My Sweet Lord

My Sweet Lord
George Harrison
VeröffentlichungNovember 1970
Länge4 min 37 s
Genre(s)Pop, Gospel
Autor(en)George Harrison
AlbumAll Things Must Pass
Charts (1970/1971)Höchst-
position
Single-Charts A[1]1
Single-Charts D[2]1
Single-Charts CH[3]1
Single-Charts UK[4]1
Single-Charts USA[5]1

My Sweet Lord ist ein Lied von George Harrison, das dieser 1970 für sein Soloalbum All Things Must Pass aufnahm und das zusammen mit Isn’t It a Pity als Doppel-A-Seiten-Single ausgekoppelt wurde. Es gilt als eines der berühmtesten Plagiate der Musikgeschichte.

Komposition

Das Stück entstand Mitte Dezember 1969 in Kopenhagen, als Harrison als Begleitmusiker Delaney & Bonnie auf deren Tournee begleitete. Wie George Harrison selbst sagte, war er inspiriert durch den Gospel-Song Oh Happy Day von den Edwin Hawkins Singers.[6] Geschrieben ist das Lied in der Tonart E-Dur.[7] George Harrison erwähnt die Tonart in seinem Stück This Song aus dem Jahr 1976,[8] in dem er auf Plagiatsvorwürfe reagierte. Der im Viervierteltakt verfasste Song hat eine Spieldauer von 4:37 Minuten.[9] Produziert wurde er von George Harrison und Phil Spector.[10]

My Sweet Lord ist ein Gebet[11] an Gott, den Herrn (Lord),[12] in acht Versen.[13] Darin wünscht sich (want) der Autor fünf Dinge: den Herrn zu sehen (see, Verszeilen 1 und 3), mit ihm zusammen zu sein (be with, Verszeile 2), ihn zu kennen (know, Verszeile 5) mit ihm zusammen zu gehen (go with, Verszeile 6), ihm zu zeigen (show, Verszeile 7), dass die Erfüllung dieser Wünsche nicht lange dauern wird (won’t take long), was er jedoch in den Verszeilen 3 und 4 noch behauptet hatte (it takes so long).

Der Chor antwortet auf Harrisons Zeilen im ersten Teil mit dem jüdisch-christlichen Ruf Halleluja, im zweiten Teil mit dem hinduistischen Hare-Krishna-Mantra. Harrison wollte damit zeigen, dass diese beiden Ausdrücke ziemlich das Gleiche (quite the same thing) sind.[14]

Veröffentlichung

Mit auf der oben genannten Tournee war Billy Preston, der das Lied auf seinem – von George Harrison für Apple Records produzierten – Album Encouraging Words veröffentlichte. Dieses Album erschien am 7. Januar 1970 und stellte somit die erste Veröffentlichung der Komposition dar. Im November 1970 erschien das Lied auf dem Album All Things Must Pass, am 15. Januar 1971 wurde der Titel außerdem als Doppel-A-Seiten-Single mit dem Stück Isn’t It a Pity veröffentlicht.

Wiederveröffentlichungen und alternative Versionen

My Sweet Lord war Teil des Programms, das George Harrison auf dem The Concert for Bangla Desh spielte. Diese Liveversion hat eine Spielzeit von 4 min 16 s. Eine zweite Liveversion mit einer Spielzeit von 5 min 35 s des Songs befindet sich auf der Doppel-CD Live in Japan, die George Harrison im Jahr 1992 veröffentlichte. Im Jahr 2000 nahm George Harrison den Song gemeinsam mit seinem Sohn Dhani, Sam Brown und Ray Cooper in einem leicht veränderten Arrangement auf.[15] Diese Version hat eine Spielzeit von 4 min 56 s und wurde als einer der fünf Additional Tracks auf der 30th Anniversary Edition von All Things Must Pass veröffentlicht.[16] Auf der Bonus-CD (identisch mit der 2012 erschienenen CD Early Takes: Volume 1) der DVD/Blu-ray-Veröffentlichung der Dokumentation Living in the Material World von Martin Scorsese wurde Take 1 des Songs veröffentlicht. Diese Version hat eine Spielzeit von 3 min 33 s. Leicht gekürzt auf 3 min 21 s findet sich der Take 1 auch auf der 50th Anniversary Edition von All Things Must Pass, die am 6. August 2021 erschien.

