Musikerviertel (Flensburg)

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Der Beginn der Beethovenstraße, am westlichen Rand des Musikerviertels (2013).
Hochhaus Brahmstraße 1 (Foto 2014)
Die beiden Punkthäuser im Franz-Schubert-Hof (Foto 2014)
Backsteinerne Wohnhäuserreihen des Musikerviertels (Foto 2014)
Mozartstraße 2 (Foto 2019)
Zeilenbauten Mozartstraße 13-7, 19-23, 25-29 (Foto 2017)
Der Komponist Wolfgang Amadeus Mozart auf der Außenwand eines sanierten Hauses. (Foto 2020)
Zwei der Außenwandbemalungen in der Mozartstraße (2018)

Das Musikerviertel in Flensburg-Engelsby ist ein Stadtgebiet, das im 20. Jahrhundert in Form einer Großwohnsiedlung[1] entstand und einen großen Teil des Stadtteils Engelsby darstellt.[2] Die Straßen im Viertel wurden nach Komponisten benannt.[3][4]

Lage

Das Musikerviertel liegt inmitten des Stadtteils Engelsby. Am westlichen Rand des großflächigen Musikerviertels liegt Engelsby-Süd. Am östlichen Rand befinden sich das Sternenviertel, Twedt, Trögelsby und der Vogelsang. Im Süden wird das Musikerviertel durch den Stadtteil Tarup inklusive des Adelbyer Gebiets begrenzt. Entlang des nördlichen Randes verlaufen die Engelsbyer Straße sowie die Nordstraße.[5]

Hintergrund

Die Bausubstanz des Musikerviertels, die aus Geschosswohnungsbauten (Zeilenbauten und Hochhäusern)[6] besteht, entstand größtenteils in der Zeit von 1961 bis 1968.[1] Zum Ende des Zweiten Weltkrieges war Flensburg durch den Zuzug von Flüchtlingen kurzfristig zu einer Großstadt herangewachsen. Nach dem Krieg bemühte sich die Stadt die Wohnumstände der Flüchtlinge zu verbessern und Flüchtlingslager, die über die ganze Stadt verteilt waren, nach und nach zu schließen.[7] In Folge wurde insbesondere im Ostteil der Stadt Wohnraum geschaffen. Die Bautätigkeit konzentrierte sich in den 1950er Jahren zunächst noch auf den benachbarten Stadtteil Fruerlund.[8] Die Stadt Flensburg zählte 1960 über 97.000 Einwohner (vgl. Einwohnerentwicklung von Flensburg), von denen 2.436 Menschen in 11 Gemeinschaftslagern leben mussten.[9] Es sollte wegen des Mangels weiterer Wohnraum im Randbereich der Stadt geschaffen werden.[10] Anfang der 1960er Jahre begann schließlich die Erschließung und Bebauung des Bereichs direkt südlich der Engelsbyer Straße, wo sich damals noch unbebaute Flächen, Felder und Wiesen befanden.[11]

Im Zuge dieser Bebauung entstanden mehrere Straßen, die nach Komponisten benannt wurden.[12] Die ersten Straßen des neuen Viertels erhielten am 5. April 1961 ihren Namen. Es waren dies: die Beethovenstraße, die Brahmsstraße, die Dietrich-Buxtehude-Straße, der Franz-Schubert-Hof, der Händelhof, die Mozartstraße sowie die Weberstraße. Am 27. September 1962 folgte die Benennung der Joseph-Hayebaudn-Straße. Die Richard-Wagner-Straße bekam ihren Namen am 9. November 1965 zugesprochen. Mit den Benennungen der Straßen wurde auch schrittweise der Aufbau der an ihnen liegenden Mietswohnhäuser vollendet. Im Jahr 1966 wurden so auch die Punkthäuser Franz-Schubert-Hof 20 und 21 sowie Mozartstraße 31 vollendet.[13] Im selben Jahr konnte im Übrigen die letzte Flüchtlingsbaracke Flensburgs geräumt werden.[14] Der Franz-Liszt-Hof und die Nikolaus-Bruhns-Straße erhielten am 9. Oktober 1969 ihre Namen. Mit einem großen zeitlichen Abstand erhielt letztlich die Max-Reger-Straße am 5. Juli 1979 ihren Namen.[15] Irgendwann in dieser Zeit entstand zudem in der Brahmstraße 1, an der Ecke zur Mozartstraße, das größte Hochhaus der Großwohnsiedlung.[16]

