Helmlinge

Helmlinge
(c) Stu's Images, CC BY-SA 3.0

Rosa Rettich-Helmling (Mycena rosea)

Systematik
Unterabteilung:Agaricomycotina
Klasse:Agaricomycetes
Unterklasse:Agaricomycetidae
Ordnung:Champignonartige (Agaricales)
Familie:Helmlingsverwandte (Mycenaceae)
Gattung:Helmlinge
Wissenschaftlicher Name
Mycena
(Pers.) Roussel

Die Helmlinge (Mycena) sind eine Pilzgattung mit kleinen Fruchtkörpern aus der Familie der Helmlingsverwandten.[1] Die Gattung enthält allein in Europa über 100 Arten. Meist sind es kleinere bis winzige, zarthäutige Pilze. Sie leben saprotroph auf dem Boden oder an totem Holz. Einige Helmlinge haben schön gefärbte Hüte, andere fallen durch ihre gefärbten Lamellenschneiden auf, da die auf ihnen sitzenden Zystiden Pigmente enthalten. Es gibt auch Helmlinge, die bei Verletzung einen weißen oder farbigen Milchsaft absondern, und Arten, die Biolumineszenz zeigen.[2] Üblicherweise wird die Gattung den sogenannten Little brown mushrooms zugeordnet.

Merkmale

Makroskopische Merkmale

Das Erscheinungsbild der Fruchtkörper ist helmlings- oder nablingsartig und in seltenen Fällen auch rüblingsartig. Helmlingsartig heißt, die Fruchtkörper sind klein und zart und haben einen glocken- bis kegelförmigen Hut und einen langen, schlanken Stiel. Der Hut ist dünnfleischig und bei den meisten Arten gerieft. Die Hutoberfläche ist kahl, flockig, feinflaumig, körnig oder bereift. Manchmal ist der Hut auch mit einem gallertartigen, abziehbaren Häutchen bedeckt. Die Lamellen sind meist aufsteigend, horizontal oder bogenförmig und am Stiel fast frei oder schmal angewachsen bis leicht herablaufend. Das Sporenpulver ist weißlich. Der Stiel kann zerbrechlich, knorpelig oder elastisch-hart sein. Die Stieloberfläche ist teilweise oder ganz bereift, feinflaumig oder kahl. Manchmal ist die Stielbasis zu einer Scheibe erweitert oder sie ist grob striegelig behaart. Aus den Fruchtkörpern einiger Arten tritt bei Verletzung ein Milchsaft aus, dessen Vorhandensein und Farbe ein wichtiges Bestimmungsmerkmal darstellen.

Mikroskopische Merkmale

Die Basidien sind zwei- oder viersporig. Die Sporen sind in der Regel apfelkern- oder tränenförmig, seltener fast zylindrisch oder kugelförmig und meistens amyloid. Nur wenige Helmlingsarten haben inamyloide Sporen. Sie sind glatt und haben keinen Keimporus.

Ein mikroskopisch wichtiges Merkmal ist die Form der Cheilozystiden, die im Gegensatz zu den Pleurozystiden nahezu immer vorhanden sind. Sie können keulig, verkehrt birnenförmig, spindel- oder flaschenförmig oder seltener zylindrisch sein. Sie sind glatt, einfach spindelig oder verzweigt oder sie tragen verschieden geformte, einfache oder verzweigte Auswüchse, sodass sie „igelig-bürstig“ oder „geweihartig verzweigt“ aussehen können. Die Pleurozystiden können zahlreich oder selten sein oder ganz fehlen.

Die Hyphen der Huthaut (Pileipellis) sind meist verzweigt und seltener glatt. Die Hyphen der Stielrindenschicht sind glatt oder ausgesackt und haben manchmal speziell geformte Endzellen oder Caulozystiden. Das Lamellentrama färbt sich mit Melzer-Reagenz (Jodlösung) violettbräunlich an, nur in wenigen Fällen wird es nicht angefärbt.[3]

Arten

Die Gattung ist sehr artenreich, insgesamt sind weit über 300 Arten bekannt. In Deutschland sind etwa 100 Arten verbreitet.

