Nationalratswahlkreis Bern-Mittelland

Der Nationalratswahlkreis Bern-Mittelland war ein Wahlkreis bei Wahlen in den Schweizer Nationalrat. Er bestand von 1848 bis 1919 (Einführung des heute üblichen Proporzwahlrechts) und umfasste im Kanton Bern ein Gebiet rund um die Stadt Bern.

Wahlverfahren

Hierbei handelte es sich um einen Pluralwahlkreis. Dies bedeutet, dass zwar mehrere Sitze zu verteilen waren, jedoch das Majorzwahlrecht zur Anwendung gelangte. Im Sinne der romanischen Mehrheitswahl benötigte ein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen, um gewählt zu werden. Zur Verteilung aller Sitze waren unter Umständen mehrere Wahlgänge notwendig. Jeder Wähler hatte so viele Stimmen, wie Sitze zu vergeben waren.

Bezeichnung und Sitzzahl

Bern-Mittelland ist eine inoffizielle geographische Bezeichnung. Im amtlichen Gebrauch üblich war eine über die gesamte Schweiz angewendete fortlaufende Nummerierung, geordnet nach der Reihenfolge der Kantone in der schweizerischen Bundesverfassung. Aufgrund der wechselnden Anzahl im Laufe der Jahre erhielten manche Wahlkreise mehrmals eine neue Nummer. Bern-Mittelland trug ab 1851 (erstmalige Anwendung eines einheitlichen Bundesgesetzes) jahrzehntelang die Nummer 6 und erhielt 1911 die Nummer 7.

Aufgrund der steigenden Bevölkerungszahl erhielt Bern-Mittelland bei Wahlkreisrevisionen mehrmals eine höhere Anzahl Sitze zugesprochen.

  • 1848 bis 1878: 4 Sitze
  • 1881 bis 1899: 5 Sitze
  • 1902 bis 1908: 6 Sitze
  • ab 1911: 7 Sitze

Ausdehnung

Wahlkreise Kanton Bern 1848–1872
Wahlkreise Kanton Bern 1872–1890
Wahlkreise Kanton Bern 1890–1911
Wahlkreise Kanton Bern 1911–1919

Das Gebiet des Wahlkreises wurde am 21. Dezember 1850 mit dem «Bundesgesetz betreffend die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes» erstmals verbindlich festgelegt, wobei man den bereits 1848 von der Berner Kantonsregierung geschaffenen Wahlkreis unverändert übernahm.[1] Er umfasste:

Gemäss dem «Bundesgesetz betreffend die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen» vom 19. Juli 1872 wurden die Kirchgemeinden Amsoldingen, Blumenstein und Thierachern abgetrennt und dem Wahlkreis Bern-Oberland hinzugefügt.[2] Bern-Mittelland umfasste somit:

  • den Amtsbezirk Bern ohne die Kirchgemeinden Bremgarten, Kirchlindach und Wohlen
  • den Amtsbezirk Schwarzenburg
  • den Amtsbezirk Seftigen

Eine letzte Veränderung erfolgte mit dem «Bundesgesetz betreffend die Wahlen in den Nationalrat» vom 20. Juni 1890, als die Kirchgemeinden Bremgarten, Kirchlindach und Wohlen vom Wahlkreis Bern-Seeland abgetrennt und Bern-Mittelland hinzugefügt wurden.[3] Der Wahlkreis umfasste fortan:

  • den Amtsbezirk Bern
  • den Amtsbezirk Schwarzenburg
  • den Amtsbezirk Seftigen

1919 wurden die sieben Berner Wahlkreise zum heute noch bestehenden Nationalratswahlkreis Bern zusammengelegt, in welchem das Proporzwahlrecht gilt.

