Myssowka (Kaliningrad)

Siedlung
Myssowka
Karkeln

Мысовка
FöderationskreisNordwestrussland
OblastKaliningrad
RajonSlawsk
Gegründetvor 1540
Frühere NamenKerkell (nach 1540),
Karkel (nach 1785),
Karkellen (nach 1818),
Karkeln (bis 1946)
Bevölkerung250 Einwohner
(Stand: 1. Okt. 2021)[1]
Höhe des Zentrumsm
ZeitzoneUTC+2
Telefonvorwahl(+7) 40163
Postleitzahl238628
Kfz-Kennzeichen39, 91
OKATO27 236 000 031
Geographische Lage
Koordinaten55° 12′ N, 21° 16′ O
Myssowka (Kaliningrad) (Europäisches Russland)
Myssowka (Kaliningrad) (Europäisches Russland)
Lage im Westteil Russlands
Myssowka (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
Myssowka (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
Lage in der Oblast Kaliningrad

Myssowka (russisch Мысовка, deutsch Karkeln) ist eine Siedlung im Rajon Slawsk der russischen Oblast Kaliningrad. Sie gehört zur kommunalen Selbstverwaltungseinheit Stadtkreis Slawsk.

Ortsname

Der Name Karkeln leitet sich von prußisch karklis ab und bedeutet Wasserweide/Weidendickicht.

Der Name Myssowka wurde (offenbar) von russisch mys (мыс) für Landzunge abgeleitet.

Geographische Lage

Myssowka liegt am Ostufer des Kurischen Haffs im Memeldelta am Flüsschen Schirokaja (deutsch: Karkeln), das hier in die Rohrbucht (russisch: Kamyschewy saliw) mündet. Im Ort endet die von Sowetsk (Tilsit) kommende russische Regionalstraße 27A-034 (ex R513).

Geschichte

Karkeln am Ostufer des Kurischen Haffs, östlich des Dorfs Ros(s)itten auf der Kurischen Nehrung, auf einer Landkarte eines Teils Ostpreußens von 1881

Karkeln hatte sowohl als Fischerort als auch als regionaler Handelsplatz Bedeutung, was ihm den Status eines Fleckens einbrachte.

1660 verlieh der Große Kurfürst dem Ort die Kruggerechtigkeit. Karkeln war seit dem 16. Jahrhundert Kirchort und bekam 1722 eine stattliche Kirche, die 1898/99 erweitert wurde und einen Turm erhielt. Im Jahr 1785 wurde die Größe des melierten Kirchdorfs Karckel, dessen Kirche eine Filiale von Schakuhnen war, mit 93 Feuerstellen (Haushaltungen) angegeben.[2]

Zu dem Dorf gehörte ein Gut, dessen Besitzer im Jahr 1843 Ferdinand Gallien war.[3] Im Dezember 1861 standen auf der Gemarkung des Bauerndorfs, die eine Fläche von über 1.496 Morgen umfasste, 173 Gebäude, und der Viehbestand belief sich auf 37 Pferde, 299 Rinder und 80 Schweine.[4] Im Dorf gab es eine Schule[4] und einen Gasthof.

Im Jahre 1874 wurde Karkeln Amtsdorf und namensgebend für einen Amtsbezirk,[5] der bis 1922 zum Kreis Heydekrug, danach bis 1945 zum Kreis Niederung (ab 1939 „Kreis Elchniederung“).

Durch den Bau einer Kleinbahn nach Brittanien (über Kaukehnen) 1902 etablierte sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein reger Bädertourismus.

Im Jahr 1945 gehörte Karkeln zum Landkreis Elchniederung im Regierungsbezirk Gumbinnen der Provinz Ostpreußen des Deutschen Reichs.

