Możdżanowo

Możdżanowo
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Możdżanowo (Polen)
Możdżanowo
Basisdaten
Staat:Polen
Woiwodschaft:Pommern
Powiat:Słupsk
Gmina:Ustka
Geographische Lage:54° 30′ N, 16° 46′ O
Einwohner:220
Telefonvorwahl:(+48) 59
Kfz-Kennzeichen:GSL
Wirtschaft und Verkehr
Straße:1 km südlich der DW 203 UstkaDarłowoKoszalin
Eisenbahn:PKP-Strecke 205: Piła–Szczecinek–Miastko–Słupsk–Ustka, Bahnstation: Ustka (13 km)
Nächster int. Flughafen:Danzig



Możdżanowo (deutsch Mützenow) ist ein Dorf in der polnischen Woiwodschaft Pommern. Es gehört zur Landgemeinde Ustka (Stolpmünde) im Powiat Słupski.

Geographische Lage und Verkehrsanbindung

Możdżanowo liegt in Hinterpommern, etwa elf Kilometer südwestlich von Ustka (Stolpmünde), 17 Kilometer westlich von Słupsk (Stolp) und sieben Kilometer von der Ostseeküste entfernt. Das Gemeindegebiet verzeichnet nach Westen hin eine leichte Steigung, die am Silberberg (heute polnisch: Srebrnogóra) den größten Höhenunterschied von 62 Metern erreicht. Mützenow liegt an einer Nebenstraßenverbindung von Stolp nach Postomino (Pustamin). Bahnstation war früher das drei Kilometer entfernte Gallenzin-Saleske an der Reichsbahnstrecke Schlawe–Pustamin–Stolpmünde.

Geschichte

Das ursprüngliche Angerdorf gehörte einst zum Klosterbezirk Stolp, wurde darum auch „Klosterdorf“ genannt. Nach der Einführung der Reformation kamen die Liegenschaften des Klosters an das herzögliche Haus. Zunächst allerdings – so wird berichtet – hielten die Mützenower an ihrem alten Messpriester fest. Als der Stolper Landvogt zum Nachfolger den lutherischen Pfarrer Joachim Wockenfus bestellte, waren die Dorfbewohner ihm jedoch sehr zugetan: dieser Geistliche war verheiratet und zerstreute somit alle vermeintlichen Sorgen um ihre Frauen.

1732 wurden in Mützenow ein Freischulze, 20 Bauern und fünf Kossäten gezählt. 1784 gab es in Mützenow einen Prediger, einen Küster, einschließlich des Freischulzen 19 Vollbauern, unter denen sich zwei Pfarrbauern befanden, die dem Ortspfarrer dienten und die weder Pacht- noch Dienstgeld an das Amt abzuführen hatten, zwei Halbbauern, fünf Kossäten, unter denen sich der Schmied befand, sieben Büdner, ein Predigerwitwenhaus und insgesamt 33 Haushaltungen.[1] War der Ort in preußischer Zeit zunächst noch ein königliches Dorf des Amtes Stolp, so entstand aufgrund der Bauernbefreiung ein Bauerndorf.

1939 hatte Mützenow 60 landwirtschaftliche Betriebe. Im gleichen Jahr zählte der Ort 393 Einwohner in 93 Haushaltungen bei einer Gemeindefläche von 836 Hektar. Bis 1945 gehörte Mützenow zum Landkreis Stolp im Regierungsbezirk Köslin der Provinz Pommern und bildete dabei einen eigenen Amts- und Standesamtsbezirk. Das Dorf war an den Gendarmeriebereich Stolpmünde und an den Amtsgerichtsbezirk Stolp angegliedert. Letzter deutscher Bürgermeister der Gemeinde war Paul Wockenfuß.

Am 8. März 1945 drang die sowjetische Armee in Mützenow ein, es fielen Schüsse, und mehrere deutsche und sowjetische Soldaten starben. Als die sowjetischen Soldaten im Herbst 1945 das Dorf verließen, wurde es unter polnische Verwaltung gestellt. Im Zuge polnischer Enteignungsmaßnahmen wurden die Einwohner in der Folgezeit vertrieben und durch zuwandernde Polen ersetzt. Heute ist Możdżanowo ein Ortsteil der Landgemeinde Ustka.

Kirche

In die selbständige Kirchengemeinde Mützenow waren die Ortschaften Starkow (heute polnisch: Starkowo), Gallenzin (Golęcino), Steinwald (Krzemienica) und Scharfenstein (Kolonia Starkowo) eingepfarrt. Im Jahre 1817 wurde auch Pennekow (Pieńkowo), bis dahin zu Pustamin (Postomino) gehörend, Filialgemeinde von Mützenow. Der seinerzeitige Pfarrer Tischmeyer gehörte zu den „rationalistischen“ Theologen und löste in der Gemeinde Befremden und Abneigung aus. Es formierte sich um den Pennekower Heinrich von Below die Belowsche Bewegung, eine neupietistische Erweckungsbewegung, die nach Ende der Amtszeit von Pastor Tischmeyer keinen neu vorgeschlagenen Geistlichen dulden wollte. So blieb die Pfarre vier Jahre unbesetzt.

