NATO Enhanced Forward Presence

Kampfpanzer Leopard 2 an der litauisch-polnischen Grenze während der Übung Iron Wolf, Teil von Saber Strike 17, im Juni 2017

Die NATO Enhanced Forward Presence (eFP) (deutsch etwa: Verstärkte Vornepräsenz) ist eine Beistandsinitiative der NATO, die am 8. und 9. Juli 2016 auf dem NATO-Gipfeltreffen in Warschau, beschlossen wurde.[1] Sie dient der Sicherung der Ostflanke der verbündeten Staaten und der Abschreckung gegenüber Russland. Multinationale Kampftruppen (NATO-Battlegroups) werden zu Ausbildungs- und Übungszwecken in die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie nach Polen verlegt. Jeweils rund 1000 Soldaten werden dort rotierend stationiert.

Hintergrund

Bedingt durch die Krimkrise und den Krieg in der Ukraine 2014/15 initiierte die NATO auf dem Gipfeltreffen in Newport (Wales) am 4. und 5. September 2014 den 'Readiness Action Plan' zum Schutz der NATO-Ostflanke. Sie soll die Reaktionsschnelligkeit der NATO-Reaktionskräfte (NRF) steigern. NATO-Planer ziehen die Möglichkeit in Betracht, dass eine Aggression der Russischen Föderation in Form einer hybriden Kriegsführung, wie gegen die Ukraine, auch gegen kleinere Mitgliedsstaaten, wie etwa Estland mit einer starken russischen Minderheit im Land, möglich ist.[2]

Insbesondere die Suwalki-Lücke wird von Militärstrategen als eine Schwachstelle gesehen bei einem möglichen schnellen Vormarsch russischer Streitkräfte zum Territorium der Exklave Kaliningrad.

European Reassurance Initiative

Die Vereinigten Staaten unterstützen 2017 im Rahmen einer European Reassurance Initiative (ERI) mit 3,4 Milliarden US-Dollar eine deutliche Verstärkung der Präsenz in Europa, um für „Frieden und Sicherheit in Europa“ zu sorgen. Das richtet sich vor allem an die osteuropäischen und baltischen NATO-Mitgliedstaaten, dass sich die Vereinigten Staaten zu deren „Sicherheit und territoriale Integrität“ verpflichtet. Die Operation Atlantic Resolve findet im Rahmen dieses Programmes statt.[3][4]

Transatlantic Capability Enhancement and Training-Initiative

Mit der Transatlantic Capability Enhancement and Training-Initiative (TACET) soll zudem die Verteidigungsfähigkeit der baltischen Staaten und Polen verstärkt werden, indem die Implementierung der Maßnahmen des ReadinessAction Plan der NATO unterstützt, die Streitkräfte zum Zusammenwirken befähigt, der Fähigkeitsaufwuchs gesteigert und die nationale Widerstandsfähigkeit gefördert wird. Vor Ort befindlichen Kräfte der NATO Enhanced Forward Presence beteiligen sich an gemeinsamen Übungen und Ausbildungsmaßnahmen. Großbritannien ist seit Dezember 2015 neben Deutschland und den USA dritte TACET-Nation geworden. Während des NATO-Verteidigungsministertreffens vom 10. bis 11. Februar 2016 verpflichteten sich neben Deutschland, Großbritannien und die USA auch weitere zehn NATO-Mitgliedstaaten zur Unterstützung der TACET-Initiative (Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Kanada, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Spanien, Tschechien). Hierzu gehört auch der Aufbau von ABC-Abwehreinheiten und die Ausbildung von Pionieren. Das Multinationales Korps Nord-Ost mit Hauptquartier in Stettin übernimmt hierbei eine Koordinierungs- und Unterstützungsrolle.

NATO-Battlegroups im Baltikum und in Polen

Die NATO-Battlegroups sind multinationale Kampfverbände.