Helmlinge (Mycena) in Deutschland
Deutscher NameWissenschaftlicher Name
Algerischer HelmlingMycena algeriensis
Aschgrauer HelmlingMycena cinerella
Bitterer HelmlingMycena erubescens
Blaufüßiger HelmlingMycena cyanorrhiza
Bogenblättriger HelmlingMycena speirea
Braunschneidiger Wiesen-HelmlingMycena olivaceomarginata
Breitblättriger HelmlingMycena latifolia
Buchen-HelmlingMycena fagetorum
Buchenblatt-HelmlingMycena capillaris
Buntstieliger HelmlingMycena inclinata
Duftender Rettich-HelmlingMycena diosma
Dünnstieliger HelmlingMycena urania
Eichengallen-HelmlingMycena rhenana
Einfarbiger HelmlingMycena concolor
Entferntblättriger Faden-HelmlingMycena lohwagii
Falscher Rinden-HelmlingMycena pseudocorticola
Farn-HelmlingMycena pterigena
Fastgeschmückter HelmlingMycena pseudopicta
Fichtenzapfen-HelmlingMycena plumipes
Filzstieliger HelmlingMycena capillaripes
Fleischfarbener Rettich-HelmlingMycena pearsoniana
Fleischfarbener Rettich-HelmlingMycena pseudopura
Flockiger Rinden-HelmlingMycena corynephora
Frühlings-HelmlingMycena niveipes
Gefalteter Scheibchen-HelmlingMycena mucor
Gefleckter HelmlingMycena maculata
Gelborangemilchender HelmlingMycena crocata
Gelbschneidiger HelmlingMycena citrinomarginata
Gelbschneidiger HelmlingMycena olivaceobrunnea
Gelbstieliger Nitrat-HelmlingMycena renati
Gemeiner Rettich-HelmlingMycena pura
Geriefter Rinden-HelmlingMycena mirata
Geschmückter HelmlingMycena amicta
Geweihzystiden-ReifhelmlingMycena lasiosperma
Gilbender HelmlingMycena flavescens
Graublättriger Ruß-HelmlingMycena aetites
Grauer Nitrat-HelmlingMycena leptocephala
Großer Blut-HelmlingMycena haematopus
Großer Schleimfuß-HelmlingMycena clavicularis
Großsporiger HelmlingMycena megaspora
Grünschneidiger HelmlingMycena viridimarginata
Kegeliger HelmlingMycena metata
Klebhaut-Rinden-HelmlingMycena pachyderma
Klebriger HelmlingMycena vulgaris
Knolliger Binsen-HelmlingMycena bulbosa
Königsfarn-HelmlingMycena alphitophora
Kugelsporiger Scheibchen-HelmlingMycena clavularis
Leichtvergänglicher HelmlingMycena smithiana
Lieblicher Rinden-HelmlingMycena venustula
Lilaschneidiger HelmlingMycena purpureofusca
Mycena atrochalybaeaMycena atrochalybaea
Mycena tenuispinosaMycena tenuispinosa
Mycena tephrophyllaMycena tephrophylla
Mycena winterhoffiiMycena winterhoffii
Mycena xantholeucaMycena xantholeuca
Nuss-HelmlingMycena nucicola
Olivgelber HelmlingMycena arcangeliana
Orangeroter HelmlingMycena acicula
Orangeschneidiger HelmlingMycena aurantiomarginata
Papillen-HelmlingMycena atropapillata
Postament-HelmlingMycena stylobates
Purpurschneidiger Blut-HelmlingMycena sanguinolenta
Ranziger Rinden-HelmlingMycena olida
Rillstieliger HelmlingMycena polygramma
Rosa Rettich-HelmlingMycena rosea
Rosablättriger HelmlingMycena galericulata
Rosaschneidiger HelmlingMycena rosella
Rosaweißer HelmlingMycena tubarioides
Rostfleckiger HelmlingMycena zephirus
Rötlicher Rinden-HelmlingMycena meliigena
Rotschneidiger HelmlingMycena rubromarginata
Schilf-HelmlingMycena belliae
Dehnbarer HelmlingMycena epipterygia
Schlüpfriger HelmlingMycena laevigata
Schmieriger HelmlingMycena epipterygia var. viscosa
Schneeblumen-HelmlingMycena flos-nivium
Schwarzgezähnelter Rettich-HelmlingMycena pelianthina
Ufer-HelmlingMycena riparia
Verbogenstieliger HelmlingMycena supina
Viersporiger Nitrat-HelmlingMycena stipata var. stipata
Voreilender HelmlingMycena abramsii
Walzenförmiger HelmlingMycena picta
Weißer Rinden-HelmlingMycena alba
Weißmilchender HelmlingMycena galopus
Winter-HelmlingMycena tintinnabulum
Winter-Rinden-HelmlingMycena hiemalis
Winziger Eichenblatt-HelmlingMycena polyadelpha
Zarter HelmlingMycena adscendens
Zerbrechlicher Faden-HelmlingMycena filopes
Zweisporiger Nitrat-HelmlingMycena silvae-nigra

