Mondfinsternis vom 9. April 731 v. Chr.

Verlauf der Mondfinsternis in der von der Zeitkorrektur ΔT unabhängigen Zeitskala TT (Quelle:NASA)

Die Beobachtungseinzelheiten der Mondfinsternis vom 9. April 731 v. Chr.[1] (−730 nach astronomischer Zeitrechnung) wurden von einem babylonischen Astronomen auf einer Keilschrifttafel protokolliert. Die zu der Gattung der ACT-Texte gehörende Aufzeichnung befindet sich gegenwärtig im British Museum zu London und trägt die Museumsnummer BM 32238. Der im julianischen Kalendersystem angegebene 9. April 731 v. Chr. entspricht in Umrechnung auf den heutigen gregorianischen Kalender dem 1. April 731 v. Chr.[1]

Besondere Bedeutung erlangte diese Aufzeichnung unter anderem durch den Bezug auf den babylonischen König Nabu-mukin-zeri. Die Mondfinsternis konnte in Babylonien nicht direkt beobachtet werden, da sie dort vom Vormittag bis zur Mittagszeit stattfand. Die babylonischen Astronomen berechneten daher aufgrund ihrer Erfahrungswerte den wahrscheinlichen Zeitpunkt der Verfinsterung.[2] Dieser in Keilschrift festgehaltene Bericht einer Mondfinsternis stellt zugleich das bislang älteste erhaltene Dokument einer Mondfinsternisaufzeichnung dar, die zeitliche Einzelheiten über den Verlauf der Mondfinsternis beinhaltete und zweifelsfrei datierbar war.[3] In Nordamerika konnte die Mondfinsternis bereits kurz nach Mitternacht verfolgt werden; dort endete sie in den Morgenstunden des 9. April.

Erste Übersetzungen

Der Assyriologe Johann Strassmaier sowie die Astronomen Josef Epping und Franz-Xaver Kugler begannen zuerst mit der Übersetzung des babylonisch-astronomischen Keilschrifttextes.

Die damaligen herausragenden Forschungsleistungen wurden unter anderem von Otto Neugebauer fortgeführt. 1955 erschien das dreibändige Standardwerk Astronomical cuneiform Texts - Babylonian ephemerides of the Seleucid period for the motion of the sun, the moon, and the planets, das bis heute noch immer die Grundlage der babylonischen Astronomiegeschichte bildet.

Babylonischer Text BM 32238 (LBAT 1414)

Bei dem erwähnten astronomischen Ereignis handelte es sich um eine partielle Mondfinsternis, die aufgrund der Angaben im Keilschrifttext genau zu datieren war. Durch Überprüfung mit anderen historischen Finsternissen wurde festgestellt, dass die historischen Datierungen von den zurückgerechneten Werten abweichen. Die entsprechende Zeitdifferenz wird als „ΔT“ bezeichnet.

Unter Berücksichtigung des ΔT[4] begann die Mondfinsternis in Babylonien etwa um 09:55 Uhr des 9. April 731 v. Chr.[1] und erreichte um etwa 12:15 Uhr ihr Maximum. Die Hochrechnung weist eine große Genauigkeit bezüglich des tatsächlichen Eintritts der Mondfinsternis auf:

„Ukin-zer (Nabu-mukin-zeri) 1. Jahr: Erster Monat (Nisannu), [Mond verfinsterte sich] … passte (sa-DIB). (Beginn) 60 UŠ (60 deg; etwa 240 Minuten) nach Sonnenaufgang.[5]

BM 32238 (LBAT[6] 1414)[7]

Andere in babylonischer Keilschriftnotiz überlieferte Mondfinsternisse

Siehe auch

Literatur

  • Franz-Xaver Kugler: Sternkunde und Sterndienst in Babel. Band 1: Entwicklung der babylonischen Planetenkunde von ihren Anfängen bis auf Christus. Nach zumeist ungedruckten Quellen des Britischen Museums. Aschendorff, Münster 1907.
  • Josef Epping und Johann-Nepomuk Strassmeier: Astronomisches aus Babylon oder das Wissen der Chaldäer über den gestirnten Himmel. Herder, Freiburg 1889, (Stimmen aus Maria-Laach Ergänzungshefte 44).
  • Abraham J. Sachs: Astronomical Diaries and related Texts from Babylonia. Band 5: Hermann Hunger (Hrsg.): Lunar and Planetary Texts. Including materials by Abraham J. Sachs. With an appendix by John M. Steele. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2001, ISBN 3-7001-3028-7 (Österreichische Akademie der Wissenschaften - Philosophisch-Historische Klasse - Denkschriften 299).
  • Otto Neugebauer: The exact sciences in antiquity. Unabridged, slightly corrected reprint of the 2. edition, Brown University Press, 1957. Dover Publications, New York NY 2004, ISBN 0-486-22332-9, (Dover classics of science and mathematics).
  • Otto Neugebauer (Hrsg.): Astronomical cuneiform Texts. Babylonian ephemerides of the Seleucid period for the motion of the sun, the moon, and the planets. Reprint edition. 3 Bände. Springer, New York NY u. a. 1983, ISBN 0-387-90812-9 (Sources in the history of mathematics and physical sciences 5), (die Originalausgabe erschien: Humphries, London 1955).
  • Francis Richard Stephenson: Historical Eclipses and Earth’s rotation. Cambridge University Press, Cambridge 1997, ISBN 0-521-46194-4.

Anmerkungen

  1. a b c Datumsangabe im julianischen Kalender; im gregorianischen Kalender sind acht Tage vom julianischen Datum abzuziehen. Datierungsgrundlage sind die NASA-Angaben (Memento vom 21. November 2014 im Internet Archive) unter Berücksichtigung des T-Deltas. Für Babylonien ist gegenüber der Universal Time (UT) der Zeitzonenzuschlag von 2 Stunden und 30 Minuten zu berücksichtigen; gemäß Jean Meeus: Astronomische Algorithmen – Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 für: Ephemeris Tool 4,5 nach Jean Meeus, Umrechnungsprogramm, 2001.
  2. Hermann Hunger: Lunar and Planetary Texts. S. 395.
  3. Francis Richard Stephenson: Historical Eclipses and Earth’s rotation. S. 147.
  4. 5 Stunden und 46 Minuten.
  5. Der Sonnenaufgang erfolgte etwa gegen 5:49 Uhr Ortszeit.
  6. Late Babylonian Astronomical Texts.
  7. Francis Richard Stephenson: Historical Eclipses and Earth’s rotation. S. 122.

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