Infolge des Zweiten Weltkriegs kam Karkeln im Sommer 1945 zusammen mit dem nördlichen Ostpreußen zur Sowjetunion. Der Ort erhielt im Jahr 1947 die russische Ortsbezeichnung „Myssowka“ und wurde gleichzeitig dem Dorfsowjet Jasnowski selski Sowet im Rajon Slawsk zugeordnet.[6] Vermutlich gelangte der Ort 1950 in den Lewobereschnenski selski Sowet und 1965 dann in den Prochladnenski selski Sowet. Von 2008 bis 2015 gehörte Myssowka zur Landgemeinde Jasnowskoje selskoje posselenije und seither zum Stadtkreis Slawsk.

Einwohnerentwicklung

JahrEinwohner[7]Anmerkungen
1816709[8]
1852987[9]
18611.019im Dezember[4]
1910887
1925944
1933927
1939885
2002367
2010329

Amtsbezirk Karkeln (1874 bis 1945)

Der Amtsbezirk Karkeln bestand in den Jahren 1874 bis 1945. Anfangs gehörten ihm zehn Gemeinden an, am Ende waren es noch sieben:[5]

NameÄnderungsname
1938 bis 1946
Russischer NameBemerkungen
AckelingkenAckelnRownoje
Derwehlischken1932 nach Kallningken eingegliedert
KallningkenHerdenauProchladnoje
KarkelnMyssowka
LukischkenLuckenKrugljanka1936 nach Kallningken eingegliedert
Parungaln1931 nach Karkeln eingegliedert
PustuttenAntonswieseBeresino
TramischenTrammenRasdolnoje
WirballenWartenPerechwatnoje
WittkenLipki

Am 1. Januar 1945 bildeten den Amtsbezirk noch die Gemeinden: Ackeln, Antonswiese, Herdenau, Karkeln, Trammen, Warten und Wittken.

Kirche

Siehe den HauptartikelKirche Karkeln

Kirchengebäude

Eine erste Kirche wurde in Karkeln 1680 als ein Gebäude aus Holz und Lehm errichtet[10]. Doch diese brannte nieder, und so errichtete man 1722 ein neues Gotteshaus[11], zunächst ein Feldsteinbau ohne Turm, dann 1898/99 erweitert mit Chor, Sakristei, Emporen und einem Turm im neugotischen Stil[12].

Im Jahre 1949 brannte der Turm der Kirche, die allerdings nicht ohne Beschädigungen durch den Krieg gekommen war, aus. Als 1959 nach einem Deichbruch das ganze Land überschwemmte, riss man die Kirche nieder und verwendete die Steine zur Auffüllung der Ausspülungen. Auf dem Platz der Kirche steht heute ein Clubhaus.

Kirchengemeinde

Ursprünglich war die Karkelner Kirche eine Filialkirche der Kirche Ruß (der Ort heißt heute litauisch: Rusnė). Im Jahre 1644 wurde der Ort selbständig mit der Gründung einer eigenen Kirchengemeinde[13] mit vier Kirchspielorten[14]. Zwischen 1711 und 1847 war Karkeln allerdings wieder eine Filialgemeinde, zunächst zur Kirche Schakuhnen (der Ort hieß zwischen 1938 und 1946: Schakendorf, heute russisch: Lewobereschnoje), dann ab 1834 zur Kirche Kallningken (1938 bis 1946: Herdenau, russisch: Prochladnoje). Im Jahre 1919 wurde die zu diesem Zeitpunkt längst wieder eigenständige Pfarrei Karkeln vom Kirchenkreis Heydekrug (heute litauisch: Šilutė) in den Kirchenkreis Niederung (Elchniederung) überstellt. Im Jahre 1925 zählte Karkeln 1.189 Gemeindeglieder.

Heute liegt Myssowka im Einzugsgebiet der in den 1990er Jahren neu entstandenen evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Slawsk (Heinrichswalde), die zur Propstei Kaliningrad[15] (Königsberg) der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland gehört.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter des Ortes

  • Georg Heinrici (* 14. März 1844 in Karkeln), deutscher evangelischer Theologe († 1915)

Mit dem Ort verbunden

  • August Heinrici (1812–1881), späterer Superintendent von Gumbinnen, war von 1843 bis 1845 Hilfsprediger an der Karkelner Kirche
  • Johann Luther (1861–1932), deutschbaltischer lutherischer Theologe, war von 1918 bis 1926 Pfarrer an der Kirche Karkeln

Trivia

Karkeln war im Frühjahr 1939 u. a. Kulisse für den Spielfilm Die Reise nach Tilsit. Zahlreiche Außendrehs wurden hier absolviert, wodurch dem früheren ostpreußischen Ort ein kleines filmisches Denkmal gesetzt wurde.

