Nammer Lager

Nammer Lager

Südseite des bewaldeten Nammer Lager

Alternativname(n)Nammer Burg, Naturschutzgebiet: Nammer Klippen
StaatDeutschland
OrtBodendenkmal: Nammer Lager im Wesergebirge
Entstehungszeit300–100 v. Chr.
BurgentypHöhenburg
ErhaltungszustandGräben, Wälle und Erdwerk
Ständische Stellungkeine Zuordnung
Bauweisein Erdwerk eingefasste Holzpfosten mit Palisade und Vorwall
Geographische Lage52° 14′ N, 8° 58′ O
Höhenlage235 m ü. NHN
Nammer Lager (Nordrhein-Westfalen)
3D-Ansicht des digitalen Geländemodells

Das Nammer Lager ist ein kulturhistorisch bedeutendes Bodendenkmal aus vorchristlicher Zeit. Die Wallburg befindet sich am Westanfang des Wesergebirges, oberhalb der namensgebenden Ortschaft Nammen. Nammen ist ein Ortsteil der Stadt Porta Westfalica.

Es ist eine der fünf Ringwallanlagen, die sich vom westlichen Ende des Wiehengebirges bis zum Süntel erstrecken. Ihre Erbauungs- und Belegungsphase ist vom 3. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. während der sogenannten vorrömischen Eisenzeit. Historiker sprechen auch von der keltischen La-Tène-Zeit als Kulturepoche. Ebenso weist der Teutoburger Wald als südlicher Parallelhöhenzug vier solcher Fliehburgen auf. Die Entfernung zueinander beträgt etwa einen Tagesmarsch.

Das Nammer Lager wurde 1897 von dem Hausberger Arzt Eduard Braun entdeckt.[1] Erstmals erforscht wurde das Ringwallsystem von dem Bündener Archäologen Friedrich Langewiesche zu Anfang des 20. Jahrhunderts.[2] 1983 erfolgten weitere archäologische Untersuchungen.[3]

Die Besonderheit des Nammer Lagers liegt in seiner geografisch-strategischen Lage, seiner für hiesige Verhältnisse enormen Größe, seiner einmaligen Nutzung während der La-Tène-Zeit und vielleicht in seiner Funktion als Bindeglied zweier Kulturen.

Infrastruktur

Geografische Lage

Der Weserdurchbruch Porta Westfalica ist seit jeher der wichtigste geographische, strategische und wirtschaftliche Ort West- und Ostfalens. Hier verlässt die Weser den Mittelgebirgsraum und tritt in die Norddeutschen Tiefebene ein. Aus allen Richtungen bündelten sich Handelswege an der Porta Westfalica.

Das Nammer Lager ist von der „Westfälischen Pforte“ und den Weserfurten bei Eisbergen, Vlotho und Minden weniger als fünf Kilometer Luftlinie entfernt.

Die Wallburg

Die nach Norden abfallende Fluchtburg umfasst eine Fläche von 25 ha.[4] Im Norden und Osten wird sie durch einen doppelten Wall mit vorliegendem Graben begrenzt. Auf der Südseite dienen Felswände und Klippen als Schutz. Zum sich stark westlich neigenden Lehmsiek wurde nur eine Wallung benötigt. Hier am nordwestlichen Eckpunkt liegt auch der einzige Toreingang der Anlage. Im Innenraum befinden sich drei Quellmulden mit ausreichender Kapazität.

Relation der ostwestfälischen Wallburgen

Keltische“ Wallburgen im Weserbogen

Im Uhrzeigersinn werden im Folgenden alle latènezeitlichen Höhensiedlungen aufgeführt vom Westen des Wiehengebirges bis zum Westende des Osnings, mit der entsprechenden Größe in Hektar. Die Schnippenburg (16 ha) gefolgt von der Babilonie (12 ha) und der Dehmer Burg (8 ha) im Wiehen bilden den Anfang. Der Süntel verfügt über die Amelungsburg (15 ha). Der Teutoburger Wald ist mit der Detmolder Grotenburg (11 ha), dem Oerlinghauser Tönsberg Lager (15 ha), Bielefelds Hünenburg (3 ha) und dem Schweinskopf (Tecklenburger Land) vertreten. Im Lipper Bergland sind noch Herlingsburg (6 ha), Rodenstatt (12 ha) und Piepenkopf (7 ha) zu nennen. Sie alle verfügen nur über einen Brunnen oder eine Auffang- bzw. Quellmulde.

