Monika Wulf-Mathies

Monika Wulf-Mathies, 2018

Monika Wulf-Mathies, geb. Baier (* 17. März 1942 in Wernigerode), ist eine deutsche Gewerkschafterin, Managerin und Politikerin (SPD). Sie war von 1982 bis 1994 Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), von 1995 bis 1999 EU-Kommissarin für Regionalpolitik, von 2001 bis 2006 Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland sowie von 2001 bis 2008 Leiterin des Bereichs Politik und Nachhaltigkeit bei der Deutschen Post AG.

Leben

Monika Wulf-Mathies (geb. Baier) wurde nach einem Studium der Geschichte, Germanistik und Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Hamburg und Freiburg im Breisgau 1968 zur Dr. phil. promoviert. Im selben Jahr heiratete sie den Physiker Carsten Wulf-Mathies. Seit 1965 Mitglied der SPD, wurde sie 1971 Hilfsreferentin in der Pressestelle von Bundeswirtschaftsminister Karl Schiller und wechselte 1973 während der Kanzlerschaft von Willy Brandt in das Bundeskanzleramt, wo sie das Referat Sozial- und Gesellschaftspolitik leitete.

Wulf-Mathies wurde 1976 in den geschäftsführenden Hauptvorstand der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) berufen, wo sie für Sozial-, Frauen- und Gesundheitspolitik zuständig war. Am 29. September 1982 wurde sie überraschend zur Nachfolgerin des ÖTV-Vorsitzenden Heinz Kluncker auf dessen Vorschlag gewählt. Als erste weibliche Vorsitzende einer DGB-Gewerkschaft an der Spitze der zweitgrößten Einzelgewerkschaft Deutschlands setzte sie sich für das Ziel der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich ein und erreichte 1984 eine Arbeitszeitverkürzung auf 39,7 Stunden bei maßvollen Lohnerhöhungen und 1988 eine weitere Arbeitszeitverkürzung auf 38,5 Stunden. Von 1989 bis 1995 war Wulf-Mathies Präsidentin der Internationale der Öffentlichen Dienste.

Im Öffentlichen Dienst gab es 1992 eine Schlichtung, die von den Arbeitgebern aber abgelehnt wurde. Nach einem Streik einigte man sich letztlich in der Größenordnung auf den Schlichterspruch.[1] Die ÖTV erreichte 1994 eine Tariferhöhung von zwei Prozent, die durch mehrere Nullmonate und Einfrieren sowie Kürzung zahlreicher Zusatzleistungen begleitet wurde, so dass es sich faktisch trotz Arbeitskampf um eine Nullrunde handelte. Nachdem im September 1994 ihre Nominierung zur deutschen EU-Kommissarin als Nachfolgerin von Peter Schmidhuber bekannt geworden war, trat sie am 10. November 1994 als ÖTV-Vorsitzende zurück. 1995 wurde Herbert Mai zu ihrem Nachfolger in dieser Funktion gewählt.[2][3]

(c) Darchinger / Bertelsmann Stiftung, CC BY-SA 3.0 de
Monika Wulf-Mathies, 2000

Wulf-Mathies war von 1995 bis 1999 Kommissarin für Regionalpolitik und Kohäsion in der EU-Kommission Santer. Diese musste nach zahlreichen Korruptionsvorwürfen im März 1999 geschlossen zurücktreten. Die bedeutendsten dieser Vorwürfe richteten sich nicht gegen Wulf-Mathies, allerdings wurde auch ihr ein Fall von Vetternwirtschaft nachgewiesen.[4] Von 1999 bis 2000 fungierte sie für ein symbolisches Gehalt als europapolitische Beraterin im Bundeskanzleramt von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Seit 2001 war Wulf-Mathies Bereichsleiterin Politik und Nachhaltigkeit bei der Deutschen Post AG und ging Ende 2008 in Rente.[5]

Ihr Nachfolger wurde am 1. April 2009 Rainer Wend.[6] Sie war von 2001 bis 2006 Präsidentin der Europäischen Bewegung Deutschland und ist seitdem deren Ehrenpräsidentin.[7] Sie ist Kuratoriumsmitglied der Carlo-Schmid-Stiftung. Sie ist Mitglied im Konvent für Deutschland und im Beirat der Vereinigung Gegen Vergessen – Für Demokratie. Sie war außerdem Vorsitzende des im Januar 2010 gegründeten Vereins Fest.Spiel.Haus.Freunde.e.V für das Festspielhaus Beethoven in Bonn, der sich nach Rückzug der Post als Sponsor des Projekts aufgelöst hat.[8]

Wulf-Mathies erstellte 2018 im Auftrag des Intendanten Tom Buhrow einen Bericht zum Umgang des Westdeutschen Rundfunks (WDR) mit Vorwürfen sexueller Belästigung durch Sendermitarbeiter.[9] Anlässlich ihres 80. Geburtstages erklärte sie im März 2022 gegenüber der Gewerkschaftszeitung ver.di Publik, dass die Frauen-Quote weiterhin nötig sei. Die Quote gebe ein Signal an Frauen, dass Gleichstellung gesellschaftlich erwünscht sei.[10]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. RP online 8. Juni 2000 „Bislang zwei große Streiks im öffentlichen Dienst“
  2. D. I. E. ZEIT (Archiv): Europa: Kanzler Kohl schickt die ÖTV-Chefin Monika Wulf-Mathies zur Kommission nach Brüssel: Weg von der Basis. In: Die Zeit. 9. September 1994, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 8. März 2019]).
  3. Hintergrund: Die bisherigen Chefs der ÖTV. In: Spiegel Online. 8. November 2000 (spiegel.de [abgerufen am 8. März 2019]).
  4. Dirk Koch, Silvia Schreiber: Die Stammtisch GmbH. In: Der Spiegel. Nr. 3, 1999, S. 37–38 (online).
  5. Cheflobbyistin geht in Rente., Edgar Bauer dpa in: Manager Magazin, 1. Dezember 2008, abgerufen am 16. Dezember 2022
  6. @1@2Vorlage:Toter Link/www.cio.deWulf-Mathies als Post-Direktorin verabschiedet (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.) In: cio/dpa, 8. Dezember 2008. Abgerufen im 18. Dezember 2008.  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. 
  7. Mittag 2009: 29
  8. Bonner Beethoven-Festspielhaus gescheitert., In: Deutsche Welle, Kultur, Meldung vom 16. Juni 2015, abgerufen am 16. Dezember 2022.
  9. Vorwürfe sexueller Belästigung beim WDR: "Machtgefälle zwischen männlichen Chefs und weiblichen Untergebenen". In: Spiegel Online. 12. September 2018, abgerufen am 7. Oktober 2018.
  10. Heike Langenberg: Das geht einem halt manchmal als Vorsitzende so. (Interview mit Wulf-Mathies anlässlich ihres 80. Geburtstages), ver.di Publik 2/2022, S. 11.

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Sie wurde 1955 vom Europarat als dessen Flagge eingeführt und erst 1986 von der Europäischen Gemeinschaft übernommen.

Die Zahl der Sterne, zwölf, ist traditionell das Symbol der Vollkommenheit, Vollständigkeit und Einheit. Nur rein zufällig stimmte sie zwischen der Adoption der Flagge durch die EG 1986 bis zur Erweiterung 1995 mit der Zahl der Mitgliedstaaten der EG überein und blieb daher auch danach unverändert.
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