Mottgers

Mottgers
Gemeinde Sinntal
Koordinaten:50° 18′ N, 9° 39′ O
Höhe: 263 (261–333) m ü. NHN
Fläche:13,15 km²[1]
Einwohner:669 (31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte:51 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Juli 1972
Postleitzahl:36391
Vorwahl:06664

Mottgers ist ein Ortsteil der Gemeinde Sinntal im osthessischen Main-Kinzig-Kreis. Der Ort liegt im Tal der Schmalen Sinn, 10,5 km südöstlich von Schlüchtern.

Geschichte

Ortsgeschichte

Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Mottgers erfolgte unter dem Namen Otekaresdorf im Jahr 923, als Graf Hessi seinen gesamten Besitz in Mottgers dem Kloster Fulda schenkte. In erhaltenen Urkunden wurde Mottgers später unter den folgenden Namen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung): Otekares (1167), Oetenkars (1317), Motkars (1355), Motgars (1358), Motiges (1494), Muttigers (1582) und Motgarts (1549).

1167 besaß die fuldische Filialgründung Kloster Schlüchtern das Dorf und den Zehent in Mottgers. In der Folge der Ort an die Herrschaft Hanau und damit später zur Grafschaft Hanau und schließlich zur Grafschaft Hanau-Münzenberg. Es war Teil des Gerichts Altengronau. Den Grafen von Hanau gelang es nicht, das Gericht Altengronau im Rahmen der Territorialisierung ihrer Grafschaft insgesamt in diese einzubinden. Der Einfluss anderer Adelshäuser blieb hier immer massiv präsent. So besaßen 1549 die von Thüngen in Mottgers den Zehenten. Nach dem Tod des letzten Hanauer Grafen, Johann Reinhard III., im Jahre 1736 erbten die Landgrafen von Hessen-Kassel die gesamte Grafschaft Hanau-Münzenberg. Mottgers gehörte so später zum Kurfürstentum Hessen und nach dessen Verwaltungsreform von 1821 zum Landkreis Schlüchtern und dem Justizamt Schwarzenfels.

Zuglaufschild der Rekordfahrt

Am 1. Mai 1988 startete am Hauptbahnhof Würzburg eine Weltrekordfahrt des ICE-Prototypen InterCityExperimental. Der Triebzug erreichte auf dem speziell dafür ausgelegten Streckenabschnitt zwischen Würzburg und Mottgers eine Geschwindigkeit von 406,9 km/h und hielt damit den Weltrekord für Rad-Schienen-Fahrzeuge.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen bildete sich zum 1. Juli 1972 die Gemeinde Sinntal durch den freiwilligen Zusammenschluss der bisher selbständigen Gemeinden Mottgers, Schwarzenfels und Weichersbach.[2][3] Für Mottgers wurde, wie für die übrigen Ortsteile von Sinntal, ein für die übrigen Ortsteile ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[4]

Verwaltungsgeschichte im Überblick

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Mottgers angehört(e):[5][6]

Kirchliche Verhältnisse

1167 gehörte das Dorf zur Pfarrei Ramholz des Klosters Schlüchtern. 1549 umfasste seine Pfarrei die Dörfer Oberzell, Schwarzenfels, Weichersbach und Züntersbach. Damals besaß das Kloster Schlüchtern das Kirchenpatronat. Heute hat Mottgers zwei Kirchen, eine evangelische Kirche, die sich direkt im Ort befindet, und eine katholische, die sich im Siedlungsgebiet befindet. Dabei ist die evangelische Kirche die größere von beiden, da in Mottgers mehr Protestanten als Katholiken leben. Die evangelische Kirche ist auch die Hauptkirche der Kirchengemeinde Weichersbach-Schwarzenfels-Mottgers, da in Mottgers auch das evangelische Pfarramt steht.

Bevölkerung

Einwohnerstruktur 2011

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Mottgers 690 Einwohner. Darunter waren 18 (2,6 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 120 Einwohner unter 18 Jahren, 276 zwischen 18 und 49, 150 zwischen 50 und 64 und 144 Einwohner waren älter.[9] Die Einwohner lebten in 291 Haushalten. Davon waren 69 Singlehaushalte, 87 Paare ohne Kinder und 105 Paare mit Kindern, sowie 24 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 63 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 163 Haushaltungen lebten keine Senioren.[9]

Einwohnerentwicklung

Quelle: Historisches Ortslexikon[5]
• 1587:27 Schützen, 7 Spießer
• 1812:111 Feuerstellen, 582 Einwohner
Mottgers: Einwohnerzahlen von 1812 bis 2020
Jahr  Einwohner
1812
  
582
1834
  
803
1840
  
848
1846
  
896
1852
  
835
1858
  
803
1864
  
696
1871
  
862
1875
  
629
1885
  
567
1895
  
525
1905
  
597
1910
  
615
1925
  
595
1939
  
812
1946
  
883
1950
  
895
1956
  
802
1961
  
755
1967
  
754
1970
  
717
1979
  
827
1990
  
895
1995
  
826
2000
  
777
2005
  
763
2010
  
726
2011
  
690
2015
  
687
2020
  
669
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[5]; nach 1970: Gemeinde Sinntal[10][1]; Zensus 2011[9]