Systematik

Einige Arten mit inamyloiden Sporen und Trama wurden aufgrund phylogenetischer Untersuchungen ausgegliedert und in die Gattung Atheniella gestellt, darunter der Korallenrote (A. adonis) und der Weißgelbe Helmling (A. flavoalba). Die Gattung Atheniella steht nicht in der Familie Mycenaceae, sondern in der Familie Porotheleaceae.[4]

Evolution

Während Helmlinge bis anhin nur tote Materie abgebaut haben, wurden Helmlinge in den letzten Jahrzehnten zunehmend auch in lebenden und gesunden Bäumen beobachtet. Laut Untersuchung der Isotopenzusammensetzung ihrer Fruchtkörper liefern die Pilze den Bäumen Stickstoff, einen entscheidenden Nährstoff, und erhalten dafür kohlenstoffreiche Substanzen wie Zucker. Da es immer noch Helmlinge gibt, die sich ausschließlich von toter Materie ernähren, geht man von einer evolutionären Veränderung aus, evtl. bedingt durch die Ausbreitung des Menschen und den damit knapper werdenden Lebensraum der Pilze.[5]

Literatur

  • Giovanni Robich: Mycena d'Europa. A.M.B. Fondazione Centro Studi Micologici, 2003.
  • R. A. Maas Geesteranus: Mycenas of the Northern Hemisphere. 2 Bände, Sciences, The Netherlands, 1992, ISBN 0-444-85757-5.
  • Alexander Hanchett Smith: North American species of mycena. University of Michigan Press, 1947 (Online Fassung)

Weblinks

Commons: Helmlinge (Mycena) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. PB Matheny et al.: Major clades of Agaricales: a multilocus phylogenetic overview. In: Mycological Society of America (Hrsg.): Mycologia. Vol. 98, Nr. 6, 2006, ISSN 0027-5514 (englisch, Online [PDF]).
  2. Ewald Gerhart (Hrsg.): Pilze Band 1: Lamellenpilze, Täublinge, Milchlinge und andere Gruppen mit Lamellen (= Spektrum der Natur BLV Intersivführer. Band 1). BLV Verlagsgesellschaft, München/Wien/Zürich 1984, ISBN 3-405-12927-3, S. 125.
  3. Arne Aronsen: What is a Mycena? A key to the Mycenas of Norway. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Mycena Page / home.online.no. Archiviert vom Original am 31. Januar 2012; abgerufen am 7. Dezember 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/home.online.no
  4. Jerry Cooper: NZ species in Mycenella, Hemimycena, Atheniella and Mycena pp. (suborder Marasmineae incertae sedis). In: Mycological Notes. 3. Dezember 2016, abgerufen am 20. Juni 2020 (englisch).
  5. Christoffer Bugge Harder, Emily Hesling, Synnøve S. Botnen, Kelsey E. Lorberau, Bálint Dima, Tea von Bonsdorff‐Salminen, Tuula Niskanen, Susan G. Jarvis, Andrew Ouimette, Alison Hester, Erik A. Hobbie, Andy F. S. Taylor, Håvard Kauserud: Mycena species can be opportunist‐generalist plant root invaders. In: Environmental Microbiology. Band 25, Nr. 10, Oktober 2023, ISSN 1462-2912, S. 1875–1893, doi:10.1111/1462-2920.16398 (wiley.com [abgerufen am 25. Oktober 2023]).

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Fruit bodies of the fungus Mycena galopus (Pers.) P. Kumm. Specimens photographed in San Pablo Reservoir, Contra Costa Co., California, USA. Notes: "These were growing densely on a well decayed branch under live oak, Quercus agriflolia, in moist shady conditions."
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Mycena abramsii (Murrill) Murrill
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