Nathusius (Adelsgeschlecht)

Auszug aus einem Pachtvertrag vom 24. Juni 1718 (Johannestag) über das landwirtschaftliche Vorwerk Drehna zwischen dem Eigentümer/Verpächter Heinrich Wilhelm Graf zu Solms-Sonnewalde und dem Pächter Heinrich Wilhelm I. Nathusius (1670–1737) (S. 1)[1]
Wappen der 1840 geadelten Linie der Nathusius-Hundisburg
Bildnis der Begründer der fünf adeligen Linien mit Unterschriften, v. l. n. r.: Heinrich Engelhard von Nathusius (Althaldensleben), Wilhelm Engelhard von Nathusius (Königsborn), August Engelhard von Nathusius (Meyendorf), Philipp Engelhard von Nathusius (Neinstedt), Hermann Engelhard von Nathusius (Hundisburg)
Friedhof der Familie Nathusius in Althaldensleben. Hier sind neben Johann Gottlob Nathusius (1760–1835) weitere rund 50 Familienmitglieder beerdigt. Der Friedhof wird noch heute genutzt.

Der Name Nathusius oder von Nathusius ist der Name einer Familie, deren bekannteste Vertreter im 19. und 20. Jahrhundert im Raum Magdeburg lebten und wirkten.

Herkunft

Familie und Namen stammen vermutlich aus der von Sorben besiedelten Ober- und Niederlausitz. Dort lebten im 14. und 15. Jahrhundert die ersten bekannten Träger des Namens (bzw. verwandter Formen). Auch wenn eine direkte Nachkommenslinie zu den späteren Namensträgern bislang nicht nachweisbar ist, kann die Herkunft des Namens mit folgenden Namensträgern belegt werden: der Küchenmeister Nathus oder Natusch (1386)[2], ein Bürger Natusch aus Löbau (1432)[3], der Schmied Natusch in Lübben (1437)[4] sowie ein Michel Natusch aus Görlitz (1460).[5][6] Der ursprünglich wendische Name Natisch oder Natusch wandelte sich bei einigen Namensträgern im 16. Jahrhundert in die latinisierte Form Nathusius. Der erste, heutigen Namensträgern mit hoher Wahrscheinlichkeit als Vorfahre zuzurechnende Nathusius war Hans Nettisch (andere, damals noch gebräuchliche Schreibweisen: Natisch, Nätisch, Natusch, Netusch). Er wurde 1548 unter dem Rektorat des Christophorus Schenk von Landsberg an der Universität Frankfurt an der Oder immatrikuliert.[7] 1562 wird Hans Nettisch (Nathusius) als Stadtschreiber von Priebus genannt.[8] Ab 1580 wird er als Ratsherr und/oder Richter in Priebus erwähnt.[9]

Die Nachkommen des Hans Nettisch (Nathusius) waren bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert zum großen Teil studierte Beamte in Niederschlesien, Sachsen und Brandenburg, die evangelisch waren und meist das Bürgerrecht erwarben; neben Stadtschreibern auch Schulmeister[10], Prediger, Hauslehrer[11] und Kantoren.[12] Danach verteilten sich die verschiedenen Familienstämme nach Berlin, Jüterbog, Leipzig und Halle, Göttingen, Plauen im Vogtland sowie Baruth.

Christian Nathusius

Christian Nathusius (* 24. Juni 1625 in Priebus; † 16. Juni 1707 in Sonnewalde) war der Sohn des Rektors der Stadtschule in Lübben (Spreewald), Elisäus Nathusius († 1668)[13] und vermutlich ein Urenkel des Priebusser Ratsherrn und Richters Hans Nettisch (Nathusius). Er besuchte Schulen in Spremberg, Lübben, Cottbus, Guben und Stralsund. Später studierte er Theologie an der Universität Königsberg und war ab 1653 Hauslehrer bei den Reichsgrafen von Solms-Sonnenwalde. Georg Friedrich Graf zu Solms berief ihn ab 1655 auf Pfarrstellen in Gehren, Riedebeck, Schönwalde und Fredersdorf. 1670 trat er eine Stelle als Diakon in Sonnewalde und Pastor in Zeckerin an, eine Position, zu der ihn erneut die Grafen zu Solms ernannt hatten.[14]

Bereits am 11. Februar 1655 hatte Christian Nathusius in Sonnewalde Katharina König (1632–1692) geheiratet. Die Hochzeit war dem geschätzten Ephorus vom regierenden Grafen zu Solms im großen und im kleinen Saal des Solm’schen Schlosses ausgerichtet worden, sie wurde anlässlich der Taufe des Grafensohnes Otto Heinrich gefeiert.[15] Nach dem Tode seiner Frau heiratete der 68-Jährige in zweiter Ehe Anna Sophia Horn (1657–1696). Aus beiden Ehen sind zehn Kinder bekannt, eines davon war Heinrich Wilhelm (I.) Nathusius.