LandStandortFührungsnationAktuelle Teilnehmer[5]
Estland EstlandTapaVereinigtes Konigreich Vereinigtes KönigreichDänemark, Island
Lettland LettlandĀdažiKanada KanadaAlbanien, Tschechien, Island, Italien, Montenegro, Polen, Slowakei, Slowenien, Spanien
Litauen LitauenRuklaDeutschland DeutschlandBelgien, Tschechien, Frankreich, Island, Luxemburg, Niederlande, Norwegen
Polen PolenOrzyszVereinigte Staaten Vereinigte StaatenKroatien, Rumänien, Vereinigtes Königreich

NATO-Battlegroup Estonia

Pressetermin der NATO-Einheiten mit den estnischen Streitkräften im September 2017 in Tapa

Der NATO-Kampfverband in Estland steht unter Führung Großbritanniens mit Hauptquartier in Tapa. Truppenteile rotieren aus Frankreich, Großbritannien und seit 2018 aus Dänemark.

Großbritannien beteiligte sich 2017 mit rund 800 Soldaten bestehend aus dem 5. Bataillon des Infanterieregiments The Rifles mit Warrior-Schützenpanzer und Teilen der 20. Panzergrenadierbrigade (20th Armoured Infantry Brigade) mit Challenger 2-Kampfpanzer. Frankreich war seit April 2017 mit 300 Soldaten, darunter Fremdenlegionäre des 2. Infanterie-Fremdenregiments (2° REI), 13 Schützen-/Spähpanzern vom Typ VBCI und 10 Radpanzern vom Typ VAB beteiligt. Zusätzlich verstärkten vier Leclerc-Kampfpanzer des 501e régiment de chars de combat das französische Kontingent.[6]

NATO-Battlegroup Latvia

Willkommenszeremonie der NATO-Battlegroup Latvia am 23. Juni 2017 in Ādaži

Der NATO-Kampfverband in Lettland steht unter Führung Kanadas mit Hauptquartier in Ādaži. Er besteht aus rotierenden Truppenteilen aus Albanien, Italien, Kanada, Polen, Slowenien und Spanien.

Die Truppe wurde am 23. Juni 2017 mit einer Militärparade offiziell im Land begrüßt.

NATO-Battlegroup Lithuania

Der NATO-Kampfverband in Litauen steht unter Führung Deutschlands mit Hauptquartier in Rukla.[7] Der Aufbau begann Anfang 2017 und hat Truppenteile aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Kroatien, Luxemburg, den Niederlanden und Norwegen.

Die erste Rotation ab Januar 2017 hatte eine Sollstärke von 1.200 Mann und entstammte dem Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberviechtach in Bayern.[8]

Die zweite Rotation ab August 2017 entstammte dem Panzergrenadierbataillon 371 aus Marienberg mit 14 Schützenpanzern Marder, 8 Kampfpanzern Leopard 2A6 und weiteren Fahrzeugen sowie einer Versorgungskompanie und einem Stabszug.[9][10][11]

Die dritte Rotation bildeten ab Februar 2018 350 Soldaten des Jägerbataillons 292 der deutsch-französischen Brigade aus Donaueschingen.[8]

NATO-Battlegroup Poland

Der NATO-Kampfverband in Polen steht unter Führung der Vereinigten Staaten mit Hauptquartier in Orzysz. Die Truppenteile rotieren aus Polen, Rumänien und den Vereinigten Staaten.