Besetzung

Besetzung:[17]

Plagiatsanklage und Prozess

Am 10. Februar 1971, also nur knapp einen Monat nachdem der Titel veröffentlicht worden war (und in der Folge wochenlang die Top-Positionen der internationalen Hitparaden belegt hatte), kam es zu einer Plagiats­klage. Der Vorwurf: Harrison habe die Melodie des Titels bei den Chiffons, einer US-amerikanischen Girlgroup der 1960er Jahre, gestohlen. Im Februar 1963 hatten sie mit ihrem Lied He’s So Fine einen Millionenseller und erreichten Platz 1 der US-amerikanischen Hitparade. Sieben Jahre später veröffentlichte George Harrison My Sweet Lord, dessen Melodielinie und Hookline dem Chiffons-Titel stark ähnelten. Der Kläger war die Bright Tunes Music Corp. als Rechteinhaber an der Komposition He’s so Fine.

Der Prozess zog sich über viele Jahre hin. Zuerst musste geklärt werden, ob eine Urheberrechts­verletzung durch George Harrison vorlag. Nachdem das zuständige Gericht dies eindeutig festgestellt hatte, stimmten Harrisons Anwälte einem Vergleich zu, dass ihm ein „unbeabsichtigtes Plagiat“ unterlaufen war.[18] Als Nächstes ging es darum, die Höhe des Schadensersatzes festzustellen, den Harrison zu zahlen hätte. Das Gericht berechnete nach einem komplizierten Schlüssel, welche Einnahmen durch My Sweet Lord über Plattenverkäufe, das Spielen des Titels im Rundfunk, Fernsehen und bei Konzerten oder Notenverkäufe zusammengekommen waren. Ferner kam das Gericht zum Schluss, dass auch die Albumverkäufe mit in die Rechnung einbezogen werden müssten, da der Erfolg der Single auch den LP-Verkauf angeheizt habe.

Am Ende kam das Gericht auf einen Betrag von 2.133.316 US-Dollar. Diese Summe wurde allerdings um den Faktor „George Harrison“ reduziert, da das Gericht befand, der Erfolg des Liedes sei zu einem Teil auch dem Künstler Harrison zuzuschreiben. Als zu zahlender Betrag wurden 1.599.987 US-Dollar festgesetzt.

Eine zwielichtige Rolle in der Geschichte spielte Allen Klein, der seit 1969 als Manager für die Beatles tätig war und auch George Harrison vertrat. Er war unter anderem bei der Organisation des Konzerts für Bangladesch beteiligt. Klein nutzte sein Insiderwissen, um Bright Tunes sämtliche Copyright-Rechte abzukaufen und sich damit die zu erwartenden Zahlungen aus dem Plagiatsprozess zu sichern. Dieser Plan ging allerdings nicht auf, denn das Gericht urteilte, dass Klein keinen finanziellen Vorteil aus der Verletzung seiner Fürsorgepflicht gegenüber Harrison ziehen dürfe.

Durch den Prozess wurde der Ruhm von My Sweet Lord in keiner Weise geschmälert. Während die Chiffons bereits 1970 keine Rolle mehr im Musikgeschäft spielten, gilt Harrisons Werk heute als eines der berühmtesten Plagiate der Musikgeschichte. Harrison selbst zog folgendes Fazit aus dem jahrzehntelang andauernden Rechtsstreit:

“I even tried to give My Sweet Lord away to get the thing settled – just let’em have it; it doesn’t matter to me. I’ve never had any money from it – it’s always been in escrow – and as far as I’m concerned the effect the song has had far exceeds any bitching that’s been going on between copyright people; it’s just greed and jealousy and all that. Give them the song – I don’t care. But my lawyers said: ‘Oh no you can’t do that; it’s impossible […]’. So, it drags on but it’s certainly not giving me sleepless nights.”

„Ich habe sogar versucht, My Sweet Lord einfach wegzugeben, um die Sache zu erledigen – gebt ihnen einfach die Rechte; ist mir völlig egal. Ich habe sowieso nie Geld davon gesehen – es lag immer beim Treuhänder – und soweit es mich betrifft, übersteigt die Wirkung, die das Lied gehabt hat, bei weitem das ganze Herumgezanke, das sich zwischen den Urheberrechts-Leuten abgespielt hat; das ist alles nur Gier und Eifersucht. Gebt denen das Lied – mir egal. Aber meine Anwälte sagten: ‚Oh nein, das kannst du nicht machen, das ist unmöglich […]‘. Und so zieht sich diese Angelegenheit weiter hin, aber mir verursacht es sicher keine schlaflosen Nächte.“

George Harrison in seiner Autobiografie I Me Mine.[19]