Nach dem Bau dieser ungefähr 1.280[1] Wohneinheiten[17] erhöhte sich die Bevölkerungszahl des Stadtteils Engelsby um ungefähr 2.900 Menschen.[18] Der Kirchenvorstand der Adelbyer Kirche reagierte auf den Bevölkerungsanstieg der 1960er Jahre.[18] Für die Kinder des Musikerviertels wurde 1970 die Evangelische Kindertagesstätte Engelsby in der Brahmsstraße eingerichtet.[19] Die unweit der Kita gelegene städtische Grundschule Engelsby, in der Brahmsstraße 2, mit ihrem zugehörigen, großen Sportplatz,[20][21] wurde offensichtlich relativ zeitgleich inmitten des Musikerviertels eingerichtet.[22] Der Kirchenvorstand Adelby reagierte zudem mit dem Bau eines Gemeindezentrums inmitten des Viertels. In dem 1973 fertiggestellte Gemeindezentrum, das aus einer kleinen Kapelle und einem Vielzwecksaal besteht, finden seitdem Gottesdienste und verschiedene andere Veranstaltungen statt.[18]

Die Mozartstraße entwickelte sich zu einer Hauptstraße des Musikerviertels.[5] An ihr liegen heute mehrere Ladengeschäfte, Restaurants, eine Filiale der örtlichen Sparkasse sowie mehrere Bushaltepunkte.[23][24] In den 1980er und 1990er Jahren zogen viele Spätaussiedler im Musikerviertel ein.[25] 1998 wurde in einem Hochhaus im Franz-Schubert-Hof 21 die Polizeistation Engelsby eingerichtet.[25][26] In den 1990er Jahren war es zu gewalttätig ausgetragenen Konflikten zwischen Engelsbyer und Mürwiker Jugendlichen gekommen. Auch Vandalismus war ein Problem.[25] 2004 wurde der Polizeistation im Viertel ein Dokumentarfilm gewidmet.[27] Nach dem Bau der Osttangente erhielt die Mozartstraße 2007 ein Anbindung zur Nordstraße (B 199).[5] Die Wohnqualität und das positive Image des Musikerviertels konnte seit den ersten 2000er Jahren durch Umbaumaßnahmen gesteigert werden.[6][25]

Seit 2017 wurden die fünf viergeschossigen Zeilenbauten des Selbsthilfe-Bauvereins an der Mozartstraße saniert. Ihre Rotbacksteinfassade, aus den 1960er Jahren, wurde durch eine neue, weiße Fassade ersetzt, Außenfahrstühle sowie Staffelgeschosse für neuen Wohnraum wurden hinzugefügt.[28] Des Weiteren erhielten die Außenfassaden der Häuser, zur Straße hin, acht Meter mal acht Meter große Wandmalereien mit Motiven zu Musikstücken des Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart.[29][30] Die Mozart-Stücke auf denen die Außenwandbemalungen der Mehrfamilienhäuser an der Mozartstraße beruhen sind: Die Hochzeit des Figaro, Don Giovanni, Die Entführung aus dem Serail, Eine kleine Nachtmusik sowie Die Zauberflöte.[29][30] Auch zwei der westlich an der Mozartstraße gelegene Rotbackstein-Mehrfamilienhäuser (Nr. 9-23, 25-29) wurden offensichtlich in diesem Zeitraum weitgehend umgestaltet. Einige der benachbarten, westlich und östlich gelegenen Wohnhäuser, deren Optik denen der sanierten Häuser ursprünglich ähnelten, wurden bisher nicht umgebaut. Heutzutage wohnt offensichtlich der größte Teil der Engelsbyer weiterhin in den erwähnten mehrgeschossigen Wohnblöcken des Musikerviertels. Lediglich in den Randbereichen des Musikerviertels wohnen Familien in Einfamilienhäusern.[31]