Heinrich Wilhelm (I.) Nathusius

Der Sohn des Christian Nathusius wurde am 28. Dezember 1670 in Sonnewalde geboren, verstorben ist er im November 1737 in Luckenau.[16] Er besuchte mindestens fünf Jahre lang die Lateinschule in Sonnewalde, gleichzeitig oder in Folge erlernte er das Bäckerhandwerk.

Später pachtete er von seinem Patenonkel Heinrich Wilhelm Graf zu Solms-Sonnenwalde dessen Gut Drehna. Die Pacht wurde am 24. Juni 1718 (siehe Abbildung: Auszug aus einem Pachtvertrag) um neun Jahre verlängert. Daneben war Nathusius Pächter weiterer Güter und Vorwerke (Zagelsdorf bei Dahme, Weissack und Waltersdorf bei Lukau[17]) in der Umgebung. Vermutlich 1717 erwarb Nathusius das Gut Zagelsdorf vom Pachtherrn Solms-Sonnenwalde[18], verkaufte es aber bereits 1721 an einen Grafen von Schönburg.

Das Kirchenbuch von Gossmar weist ihn von 1688 bis 1699 fünfmal als Paten von Kindern Gossmarer Honoratioren aus.[19] Nathusius heiratete am 29. September 1706 die Tochter eines Sonnewalder Bürgers, Anna Sophie Dieter (* 1684). Vier ihrer sieben Kinder studierten Jura oder Theologie an der Universität Wittenberg, darunter der spätere Generalakzise-Einnehmer Heinrich Wilhelm (II) Nathusius (1717–1786), der Vater von Johann Gottlob Nathusius.

Johann Gottlob Nathusius und seine Nachkommen

Aus dem Baruther Zweig der Familie stammte Johann Gottlob Nathusius, Sohn des Steuerbeamten Heinrich Wilhelm II. Nathusius, war er der wohl bedeutendste Vertreter der Familie. Aus einfachen Verhältnissen kommend wurde er zu einem der reichsten und angesehensten Männer im heutigen Sachsen-Anhalt. Seine Söhne (sowie ein Neffe) begründeten die sechs Linien im Magdeburger Raum:

Einige Familienmitglieder trugen den Ortszusatz zum Familiennamen.

Namensträger (chronologisch)

Bekannte Unternehmen

Ehemalige Unternehmen im Besitz der Familie:

Unternehmen im Besitz der Familie:

Familienverein

Die Nachkommen des Christian Nathusius (1625–1707) und seiner ersten Ehefrau, der Katharina, geb. König (1632–1692) schlossen sich am 20. September 1895 in einem Verband zusammen, der heute als „Verein der Familien von Nathusius und Nathusius e.V.“ in das deutsche Vereinsregister eingetragen ist. Dieser Verein umfasst die Angehörigen der sechs Nathusius-Linien aus dem Magdeburger Raum.

Literatur

  • Elsbeth von Nathusius: Johann Gottlob Nathusius. Ein Pionier deutscher Industrie. 3. Auflage. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, Berlin 1915.
  • Martin Nathusius: Nathusius. Eine Entdeckungsreise durch 450 Jahre Familiengeschichte (1548–1997). Saint-Sulpice/VD, 1997.
  • Hans-Friedrich von Ehrenkrook: Brüder Hans und Alfred Nathusius, geboren 1907 und 1912. In: Ahnenreihen aus allen deutschen Gauen. Beilage zum Archiv für Sippenforschung und allen verwandten Gebieten. Dritter Band, Ausgabe A, Verlag für Sippenforschung und Wappenkunde. Starke, Görlitz 1937–1940, S. 211–240.
  • Roswitha Willenius, Nathusius, Johann Gottlob in: Magdeburger Biographisches Lexikon der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, vom 9. Juni 2004 (abgerufen am 16. November 2014)
  • Heinrich von Nathusius-Neinstedt: Beiträge zur Geschichte der Familie Nathusius. 1. Heft, als Manuskript gedruckt. Abel, Greifswald 1902.
  • Stammfolge der Familie Nathusius, von Nathusius, aus Priebus in der Lausitz. In: Deutsches Geschlechterbuch (Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien). 39. Band. Starke, Görlitz 1923, S. 551–562.

