Nationalversammlung (Frankreich)

Assemblée nationale
Nationalversammlung
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Basisdaten
Sitz:Palais Bourbon, Paris
Legislaturperiode:5 Jahre
Erste Sitzung:9. Dezember 1958
Abgeordnete:577
Aktuelle Legislaturperiode
Letzte Wahl:12. und 19. Juni 2022
Nächste Wahl:2027
Vorsitz:Versammlungspräsidentin: Yaël Braun-Pivet (RE)
Sitzverteilung:Regierung (251)
  • ENS 251
  • Opposition (326)
  • NUPES 151
  • RN 88
  • LR 62A
  • Sonstige 25
    • LIOT 21
    • Andere 4
    Website
    www.assemblee-nationale.fr
    Palais Bourbon
    Palais Bourbon

    Die Nationalversammlung (französisch Assemblée nationale [a.sɑ̃.ble.na.sjɔ'nal]) ist das Unterhaus (französisch Chambre basse) des französischen Parlaments. Das Oberhaus heißt in Frankreich Sénat; sie bilden ein Zweikammersystem. Das politische System Frankreichs hat eine starke Exekutive im Rahmen eines semipräsidentiellen Regierungssystems; der Staatspräsident hat mehr Macht als in den meisten anderen westlichen Ländern.

    Erste Nationalversammlung 1789

    Am 8. August 1788 berief Ludwig XVI. erstmals nach 174 Jahren für das Revolutionsjahr 1789 die Generalstände (Abgeordnete des Ersten, Zweiten und Dritten Standes) ein. Nach Eröffnung der Versammlung am 5. Mai geschah zunächst nichts, weil der Dritte Stand darauf bestand, die Wahlprüfung, also die Kontrolle, ob alle Abgeordneten rechtmäßig gewählt waren, gemeinsam vorzunehmen, was die Vertreter der beiden anderen Stände verweigerten. Der Dritte Stand war zu keinem Kompromiss bereit, lud aber die Vertreter der anderen Stände ein, an seinen Sitzungen teilzunehmen.

    Am 13. Juni folgten drei Geistliche dieser Einladung. Weitere reformwillige Privilegierte schlossen sich in den nächsten Tagen an.

    Am 17. Juni erklärten sich 491 gegen 90 Abgeordnete zur Nationalversammlung; sie verstanden sich also nicht mehr als Vertreter ihres Standes, sondern der gesamten französischen Nation.

    Damit war die Nationalversammlung eines der ersten modernen, nicht nach Ständen gegliederten Parlamente auf dem europäischen Kontinent. Ihre Hauptaufgabe bestand in der Ausarbeitung einer Verfassung, in der die Machtübernahme durch das Bürgertum festgeschrieben wurde.

    Am 26. August 1789 verkündete die Nationalversammlung gegen den Willen des Königs die von Marquis de La Fayette eingebrachte Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte und beschloss deren Übernahme in die Verfassung.

    Weitere Geschichte

    Seit 1789 heißen die französischen gesetzgebenden (und auch die verfassungsgebenden) Versammlungen häufig Nationalversammlung, so

    In Anlehnung an den Namen wurde oft auch in anderen Ländern eine verfassungsgebende Versammlung als Nationalversammlung bezeichnet.

    Zusammensetzung

    Plenarsaal

    Wahl

    Die Abgeordneten der Nationalversammlung werden nach dem romanischen Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen für jeweils fünf Jahre gewählt. Wahlberechtigt ist jeder Franzose, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, in das Wählerverzeichnis eingetragen ist und dem das Wahlrecht nicht aberkannt wurde. Wählbar ist jeder Franzose, der das 18. Lebensjahr vollendet und, soweit dazu verpflichtet, den Wehr- oder Zivildienst abgeleistet hat. Ihm darf auch das Wahlrecht nicht aberkannt worden sein. Bis einschließlich der Wahl 2007 lag das Mindestalter für die Wählbarkeit bei 23.

