Nationalratswahlkreis Zürich-Ost

Der Nationalratswahlkreis Zürich-Ost war ein Wahlkreis bei Wahlen in den Schweizer Nationalrat. Er bestand von 1848 bis 1919 (Einführung des heute üblichen Proporzwahlrechts) und umfasste den östlichen Teil des Kantons Zürich.

Von 1869 bis 1893 stellten mit Ausnahme eines nur zwei Wochen im Amt gewesenen Liberalen ausschliesslich Mitglieder der Demokraten die Vertreter des Bezirks in Winterthur. Diese waren in der Region Winterthur historisch sehr stark und erreichten unter anderem 1874 die Totalrevision der Bundesverfassung und Einführung des Referendumsrecht. Der Einfluss Winterthurs auf die nationale Politik jener Zeit prägte den Begriff der «École de Winterthour».

Wahlverfahren

Hierbei handelte es sich um einen Pluralwahlkreis. Dies bedeutet, dass zwar mehrere Sitze zu verteilen waren, jedoch das Majorzwahlrecht zur Anwendung gelangte. Im Sinne der romanischen Mehrheitswahl benötigte ein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen, um gewählt zu werden. Zur Verteilung aller Sitze waren unter Umständen mehrere Wahlgänge notwendig. Jeder Wähler hatte so viele Stimmen, wie Sitze zu vergeben waren.

Bezeichnung und Sitzzahl

Wahlkreise Kanton Zürich 1848–1881
Wahlkreise Kanton Zürich 1881–1902
Wahlkreise Kanton Zürich 1902–1911
Wahlkreise Kanton Zürich 1911–1919

Zürich-Ost ist eine inoffizielle geographische Bezeichnung. Im amtlichen Gebrauch üblich war eine über die gesamte Schweiz angewendete fortlaufende Nummerierung, geordnet nach der Reihenfolge der Kantone in der schweizerischen Bundesverfassung. Aufgrund der wechselnden Anzahl im Laufe der Jahre erhielten manche Wahlkreise mehrmals eine neue Nummer. Zürich-Ost trug ab 1851 (erstmalige Anwendung eines einheitlichen Bundesgesetzes) die Nummer 3, ab 1911 die Nummer 4.

Aufgrund der steigenden Bevölkerungszahl erhielt Zürich-Ost bei Wahlkreisrevisionen mehrmals eine höhere Anzahl Sitze zugesprochen.

  • 1848 bis 1878: 3 Sitze
  • 1881 bis 1899: 4 Sitze
  • ab 1902: 5 Sitze

Ausdehnung

Das Gebiet des Wahlkreises wurde am 21. Dezember 1850 mit dem «Bundesgesetz betreffend die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes» erstmals verbindlich festgelegt, wobei man den bereits 1848 von der Zürcher Kantonsregierung geschaffenen Wahlkreis unverändert übernahm.[1] Er umfasste:

Mit dem «Bundesgesetz betreffend die Wahlen in den Nationalrath» vom 3. Mai 1881 erfolgte eine Vergrösserung, als die übrigen Gemeinden des Bezirks Winterthur vom Wahlkreis Zürich-Nord abgetrennt und Zürich-Ost hinzugefügt wurden.[2] Der Wahlkreis Zürich-Ost umfasste neu:

  • den Bezirk Pfäffikon
  • den Bezirk Uster
  • den Bezirk Winterthur

1919 wurden die fünf Zürcher Wahlkreise zum heute noch bestehenden Nationalratswahlkreis Zürich zusammengelegt, in welchem das Proporzwahlrecht gilt.

