Montreux-Berner Oberland-Bahn
Die Montreux-Berner Oberland-Bahn, abgekürzt MOB, französisch Chemin de fer Montreux Oberland bernois, ist eine Schweizer Bahngesellschaft. Heute ist sie im Handelsregister mit der Schreibweise Compagnie du Chemin de fer Montreux Oberland bernois SA und Montreux Berner Oberland Bahn AG eingetragen, bis 2010 lautete die deutsche Eigenschreibweise Montreux-Berner Oberland-Bahn. Sie ist sowohl Eisenbahnverkehrsunternehmen als auch Infrastrukturbetreiberin, im Wesentlichen betreibt sie die meterspurige Bahnstrecke Montreux–Lenk im Simmental. Das Unternehmen wurde Ende der 1890er Jahre gegründet, um diese Bahnstrecke zu bauen.
Geschichte
Die MOB nahm die erste Teilstrecke von Montreux bis zur Ortschaft Les Avants im Tal der Baye de Montreux im Jahr 1901 in Betrieb. Das stark ansteigende Trassee führt kurvenreich über Sonzier und Chamby in das Berggebiet oberhalb von Montreux. Bei Chamby liegen die Gleise in einem Kehrtunnel. Die Haltestelle von Les Avants liegt 570 m höher als der Bahnhof Montreux.
Der nächste Streckenabschnitt von Les Avants nach Montbovon war am 1. Oktober 1903 fertiggestellt. Es war der schwierigste Bauabschnitt, in welchem das Gleis von Les Avants in östlicher Richtung nach Jor leicht ansteigend und mit mehreren kurzen Tunnels dem steilen Berghang im oberen Tal der Baye de Montreux folgt und zwischen Jor (1080 m ü. M.) und Les Cases (1115 m ü. M.) durch den 2424 m langen Jamantunnel führt. Im Tunnel erreicht die Strecke das Gebiet des Kantons Freiburg. Von Les Cases aus folgt die Bahnstrecke talwärts dem Hongrin bis nach Montbovon an der Saane. 1904 erreichte auch die Greyerzer Linie der Bahngesellschaft Chemin de fer Châtel-St-Denis-Bulle-Montbovon, die sich bald darauf den neuen Namen Chemins de fer électriques de la Gruyère gab, den Bahnhof von Montbovon.
1904 begann der Bahnbetrieb auf der Strecke von Montbovon (Kanton Freiburg) nach Château-d’Oex (Kanton Waadt) und Gstaad im Kanton Bern, im folgenden Jahr auf der Strecke von Gstaad über den Saanenmöserpass, den höchsten Punkt im MOB-Streckennetz (1279 m ü. M.), nach Zweisimmen. Im Bahnhof Zweisimmen besteht der Anschluss an die 1902 eröffnete Erlenbach-Zweisimmen-Bahn (Normalspur). 1912 ergänzte die MOB die Verbindungen mit der Linie von Zweisimmen nach Lenk. Für den Transport normalspuriger Güterwagen von Zweisimmen nach Lenk setzt die MOB Rollböcke ein.
Mit der Weltwirtschaftskrise verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der MOB und es musste auf Investitionen und Erneuerungen verzichtet werden. Erst das Inkrafttreten des Privatbahnhilfegesetzes ermöglichte in den 1940er Jahren die Beschaffung neuer Triebwagen und Wagen. Mit dem Inkrafttreten des Eisenbahngesetzes verbesserte sich die Situation zusehends und ab 1962 konnte der Fahrzeugpark systematisch erneuert werden. Schliesslich wurden selbst neue Konzepte entworfen und es entstanden, zu wesentlichen Teilen in der eigenen Werkstätte in Chernex, klimatisierte Panoramawagen. Dabei wurden, um Kosten zu sparen, Drehgestelle, Untergestelle und andere brauchbare Komponenten alter Wagen wiederverwendet.
Seither hat sich die MOB mit den (inzwischen teilweise wieder verschwundenen) Markennamen Panoramic Express, Super Panoramic Express, Crystal Panoramic Express, Golden Pass Panoramic und Golden Pass Classic innerhalb der zusammen mit der Bern-Lötschberg-Bahn (BLS) und der Brünig-Bahn betriebenen Golden-Pass-Line von Montreux über Gstaad, Zweisimmen, Interlaken nach Luzern etabliert. Die durchgängige Vermarktung mit einigen einheitlich goldfarben gestalteten Fahrzeugen konnte aber den Mangel des Umsteigenmüssens am Bahnhof Zweisimmen und am Bahnhof Interlaken Ost wegen der normalspurigen BLS-Strecke nicht beseitigen.