    Für die Wahl zur Nationalversammlung werden 577 Wahlkreise gebildet, in dem jeweils ein Abgeordneter gewählt wird. Erstmals bei der Wahl 2012 werden dabei Wahlkreise für die im Ausland lebenden Franzosen eingerichtet, wodurch sich die Zahl der auf dem Staatsgebiet gebildeten Wahlkreise verringert. Insgesamt bestehen:

    • 556 Wahlkreise im europäischen Frankreich;
    • 10 Wahlkreise für die Überseegebiete;
    • 11 Wahlkreise für die Auslandsfranzosen.

    Die Wahlkreise werden jeweils so gebildet, dass sie innerhalb eines Départements liegen. Je nach Größe umfasst ein Département 2 bis 24 Wahlkreise, ein Wahlkreis umfasst etwa 66.400 Wahlberechtigte. Deutschsprachige Staaten liegen im 6. (Schweiz) oder 7. Wahlkreis der Franzosen im Ausland.

    Kandidaten müssen nicht in ihrem Wahlkreis wohnen. Ein Kandidat darf aber nicht in mehr als einem Wahlkreis antreten.

    Im ersten Wahlgang ist ein Kandidat gewählt, wenn er die absolute Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen auf sich vereinigen kann. Die Stimmenzahl muss darüber hinaus mindestens 25 % der im Wählerverzeichnis eingetragenen Wahlberechtigten betragen.

    Kann keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit auf sich vereinigen, so findet ein zweiter Wahlgang statt, bei dem eine relative Mehrheit genügt. Am zweiten Wahlgang dürfen diejenigen Kandidaten teilnehmen, die im ersten Wahlgang mindestens 12,5 % der Stimmberechtigten erreichen konnten, mindestens jedoch die beiden Erstplatzierten des ersten Wahlgangs. Üblich ist, dass sich Parteien, die sich politisch nahestehen, vor dem zweiten Wahlgang auf einen gemeinsamen Kandidaten verständigen, so dass sich oft im zweiten Wahlgang nur zwei (links und bürgerlich-rechts) oder drei Kandidaten (links, bürgerlich-rechts, extrem-rechts) gegenüberstehen; letzteres tritt ein, wenn keine Absprachen zwischen der bürgerlichen und der extremen Rechten getroffen werden.

    Im Fall einer Stimmengleichheit im zweiten Wahlgang ist der älteste Kandidat unter den Stimmengleichen gewählt.

    Bei vermuteten Ordnungswidrigkeiten bei der Wahl steht es jedem Wähler und jedem Kandidaten zu, die Wahl beim Verfassungsrat anzufechten. Dieser hat die Möglichkeit, den Einspruch zurückzuweisen, das Wahlergebnis abzuändern oder die Wahl für ungültig zu erklären. In diesem Fall muss die Wahl wiederholt werden.

    Verstirbt ein Abgeordneter oder ruht das Mandat aufgrund der Übernahme bestimmter Funktionen (z. B. Mitgliedschaft in der Regierung), tritt an die Stelle des Abgeordneten ein im Wahlvorschlag benannter Vertreter. Erlischt das Mandat aus einem anderen Grund, findet innerhalb von drei Monaten eine Nachwahl statt. Nachwahlen unterbleiben in den letzten zwölf Monaten der Legislaturperiode.

    Seit 2002 finden die Wahlen zur Präsidentschaft und der Nationalversammlung kurz nacheinander statt. Der Präsident wird seitdem nur noch auf fünf und nicht mehr auf sieben Jahre gewählt.[1] Die Reform hatte das Ziel, den Präsidenten mit einer Mehrheit im Parlament auszustatten um ihn handlungsfähiger zu machen. Zuvor fanden die Wahlen zur Nationalversammlung häufig in der Mitte oder am Ende der Präsidentenamtszeit statt, was dazu führte, dass die Wähler vor allem die Politik des Präsidenten bewerteten. Seit der Reform hatte jeder Präsident eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung, ganz im Gegensatz zu früheren Zeiträumen vor allem in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts.