Mitte Januar 2017 wurde die Ankunft zahlreicher US-Soldaten in Polen gefeiert. Die Vereinigten Staaten verlegten im Rahmen der Operation Atlantic Resolve rund 3.500 Soldaten, 86 Kampfpanzer und 144 Schützenpanzer der 3. US-Panzerbrigade der 4. US-Infanteriedivision an die NATO-Ostflanke und sollen in Polen und den östlichen Nato-Staaten Estland, Lettland, Litauen, Ungarn sowie Rumänien und Bulgarien rotieren.[12][13]

Das Europäische Oberkommando der Vereinigten Staaten (EUCOM) gab am 19. Februar 2017 bekannt, dass ab Ende März 2017 im Rahmen der NATO Enhanced Forward Presence weitere rund 1000 Soldaten des 2. US-Kavallerieregiments mit mehreren Stryker-Radschützenpanzern nach Orzysz verlegt werden. Unterstützt durch rund 350 Soldaten aus Großbritannien und Rumänien und zur Unterstützung der Verteidigung der polnischen 15. Lötzener Mechanisierten Brigade im Rahmen der Abschreckung gegenüber Russland.[14]

Siehe auch

  • NATO Force Integration Unit

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Warsaw Summit Communiqué: Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Warsaw 8-9 July 2016. NATO, 3. August 2016, abgerufen am 19. Februar 2017 (englisch).
  2. "VJTF: Die NATO wird noch schneller" BMVg vom 16. Oktober 2014
  3. "FACT SHEET: European Reassurance Initiative and Other U.S. Efforts in Support of NATO Allies and Partners", Mark Cancian. Center for Strategic and International Studies. 9. Februar 2016.
  4. "OPERATION ATLANTIC RESOLVE (2014)", U.S. European Command. U.S. Department of Defense. 2014.
  5. http://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_136388.htm NATO Enhanced Forward Presence Website
  6. Estonia - French deployment in the context of the enhanced forward presence (eFP). (Nicht mehr online verfügbar.) The French Delegation to NATO, 28. Juli 2017, archiviert vom Original am 5. August 2017; abgerufen am 9. September 2017 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/otan.delegfrance.org
  7. Thomas Wiegold: NATO-Battlegroup in Litauen: Deutsches Vorkommando mit Verzögerung angekommen, Augen geradeaus!, 24. Januar 2017.
  8. a b Tom Goeller: Ein Jahr „verstärkte Vornepräsenz“ in Litauen. Bundesministerium der Verteidigung, 18. Januar 2018, abgerufen am 14. April 2017.
  9. Thomas Wiegold: Enhanced Forward Presence: Panzer auf dem Weg nach Litauen. 22. Februar 2017, abgerufen am 22. Februar 2017.
  10. Presse- und Informationszentrum des Heeres: Enhanced Forward Presence (eFP) - Verabschiedung nach Litauen. (Nicht mehr online verfügbar.) deutschesheer.de, 17. Januar 2017, archiviert vom Original am 20. Februar 2017; abgerufen am 19. Februar 2017.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.deutschesheer.de
  11. Ablösung ist unterwegs − Marienberger Jäger auf dem Weg nach Litauen. deutschesheer.de, 24. Juli 2017, abgerufen am 10. August 2017.
  12. Operation „Atlantic Resolve“: Willkommensfeier für US-Soldaten in Polen. In: Haz.de. 14. Januar 2017, abgerufen am 14. Januar 2017.
  13. Eucom Commander: U.S. Armored Brigade’s Deployment to Poland 'Significant'. In: Defense.gov. US-Verteidigungsministerium, 12. Januar 2017, abgerufen am 14. Januar 2017 (englisch).
  14. USA verlegen im April rund 1000 Soldaten nach Polen. Deutsche Welle, 19. Februar 2017, abgerufen am 19. Februar 2017.

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A German Army Soldier directs military vehicles onto land during one of the largest combined exercises in Lithuania, the Suwalki Gap River Crossing, as media observe the event, June 20. The river crossing is a part of Exercise Iron Wolf, a component of Saber Strike 17, conducted by NATO's Enhanced Forward Presence Battle Groups Poland and Lithuania. The Battle Groups conducted operations and tested their ability to mobilize quickly across the river, overcoming terrain.
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The welcome ceremony of the enhanced Forward Presence Battlegroup (eFP) on June 19 in Ādaži, Latvia
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Suwałki Gap, a cropped version of original.
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