Monopolgruppentheorie

Als Monopolgruppentheorie bezeichnet man die marxistische Theorie, nach der sich die Kapitalistenklasse in rivalisierende Gruppen, die branchenspezifische Interessen haben und verfolgen, aufspaltet.

DDR-marxistisch-leninistische Theorien

Begründer der Monopolgruppentheorie war Jürgen Kuczynski, der zwischen den beiden Gruppen „Kohle-Eisen-Stahl“ und „Chemie-Elektro“ unterschied. Nach seiner Theorie habe „Kohle-Eisen-Stahl“ eine reaktionäre und „Chemie-Elektro“ eine liberalere Politik betrieben. Die Gründung der Weimarer Republik sei ein Sieg von „Chemie-Elektro“ über „Kohle-Eisen-Stahl“ gewesen, während die NSDAP die Massenbasis von „Kohle-Eisen-Stahl“ gewesen sein soll und die Machtübertragung an die NSDAP einen Sieg dieser Gruppe über „Chemie-Elektro“ darstellte.

Kurt Gossweiler modifizierte die Monopolgruppentheorie von Kuczynski, indem er die Banken einbezog. Für ihn kämpften in der Weimarer Republik und im Dritten Reich im Wesentlichen eine „alldeutsche“ gegen eine „amerikanische“ Fraktion. Die Hauptvertreter der „amerikanischen“ Fraktion seien Fritz Thyssen und Hjalmar Schacht gewesen.

Dietrich Eichholtz, der diesem Modell folgt, sieht in der Entmachtung von Schacht und Thyssen einen Sieg der „alldeutschen“ über die „amerikanische“ Fraktion. Eichholtz sieht als bestimmenden Faktor für die Bildung der Gruppen, das die Montankonzerne Stoffe und Energien erzeugen, während Chemie- und Elektroindustrie diese umwandeln. Dies erzeuge „verschiedene ökonomische Interessenlagen und verschiedene Taktiken und teilstrategische Zielsetzungen“. Für die Montankonzerne sei das wirtschaftsstrategische Hauptziel die „unermeßlichen Reichtümer“ der Sowjetunion und für die Nichteisen-Metallkonzerne und die Monopolreedereien ein Kolonialreich in Afrika gewesen. Für die Chemie- und Elektrokonzerne habe das Ziel hingegen in der Ausschaltung der Konkurrenz, somit der Kontrolle des Weltmarkts bestanden, wozu die Eroberung der Sowjetunion nur als Zwischenstufe und Mittel für die Erringung der Weltherrschaft diente.[1]

Eine eigene Monopolgruppentheorie zum Aufstieg der NSDAP vertritt hingegen Eberhard Czichon. Für ihn wollten die „Nazi-Industriellen“ mithilfe der NSDAP die Wirtschaftskrise durch rasche Wiederaufrüstung und strenge Autarkiepolitik überwinden, während ein anderer Flügel, „Keynesianer“ genannt, eine staatlich gelenkte Ankurbelung der Wirtschaft wollte.

Westliche Forscher

Hallgarten

George W. F. Hallgarten zieht die Trennungslinie zwischen anonymen Gesellschaften und unabhängigen Familienunternehmen.[2] Er meint das die kleineren unabhängigen Werke geführt von Krupp, Hoesch, Haniel und Klöckner gegen die Hitler-Führung bei der Sammlungspolitik des rechten Lagers waren, da sie die Diktatur der Männer des Stahlvereins (Vereinigte Stahlwerke) fürchteten, die sich immer enger mit Hitler verflochten.[3]

Sohn-Rethel

Alfred Sohn-Rethel unterscheidet die Industrie in der Weimarer Republik in das „Brüning-Lager“ (Elektro-, Chemie-, Maschinenbauindustrie, Großbanken) und das Lager der „Harzburger Front“ (Stahl-, Montan-, Bau- und Betonindustrie – mit Ausnahme von Krupp). Erstere Gruppe wurde damals unter dem Namen „Exportindustrie“ zusammengefasst, und die andere sammelte sich unter dem Schlagwort „Autarkie“. Nach Sohn-Rethel waren beide Gruppierungen weder nur am Binnenmarkt oder nur am Export interessiert, sondern beide hatten den internationalen Wirtschaftskampf im Sinn, aber mit verschiedenen Wegen und Methoden. Der Unterschied sei gewesen, dass das „Brüning-Lager“ immer noch Gewinne schrieb, während das Lager der „Harzburger Front“ damals als „Fronde der faulen Debitoren“ bezeichnet wurde.[4]

Pogge von Strandmann

Für Hartmut Pogge von Strandmann reicht die vereinfachte Formel von Kuczynski "Kohle-Stahl" gegen "Elektro-Chemie" keinesfalls aus, die „Machtkämpfe und Rivalitäten“ der Großindustriellen zu schematisieren. Er macht einen allgemeineren Gegensatz zwischen Schwerindustrie und verarbeitender Industrie aus. Während die verarbeitende Industrie Träger der durch die Novemberrevolution geschaffenen Modernisierung gewesen sei, habe die Schwerindustrie eine autoritäre Umformung der Weimarer Republik angestrebt und so eine destabilisierende Wirkung ausgeübt.[5]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Dietrich Eichholtz: Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft 1939–1945. Berlin 1969, Band 1, S. 147 ff.
  2. Turner: Verhältnis. S. 924.
  3. George W. F. Hallgarten, Joachim Radkau: Deutsche Industrie und Politik. Hamburg 1981, S. 212.
  4. Alfred Sohn-Rethel: Industrie und Nationalsozialismus. Aufzeichnungen aus dem »Mitteleuropäischen Wirtschaftstag«. Herausgegeben und eingeleitet von Carl Freytag, Wagenbach, Berlin 1992, passim.
  5. Hartmut Pogge von Strandmann: Widersprüche im Modernisierungsprozess Deutschlands. Der Kampf der verarbeitenden Industrie gegen die Schwerindustrie. In: Dirk Stegmann, Bernd-Jürgen Wendt, Peter-Christian Witt: Industrielle Gesellschaft und politisches System. Bonn 1978, S. 239 f.