    Abgeordnete

    Um Abgeordneter zu werden, muss man mindestens 18 Jahre alt sein und seinen Wehr- oder Zivildienst erfüllt haben. Höhere Beamte sind von der Wahl grundsätzlich ausgeschlossen. Dazu zählen unter anderem: Präfekten in ihren Départements oder Regionen, Unterpräfekten, Richter, Staatsanwälte und Polizeidirektoren auf Ebene der Départements und Generalinspektoren. Die Nichtwählbarkeit erstreckt sich bei Präfekten auch auf drei Jahre und bei Unterpräfekten auf ein Jahr nach Ende ihrer Amtszeit.

    Ein Abgeordneter darf nicht zugleich dem Senat, der Regierung, dem Verfassungsrat oder dem Wirtschafts- und Sozialrat angehören oder von der Regierung mit einem Auftrag (mission), der länger als sechs Monate dauert, ausgestattet sein. Auch die Tätigkeit als Défenseur des droits ist mit einer Mitgliedschaft in der Nationalversammlung unvereinbar. Seit 1972 gilt diese Regelung auch für Generaldirektoren von Staatsbetrieben oder Privatunternehmen, die in hohem Maße staatliche Aufträge oder Subventionen erhalten.

    Bei einem Eintritt in die Regierung ruht das Mandat des Abgeordneten. In diesem Fall sowie im Falle des Todes, dem Eintritt in den Verfassungsrat, einer Ernennung zum Défenseur des droits oder bei einem Regierungsauftrag von länger als sechs Monaten tritt an die Stelle des Abgeordneten ein bereits bei der Wahl anzugebender Stellvertreter. Endet die Mitgliedschaft in der Regierung, kann ein Abgeordneter sein Mandat einen Monat nach dem Ausscheiden aus der Regierung wiederaufnehmen, der Stellvertreter verliert entsprechend sein Mandat. In allen anderen Fällen ist das Ausscheiden aus der Nationalversammlung für die laufende Wahlperiode endgültig.[2] Scheidet ein Abgeordneter aus einem anderen als den genannten Gründen aus der Nationalversammlung aus, findet innerhalb von drei Monaten eine Nachwahl statt; dies gilt nicht in den letzten 12 Monaten vor dem Ende der Legislaturperiode.[3]

    Seit 1985 können aufgrund eines Organgesetzes (loi organique) Abgeordnete nur noch eingeschränkt Ämter kumulieren. Neben dem Mandat in der Nationalversammlung darf ein Parlamentarier höchstens eines der folgenden Mandate einnehmen: einen Sitz im Europaparlament (seit 2004 ist eine Doppelmitgliedschaft ganz verboten), Regional- oder Generalrat oder Stadtrat von Paris, Bürgermeister einer Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern, stellvertretender Bürgermeister einer Gemeinde mit mindestens 100.000 Einwohnern oder Mitglied einer Territorialverwaltung eines überseeischen Gebiets. Innerhalb von 15 Tagen nach der Wahl muss sich ein Abgeordneter entscheiden, welches der Ämter er wahrnehmen will.