Literatur

in der Reihenfolge des Erscheinens
  • Daniel Heinrich Arnoldt: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandnen Predigern. Königsberg 1777, S. 164–165.
  • Kreisgemeinschaft Elchniederung: Die Kirchengemeinde Karkeln, Kreis Elchniederung. Diepholz 2003
  • Kühnast: Nachrichten über Grundbesitz, Viehstand, Bevölkerung und öffentliche Abgaben der Ortschaften in Littauen nach amtlichen Quellen. Band 2, Gumbinnen 1863, S. 14–15.
  • Eduard Grigoleit: Haffbad Karkeln, das „Kurische Venedig“. Tilsit 1927
  • August Eduard Preuß: Preußische Landes- und Volkskunde oder Beschreibung von Preußen. Ein Handbuch für die Volksschullehrer der Provinz Preußen, so wie für alle Freunde des Vaterlandes. Gebrüder Bornträger, Königsberg 1835, S. 525.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Таблица 1.10 «Численность населения городских округов, муниципальных районов, муниципальных округов, городских и сельских поселений, городских населенных пунктов, сельских населенных пунктов» Программы итогов Всероссийской переписи населения 2020 года, утвержденной приказом Росстата от 28 декабря 2021г. № 963, с данными о численности постоянного населения каждого населенного пункта Калининградской области. (Tabelle 1.10 „Bevölkerungsanzahl der Stadtkreise, munizipalen Rajons, Munizipalkreise, städtischen und ländlichen Siedlungen [insgesamt], städtischen Orte, ländlichen Orte“ der Ergebnisse der Allrussischen Volkszählung von 2020 [vollzogen am 1. Oktober 2021], genehmigt durch die Verordnung von Rosstat vom 28. Dezember 2021, Nr. 963, mit Angaben zur Zahl der Wohnbevölkerung jedes Ortes der Oblast Kaliningrad.)
  2. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Teil I, Königsberg/Leipzig 1785, Volständige Topographie vom Litthauischen Cammer-Departement, S. 65.
  3. Oeffentlicher Anzeiger zum Amtsblatt der Königl. Regierung zu Gumbinnen. Nr. 49, 6. Dezember 1843, S. 549.
  4. a b c Kühnast: Nachrichten über Grundbesitz, Viehstand, Bevölkerung und öffentliche Abgaben der Ortschaften in Littauen nach amtlichen Quellen. Band 2, Gumbinnen 1863, S. 14
  5. a b Rolf Jehke, Amtsbezirk Karkeln
  6. Durch den Указ Президиума Верховного Совета РСФСР от 17 ноября 1947 г. «О переименовании населённых пунктов Калининградской области» (Verordnung des Präsidiums des Obersten Rats der RSFSR „Über die Umbenennung der Orte der Oblast Kaliningrad“ vom 17. November 1947)
  7. ab 1910 Volkszählungsdaten
  8. Alexander August Mützell, Leopold Krug (Hrsg.): Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Zweiter Band. G–Ko. Bei Karl August Kümmel, Halle 1821, S. 300 (Digitalisat – Z. 960).
  9. Kraatz: Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats. Berlin 1856, S. 279.
  10. Karkeln bei wiki-de
  11. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 2: Bilder ostpreußischer Kirchen, Göttingen 1968, S. 93, Abb. 375
  12. Foto der Kirche um 1900
  13. Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band 3: Dokumente, Göttingen 1969, S. 483
  14. Kirchspiel Karkeln bei Kreisgemeinschaft Elchniederung
  15. Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad (Memento vom 29. August 2011 im Internet Archive)

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Teilkarte von Ostpreußen mit den Städten Königsberg, Tilsit und Insterburg