Mycobacterium leprae

Mycobacterium leprae
Mycobacterium leprae in Ziehl-Neelsen-Färbung

Mycobacterium leprae in Ziehl-Neelsen-Färbung

Systematik
Abteilung:Actinobacteria
Ordnung:Actinomycetales
Unterordnung:Corynebacterineae
Familie:Mycobacteriaceae
Gattung:Mycobacterium
Art:Mycobacterium leprae
Wissenschaftlicher Name
Mycobacterium leprae
(Hansen 1880) Lehmann & Neumann 1896

Mycobacterium leprae, 1873 durch den Norweger Gerhard Armauer Hansen entdeckt, ist der Erreger der Lepra („Aussatz“), an der in den Tropen immer noch über 200.000 Menschen jährlich[1] erkranken. Das Genom dieser Bakterienart wurde im Jahre 2001 vollständig sequenziert.[2]

Merkmale

Das stäbchenförmige Bakterium, 1–5 μm lang, 0,2–0,8 μm dick, wächst in Makrophagen und Schwann-Zellen und bildet Geschwulste, die zur Gewebsauflösung im Gesicht und in den Extremitäten führen und die Nerven zerstören. Aufgrund eines hohen Lipid-Gehalts in der Zellwand ist es sehr widerstandsfähig gegenüber Umwelteinflüssen. Die Reduplikation erfolgt sehr langsam und benötigt zwischen zwei und drei Wochen. In Nährmedien ist das Bakterium nicht anzüchtbar.[3] Mycobacterium leprae ist die einzige Art der Gattung Mycobacterium, die bislang weder in Nährmedien noch in Zellkulturen oder den sonst üblichen Meerschweinchen kultiviert werden konnte.

Träger

Neben dem Menschen sowie immungeschwächten Ratten und Mäusen sind Gürteltiere eine der wenigen Säugetiergruppen,[4] die das Bakterium der Leprakrankheit in sich tragen können. Das macht sie bei der Erforschung von Impfstoffen und neuen Antibiotikakombinationen schwer verzichtbar. Ein Zusammenhang zwischen der ungewöhnlich niedrigen Körpertemperatur und der Vermehrung der Mycobakterien im Gürteltier gilt als wahrscheinlich.[4]

In Großbritannien wurde Mycobacterium leprae auch bei Eichhörnchen (Sciurus vulgaris) nachgewiesen, wo sie teilweise auch zu tödlichen Erkrankungen führten.[5] Bei den nachgewiesenen Bakterien handelt es sich den Untersuchungen der Arbeitsgruppe zufolge wahrscheinlich um einen Stamm, der sich nach einer Epidemie unter Menschen bei den Hörnchen gehalten und entwickelt hat.[5]

Evolution und Systematik

Als nächster Verwandter von Mycobacterium leprae gilt Mycobacterium lepromatosis, der Erreger der Lepromatose, einer seltenen, der Lepra ähnelnden Erkrankung, die heute hauptsächlich bei Bewohnern Mittelamerikas vorkommt. Die Entschlüsselung des Genoms von Mycobacterium lepromatosis und ein Vergleich des Genoms mit der Nukleotidsequenz von Mycobacterium leprae wurde 2015 dahingehend interpretiert, dass beide einen gemeinsamen Vorfahren vor annähernd 13,9 Millionen Jahren besaßen.[6] „Da beide Krankheiten ähnliche Symptome verursachen, kann man davon ausgehen, dass auch die vor Millionen von Jahren lebenden Vorfahren der beiden Erreger bereits eine Lepra-ähnliche Krankheit verursachten“, erläuterte einer der beteiligten Forscher, Johannes Krause von der Eberhard Karls Universität Tübingen, Direktor des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena, diesen Befund.[7] Lepra gehört somit vermutlich zu den ältesten menschlichen Krankheiten überhaupt.

Innerhalb der Gattung Mycobacterium wird daher heute M. tuberculosis zusammen mit M. bovis (einschließlich des Lebendimpfstoffes M. bovis BCG), M. lepromatosis und M. caprae (früher M. bovis subsp. capra) dem „Mycobacterium tuberculosis-Komplex“ zugerechnet.

Meldepflicht

In Deutschland ist der direkte oder indirekte Nachweis von Mycobacterium leprae namentlich meldepflichtig nach § 7 des Infektionsschutzgesetzes, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist.

Weblinks

Commons: Mycobacterium leprae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

Literatur

  • Helmut Hahn, Stefan H. E. Kaufmann, Thomas F. Schulz, Sebastian Suerbaum (Hrsg.): Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 6. Auflage. Springer Verlag, Heidelberg 2009, ISBN 978-3-540-46359-7, S. 367–369.

Einzelnachweise

  1. Global leprosy update, 2018: moving towards a leprosy-free world. In: World Health Organization (Hrsg.): Weekly epidemiological record. Band 94, Nr. 35/36, 30. August 2019, S. 389–412 (who.int [PDF]).
  2. Cole, S.T. et al.: Massive gene decay in the leprosy bacillus. In: Nature. Band 409, 2001, S. 1007–1011, doi:10.1038/35059006.
  3. Hermann Feldmeier: Lepra. In Hans Schadewaldt (Hrsg.): Über die Rückkehr der Seuchen. Robugen GmbH, Esslingen 1994, S. 43.
  4. a b H. Hof, R. L. Müller, R. Dörries: Mikrobiologie. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-13-125311-8, S. 342 ff.
  5. a b Charlotte Avanzi, Jorge del-Pozo, Andrej Benjak, Karen Stevenson, Victor R. Simpson, Philippe Busso, Joyce McLuckie, Chloé Loiseau, Colin Lawton, Janne Schoening, Darren J. Shaw, Jérémie Piton, Lucio Vera-Cabrera, Jesùs S. Velarde-Felix, Fergal McDermott, Stephen V. Gordon, Stewart T. Cole, Anna L. Meredith: Red squirrels in the British Isles are infected with leprosy bacilli. Science 354 (6313), 11. November 2016; S. 744–747. doi:10.1126/science.aah3783.
  6. Pushpendra Singh et al.: Insight into the evolution and origin of leprosy bacilli from the genome sequence of Mycobacterium lepromatosis. In: PNAS. Band 112, Nr. 14, 2015, S. 4459–4464, doi:10.1073/pnas.1421504112.
  7. Lepra als eine der ältesten Krankheiten der Menschheit identifiziert. Auf: idw.de vom 25. März 2015.

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