    Die Wahrnehmung eines weiteren kommunalen oder regionalen Amtes ist häufig. In der Zusammensetzung nach den Wahlen 1993 hielten 267 Abgeordnete das Amt des Bürgermeisters inne, 248 waren Generalräte und weitere 89 Abgeordnete waren Mitglieder in einem Regionalrat. Die starke lokale Verankerung der Abgeordneten begründet sich damit, dass viele Karrieren auf nationaler Ebene im Lokalen beginnen und die Volksvertreter aus diversen Gründen ihre Ämter nicht aufgeben wollen. Darüber hinaus wird das machtpolitische Gewicht eines Abgeordneten durch ein regionales Amt in Paris verstärkt. Da die meisten Franzosen sich wünschen, dass ihr Abgeordneter lokale oder regionale Belange in Paris vertreten soll, werden durch die Wahrnehmung eines lokalen Mandates die Wiederwahlchancen eines Parlamentariers verstärkt.[4]

    Bis 2017 konnte jeder Abgeordnete eine Summe von ca. 130.000 €, die sogenannte réserve parlementaire (parlamentarische Reserve) nach Belieben für seine politischen Zwecke ausgeben. Da diese Mittel oft benutzt wurden, Freunde und politische Unterstützer zu belohnen, hat Emanuel Macron sie abgeschafft und durch den Fonds pour le développement de la vie associative (Fonds zur Entwicklung des Gemeinschaftslebens) ersetzt, der nachvollziehbare Zuwendungen verteilt. Im Dezember 2023 haben 300 Abgeordneten die Wiedereinführung der réserve parlementaire verlangt.[5][6]

    Fraktionen

    Die Abgeordneten der Nationalversammlung schließen sich zu Fraktionen zusammen. Dabei muss eine Fraktion mindestens 15 Mitglieder umfassen, die eine gemeinsame politische Grundsatzerklärung beim Präsidenten der Nationalversammlung hinterlegen müssen. Es ist üblich, dass eine Fraktion Abgeordnete verschiedener, sich allerdings nahestehender Parteien umfasst; durch das Mehrheitswahlrecht wären die meisten der in der Nationalversammlung vertretenen Parteien sonst gar nicht in der Lage, eine Fraktion zu bilden. Eine Besonderheit im französischen Parlamentarismus sind die sogenannten Apparentés. Dies sind Abgeordnete, die einer Fraktion nicht angehören (weil sie die Grundsatzerklärung nicht unterzeichnet haben), sich dieser aber zuordnen. Sie werden bei der Vergabe von Ausschusssitzen bei der Fraktion mitgezählt.

    Sitzverteilung ab 2022 (Stand: 20. Juli 2022)[7]
    FraktionAbk.beteiligte ParteienMitgliederApparentésGesamtzahlFraktionsvorsitzender
     Renaissance
    Wiedergeburt
    REMitglieder:
    129 LREM, 14 TdP, 6 Agir, 4 EC, 4 DVC, 2 Horizons, 2 PRad, 2 , 2 DVD, 1 CE, 1 FP, 1 GNC
    Apparentés:
    2 PRad, 1 DVC, 1 DVD
    1684
    172/577
    Aurore Bergé
     Rassemblement National
    Nationale Sammlungsbewegung
    RNMitglieder:
    88 RN
    Apparentés:
    1 LS
    881
    89/577
    Marine Le Pen
     La France insoumiseNouvelle union populaire écologique et sociale
    Das aufständische Frankreich – Neue ökologische und soziale Volksunion
    FIMitglieder:
    75 FI (darunter 21 PDG, 1 E!, 1 Péyi-A, 1 Picardie Debout, 1 POI, 1 REV, 1 RÉ974)
    750
    75/577
    Mathilde Panot
     Les Républicains
    Die Republikaner
    LRMitglieder:
    56 LR, 2 LR-SL, 1 DVD
    Apparentés:
    2 LR, 1 UDI
    593
    62/577
    Olivier Marleix
     Démocrate (MoDem et Indépendants)
    Demokratische Fraktion (MoDem und Unabhängige)
    DEMMitglieder:
    45 MoDem, 3 LREM
    480
    48/577
    Jean-Paul Mattei
     Socialistes et apparentés (membre de l’intergroupe NUPES)
    Sozialisten und Nahestehende (Bestandteil der NUPES-Intergruppe)
    SOCMitglieder:
    26 PS, 1 DVG
    Apparentés:
    1 PS, 1 FGPS, 1 PPDG, 1 PPM
    274
    31/577
    Boris Vallaud
     Horizons et apparentés
    Horizonte und Nahestehende
    HORMitglieder:
    28 Horizons
    Apparentés:
    1 Horizons, 1 LREM
    282
    30/577
    Laurent Marcangeli
     ÉcologisteNUPES
    Ökologistische Fraktion – NUPES
    ECOMitglieder:
    16 EELV, 4 G.s, 2 , 1 ND
    230
    23/577
    Julien Bayou
     Gauche démocrate et républicaineNUPES
    Demokratische und republikanische Linke – NUPES
    GDRMitglieder:
    12 PCF, 3 TH, 2 PLR, 2 DVG, 1 MDES, 1 Péyi-A, 1 Le Progrès
    220
    22/577
    André Chassaigne
     Libertés, indépendants, outre-mer et territoires
    Freiheiten, Unabhängige, Übersee und Territorien
    LIOTMitglieder:
    5 UDI, 2 FaC, 2 DVD, 2 DVG, 1 AD, 1 LC, 1 PNC, 1 PRad, 1 REG
    160
    16/577
    Betrand Pancher
     Non inscrit
    fraktionslos
    3 DVG, 2 PS, 1 PRG, 1 DLF, 1 DVD, 1 EXD//
    9/577
    /