Eine seit den 1980er Jahren verfolgte Idee eines Dreischienengleises Zweisimmen–Spiez–Interlaken war nicht finanzierbar. 2008 präsentierte die MOB ein umspurbares Drehgestell für die Panoramawagen, welches zusammen mit dem Winterthurer Engineering-Unternehmen Prose AG entwickelt wurde.[1] Im April 2011 stimmten der Bund und die beteiligten Kantone zu, die erforderlichen Umspuranlagen vorerst in Zweisimmen zu finanzieren. Nach mehrfacher Verschiebung, unter anderem begründet mit Verzögerungen in der Produktion der Drehgestelle aufgrund der Covid-19-Pandemie,[2] verkehren seit Juni 2023 vier Zugpaare des Golden-Pass-Express pro Tag umsteigefrei zwischen Montreux und Interlaken.[3]
Fahrzeuge der Montreux-Berner Oberland-Bahn
Der umfangreiche Meterspur-Fahrzeugpark, mit dem die Bahnstrecke Montreux–Lenk im Simmental betrieben wird beziehungsweise betrieben wurde, umfasst Dampflokomotiven, Elektrolokomotiven, Elektrotriebwagen, Reisezugwagen, Güterwagen und Dienstfahrzeuge.
Literatur
- Michel Grandguillaume, Gérald Hadorn, Sébastien Jarne und Jean-Louis Rochaix: Chemin de fer Montreux Oberland Bernois. Du Léman au Pays-d’Enhaut, Band 1. Bureau vaudois d’adresses (BVA), Lausanne 1992, ISBN 2-88125-008-4
- Michel Grandguillaume, Gérald Hadorn, Sébastien Jarne und Jean-Louis Rochaix: Chemin de fer Montreux Oberland Bernois, Du Léman au Pays-d’Enhaut, Band 2. Bureau vaudois d’adresses (BVA), Lausanne 1994, ISBN 2-88125-009-2
- Jean-Louis Rochaix et al.: Chemins de fer privés vaudois 1873–2000. Editions La Raillère, CH-1092 Belmont 2000, ISBN 2-88125-011-4
- Jean-Louis Rochaix et al.: Chemins de fer privés vaudois 2000–2009. Editions La Raillère, CH-1092 Belmont 2009, ISBN 978-2-88125-012-5
- 75 Jahre MOB, 75 ans MOB, 1901–1976. (Zweisprachig: Französisch und Deutsch), Chemin de fer Montreux-Oberland Bernois (MOB), Montreux, 1976, ohne ISBN.
- Edward W. Paget Tomlinson, Roger Kaller und Pierre Stauffer: Die Montreux-Berner Oberland-Bahn, Le Montreux-Oberland Bernois, The Montreux-Oberland Bernois Railway. (Dreisprachig: Englisch, Französisch und Deutsch), Chemin de fer Montreux-Oberland Bernois (MOB), Montreux, 1985, ohne ISBN.
- Jean-Michel Hartmann: Zauber der MOB, Magie du MOB. (Zweisprachig: Französisch und Deutsch), Ott Verlag, Thun, 1985, ISBN 3-7225-6331-3
- Wolfgang Finke: Die Fahrzeuge der Montreux-Oberland-Bernois-Bahn. Zwei Bände, tram-TV Verlag, ISBN 978-3-943846-45-4.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Die Entwicklung eines spurwechselnden Drehgestells, mit von PROSE entworfenen Vorarbeiten, wird mit dem Alstom-Innovationspreis ausgezeichnet ( vom 25. Februar 2023 im Internet Archive). PROSE, 4. März 2020.
- ↑ Einführung des Goldenpass Express auf Dezember 2022 verschoben. (PDF; 341 kB) Montreux-Berner Oberland-Bahn, 9. November 2020, abgerufen am 12. April 2021 (Pressemitteilung).
- ↑ Urs Jossi: Betrieb des Golden-Pass-Express. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 11/2022, S. 597.
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Autor/Urheber: Markus Giger, Lizenz: CC BY-SA 2.5 ch
Golden Pass Panoramic anlässlich der 100-Jahr-Feier am 29. Mai 2004 bei Rougemont
Zwischen Blonay und der Haltestelle Chantemerle bergwärts fahrender Zug der Museumsbahn Blonay–Chamby (BC) auf der Bahnstrecke Blonay–Chamby. Der Zug bestehend aus dem frisch revidierten Triebwagen BCFe 4/4 11 und dem Personenwagen BC4 22 der Montreux–Berner Oberland-Bahn (MOB).
Autor/Urheber: Alexey M., Lizenz: CC BY-SA 4.0
La halte de Jor, une halte ferroviaire de Suisse.
Autor/Urheber: unknown, Lizenz:
Logo der MOB (Montreux-Berner Oberland-Bahn)
Aktie über 500 Franken der Comp. du CdF Montreux-Oberland Bernois vom 31. Dezember 1904
Galerie de La Tine MOB 1909, Rossinère VD, Schweiz