Historische Religionszugehörigkeit

• 1885:543 evangelische (= 97,14 %), 9 katholische (= 1,61 %), 7 jüdische (= 1,25 %) Einwohner[5]
• 1961:594 evangelische (= 78,68 %), 157 katholische (= 20,79 %) Einwohner[5]

Wirtschaft und Infrastruktur

Unternehmen

Im Dorf existiert ein Werk des Wohnwagenherstellers Knaus Tabbert. Nachdem das Unternehmen zum 1. Januar 2009 von der niederländischen Investmentgesellschaft HTP Investments übernommen wurde, war die Zukunft des Produktionsstandortes Mottgers zunächst unklar. Im September 2013 wurde nach gut 15 Monaten Bauzeit eine neue Produktionshalle in Betrieb genommen. Nach eigenen Angaben lag die Gesamtinvestition bei ca. sechs Millionen Euro.[11]

Verkehr

Die nächsten Bahnhöfe liegen an der Bahnstrecke Flieden–Gemünden und befinden sich in Jossa und Sterbfritz. Die Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg unterquert die Neubausiedlung von Mottgers. Der Betriebsbahnhof Mottgers liegt ebenfalls auf dem Gebiet vom Mottgers.

Eine projektierte Verbindungskurve zwischen der Kinzigtalbahn und der Schnellfahrstrecke trägt die Bezeichnung Mottgers-Spange.

Mottgers liegt an den Buslinien MKK-91 (Schlüchtern Bahnhof - Sterbfritz - Mottgers - Jossa (- Marjoß)), MKK-96 (Züntersbach - Schwarzenfels - Sterbfritz - Schlüchtern Untertor) und MKK-97 (Züntersbach - Weichersbach - Altengronau), die an den Haltestellen Mottgers Mittelstraße (MKK-91/MKK-97) zentral im Ort und Mottgers Brückenstraße (MKK-91/MKK96/MKK97) in dem Siedlungsgebiet halten. Auch am Wochenende verkehren drei bis vier Busse am Tag der Linie MKK-91 pro Richtung (zum bzw. vom Bahnhof in Schlüchtern). Die Busse enden an der Haltestelle Mottgers Brückenstraße, drehen dort und fahren zurück nach Schlüchtern. Damit ist Mottgers der einzige Ort im echten Sinn-Tal, der auch wochenends mit dem Bus zu erreichen ist.

Bildung

Mottgers hat eine eigene Grundschule. Im Jahre 2011 wurde der alte Schulbau in der Dorfmitte (Brückenstraße 2) abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Dieser umfasst 335 m² und erwirtschaftet einen Teil seiner Energie durch Solarzellen. Für diesen Neubau wurden knapp 950.000 € investiert. Wegen der geringen Schülerzahlen in den Ortsteilen der Gemeinde Sinntal wurde über die Schließung von einzelnen Grundschulen nachgedacht. Auch Mottgers stand im Gespräch, geschlossen zu werden. Dies konnte allerdings abgewendet werden.[12] Die Grundschule Mottgers hat ihren eigenen Förderverein.[13]

Literatur

  • Heinrich Reimer: Historisches Ortslexikon für Kurhessen. Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 14, 1926, S. 337.
  • Literatur über Mottgers nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie

Anmerkungen und Einzelnachweise

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Durch den Reichsdeputationshauptschluss.
  3. Infolge der Napoleonischen Kriege.
  4. Infolge der Beschlüsse des Wiener Kongresses.
  5. Trennung von Justiz (Justizamt Schwarzenfels) und Verwaltung.
  6. Infolge des Deutschen Krieges.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.
  8. Am 1. Juli 1972 als Ortsbezirk zur Gemeinde Sinntal.

Einzelnachweise

  1. a b c Gemeinde Sinntal – Gemeindeinformationen. Abgerufen am 12. November 2022.
  2. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 21. Juni 1972. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 28, S. 1197, Punkt 851; 2. Abs. 1. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,4 MB]).
  3. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 376 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder).
  4. Hauptsatzung. (PDF; 529 kB) §; 5. In: Webauftritt. Gemeinde Sinntal, abgerufen im Februar 2019.
  5. a b c d e Mottgers, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 25. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  6. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 205 f. (online bei Google Books).
  8. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 76.
  9. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 30 und 84, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  10. Haushaltssatzung für den Haushaltsplan 2019. (PDF; 2,8 MB) Statistische Angaben. Gemeinde Sinntal, S. 41, archiviert vom Original; abgerufen im Januar 2019.
  11. Alexander G. Wehrmann: KNAUS TABBERT: Neue Vorzeige-Produktion für Premium-Caravans in Mottgers eröffnet. (PDF; 189 kB) In: tabbert.de. 10. Oktober 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Juni 2015; abgerufen am 14. November 2013.
  12. Website Grundschule Mottgers
  13. Förderverein Grundschule Mottgers

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Autor/Urheber: Bigbug21, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Zuglaufschild der ICE-V-Weltrekordfahrt vom 1. Mai 1988, ausgestellt im DB-Museum Nürnberg. Der Zug erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 406,9 km/h auf dem Südabschnitt der Schnellfahrstrecke zwischen Würzburg und Hannover.