    Die Fraktionen Renaissance, Démocrate und Horizons bilden zusammen die Regierungsmehrheit (majorité), die übrigen sind die Opposition. Die vier linken Fraktionen La France Insoumise, Socialistes, Écologiste und GDR haben sich zur interfraktionellen Gruppe (intergroupe) der Nouvelle union populaire écologique et sociale (NUPES) zusammengeschlossen.

    Präsidium

    Das Präsidium der Nationalversammlung besteht aus einem Präsidenten, sechs Vizepräsidenten, drei Quästoren (eine Art Geschäftsführer) und 12 Schriftführern. Der Präsident wird in der ersten Sitzung nach der Neuwahl der Nationalversammlung für die Dauer der Legislaturperiode in geheimer Wahl gewählt; für die Wahl ist in zwei Wahlgängen die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, in einem dritten Wahlgang reicht die relative Mehrheit aus. Die weiteren Mitglieder des Präsidiums werden in der zweiten Sitzung der Nationalversammlung nach einer Neuwahl und anschließend jährlich zu Beginn der Sitzungsperiode neu gewählt. Dabei soll für die Mitglieder des Präsidiums ein gemeinsamer Vorschlag der Fraktionsvorsitzenden gefunden werden. Gibt es für die jeweilige Funktion im Präsidium nicht mehr Kandidaten, als Plätze zu vergeben sind, erfolgt keine Wahl, sondern die Kandidaten werden unmittelbar ernannt; im anderen Fall findet ein gemeinsamer Wahlgang für alle Positionen in der jeweiligen Funktion statt; in den ersten beiden Wahlgängen sind jeweils alle Kandidaten gewählt, die die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht haben, in einem dritten Wahlgang die Kandidaten mit den meisten Stimmen, bis alle Plätze vergeben sind.

    Bis zur Wahl eines Präsidenten amtiert der Alterspräsident als Sitzungsleiter, die sechs jüngsten Abgeordneten als Schriftführer.

