Mojo Nixon

Mojo Nixon bei einem Liveauftritt im Continental Club in Austin, Texas (2006). Foto: Ron Baker.

Mojo Nixon, geboren unter dem Namen Neill Kirby McMillan Jr. am 2. August 1957 in Chapel Hill, North Carolina, ist ein US-amerikanischer Psychobilly-, Rock-’n’-Roll- und Roots-Rock-Musiker. Sein roher, ungeschliffener Musikstil wird gelegentlich auch als Trailer-Park-Rock bezeichnet. Bekannt wurde Nixon unter anderem aufgrund seiner zahlreichen Anspielungen auf andere Musiker, auf Politiker sowie Prominente des Kulturbusiness in seinen Songs und Videoclips.

Kindheit und Jugend

Bereits in seiner Kindheit begeisterte sich McMillan für Pop- und Rockmusik (insbesondere die Beatles und Velvet Underground), Heavy Metal sowie Rock ’n’ Roll. Als Teenager übte er mit einem Schlagzeug im Keller der elterlichen Wohnung. Parallel zu seinem musikalischen Enthusiasmus entwickelte er ein ausgeprägtes, gegen das Establishment gerichtetes politisches Bewusstsein. Bereits mit 14 nahm er an einer lokalen politischen Aktion teil. Nach einer Festnahme artikulierte er Drohungen gegen den Bürgermeister der Stadt. Auch im Rahmen der Familie kam es zu Auseinandersetzungen.

Nach seinem achtzehnten Geburtstag absolvierte McMillan ein Studium der Politik- und Geschichtswissenschaften an der Miami University in Oxford, Ohio. Nach seinem Abschluss zog er nach England in der Hoffnung, dort an die Punkmusikszene rund um die Band The Clash Anschluss zu finden. Das Vorhaben scheiterte. Um sich über Wasser zu halten, war McMillan gezwungen, als Straßenmusiker in der Londoner U-Bahn zu spielen. 1980 kehrte er in die USA zurück und verpflichtete sich in Denver, Colorado, bei der NGO Volunteers in Service to America (AmeriCorps VISTA), deren Schwerpunkt die Armutsbekämpfung war. Während seiner Zeit bei VISTA bestritt er Gelegenheitsauftritte vor Arbeitslosen mit Songs von Woody Guthrie und Leadbelly. Darüber hinaus gründete er eine Punkband mit dem Namen "Zebra 123". Schon bald geriet die Gruppe aufgrund einer slapstickhaften Nachstellung der Ermordung John F. Kennedys am Jahrestag des Attentats in Konflikt mit den Behörden.

1981 zog McMillan erneut um, diesmal nach San Diego in Kalifornien. Dort freundete er sich mit ansässigen Roots-, Independent- und Alternative-Rock-Musikern wie etwa Country Dick Montana, der für McMillian als eine Art Mentor fungierte, an. Während seiner Zeit in San Diego wählte McMillan seinen neuen Künstlernamen Mojo Nixon. Auslöser für die Namensänderung, so Nixon, sei ein Aufenthalt in New Orleans gewesen, wo er eine Art mystisch-musikalische Erfahrung gehabt habe. "Mojo" stehe dabei symbolhaft für den schmutzigen, ungeschliffenen Rock ’n’ Roll, der Nachname "Nixon" hingegen für schlechte Politik. Während dieser Zeit begann die Zusammenarbeit mit Skid Roper, einem Schlagzeuger, der aufgrund fehlender finanzieller Mittel ebenfalls oft zur Improvisation gezwungen war. Als Dick Montana Nixon bei der Zusammenstellung seiner neuen Band The Beat Farmers überging, zog dieser nach North Carolina zurück und arbeitete dort als Ranger in einem State Park. Nach einem Unfall, bei dem er fast ertrunken wäre, entschloss sich Nixon jedoch, nach Kalifornien zurückzukehren.

Musikalische Karriere

Mojo Nixon and Skid Roper (1985 bis 1989)

Zurück in Kalifornien, liierte sich Nixon mit Skid Roper zum Duo. Bis 1989 – über vier Alben und mehrere EPs – agierten die beiden unter der Bezeichnung Mojo Nixon & Skid Roper. Während Nixon den Frontpart übernahm mit Texten, expressivem Gesang sowie Gitarre, hielt sich der Multiinstrumentalist Roper eher im Hintergrund. Die beiden Trouser-Press-Musikjournalisten Dave Sheridan und Ira Robbins charakterisierten die Rollenverteilung der beiden wie folgt: Roper gebe den bodenständigen, Rhythm-and-Blues-verhafteten Gegenpart ab zu Nixons oft hysterisch vorgetragenen sozio-politischen Kommentaren.[1] Das erste Album mit dem Titel Mojo Nixon and Skid Roper erschien 1985 bei dem Independent-Label Enigma Records. Ebenso wie die Folgealben bot der Erstling Roots Rock, Rock ’n’ Roll, Folk, Blues und Country mit minimalistischer Instrumentierung: Gitarre, Waschbrett, Bass, Mandoline, diverse Percussioninstrumente und Harmonika.