Nationalräte

  • Evangelische Rechte (evangelische/reformierte Konservative) (ER)
  • Freisinnige Linke (FL), Freisinnig-Demokratische Partei (FDP)
  • Liberale Mitte (LM)
  • Sozialdemokratische Partei (SP)
  • DatumWahlGewähltePartei
    10.10.1848
    22.10.1848
    05.11.1848
    12.11.1848
    26.11.1848
    G Friedrich Fueter, Johann Anton von TillierER
     Ulrich Ochsenbein, Johann August WeingartFL
    19.01.1849B Ludwig von FischerER
    26.10.1851G Eduard Blösch, Friedrich Fueter, Bendicht StraubER
     Ulrich Ochsenbein (K)LM
    04.01.1852B August von GonzenbachER
    25.10.1854
    12.11.1854
    19.11.1854
    G Eduard Blösch, Friedrich Fueter, August von GonzenbachER
     Christoph Albert KurzLM
    29.10.1857G Eduard Blösch, Christoph Albert Kurz, Gottlieb Ludwig Lauterburg, August von GonzenbachER
    28.10.1860
    11.11.1860
    18.11.1860
    G Eduard Blösch, Christoph Albert KurzER
     Niklaus Niggeler, Jakob Stämpfli (K)FL
    06.01.1861B Friedrich KilianFL
    25.10.1863
    08.11.1863
    15.11.1863
    G Eduard Blösch, Christoph Albert KurzER
     Jakob Stämpfli, Karl Wilhelm von GraffenriedFL
    22.05.1864E Otto von BürenER
    20.04.1866E August von GonzenbachER
    28.10.1866
    04.11.1866
    G Rudolf Brunner, Samuel Steiner, Otto von Büren, August von GonzenbachER
    31.10.1869G Samuel Steiner, August von GonzenbachER
     Rudolf Brunner, Otto von BürenFL
    27.10.1872G Otto von Büren, August von GonzenbachER
     Rudolf Brunner, Friedrich von WerdtFL
    31.10.1875G Otto von BürenER
     Rudolf Brunner, Rudolf Rohr, Friedrich von WerdtFL
    27.10.1878G Otto von BürenER
     Rudolf Brunner, Rudolf Rohr, Friedrich von WerdtFL
    30.10.1881
    06.11.1881
    G Otto von BürenER
     Rudolf Brunner, Johann Jakob Hauser, Rudolf RohrFL
     Jules SchnyderLM
    26.10.1884G Rudolf Brunner, Johann Jakob Hauser, Eduard Müller, Rudolf Rohr, Karl StämpfliFL
    30.10.1887G Rudolf Brunner, Johann Jakob Hauser, Eduard Müller, Rudolf Rohr, Karl StämpfliFL
    26.02.1888E Edmund von SteigerER
    26.10.1890
    02.11.1890
    G Rudolf Brunner, Johann Jakob Hauser, Johann Jenny, Eduard Müller, Karl StämpfliFL
    29.03.1891E Edmund von SteigerER
    29.10.1893
    04.11.1893
    G Rudolf Brunner, Johann Jenny, Eduard MüllerFL
     Edmund von Steiger, Ernst WyssLM
    06.05.1894E Johann HirterFDP
    17.11.1895E Jean von WattenwylLM
    25.10.1896
    01.11.1896
    G Friedrich Bürgi, Johann Hirter, Johann Jenny, Theodor SourbeckFDP
     Edmund von SteigerLM
    29.10.1899
    05.11.1899
    12.11.1899
    G Friedrich Bürgi, Johann Hirter, Johann JennyFDP
     Edmund von Steiger, Ernst WyssLM
    06.10.1902G Friedrich Bürgi, Johann Hirter, Eugen Huber, Johann JennyFDP
     Edmund von Steiger, Ernst WyssLM
    29.10.1905G Friedrich Bürgi, Johann Hirter, Eugen Huber, Johann JennyFDP
     Edmund von Steiger, Ernst WyssLM
    17.05.1908E Gustav KönigLM
    25.10.1908G Johann Hirter, Eugen Huber, Johann Jenny, Jakob ScheideggerFDP
     Gustav König, Ernst WyssLM
    29.10.1911
    12.11.1911
    G Michael Bühler, Johann Hirter, Johann Jenny, Jakob ScheideggerFDP
     Gustav König, Ernst WyssLM
     Gustav MüllerSP
    25.10.1914G Michael Bühler, Johann Hirter, Johann Jenny, Jakob ScheideggerFDP
     Fritz Burren, Gustav KönigLM
     Gustav MüllerSP
    28.10.1917G Johann Hirter, Johann Jenny, Felix KochFDP
     Fritz BurrenLM
     Emil Düby, Gustav Müller, Oskar SchneebergerSP
    13.10.1918E Konrad IlgSP

    Quelle

    • Erich Gruner: Die Wahlen in den Schweizerischen Nationalrat 1848–1919. Band 3. Francke Verlag, Bern 1978, ISBN 3-7720-1445-3.

    Einzelnachweise

    1. Bundesgesetz betreffend die Wahl der Mitglieder des Nationalrathes (vom 21. Dezember 1850). (PDF, 676 kB) In: Bundesblatt Nr. 61 vom 28. Dezember 1850. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 2. November 2014.
    2. Botschaft des Bundesrates an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Wahlen in den Nationalrat (vom 24. Juni 1872). (PDF, 722 kB) In: Bundesblatt Nr. 30 vom 6. Juli 1872. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 2. November 2014.
    3. Bundesgesetz betreffend die Wahlen in den Nationalrat (vom 20. Juni 1890). (PDF, 296 kB) In: Bundesblatt Nr. 26 vom 21. Juni 1890. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 2. November 2014.

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    Nationalratswahlkreise im Kanton Bern von 1848 bis 1869