    Aktuelles Präsidium der Nationalversammlung
    FunktionInhaberFraktion
    PräsidentYaël Braun-PivetRE
    VizepräsidentenValérie RabaultSOC
    Élodie Jacquier-LaforgeDEM
    Naïma MoutchouHOR
    Caroline FiatFI
    Sébastien ChenuRN
    Hélène LaporteRN
    QuästorenMarie GuévenouxRE
    Éric CiottiLR
    Éric WoerthRE
    SekretäreChristophe BlanchetDEM
    Soumya BourouahaGDR
    Yannick Favennec-BécotHOR
    Philippe GosselinLR
    Caroline JanvierRE
    Hubert Julien-LaferrièreECO
    Pierre Morel-À-L’HuissierLIOT
    Danièle ObonoFI
    Claire PitollatRE
    Rémy RebeyrotteRE
    Jean TerlierRE
    Laurence VichnievskyDEM

    Ausschüsse

    In der Nationalversammlung bestehen acht ständige Ausschüsse. Daneben können durch Antrag der Regierung oder durch einen Beschluss der Nationalversammlung Sonderausschüsse eingerichtet werden. Die Ausschüsse werden durch die Fraktionen proportional nach deren Größe besetzt. Den ständigen Ausschüssen gehören auch fraktionslose Abgeordnete an, wobei hier die ältesten Bewerber für die Mitgliedschaft benannt werden.

    Als ständige Ausschüsse bestehen:

    1. Ausschuss für Kultur und Bildung (Commission des affaires culturelles et de l’éducation)
    2. Ausschuss für Wirtschaft (Commission des affaires économiques)
    3. Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten (Commission des affaires étrangères)
    4. Ausschuss für Soziales (Commission des affaires sociales)
    5. Ausschuss für Verteidigung und Militär (Commission de la défense nationale et des forces armées)
    6. Ausschuss für nachhaltige Entwicklung und Raumplanung (Commission du développement durable et de l’aménagement du territoire)
    7. Ausschuss für Finanzen, Wirtschaft und Haushaltskontrolle (Commission des finances, de l’économie générale et du contrôle budgétaire)
    8. Ausschuss für Verfassung, Gesetzgebung und Verwaltung (Commission des lois constitutionnelles, de la législation et de l’administration générale de la République)

    Die Nationalversammlung als Teil der Gesetzgebung

    Die Gesetze werden in Frankreich vom Parlament beschlossen. Der Gesetzgebungsbereich – festgelegt in Artikel 34 der französischen Verfassung – umfasst folgende Sachgebiete:

    Assemblée Nationale
    • die öffentlichen Freiheiten
    • Festlegung von Verbrechen und Vergehen
    • Erhebung von Steuern
    • Haushaltsrecht
    • nationale Verteidigung
    • Verwaltung der Gebietskörperschaften
    • Unterrichtswesen
    • Eigentumsrecht
    • Arbeitsrecht
    • Finanzierung der Sozialversicherung

    Im Jahr 1996 wurde der Gesetzgebungsbereich um den letzten Aspekt erweitert.

    Die anderen Gebiete fallen in die Zuständigkeit der Regierung, da sie lediglich Verordnungscharakter besitzen. Um die Abgrenzung des Gesetzgebungs- und des Verordnungsbereiches kümmert sich der Verfassungs- bzw. der Staatsrat (Conseil d’État).

    Zuständigkeit bei internationalen Verträgen

    Die Nationalversammlung prüft vor allem Gesetzentwürfe, die zur Ratifizierung von internationalen Verträgen notwendig werden. Ausgehandelt werden sie vom Französischen Staatspräsidenten. Dies sind:

    • Friedensverträge
    • Handelsverträge
    • Verträge über die Staatsfinanzen
    • Verträge über den Personenstand
    • Verträge über die Änderung von Rechtsbestimmungen

    Diese Verträge können erst in Kraft treten, wenn sie von der Nationalversammlung ratifiziert wurden. Somit kontrolliert die Legislative den Staatspräsidenten. Seit Oktober 1974 kann eine Minderheit von mindestens 60 Abgeordneten den Verfassungsrat anrufen, um ein Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen. Vorher war dies nur dem Staatspräsidenten, dem Premierminister oder den Präsidenten der beiden legislativen Kammern möglich. In der Praxis macht der Staatspräsident davon am häufigsten Gebrauch. Ebenfalls gibt es seit 1992 eine Verpflichtung seitens der Regierung, der Nationalversammlung und dem Senat die Entwürfe und Vorschläge bezüglich der Angelegenheiten der Europäischen Union, die Gesetzescharakter haben, unmittelbar zuzuleiten.