Die erste SingleauskoppelungJesus At McDonald’s – eröffnete die Serie personenbezogener Textanspielungen, die bald zu einem wesentlichen Markenzeichen von Mojo Nixons Musik avancierten. 1986 folgte eine Mini-LP mit dem Titel Get Out of My Way. Stuffin' Martha's Muffin, ein Song mit langem Vortext im Sixties-Beat- und Soulsound, nahm in satirisch-parodistischer Form Martha Quinn aufs Korn, einen bekannten Video Jockey bei MTV. Das zweite Vollalbum, Frenzy aus dem Jahr 1986, enthielt unter anderem eine Coverinterpretation des Rockmusikklassikers In-A-Gadda-Da-Vida von Iron Butterfly. Eine Besonderheit an Frenzy war der gezielte Einsatz eines Backgroundchors – einer ad hoc zusammengestellten Studioformation mit der Bezeichnung The Bigfoot Choir. Das dritte Album, Bo-Day-Shus!!! aus dem Jahr 1987, enthielt mit Elvis Is Everywhere nicht nur eine weitere Personenode, sondern eine Nummer, die zu einem der bekanntesten Nixon-Stücke avancierte.

Mit dem vierten Album – Root Hog or Die! aus dem Jahr 1989 – häufte sich einerseits die Beachtung seitens der Musikpresse, andererseits die Konflikte aufgrund der darauf enthaltenen Parodien. Verstärkt wurden diese durch die parallel veröffentlichten Musikclips. Insbesondere der Clip zu der Rock-’n’-Roll-Nummer Debbie Gibson Is Pregnant with My Two-Headed Love Child führte zu zeitweiligen Kontroversen mit MTV. Grund: Der Sender zeigte sich zögerlich, den Clip in sein offizielles Programm zu übernehmen. In diesem parodierte Winona Ryder die bekannte Broadwayschauspielerin Debbie Gibson in Form der Simulation einer Geburt, deren Ergebnis schließlich eine fellbekleidete Puppe mit zwei Köpfen ist. Zwischen Ode und Parodie schwankten auch Musikaufnahme und Clip von (619) 239-KING. Inhalt hier: eine satirische Überspitzung des Starkults um den toten Rock-’n’-Roll-Star Elvis Presley. Des Weiteren enthielt Root Hog or Die! eine Coverinterpretation des Woody-Guthrie-Klassikers This Land Is Your Land.

Solokarriere (ab 1990)

1990 trennte sich Nixon von Roper, um eine Karriere als Solist zu forcieren. Zwischenzeitlich eine weitere Komponente in der Karriere von Mojo Nixon waren Nebenrollen-Auftritte in Filmen. 1989 spielte er in der Jerry-Lee-Lewis-Lebensverfilmung Great Balls Of Fire den Bandschlagzeuger James Van Eaton. Das erste Solo-Album unter dem Titel Otis erschien noch im selben Jahr. Textlich enthielt auch Otis mehrere Titel, die sich auf satirisch-polemische Weise anderen Musikern oder Prominenten widmen. In Don Henley Must Die setzte er sich mit dem bekannten Musiker und Eagles-Sänger Don Henley auseinander, in der Irish-Folk-Nummer Shane’s Dentist mit den Zahnproblemen des Ex-Pogues-Sängers Shane MacGowan. Ensembletechnisch arbeitete Nixon fortan mit vollen Rockband-Besetzungen. Mit-Musiker auf Otis waren unter anderem der Southern-Rock-Gitarrist Bill Davis, Country Dick Montana von den Beat Farmers sowie Eric Roscoe Ambel von den Del-Lords.

