zeit, 13. März 1985, S. 2
  31. Neue Zeit, So. 4. März 1962, S. 2
  32. Neue Zeit, 27. Juni 1962, S. 1
  33. Neue Zeit, 7. Februar 1965, S. 1
  34. Neue Zeit, 9. März 1967, S. 2
  35. Neue Zeit, 9. Mai 1968, S. 2