    Verfassungsänderung

    Für eine Verfassungsänderung muss es neben der Zustimmung der Nationalversammlung auch eine Zustimmung des Senates geben. Am Ende bedarf eine Verfassungsänderung jedoch noch der Ratifizierung durch das Volk, bzw. im Falle eines Entwurfes auf Beschluss des Staatspräsidenten durch den Kongress des Parlaments (eine gemeinsame Tagung von Nationalversammlung und Senat). Beim letzten Fall ist jedoch eine Hürde von drei Fünftel der abgegebenen Stimmen festgelegt.

    Das Gesetzgebungsverfahren

    Gesetzesinitiative

    Das Recht auf eine Gesetzesinitiative liegt sowohl bei der Regierung als auch bei den Abgeordneten bzw. Senatoren. Bei der Regierung nennt man sie Gesetzentwürfe (projets de loi), bei den Abgeordneten Gesetzesvorschläge (proposition de loi). Jeder Abgeordnete hat das Recht, einen Gesetzesvorschlag einzubringen – jedoch wird dieser vor der Veröffentlichung vom Präsidium auf den Artikel 40 der französischen Verfassung geprüft, wonach es bei diesem Gesetz keine Erhöhung der Ausgaben und keine Verringerung der Einnahmen des Staates geben darf.

    Ausschussberatungen

    Im zweiten Schritt wird der Gesetzentwurf – bzw. der Gesetzesvorschlag – zur sachlichen Beratung an einen der acht ständigen Ausschüsse weitergeleitet. In seltenen Fällen wird ein Sonderausschuss gebildet. Des Weiteren können andere ständige Ausschüsse des Parlamentes, die nicht mit dem Entwurf bzw. dem Vorschlag betraut wurden, eingreifen.

    In jedem Ausschuss wird ein so genannter Berichterstatter (Rapporteur) eingesetzt, der nach Prüfung des Textes den Kollegen einen Berichtsentwurf oder eine Stellungnahme mit seinen Schlussfolgerungen vorlegt. Nach einer Beratung nimmt der Ausschuss in der Regel den Bericht oder die Stellungnahme an, wobei es meist noch zu Änderungsanträgen kommt.

    Lesungen

    Nach Beschluss des Berichts im Ausschuss folgt die Debatte im Plenum. Die Abgeordneten müssen zunächst über jeden einzelnen Artikel und über die Zusatzanträge abstimmen. Danach folgt die Abstimmung über den gesamten Text. Der verabschiedete Entwurf wird an die andere Kammer überwiesen, wo das gleiche Verfahren abläuft. Damit das Gesetz rechtskräftig und durch den Präsidenten verkündet werden kann, muss es von beiden Kammern im gleichen Wortlaut verabschiedet werden (Pendelverfahren oder „navette“).

    Kleiderordnung

    Laut dem Artikel 9 der „Allgemeinen Vorschrift“ der Nationalversammlung muss die Bekleidung der Abgeordneten während der Sitzung „neutral“ sein und einer „Stadtkleidung“ ähneln. Sie darf nicht dazu dienen, irgendeine Meinung auszudrücken. Das Tragen religiöser Zeichen, Logos oder politischer Slogans sowie von Uniformen ist ausdrücklich untersagt.[8] Seit November 2022 ist das Tragen eines Jacketts bei den Herren Pflicht, die Krawatte ist optional. Das Tragen von Shorts oder Bermuda-Shorts ist nicht gestattet, da diese nicht der vorgeschriebenen Stadtkleidung entsprechen. Eine Ausnahme bildet traditionelle Kleidung wie der Männerrock Lavalava des Abgeordneten Moetai Brotherson aus Französisch-Polynesien.[9]

    Sitz

    Palais Bourbon (Sitz der Nationalversammlung)

    Der Sitz des Parlaments ist Paris. Das Palais Bourbon (erbaut 1722) liegt am linken Ufer der Seine mit Blick Richtung Place de la Concorde zwischen Außenministerium und Verteidigungsministerium: Assemblée Nationale, 126, rue de l’Université, 75355 Paris.