Der musikalische Sound der Solo-Alben war deutlich härter als derjenige der Duo-Alben aus den 1980ern. Als Problem zu Beginn seiner Solokarriere erwies sich der Konkurs des ehemaligen Plattenlabels Enigma Records sowie die daraus resultierende rechtlich unklare Situation des Backlist-Materials aus der Zeit mit Skid Roper. Nichtsdestotrotz erschienen im Verlauf der 1990er mehrere Alben, teils als Soloalben deklariert, teils eingespielt mit einer festen Formation, den Toadliquors. In Sachen Personenanspielungen und Parodien sowie Deutlichkeit der Texte verstärkte Nixon die bislang eingeschlagene Richtung. Beispiele: der Titel Bring Me the Head of David Geffen sowie das textlich bis dato vielleicht härteste Nixon-Stück, Tie My Pecker to My Leg, eine im Stil von Country Joe & The Fish eingespielte Parodienummer über Sodomie, Inzest und Koprophilie. Als Highlight wurde seitens der Kritik das 1996er-Album Whereabouts Unknown gewertet. Mit dem Stück The Ballad of Country Dick enthielt es unter anderem eine musikalische Widmung an den ehemaligen Mitmusiker und Freund Country Dick Montana, der während eines Live-Auftritts an einem Herzinfarkt verstorben war.

Ab Mitte der 1990er arbeitete Mojo Nixon mit unterschiedlichen Musikern zusammen, darunter Jello Biafra von den Dead Kennedys, dem Singer-Songwriter und Roots Rock-Musiker Dave Alvin sowie Mitgliedern der Beat Farmers. Auf Whereabouts Unknown folgten zwei weitere reguläre Alben sowie – im Jahr 2003 – das in Form von MP3-Files selbstdistributierte Album Mojo Nixon Live at the Casbah 12/28/2003. 2004 zog sich Mojo Nixon offiziell aus dem Musikgeschäft zurück. Die vorerst letzte Live-Show fand am 20. März im Continental Club in Austin, Texas, statt. 2009 meldete sich Mojo Nixon mit einem neuen regulären Album zurück. Als Promo-Aktion für die Neueinspielung Whiskey Rebellion einerseits und als Sympathiebekundung für File-Sharing-Praktiken andererseits offerierte er im Oktober 2009 mehrere Alben kostenlos bei Amazon. 2012 absolvierte er mit Skid Roper mehrere Reunion-Auftritte.

Sonstige Aktivitäten

Parallel zu seiner Karriere als Musiker nahm Mojo Nixon immer wieder Nebenrollen-Engagements in Filmen wie Great Balls of Fire – Jerry Lee Lewis – Ein Leben für den Rock’n’Roll, Super Mario Bros. oder Wagen 54 – Bitte Melden. Neben seinen Band-Projekten und Filmrollen arbeitete Mojo Nixon seit den späten 1990ern auch als Radio-DJ unter anderem in San Diego (bei KGB-FM) sowie in Cincinnati (bei WEB-FM). Darüber hinaus bestritt er 2008 drei Shows bei dem Pay-Radio-Satellitensender Sirius Satellite Radio.

Politisch ist Mojo Nixon ein expliziter Verfechter des File-Sharing-Gedankens sowie freier Download-Möglichkeiten. Im Juli 2000 bekannte er sich auch gegenüber der Öffentlichkeit zu dieser Position. Nixons Begründung: Glaubwürdigkeit; er wolle nicht „so ein Arschloch sein wie Metallica.[2] Praktisch setzte er den selbstgesteckten Anspruch um durch die kostenlose Zur-Verfügung-Stellung früher Alben als MP3 im Rahmen der Vermarktung des 2009er-Albums Whiskey Rebellion. Parteipolitisch ist Mojo Nixon ein Unterstützer der Libertarian Party. Darüber hinaus unterstützte er – unter anderem mit dem Song Kinky Is Everywhere – 2006 die Kandidatur von Kinky Friedman für den Posten als Gouverneur von Texas.[3]

Kritiken

Im weiteren Sinn wird Mojo Nixon gewöhnlich dem Roots Rock zugerechnet, einem heterogenen, zwischen Country, Blues, Folk und Alternative Rock angesiedeltem Stilgenre, der sich vor allem durch eine ungekünstelte, raue, stark an der Rock-Musik der 1960er-Jahre orientierte Spielweise auszeichnet. Insbesondere von Alternative-Rock-nahen Musikmagazinen wurden Mojo Nixons Produktionen konstant als eigenwillig, originär und gelungen hingestellt und zu unterschiedlichen Gelegenheiten auf ihn verwiesen. Der Musikkritiker Ira Robbins in Entertainment Weekly über Otis: „Trailer-Park Rock hatte nie einen enthusiastischeren Verfechter als Mojo Nixon. Im Lauf von fünf verspielten Alben mit bösem Humor hat er eine bemerkenswerte Fähigkeit darin entwickelt, Symbole der Trash-Kultur entweder in den Himmel zu loben oder aber zu mißbrauchen.“[4]