Weblinks

Commons: Nathusius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, Signatur Pr. Br. Rep. 37 Herrschaft Sonnewalde, Akte Nr. 2289, abgedruckt in: Martin Nathusius: Eine Entdeckungsreise durch 450 Jahre Familiengeschichte (1548–1997), siehe Literaturverzeichnis
  2. Heinrich Magirus, Siegfried Seifert: Kloster St. Marienstern 1248–1973, zweifache Erwähnung im Codex, S. 96 und 239
  3. Neues Lausitzisches Magazin. Band 79, S. 122f.
  4. Woldemar Lippert: Urkundenbuch der Stadt Lübben. Band 2: Die Lübbener Stadtrechnungen des 15. und 16. Jahrhunderts. Baensch-Stiftung, Dresden 1919
  5. Erich Wentscher (Hrsg.): Die ältesten Görlitzer Bürgerrechtslisten, 1379–1600. S. 53
  6. Hans Bahlow: Deutsches Namenlexikon, Familien- und Vornamen nach Ursprung und Sinn erklärt. S. 353
  7. Ernst Friedländer (Hrsg.): Ältere Universitätsmatrikeln. I. Universität Frankfurt a. O. Erster Band (1506–1648), S. 106. Die Eintragung unter der Nummer 14, fol. 98 lautet: Johannes Netusch Bribussensis (Digitalisat). Im Jahre 1561 wurde an der gleichen Universität unter der Nummer 143, fol. 159 der Georgius Netusch Pribucensis immatrikuliert, eventuell ein Bruder des Hans Nettisch (Nathusius) (Digitalisat).
  8. gem. Heinrich von Nathusius-Neinstedt, siehe Literaturverzeichnis
  9. Arthur Heinrich: Geschichtliche Nachrichten über Priebus. Aus den Quellen zusammengestellt. Druck von A. Menzel, Sagan 1898, S. 28f.
  10. wie z. B. Elisäus Nathusius († 1668), gem. Kirchenbuch Spremberg N./L., 1618–1663, S. 85
  11. wie z. B. Christian Nathusius (1625–1707) gem. Hermann Grote, Stammtafeln. S. 132
  12. wie z. B. Jeremias Nathusius (* 1590), gem. Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Außenstelle Lübben, Pr. Br. Rep. 10 Lübbener Kirchenrechnungen, Nr. 4, S. 163
  13. Lübbener Subscriptionsbuch, Teil A (Geistliche), 1661–1816, veröffentlicht in: Archiv für Sippenforschung. Jahrgang 11, 1934 (8020)
  14. Martin Nathusius: Nathusius. Eine Entdeckungsreise, siehe Literaturverzeichnis, S. 43 ff.
  15. gem. Kirchenbuch Sonnewalde, Baptisati 1654, Dezember 1654, S. 107: „Bei diesem gräflichen Taufakte wurden folgenden Tages, als am 11. Februar 1655, Herr Christianus Nathusius, … der jungen gräflichen Herren Ephorus und vorcierter Pfarrer zu Gehren und Riedebeck, und Jungfrau Catharina König, … , unserer gnädigen Gräfin und Frau Kammerdienerin, im grossen Saal durch den Herrn Superintendenten, Magister Johann Georg Kretzl ehelich zusammengegeben. Die Hochzeit wurde ihm von unserem gnädigen Grafen und Herrn ausgerichtet im kleinen Saal.“
  16. Martin Nathusius: Nathusius. Eine Entdeckungsreise, siehe Literaturverzeichnis, S. 56 ff.
  17. gem. Entwurf zu einem Mahnbrief des Herzogs Moritz Wilhelm zu Sachsen-Merseburg an Heinrich Wilhelm Nathusius vom 15. September 1722: „Von Gottes Gnaden Wir Moritz Wilhelm Herzog zu Sachsen … geben Dir, Heinrich Wilhelm Nathusio, Pachtern zu Weissag, hiermit in Abschrift zu vernehmen“, in: Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Potsdam, Pr. Br. Rep. 40 C, Niederlaus. Konsistorium, Nr. 1843, Acta Consistorialia. Paulus Davidis.
  18. Elsbeth von Nathusius: Johann Gottlob Nathusius. Ein Pionier, siehe Literaturverzeichnis, erwähnt eine solche Möglichkeit
  19. im Einzelnen waren die Taufkinder: 25. Februar 1688, Christian Michael Lehmann, Sohn des Custodis Gottfried Lehmann; 3. April 1694, Maria Hilges, Tochter des Peter Hillges; 21. September 1695, Elisabeth Dübigs, Tochter des Hüfners und Richters Hans Dübigs; 20. Oktober 1697, Johannes Richters, Sohn des George Richters; 28. März 1699, Peter Heenen, Sohn des Hüfners und Gerichts-Schöppen Hans Heenen
  20. geadelt 1861, gem.: Nathusius (1840, 1861), V. Linie, Heinrich Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 18. Oktober 1861), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn, 1974, S. 320
  21. geadelt 1840, gem.: Nathusius (1840, 1861), I. Linie, Hermann Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 15. Oktober 1840, Diplom Ostende 24. August 1859), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn, 1974, S. 308
  22. geadelt 1861, gem.: Nathusius (1840, 1861), IV. Linie, Wilhelm Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 18. Oktober 1861), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn, 1974, S. 317
  23. geadelt 1861, gem.: Nathusius (1840, 1861), III. Linie, August Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 18. Oktober 1861), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn, 1974, S. 314
  24. geadelt 1861, gem.: Nathusius (1840, 1861), II. Linie, Philipp Engelhard v. Nathusius (preußischer Adelsstand Königsberg i. Pr., 18. Oktober 1861), in: Genealogisches Handbuch des Adels, Band 57 der Gesamtreihe, Adelige Häuser B Band XI, C. A. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn, 1974, S. 311

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