Der fächerförmige Angelpunkt dieser „keltischen“ Enklave scheint das Nammer Lager gewesen zu sein.

Der Kontakt zu den sich am nächsten befindlichen keltischen Wallanlagen am Rande dessen eigentlichen Gebietes, im Lahntal und in der Wetterau, ist vermutlich über Höhenwege erfolgt. Hier zu nennen sind Christenberg, Dünsberg und der Glauberg.

Bindeglied zwischen Germanen und Kelten?

Ausbreitung der Kelten
Harpstedt-Nienburger Kulturgruppe (beige) in Niedersachsen mit den sich bildenden Germanen

Kulturen

Funde von Steinwerkzeugen im Naturschutzgebiet Nammer Klippen (Südseite) sind ein Indiz für die Nutzung in der Jungsteinzeit (ab dem 4. Jahrtausend vor Chr.). Die eisenzeitliche Nutzung beschränkt sich auf den Zeitraum vom 3. bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. und endet dann abrupt. Die Ursache hierfür ist in dem Vordringen der protogermanische Harpstedt-Nienburger Kulturgruppe in die Münsterländische Bucht zu suchen. Alle aufgeführten Wallburgen werden verlassen, manche sogar geschleift, auch nach vorangegangener Brandzerstörung.

Die im Nammer Lager vorgefundenen Tongefäßscherben und seine Befestigungstechnik weisen eindeutige keltische Stilelemente auf. Ob es sich bei den Bewohnern nun um Kelten gehandelt hat oder um eine alteingesessene Bevölkerung, die lediglich ihren epochalen Stil benutzt hat, ist zurzeit noch nicht zu klären. Die keltische Einflusssphäre endet im Norden am Wiehen- und Wesergebirge, weiter nördlich ist von ihr noch nichts gefunden worden.

Handel

Bezeichnend für die typische Lage einer La-Téne-zeitlichen Wallburg sind Eisenerzvorkommen und Holzreichtum. Beides war an der „Westfälischen Pforte“ im Überfluss vorhanden, wie die Nachbargemeinde Kleinenbremen aufzeigt. Eisen und daraus weiterführende Produkte sind ein Beleg für diese umfangreiche Handelsniederlassung und frühe Vorgängerin Mindens.

Handel wurde in alle Himmelsrichtungen betrieben, auch durch die Weser mit den sich herausbildenden germanischen Stämmen und deren Produkten, zum Beispiel Salz.

Literatur

  • Torsten Capelle: Wallburgen in Westfalen-Lippe. Herausgegeben von der Altertumskommission für Westfalen, Münster 2010, ISSN 0939-4745, S. 22 Nr. FBW10 (Frühe Burgen in Westfalen Sonderband 1) Digitalisat
  • Klaus Günther: Die Nammer Burg bei Porta Westfalica, Kreis Minden-Lübbecke. Frühe Burgen in Westfalen Bd. 10. Herausgegeben von der Altertumskommission für Westfalen, Münster 1990 Digitalisat
  • Klaus Günther: Eine Probegrabung in der Wallburg Nammer Lager, Stadt Porta Westfalica, Kreis Minden-Lübbecke. Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe Jg. 3. Mainz 1986. ISBN 3-8053-0894-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Braun, Eduard: Der Wallring auf dem Nammer Berge, östlich der Porta Westfalica, eine neu aufgefundene frühgeschichtliche Volksburg. Ravensberger Blätter 3, 1903, S. 13–19
  2. Günther, Klaus: Die Nammer Burg bei Porta Westfalica, Kreis Minden-Lübbecke. Frühe Burgen in Westfalen Bd. 10. Herausgegeben von der Altertumskommission für Westfalen, Münster 1990
  3. Günther, Klaus: Eine Probegrabung in der Wallburg Nammer Lager, Stadt Porta Westfalica, Kreis Minden-Lübbecke. Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe Jg. 3. Mainz 1985
  4. Günther, Klaus: Die Nammer Burg bei Porta Westfalica, Kreis Minden-Lübbecke. Frühe Burgen in Westfalen Bd. 10. Herausgegeben von der Altertumskommission für Westfalen, Münster 1990