Das Kölner Musikmagazin Intro brachte seine Begeisterung für die 1995er-Veröffentlichung Whereabouts Unknown mit folgenden Worten auf den Punkt: „The return of the incredible hillybilly! Der weltbeste weiße Richard-Pruyor-Stimmenimitator ist nach seiner zwischenzeitlichen Kollaboration mit Jello Biafra wieder solo am Start. Die Themen sind wie üblich die Größe seines Geschlechtsorganes, Alkohol und soziale Mißstände im Mutterland des Rock'n'Roll.“[5] Der deutschsprachige Rolling Stone über das Album The Real Sock Ray Blue! Texas Prison Field Recordings Vol. 3: „Mojo Nixon is back! Und auch diesmal begegnen wir ihm wieder auf einem anderen Label. 14 Alben auf neun verschiedenen Labels sprechen eine deutliche Sprache für diesen Randalierer, der seinen Mund allzeit so weit aufmacht, wie es eben geht.“[6]

Einen ungewöhnlichen Zusammenhang – nämlich dem zum Bundestagswahlkampf 2009 – stellte das Magazin der Süddeutschen Zeitung her. Musikkolumnen-Autor Johannes Waechter listete das Stück Love Me, I’m A Liberal 2009 als eines unter sieben Titeln auf, welche die Situation der – normalerweise eher Popkultur-fernen – Liberalen von der FDP prägnant auf den Punkt brächten.[7]

Diskografie

Mojo Nixon & Skid Roper

  • Mojo Nixon and Skid Roper (1985; Enigma Records)
  • Frenzy (1986; Restless Records, Enigma Records)
  • Get Out of My Way! (1986; EP; Restless Records)
  • Bo-Day-Shus!!! (1987; Enigma Records)
  • Root Hog or Die (1989; Enigma Records)
  • Unlimited Everything (1990; Enigma Records)

Solo / mit The Toadliquors

  • Otis (1990; Enigma Records)
  • Horny Holidays! (1992; Triple X Records)
  • Whereabouts Unknown (1995; Ripe Records)
  • Gadzooks!!! The Homemade Bootleg (1997; Needletime)
  • The Real Sock Ray Blue! Texas Prison Field Recordings Vol. 3 (1999; Shanachie)
  • Mojo Nixon Live at the Casbah 12/28/2003 (2003; Selbstdistribution als MP3-Files)
  • Whiskey Rebellion (2009; Selbstdistribution)

Mit anderen

  • Prairie Home Invasion (mit Jello Biafra) (1994; Alternative Tentacles)
  • Live in Las Vegas (Pleasure Barons) (mit den Pleasure Barons) (1994)

Kompilationen

  • The Essential Mojo Nixon (2011; Freedom Records)

Filme

Quellen

  1. Mojo Nixon and Skid Roper, David Sheridan, Ira Robbins, Trouser Press, aufgerufen am 28. Januar 2015 (Engl.)
  2. Mojo Nixon Sets His Music Free. Hypebot.com, aufgerufen am 29. Januar 2015 (Engl.)
  3. Mojo Gets His Kinky Up! (Memento vom 31. Januar 2015 im Internet Archive), Notiz auf kinkyfriedman.com (offizielle Webseite von Kinky Friedman), aufgerufen am 29. Januar 2015 (Engl.)
  4. Otis, Ira Robbins, Entertainment Weekly, 7. September 1990 (Engl.)
  5. Whereabouts Unknown – Mojo Nixon@1@2Vorlage:Toter Link/www.intro.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) , Intro, 10. September 1995
  6. Mojo Nixon & The Toadliquors - Sock Ray Blues@1@2Vorlage:Toter Link/www.rollingstone.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) , Rolling Stone, Artikelteaser, aufgerufen am 28. Januar 2015
  7. Die sieben besten Songs über die FDP (Memento vom 24. Januar 2015 im Internet Archive), Johannes Waechter, Magazin der Süddeutschen Zeitung, September 2009

Weblinks

Auf dieser Seite verwendete Medien

Mojo Nixon - SXSW 2006 - Ron Baker.JPG
Autor/Urheber: Ron Baker (https://www.flickr.com/photos/kingsnake), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Mojo Nixon at Continental Club in Austin, Texas during South by Southwest (2006). Photo by Ron Baker.