Nebenkrater

Ein Nebenkrater ist in der astronomischen Nomenklatur des Mondes ein Krater, dessen Name aus dem Namen eines in der Nähe gelegenen, meist größeren und prominenteren Kraters und einem angefügten lateinischen Großbuchstaben besteht, beispielsweise der in der Nähe des Kraters Ptolemaeus gelegene Ptolemaeus B. Der größere Krater wird auch Hauptkrater (englisch parent feature) genannt.

Mondkrater Aristarchus und die Umgebung mit seinen neun Nebenkratern

Geschichte

Die Bezeichnungsform wurde von Wilhelm Beer und Johann Heinrich Mädler in ihrer Mappa selenographica eingeführt, um kleinere, bislang unbenannte Oberflächenstrukturen zu benennen, wobei aus Platzgründen nur der Buchstabe auf der Karte erschien. Die Zuordnung ergab sich daraus, dass der Buchstabe an der dem Hauptkrater zunächst gelegenen Kraterrand positioniert war, ein System, das später Anlass zu einiger Ungenauigkeit und Verwirrung gab.[1][2]

Diese Unklarheiten wurde von Blagg et al. 1935 ausgeräumt, die im Auftrag der Commission 16 der Internationalen Astronomischen Union (IAU) die bis dahin existierende Nomenklatur abglichen und vereinheitlichten und zahlreiche weitere Krater mit Buchstaben benannten, wobei teilweise auch Doppelbuchstaben verwendet wurden. Zudem wurden Erhebungen unter Verwendung griechischer Buchstaben benannt. Dieses Verfahren wurde im System of Lunar Craters des Lunar and Planetary Laboratory an der University of Arizona fortgesetzt, wobei alle Krater der erdzugewandten Seite mit über 3,5 km Durchmesser benannt wurden.[3]

1973 beschloss die IAU, dass Benennungen mit Buchstaben in Zukunft durch Benennungen nach verstorbenen Personen schrittweise ersetzt werden sollten.[4] Dieser Umbenennungsprozess machte nur sehr langsame Fortschritte und die Arbeit der damaligen Task Group for Lunar Nomenclature (TGLN) wurde von Selenographen wegen der von ihr erzeugten Inkonsistenzen und Unklarheiten weithin kritisiert.[5] Dennoch wurden bis 2006 nur umbenannte Krater mit der zusätzlichen Angabe des Buchstabens in den offiziellen Quellen der IAU angeführt. Seitdem gelten auch die etwa 7000 Nebenkraterbezeichnungen als offiziell und erscheinen beispielsweise in dem Gazetteer of Planetary Nomenclature der IAU.

Da die offizielle Nomenklatur des Mondes nach 1973 keine angemessenen Fortschritte machten, wurde die Arbeit von der NASA weitergeführt, vor allem da zahlreiche Krater von wissenschaftlichem Interesse auf der Mondrückseite noch nicht benannt waren. Bei diesen Bemühungen wurden auch interessierte Gruppen und Personen außerhalb der NASA in der Lunar Photography and Cartography Committee (LPACC) einbezogen. Die Arbeit führte zu der 1982 publizierten NASA-RPC-1097 von Andersson und Whitaker. Darin wurden Nebenkraternamen für zahlreiche Krater der Mondrückseite angegeben, wobei folgendes System Verwendung fand: Der Hauptkrater ist Zentrum einer 24-Stunden-Uhr mit 12 Uhr im Norden, wobei den Stunden die lateinischen Buchstaben mit Ausnahme von I und O entsprechen. Nebenkrater werden dann entsprechend dem Stundenfeld benannt, in dem sie liegen. Außerdem wurden alle Benennungen mit Doppelbuchstaben fallen gelassen.[6] In der Nomenklatur der IAU wurden einige Benennungen mit Doppelbuchstaben aber beibehalten.

Sonderfälle

Historisch bedingt sind in einigen seltenen Fällen die Hauptstrukturen keine Einschlagkrater, sondern andere Strukturen, vorwiegend Berge oder Gebirgszüge:[7]

Bei dem Krater Gerard gibt es die ineinander gelagerten Nebenkrater Gerard Q Inner und Gerard Q Outer.

Literatur

  • Ewen A. Whitaker: Mapping and naming the moon. A History of Lunar Cartography and Nomenclature. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1999, ISBN 0-521-62248-4, S. 171 ff.
  • Leif E. Andersson, Ewen A. Whitaker: NASA catalogue of lunar nomenclature (= NASA reference publication. 1097). National Aeronautics and Space Administration – Scientific and Technical Information Branch, Washington DC 1982.
  • Mary Adela Blagg, Karl Müller: Named lunar formations. 2 Bände (Bd. 1: Katalog; Bd. 2: Karten). P. Lund – Humphries & Co, London 1935.

Einzelnachweise

  1. Wilhelm Beer, Johann Heinrich Mädler: Mappa selenographica totam Lunae hemisphaeram visibilem complectens observationibus propriis secundum projectionem orthographicam quartuor sectionibus constructa et delineata. Schropp, Berlin 1834.
  2. Wilhelm Beer, Johann Heinrich Mädler: Der Mond nach seinen kosmischen und individuellen Verhältnissen oder allgemeine vergleichende Selenographie. Mit besonderer Beziehung auf die von den Verfassern herausgegebene Mappa Selenographica. Schropp, Berlin 1837.
  3. D. W. G. Arthur, Alice P. Agnieray, Ruth A. Horvath, C. A. Wood, C. R. Chapman: The System of Lunar Craters, Quadrant I. In: Communications of the Lunar and Planetary Laboratory. Bd. 2, Nr. 30, 1963, ZDB-ID 1025348-8, S. 71–78, Digitalisat (PDF; 9,32 MB).
  4. „Craters previously designated by Roman capital letters will progressively be assigned new and distinctive names.“ Resolution on Lunar Nomenclature, Punkt 5 in: George Contopoulos, Arnost Jappel (Hrsg.): International Astronomical Union. Proceedings of the Fifteenth General Assembly, Sydney 1973 and extraordinary General Assembly, Poland 1973 (= Transactions of the International Astronomical Union. Bd. 15 B). Reidel, Dordrecht 1974, ISBN 90-277-0451-1, S. 110–112, online.
  5. Whitaker: Mapping and naming the moon. 1999, S. 179–184.
  6. Whitaker: Mapping and naming the moon. 1999, S. 184 f.
  7. Insofern ist die neutralere englische Bezeichnung satellite feature passender.

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Aristarchus satellite craters.jpg
Picture showing the craters Aristarchus, Herodotus, Prinz, Väisälä, Ivan, Toscanelli. All of Aristarchus satellite craters are marked. The picture also show the Montes Harbinger, Vallis Schröteri, Rimae Aristarchus, Rimae Prinz and Rupes Toscanelli