Sonstiges

  • Als Reaktion auf die Querelen um My Sweet Lord veröffentlichte Harrison im Jahr 1976 die Single This Song. In diesem Lied setzte er sich auf ironische Weise mit den Vorgängen auseinander. So heißt es im Text unter anderem:

“This song ain’t black or white and as far as I know don’t infringe on anyone’s copyright …”

„Dieses Lied ist weder schwarz noch weiß und so weit ich es beurteilen kann, verstößt es gegen keine Urheberrechte…“

George Harrison: This Song, 1976
und in Anspielung auf den Prozessgegner Bright Tunes findet sich die Zeile

“This tune has nothing Bright about it…”

„Diese Melodie enthält nichts von Bright…“

George Harrison: This Song, 1976
  • Anlässlich der Überarbeitung des Albums All Things Must Pass für die CD-Veröffentlichung im Jahr 2000 nahm Harrison gemeinsam mit Sam Brown eine neue Fassung des Stücks auf.
  • Am 14. Januar 2002 wurde My Sweet Lord erneut als Single veröffentlicht. Auf der Single befand sich dieses Mal nicht das Lied Isn’t It a Pity, stattdessen waren My Sweet Lord (2000) und Let It Down vorhanden.

Coverversionen

  • Im Jahr 1971 nahm Vicky Leandros eine deutschsprachige Coverversion mit dem Titel Wo ist er? auf.[20]
  • Die Konzertaufnahme einer Interpretation von Nina Simone unter Mitwirkung des Bethany Baptist Church Junior Choir Of South Jamaica wurde 1972 veröffentlicht.[21]
  • Beim Concert for George im Jahr 2002 wurde My Sweet Lord von Billy Preston aufgeführt.[22]

Literatur

  • Jason Fine (Hrsg.): Harrison. Olms. Zürich 2002, ISBN 3-283-00445-5.
  • Ian Inglis: The Words and Music of George Harrison. Praeger. Santa Barbara 2010, ISBN 978-0-313-37532-3.
  • Simon Leng: The Music of George Harrison. While My Guitar Gently Weeps. Firefly. London 2003, ISBN 0-946719-50-0.
  • N. N.: George Harrison. His Eighteen Greatest Songs. Music Sales. London 1991, ISBN 0-7119-2523-2.
  • George Harrison: I Me Mine. Genesis. Guildford 2017, ISBN 978-1-905662-40-1.
  • Andreas Rohde: George Harrison solo. Eine musikalische Biographie. Nicole Schmenk. Oberhausen 2013, ISBN 978-3-943022-14-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. George Harrison – My Sweet Lord – austriancharts.at. Ö3 Austria Top 40, abgerufen am 28. April 2010.
  2. Günter Ehnert (Hrsg.): Hit Bilanz. Deutsche Chart Singles 1956–1980. Hamburg: Taurus Press 1990, S. 93.
  3. George Harrison – My Sweet Lord – hitparade.ch. Swiss Music Charts, abgerufen am 28. April 2010.
  4. George Harrison in den britischen Charts. The Official Charts Company, abgerufen am 14. Mai 2016.
  5. allmusic (All Things Must Pass > Charts & Awards > Billboard Singles). allmusic.com, abgerufen am 28. April 2010.
  6. Harrison S. 174.
  7. His Eighteen Greatest Songs, S. 3–5.
  8. This song is in E. Harrison S. 363 und 365
  9. Leng S. 58; Rohde S. 25–26.
  10. Fricke, David: Die Geschichten hinter den Songs. Hrsg.: Fine. S. 179.
  11. Fricke S. 179.
  12. Inglis S. 24.
  13. Harrison S. 173.
  14. Harrison S. 174.
  15. George Harrison's liner notes, booklet accompanying All Things Must Pass reissue (Gnome Records, 2001; produced by George Harrison & Phil Spector).
  16. George Harrison – All Things Must Pass (2001, CD). Abgerufen am 5. September 2021 (englisch).
  17. Rohde, S. 33.
  18. scholar.google.com: Bright Tunes Music Corp. v. Harrisongs Music, Ltd., 420 F. Supp. 177 – Dist. Court, SD New York 1976. Abgerufen am 24. März 2018.
  19. George Harrison: I, Me, Mine. London: Phoenix, 2004, ISBN 0-7538-1734-9, S. 63 f.
  20. Rohde, S. 35.
  21. Nina Simone – In Concert – Emergency Ward! Abgerufen am 10. Juli 2018.
  22. Ian Inglis: The Words and Music of George Harrison. S. 127.

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George Harrison in the Oval Office during the Ford administration.