Nationalratswahl in Österreich 1949
Die Nationalratswahl am 9. Oktober 1949 war die sechste in der Geschichte der Republik Österreich und zugleich die zweite nach der Zeit des Nationalsozialismus. Stärkste Partei wurde die ÖVP mit Bundeskanzler Leopold Figl, die allerdings Stimmen verlor und ihre absolute Mandatsmehrheit einbüßte. Die SPÖ unter Adolf Schärf verlor etwa gleich viele Stimmen wie die ÖVP und wurde zweitstärkste Partei. Die neu gegründete Wahlpartei der Unabhängigen schaffte auf Anhieb den Sprung über die Grundmandatshürde und wurde drittstärkste Kraft noch vor der KPÖ, die ein Wahlbündnis mit den Linkssozialisten eingegangen war („Linksblock“) und deren Stimmenanteil in etwa gleich blieb.
Wahlberechtigt waren 4.391.815 Menschen. Die Wahlbeteiligung betrug 95,49 Prozent (1945: 93,27 Prozent).
Hintergrund
1949 waren von den rund 556.000 österreichischen Nationalsozialisten 90 Prozent (die als minderbelastet eingestuften ehemaligen Nationalsozialisten) wieder wahlberechtigt. Mit der Wahlpartei der Unabhängigen, der Vorläuferpartei der FPÖ, gab es eine Partei, die ein Sammelbecken für die ehemaligen NSDAP-Mitglieder wurde. Allerdings warben auch ÖVP und SPÖ um die Stimmen der ehemaligen Nationalsozialisten. Die SPÖ ließ Hunderttausende Flugblätter mit einer "Gewissensfrage" "an jeden ehemaligen Nationalsozialisten" drucken, mit denen intensiv um die Stimmen der ehemaligen Nationalsozialisten geworben wurde ("Wer vergessen hat, daß wir national und sozialistisch waren, wird heute zur ÖVP gehen.").[1]
Im November 1947 verließ die KPÖ die seit Dezember 1945 bestehende Konzentrationsregierung. Der einzige kommunistische Minister Karl Altmann trat von seinem Posten als Leiter des Ministeriums für Energiewirtschaft und Elektrifizierung zurück. Grund dafür war sein Protest gegen die zweite Währungsreform, die zu einer finanziellen Schlechterstellung der unteren Einkommensschichten geführt habe. ÖVP und SPÖ bildeten in der Folge eine Große Koalition, die sich 1949 erstmals den Wählern stellte.
Am gleichen Tag wie die Nationalratswahl fanden die Landtagswahlen in den neun Bundesländern statt.
Endergebnis
Wahlwerber | Stimmen | Anteil | Mandate | ||
---|---|---|---|---|---|
1949 | ± %-Pkte | 1949 | ± | ||
Österreichische Volkspartei (ÖVP) | 1.846.581 | 44,0 % | −5,8 | 77 | −8 |
Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) | 1.623.524 | 38,7 % | −5,9 | 67 | −9 |
Wahlpartei der Unabhängigen (WdU) | 489.273 | 11,7 % | n.k. | 16 | +16 |
Kommunistische Partei Österreichs u. Linkssozialisten (Linksblock) | 213.066 | 5,1 % | −0,3 | 5 | +1 |
Demokratische Union (DU) | 12.059 | 0,28 % | n.k. | 0 | – |
Vierte Partei | 7.134 | 0,17 % | n.k. | 0 | – |
Demokraticna fronta delovnegna ljudstva (DF) | 2.088 | 0,04 % | n.k. | 0 | – |
Demokratische Partei Österreichs (DPÖ) | 5 | 0,00 % | −0,2 | 0 | – |
Wirtschaftspartei der Haus- und Grundbesitzer (Wirtschaftspartei) | 3 | 0,00 % | n.k. | 0 | – |
Österreichische Patriotische Union (ÖPU) | 0 | 0,00 % | n.k. | 0 | – |
n.k. = nicht kandidiert
Ergebnisse in den Bundesländern
Hier werden die Ergebnisse in den Bundesländern aufgelistet.[2]
Partei | B | K | N | O | S | St | T | V | W |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
ÖVP | 52,6 | 33,7 | 54,1 | 44,9 | 43,7 | 42,9 | 56,3 | 56,4 | 35,6 |
SPÖ | 40,5 | 40,7 | 36,2 | 30,8 | 33,6 | 37,4 | 23,8 | 18,9 | 49,2 |
WdU | 3,9 | 20,6 | 4,3 | 20,8 | 18,6 | 14,5 | 17,4 | 21,9 | 6,8 |
KPÖ | 2,9 | 4,02 | 5,1 | 3,1 | 3,3 | 4,5 | 1,6 | 2,4 | 7,9 |
DU | 0,08 | 0,1 | 0,1 | 0,1 | 0,3 | 0,5 | 0,7 | 0,4 | 0,3 |
VP | 0,12 | 0,2 | 0,2 | 0,6 | 0,1 | 0,2 | 0,2 | ||
DF | 0,8 | ||||||||
DPÖ | 0,0 | ||||||||
WP | 0,0 |
Folgen
Die ÖVP stellte mit Leopold Figl weiterhin den Bundeskanzler. Es wurde eine Große Koalition aus ÖVP und SPÖ gebildet. Die Bundesregierung Figl II amtierte ab dem 8. November 1949. Die Bundesregierung Figl III übernahm am 28. Oktober 1952 die Geschäfte.
Siehe auch
- Landtagswahl im Burgenland 1949
- Landtagswahl in Kärnten 1949
- Landtagswahl in Niederösterreich 1949
- Landtagswahl in Oberösterreich 1949
- Landtagswahl in Salzburg 1949
- Landtagswahl in der Steiermark 1949
- Landtagswahl in Tirol 1949
- Landtagswahl in Vorarlberg 1949
- Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 1949
Literatur
- Eleonore Gläser: Die Propaganda für die österreichischen Wahlen 1949. Parteien, Propaganda, Verlauf. Dissertation. Universität Wien, Wien 1951.
Weblinks
- Nationalratswahl 1949
- Wählerströme zwischen der Nationalratswahl 1945 und der Nationalratswahl 1949 auf der Website des SORA-Instituts
Einzelnachweise
- ↑ „Aus ehrlicher Überzeugung“. In: diepresse.com. 23. Januar 2009, abgerufen am 19. September 2019.
- ↑ Ergebnisse nach Bundesländern