Auf dieser Seite verwendete Medien

North Rhine-Westphalia location map 05.svg
Positionskarte Nordrhein-Westfalen, Germany. Geographische Begrenzung der Karte:
Castle.svg
an icon for castles and fortresses
Nammer Lager Geländemodell.jpg
Autor/Urheber: Rouven Meidlinger, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Digitales Geländemodell, Auflösung 0,5 m, 3D Ansicht, Rohdaten vom Land NRW: https://www.opengeodata.nrw.de/produkte/geobasis/hm/
Nammer-Lager Wall 2.jpg
Autor/Urheber: Grugerio, Lizenz: CC0
Nammer Lager (Östlicher Wall)
Herlingsburg.png
Autor/Urheber: Lippisches Landesmuseum, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Plan of Herlingsburg in Lippe/Germany
Nammer Lager.jpg
Autor/Urheber: Hopfenpflücker, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Wooden hill of Nammer Lager from south in the Wesergebirge
Wallburgen im Weserbogen.jpg
Autor/Urheber: Hopfenpflücker, Lizenz: CC-BY-SA-3.0
Hillcastles of the early iron age in East-Westfalia
Celts.svg
Autor/Urheber:
Vektor:
, Lizenz: CC BY-SA 3.0
DO NOT USE THIS MAP

It was made in 2005 as a first draft and doesn't remotely satisfy inclusion criteria for Wikipedia. Original caption:[1]

"The green area suggests a possible extent of (proto-)Celtic influence around 1000 BC. The orange area shows the region of birth of the La Tene style. The red area indicates an idea of the possible region of Celtic influence around 400 BC."
 
core Hallstatt territory
 
"birth of the La Tene style"
 
sphere of possible Celtic influence in 400 BC 275 BC [includes Galatia]
Dubious accuracy / no sources. Compare the maps at Atlas of the Celtic World, by John Haywood; London Thames & Hudson Ltd., 2001, pp.30-37..
Archeological cultures in Northern and Central Europe at the late pre-Roman Iron Age.png
Autor/Urheber: Ossipro, Ulamm, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Späte vorrömische Eisenzeit:[18]
 
Nord (1)
 
Jastorf-Kultur (2)
 
Przeworsk-Kultur (3)
 
Oksywie-Kultur (4)
 
Hausurnenkultur (5)
 
Gubener Gruppe in der Lausitz (5)
 
Poieneşti-Lukaševka Kultur in Moldavien (5)
 
Westbaltische Hügelgräberkultur (6)
 
Estländische Gruppe (7)
 
Ostbaltische Waldzonen-Kulturen (8)
 
Zarubincy-Kultur (9)
 
Harpstedt-Nienburger Gruppe (10)
 
Keltische Gruppen (11)
 
Getische und Thrakische Gruppen (12)
Die Gruppen mit "5" sind von Przeworsk-Kultur und/order Jastorf-Kultur beeinflusst. Das Gebiet der germanischen Jastorfkultur (dunkelrot) in der späten, vorrömischen Eisenzeit, vor der Ausbreitung nach Süden (orange: Keltisches Gebiet). Verbreitung der Jastorfkultur. Verbreitung der Przeworsk-Kultur. Harpstedt-Nienburger Kulturgruppe (Beige) in Niedersachsen mit den sich bildenden Germanen. Ausdehnung der Oxhöft-Kultur (braun).
Nammer-Lager Wall 1.jpg
Autor/Urheber: Grugerio, Lizenz: CC0
Nammer Lager (Östlicher Wall)