    Siehe auch: Liste der Mitglieder der Nationalversammlung der 12. Wahlperiode (Frankreich), Liste der Mitglieder der Nationalversammlung der 13. Wahlperiode (Frankreich), Liste der Mitglieder der Nationalversammlung der 14. Wahlperiode (Frankreich) und Liste der Mitglieder der Nationalversammlung der 15. Wahlperiode (Frankreich)

    Literatur

    • Bernhard Schmidt, Jürgen Doll, Walther Fekl, Siegfried Loewe, Fritz Taubert: Frankreich-Lexikon: Schlüsselbegriffe zu Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Geschichte, Presse- und Bildungswesen (= Grundlagen der Romanistik. Bd. 13). 2., überarb. und erw. Aufl. Erich Schmidt, Berlin 2006, ISBN 3-503-07991-2.
    • Die Nationalversammlung in der V. französischen Republik (= Schriftenreihe Annales Universitatis Saraviensis. Rechts- und wirtschaftswissenschaftliche Abteilung. Band 110). Heymann, Köln u. a. 1983, ISBN 3-452-19546-5 (Zugl.: Saarbrücken, Univ., Diss., 1979).
    • Udo Kempf: Von de Gaulle bis Chirac: Das politische System Frankreichs. 3., neubearb. und erw. Aufl. Westdeutscher Verlag, Opladen 1997, ISBN 3-531-12973-2.
    • Hans J. Tümmers: Das politische System Frankreichs. Eine Einführung (= Beck'sche Reihe. Bd. 1665). Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-52839-2.

    Weblinks

    Commons: Nationalversammlung (Frankreich) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise

    1. Frankreich in Deutschland. Abgerufen am 14. Juni 2022.
    2. Artikel LO176 des Code électoral
    3. Artikel LO178 des Code électoral
    4. Udo Kempf: Von de Gaulle bis Chirac: Das politische System Frankreichs. 3., neubearb. und erw. Aufl. Westdeutscher Verlag, Opladen 1997, ISBN 3-531-12973-2, S. 114 f.
    5. milie Andrieux, Solène Du Roy: Qu’est devenue la manne financière de la réserve parlementaire ? In: Mediacités. 24. Mai 2022, abgerufen am 10. Januar 2024 (französisch).
    6. Julien Bouyssou: Argent public. In: Capital. Nr. 387. Prisma Media, Gennevilliers Dezember 2023, S. 44.
    7. Groupes politiques. Assemblée nationale, 7. Mai 2018, abgerufen am 7. Mai 2018 (französisch).
    8. Instruction générale du Bureau – Article 9 assemblee-nationale.fr, September 2018, abgerufen am 20. Mai 2023 (französisch)
    9. Assemblée nationale : la veste est maintenant « obligatoire » pour les hommes lepoint.fr, 9. November 2022, abgerufen am 20. Mai 2023 (französisch)
    A 
    Es gibt keine aktive Vereinbarung zwischen der LR und der Regierung. Bei den Misstrauensvoten im Oktober 2022 und im März 2023 erklärte die LR-Führung jedoch, dass sie sich der Stimme enthalten wolle, wobei 42 Abgeordnete der Parteilinie folgten, die der Regierung weiterhin Unterstützung gewährte, so dass dieses Vorgehen als inoffizielle Unterstützung eingestuft werden kann, obwohl sie nicht ausgeschlossen hat, in Zukunft für einen Misstrauensantrag zu stimmen oder sogar einen solchen einzureichen.

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