Nahfeld und Fernfeld (Akustik)

Bei der Ausbreitung einer Schallwelle werden mit dem Nahfeld und dem Fernfeld zwei Entfernungsbereiche von der Signalquelle mit sehr unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften unterschieden.

Das Nahfeld bezeichnet den unmittelbaren Bereich um die Schallquelle, der von einem ungleichmäßigen Wechsel zwischen Orten mit konstruktiver und destruktiver Interferenz gekennzeichnet ist. Im Gegensatz dazu bezeichnet das Fernfeld einen Bereich, der weit von der Schallquelle entfernt ist. Interferenzeffekte spielen hier nur eine untergeordnete Rolle für die Struktur des Schallfeldes. Insbesondere sind in fluiden Medien im Fernfeld Druck und Schnelle in Phase, so dass im Fluid eine reellwertige Wellenimpedanz definiert werden kann. Die Entfernung, bei der das Nahfeld in das Fernfeld übergeht, ist von der Schallwellenlänge und der Größe des Wandlers abhängig. Zur Unterscheidung zwischen Nah- und Fernfeld wird allein der von der Schallquelle erzeugte Direktschall, das heißt die Abstrahleigenschaften des Wandlers und die Eigenschaften des Ausbreitungsmediums, betrachtet. Nahfeld und Fernfeld sind nicht raumabhängig, jedoch schallquellenabhängig. Reflexionen von Gegenständen im Raum, wie beispielsweise das von den Wänden erzeugte Diffusfeld oder stehende Wellen, gehen in die Betrachtung nicht mit ein.

Monopolstrahler

Die Grenze zwischen Nah- und Fernfeld soll am Beispiel eines Strahlers nullter Ordnung als atmende Kugel (oder pulsierende Kugel) bei Abstrahlung in den Raum dargestellt werden. Die Wellengleichung für eine Kugelwelle liefert für den Schalldruck die Lösung :[1]

Für die Schallschnelle gilt:

Für die Schallimpedanz gilt

Dabei bedeuten

  • p0 = Druckamplitude
  • k = Kreiswellenzahl
  • r = Entfernung des Messpunktes vom Kugelstrahler
  • Z0 = Schallkennimpedanz
  • i ist die imaginäre Einheit mit der Eigenschaft

Fernfeld

Das Fernfeld ist gekennzeichnet durch die Bedingung

wodurch sich die Formel für die Schallschnelle vereinfachen lässt zu

Im Fernfeld gibt es also zwischen Schalldruck und Schallschnelle keinen Phasenunterschied, was man erkennt, wenn man für beide Schallfeldgrößen die (messbaren) Realanteile der Eulerschen Formel angibt:

Nahfeld

Das Nahfeld ist gekennzeichnet durch die Bedingung

wodurch sich die Formel für die Schallschnelle vereinfachen lässt zu

Im Nahfeld unterscheiden sich also Schalldruck und Schallschnelle in zwei wesentlichen Punkten:

  • Die Schallschnelle sinkt quadratisch mit steigendem Abstand und
  • zwischen und gibt es einen Phasenunterschied von 90°, was man erkennt, wenn man für beide Schallfeldgrößen die (messbaren) Realanteile der Eulerschen Formel angibt:

Der Schalldruck eilt der Schallschnelle maximal um 90° voraus. Am Senderort (im unmittelbaren Nahfeld des Kugelsenders) tritt nur Blindleistung auf und die Schallimpedanz ist (fast) rein imaginär. Das bedeutet, dass der Monopolstrahler in gewissen Zeitabschnitten Energie an die Umgebung abgibt und anschließend fast genau die gleiche Energiemenge wieder absorbiert (er "atmet"). Die geringe Differenz wird abgestrahlt und ist im Fernfeld messbar.

Übergangsbereich

Der Übergang zwischen Nah- und Fernfeld erfolgt kontinuierlich. Entscheidend für die Charakterisierung ist der Restphasenwinkel zwischen Schalldruck und Schallschnelle. Dieser ändert sich stetig zwischen 90° in unmittelbarer Umgebung des Monopolstrahlers bis 0° im Abstand vieler Wellenlängen. Die Grenze wird häufig bei r ≈ λ gezogen, weil die Klammer in der Formel für die Schallschnelle dann den Wert

hat.

Ausgedehnter Strahler

Harmonisches Schallfeld eines unfokussierten 4-MHz-Ultraschallwandlers mit dem Schwingerdurchmesser D=10 mm in Wasser. Angezeigt werden die Amplituden der Schalldrücke in log. Darstellung.

In der Akustik werden selten Dipolstrahler wie in der Hochfrequenztechnik eingesetzt, deren Abmessungen etwa der Wellenlänge entsprechen. Ein Grund dafür ist bei Tonfrequenzen die Abstrahlung eines sehr breiten Frequenzspektrums, bei Ultraschall die handhabbare Abmessung des Schallgebers. Das folgende Beispiel zeigt das durch Simulationsrechnungen harmonische Schallfeld eines unfokussierten 4 MHz-Ultraschallwandlers mit dem Schwingerdurchmesser D=10 mm in Wasser mit einer Schallausbreitungsgeschwindigkeit . Das angegebene Schallfeld löst das Randwertproblem für die Abstrahlung von einer schallharten Grenzfläche z=0 in den Halbraum. Die Abstrahlung lässt sich durch eine gleichmäßige Belegung der aktiven Wandleroberfläche mit Monopolquellen beschreiben.

Der Übergang vom Nahfeld ins Fernfeld erfolgt bei dem am weitesten vom Schallwandler entfernten Schalldruckmaximum auf der akustischen Achse. Die Entfernung zwischen Ultraschallwandler und dem letzten Schalldruckmaximum auf der akustischen Achse wird als sogenannte Nahfeldlänge

bezeichnet. Sie beträgt im angegebenen Beispiel .

Die Abbildung zeigt ausgeprägte Interferenzstrukturen mit einem unregelmäßigen Wechsel zwischen Orten konstruktiver und destruktiver Interferenz im Nahfeld. Das Fernfeld weist eine regelmäßige Struktur mit einem stetigen Abfall des Schalldrucks mit steigender Entfernung vom Schallwandler auf[2][3].

Begriffsabgrenzung

Die Schallbegriffe Nahfeld und Fernfeld werden nicht immer genau von den Ausdrücken Direktfeld bzw. Freifeld und Diffusfeld unterschieden. Nah- und Fernfeld kennzeichnen die Schallquelle selbst, während Direktfeld (Freifeld) und Diffusfeld durch die raumakustischen Eigenschaften des Umgebungsraums bestimmt werden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Akustische Wellen und Felder, Deutsche Gesellschaft für Akustik e.V. (PDF-Datei; 1016 kB)
  2. Elfgard Kühnicke: Elastische Wellen in geschichteten Festkörpersystemen - Modellierungen mit Hilfe von Integraltransformationsmethoden - Simulationsrechnungen für Ultraschallanwendungen. TIMUG, Bonn 2001, ISBN 3-934244-01-7.
  3. Josef Krautkrämer, Herbert Krautkrämer: Werkstoffprüfung mit Ultraschall. 5., völlig überarb. Auflage. Springer, Berlin 1986, ISBN 3-540-15754-9.

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Soundfield Water 4MHz TransducerRadius5mm.png
Schallfeld eines ebenen runden Wandlers, f=4MHz, D=10mm, c=1500 m/s (Wasser)