Weblinks

Commons: Musikerviertel (Flensburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Grosswohnsiedlungen in Schleswig-Holstein, abgerufen am: 20. Januar 2019
  2. Flensburg, Stadtteil — Engelsby (Memento vom 18. November 2010 im Internet Archive); abgerufen am 20. Januar 2019 sowie Stadtteile, herausgegeben von der Stadt Flensburg (Memento vom 24. Februar 2016 im Internet Archive)
  3. Falk-Verlag: Stadtplan Flensburg + Umgebungskarte, 2013
  4. Vgl. Beschlussvorlage RV-2/2007. Umwelt- und Planungsausschuss am 06.02.2007. Ratsversammlung am 15.02.2007. Straßenbenennungen, abgerufen am: 20. Januar 2019 sowie die Annahme der Vorlage RV-2/2007 durch die Ratsversammlung am 15.02.2007
  5. a b c Beschlussvorlage RV-2/2007. Umwelt- und Planungsausschuss am 06.02.2007. Ratsversammlung am 15.02.2007. Straßenbenennungen, abgerufen am: 20. Januar 2019 sowie die Annahme der Vorlage RV-2/2007 durch die Ratsversammlung am 15.02.2007
  6. a b Flensburg, Stadtteil — Engelsby (Memento vom 18. November 2010 im Internet Archive); abgerufen am 20. Januar 2019
  7. Gerhard Paul und Broder Schwensen (Hrsg.): Mai '45. Kriegsende in Flensburg, 2015, Seite 171 ff.
  8. Flensburger Tageblatt: Heimat mit Ententeich - ein Zuhause für tausende Flüchtlinge, vom: 1. April 2010; abgerufen am: 1. Juni 2020
  9. Gerhard Paul und Broder Schwensen (Hrsg.): Mai '45. Kriegsende in Flensburg, 2015, Seite 176
  10. Flensburger Tageblatt: Mit der Bahn kam Schwung ins Dorf, vom: 1. April 2010, abgerufen am: 1. Juni 2020
  11. Gerret Liebing Schlaber: Vom Land zum Stadtteil. Flensburgs Stadtfeld und die eingemeindeten Dörfer in Bild und Wort ca. 1860–1930. Flensburg 2009. Seite 127 f. sowie Karte Flensburg (Süd) von 1936, abgerufen am: 1. Juni 2020
  12. Gerret Liebing Schlaber: Vom Land zum Stadtteil. Flensburgs Stadtfeld und die eingemeindeten Dörfer in Bild und Wort ca. 1860–1930. Flensburg 2009. Seite 131
  13. Dieter-J. Mehlhorn: Architektur in Schleswig-Holstein. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Hamburg 2016, S. 142
  14. Gerhard Paul und Broder Schwensen (Hrsg.): Mai '45. Kriegsende in Flensburg, 2015, Seite 176 f.
  15. Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN 3-925856-50-1 (Die Bennungsdaten sind dort im jeweiligen Straßenartikel zu finden.)
  16. Das Hochhaus in der Brahmstraße 1 gehört mit seinen dreizehn Stockwerken zu den höchsten Hochhäusern der Stadt Flensburg. Siebzehn Stockwerke besitzt das Flensburger Rathaus. Ein Wohnhochhaus mit vierzehn Geschossen befindet sich Am Katharinenhof. Quellen: Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein. Band 2, Flensburg, S. 84 und Flensburger Tageblatt: Flensburgs Hochhäuser im Blick : Die Mahnung des Londoner Feuers, vom: 21. Juni 2017 sowie hinsichtlich der Stockwerksanzahl des Hochhauses Brahmstraße 1: Emporis (Plattform für Gebäudeinformationen und Bauprojekte) Brahmsstraße 1, jeweils abgerufen am: 31 März 2020
  17. Vgl. Focus: Wohneinheit (WE): Was ist das eigentlich genau? Einfach erklärt, vom: 14. März 2016; abgerufen am: 20. Januar 2019
  18. a b c Unser Gemeindezentrum, Die Geschichte der Entstehung des Gemeindezentrums ist zugleich die Geschichte der Kirchengemeinde Engelsby. abgerufen am 20. Januar 2019
  19. Ev. Kindertagesstätte Engelsby, S. 4, abgerufen am: 18. Januar 2019
  20. Flensburger Tageblatt: Schule Engelsby arbeitet an einem Familienzentrum, vom: 26. August 2011, abgerufen am: 31. Mai 2020
  21. Flensburger Tageblatt: Friedheim-Schule: Die Spiele finden statt, vom: 13. Juni 2017; abgerufen am: 31. Mai 2020
  22. Vgl. Homepage der Grundschule Adelby und Flensburger Tageblatt: Engelsby - lange Tage mit vielfältigem Freizeitangebot, vom: 11. September 2009; abgerufen am: 20. Januar 2019 sowie Flensburger Tageblatt: Schule Engelsby arbeitet an einem Familienzentrum, vom: 26. August 2011; abgerufen am: 20. Januar 2019
  23. Flensburger Tageblatt: Stadtteilforen in Flensburg: Verkehr wird in Engelsby wieder Thema, vom: 30. Dezember 2015; abgerufen am: 20. Januar 2019
  24. Flensburger Tageblatt: Flensburg: Nospa will die Stadtteile stärken, vom: 5. Januar 2015; abgerufen am: 20. Januar 2019
  25. a b c d Flensburger Tageblatt: Engelsby: Das Präventionsrevier, vom: 1. April 2010; abgerufen am: 20. Januar 2019
  26. Flensburg Mobil. Polizeistation Engelsby/Tarup, abgerufen am: 20. Januar 2019
  27. Norddeutsche Filmtage Lübeck. Polizeistation Engelsby, die dokumentarfilme von fredo wulf. Polizeistation Engelsby und IMDb. Polizeistation Engelsby (2004)
  28. Flensburger Tageblatt: SBV Flensburg: 658 neue Wohnungen in vier Jahren, vom: 19. Mai 2017; abgerufen am: 31. Mai 2020
  29. a b Förde.News. Mehr Mozart für die Mozartstraße, vom: 26. September 2017; abgerufen am: 20. Januar 2019
  30. a b Haufe. SBV wertet Gebäudefassaden mit großen Wandbildern auf, vom: 27. September 2017; abgerufen am: 20. Januar 2019
  31. Die Städtische Kindertagesstätte Engelsby, S. 6, abgerufen am: 18. Januar 2019

Koordinaten: 54° 47′ 30,9″ N, 9° 28′ 17,6″ O

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