Nationalräte

  • G = Gesamterneuerungswahl
  • E = Ersatzwahl bei Vakanzen
  • Demokratische Linke (DL), Demokratische Partei (DP)
  • Freisinnige Linke (FL), Freisinnig-Demokratische Partei (FDP)
  • Liberale Mitte (LM)
  • Sozialdemokratische Partei (SP)
  • DatumWahlGewähltePartei
    15.10.1848
    22.10.1848
    29.10.1848
    G Heinrich HombergerDL
     Johann Jakob Müller, Heinrich RüeggFL
    16.03.1851E Rudolf WäfflerFL
    26.10.1851G Heinrich Rüegg, Rudolf Wäffler, Hans Heinrich ZanggerFL
    29.10.1854G Heinrich Rüegg, Rudolf Wäffler, Hans Heinrich ZanggerFL
    25.10.1857G Heinrich Rüegg, Rudolf Wäffler, Hans Heinrich ZanggerFL
    28.10.1860G Heinrich Rüegg, Rudolf Wäffler, Hans Heinrich ZanggerLM
    28.10.1863G Heinrich Grunholzer, Eduard Suter, Rudolf WäfflerLM
    28.10.1866G Johann Jakob SulzerDL
     Heinrich Grunholzer, Eduard SuterLM
    31.10.1869G Salomon Bleuler, Johann Jakob Spörri, Hans Rudolf ZanggerDP
    15.10.1871
    29.10.1871
    E Gottlieb ZieglerDP
    27.10.1872G Salomon Bleuler, Hans Rudolf Zangger, Gottlieb ZieglerDP
    31.10.1875G Salomon Bleuler, Friedrich Salomon Vögelin, Gottlieb ZieglerDP
    13.05.1877
    27.05.1877
    E Heinrich BosshardLM
    27.10.1878G Salomon Bleuler, Johannes Stössel, Friedrich Salomon VögelinDP
    30.10.1881G Salomon Bleuler, Ludwig Forrer, Johannes Stössel, Friedrich Salomon VögelinDP
    13.05.1877
    24.02.1884
    E Rudolf GeilingerDP
    26.10.1884G Ludwig Forrer, Rudolf Geilinger, Johannes Stössel, Friedrich Salomon VögelinDP
    30.10.1887G Ludwig Forrer, Rudolf Geilinger, Johannes Stössel, Friedrich Salomon VögelinDP
    25.11.1888E Albert LocherDP
    26.10.1890G Ludwig Forrer, Rudolf Geilinger, Albert Locher, Johannes StösselDP
    18.10.1891E Albert KündigDP
    26.10.1893G Ludwig Forrer, Rudolf Geilinger, Albert Kündig, Albert LocherDP
    11.02.1894E Emil Stadler sr.FDP
    25.10.1896G Ludwig Forrer, Rudolf Geilinger, Albert Kündig, Emil Stadler sr.FDP
    29.10.1899G Albert KündigDP
     Ludwig Forrer, Rudolf Geilinger, Emil Stadler sr.FDP
    04.11.1900E Eduard SulzerFDP
    26.10.1902G Rudolf Geilinger, Albert Kündig, Emil Stadler sr., Eduard SulzerFDP
     Friedrich StuderSP
    29.10.1905G Rudolf Geilinger, Albert Kündig, Friedrich Ottiker, Emil Stadler sr., Eduard SulzerFDP
    25.10.1908G Rudolf Geilinger, Friedrich Ottiker, Emil Stadler sr., Eduard SulzerFDP
     Friedrich StuderSP
    14.08.1910
    09.09.1910
    E Julius GuyerFDP
    05.03.1911E Hans SträuliFDP
    29.10.1911G Julius Guyer, Friedrich Ottiker, Hans Sträuli, Eduard SulzerFDP
     Friedrich StuderSP
    04.05.1913
    18.05.1913
    E Hans SchenkelSP
    25.10.1914G Julius Guyer, Friedrich Ottiker, Hans SträuliFDP
     Hans Schenkel, Friedrich StuderSP
    28.10.1917
    25.11.1917
    G Carl Bertschinger, Emil Hardmeier, Hans Sträuli, Carl Jakob SulzerFDP
     Friedrich StuderSP

    Quelle

    • Erich Gruner: Die Wahlen in den Schweizerischen Nationalrat 1848–1919. Band 3. Francke Verlag, Bern 1978, ISBN 3-7720-1445-3.

    Einzelnachweise

    1. Bundesgesetz betreffend die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes (vom 21. Dezember 1850). (PDF, 676 kB) In: Bundesblatt Nr. 61 vom 28. Dezember 1850. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 28. Oktober 2014.
    2. Bundesgesetz betreffend die Wahlen in den Nationalrath (vom 3. Mai 1881). (PDF, 288 kB) In: Bundesblatt Nr. 20 vom 10. Mai 1881. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 28. Oktober 2014.

    Auf dieser Seite verwendete Medien

    Wahlkreise Zürich 1911-1917.png
    Autor/Urheber: Tschubby, Lizenz: CC BY-SA 3.0
    Nationalratswahlkreise im Kanton Zürich von 1911 bis 1917
    Wahlkreise Zürich 1902-1908.png
    Autor/Urheber: Tschubby, Lizenz: CC BY-SA 3.0
    Nationalratswahlkreise im Kanton Zürich von 1902 bis 1908
    Wahlkreise Zürich 1848-1878.png
    Autor/Urheber: Tschubby, Lizenz: CC BY-SA 3.0
    Nationalratswahlkreise im Kanton Zürich von 1848 bis 1878
    Wahlkreise Zürich 1881-1899.png
    Autor/Urheber: Tschubby, Lizenz: CC BY-SA 3.0
    Nationalratswahlkreise im Kanton Zürich von 1881 bis 1899