Im Jahre 1940 zählte das Kirchspiel Mützenow 1000 Gemeindeglieder. Sie war dem Kirchenkreis Stolp-Stadt (wo bereits 1535 eine Superintendentur errichtet worden war) der Kirchenprovinz Pommern in der evangelischen Kirche der Altpreußischen Union eingegliedert. Das Kirchenpatronat oblag den staatlichen Stellen.

Heute gehört der evangelische Bevölkerungsanteil von Możdżanowo zur Parafia (Parochie) Słupsk (Stolp) der Kościół Ewangelicko-Augsburski (Luterański) w Polsce (Evangelisch-Augsburgische Kirche in Polen).

Seit 1945 leben überwiegend römisch-katholische Einwohner in Możdżanowo. Der Ort gehört jetzt – wie auch Zeleskie (Saleske) – als Filialkirchengemeinde zur Pfarrei (Parafia) Duninowo (Dünnow), die 1958 errichtet wurde. Sie ist Teil des Dekanats Ustka (Stolpmünde) im Bistum Köslin-Kolberg der Katholischen Kirche in Polen. Pfarrer wohnen nicht mehr hier, sondern in Duninowo.

Pfarrkirche

Die erste Kirche in Mützenow wurde als Außenstation des Stolper und Gallenziner Klosters bereits 1356 gebaut. Am 21. Juni 1374 wurde sie (am gleichen Tage wie die Dorfkirche in Dünnow) als Taufkapelle durch den Camminer Bischof Philipp von Rehberg geweiht. In einer Urkunde aus dem Jahr 1490 wird sie als „ecclesia parrochialis ville Mutzenouwe“ das erste Mal genannt.

In der Folgezeit wurde das Gotteshaus mehrfach umgebaut, so etwa durch einen Südanbau im Jahr 1615. Die Innenausstattung wies wertvolle Holzschnitzarbeiten auf, besonders am Altar. Die Fenster waren farbenprächtig verglast und mit Wappen und Bildern versehen. Ein Abendmahlskelch, den die letzte Herzogin von Pommern der Kirche geschenkt hatte, fand ehrenvolle Verwendung.

Nach vierhundert Jahren als evangelisches Gotteshaus wurde die Kirche nach 1945 zugunsten der Katholischen Kirche in Polen enteignet. Am 15. Dezember 1947 erhielt sie eine neue Weihe und der Namensgebung Kościół św. Bartłomieja, Apostoła („St.-Bartholomäus-Kirche“).

Pfarrer bis 1946

  • Aus vorreformatorischer Zeit ist bekannt:
    • Johannes Junge, 1490
  • Aus reformatorischer Zeit bis 1946:
  1. Joachim Wockenfus oder Colubes, 1550–1596
  2. David Wockenfus oder Colubes (Sohn von 1.), 1596–1622
  3. David Wockenfus oder Colubes (Sohn von 2.), 1622–1635
  4. Joachim Flotow, 1636–1643
  5. Christian Schrulius oder Schrule, 1644–1684
  6. Johann Schrulius oder Schrule (Sohn von 5.), 1683–1696
  7. Martin Windmüller, 1698–1727
  8. Franziskus Johann Braunsberg, 1728–1729
  9. Michael Friedrich Rampthun, 1730–1778
  10. Martin Friedrich Döhling, 1778–1815
  11. Johann Christoph Friedrich Tischmeyer, 1817–1822
  12. Ludwig Maximilian Mila, 1826–1828
  13. Friedrich Adolf Zahn, 1828–1836
  14. Johann Heinrich Karl Piper, 1836–1852
  15. Karl Albert Heyer, 1852–1866
  16. August Wilhelm Schumacher, 1868
  17. Franz Johann Wilhelm Splittgerber, 1869–1887 (Verfasser der 1874 erschienenen Kirchenchronik)
  18. Albrecht Friedrich Giese, 1889–1896
  19. Gustav Wendt, 1897–1920
  20. Gustav Wendt, 1920–1933(?)
  21. Hugo Scheel, 1933–1946

Thronende Madonna mit Kind

Thronende Madonna mit Kind. 1290/1300.

Die Thronende Madonna mit Kind aus Możdżanowo ist eine mittelalterliche Skulptur aus pommerschem Eichenholz, die um 1290/1300 datiert ist.[2][3][4]

Sie ist 0,78 Meter hoch, 0,23 Meter breit und 0,25 Meter tief. Die Madonnenskulptur befindet sich als Leihgabe der Universität Greifswald im Pommerschen Landesmuseum in der Hansestadt Greifswald.[5] Vorher wurde sie in der Sammlung des Kirchenhistorikers und christlichen Archäologen, Victor Schultze verwahrt.[6] Da die Kirche von Mützenow erst um die Mitte des 14. Jahrhunderts entstand, ist anzunehmen, dass die Skulptur ursprünglich für eine andere Kirche geschaffen wurde, so zum Beispiel für das Prämonstratenserkloster Belbuck oder dessen Tochterkloster in Stolp.[7] Im Falle des Klosters Belbuck wäre anzunehmen, dass die Figur um die Auflösung des Klosters 1523 nach Mützenow gebracht wurde.

Der erhaltene Korpus der Skulptur ist aus einem Stück geschnitzt. Es handelt sich um ein Viertelholz. Dies ist an dem Holzkern unter dem linken Arm der Skulptur erkennbar. Auf der Rückseite ist die Skulptur bis auf Schulterhöhe ausgehöhlt. Werkzeugspuren zeigen, dass an einigen Stellen sehr grob gearbeitet wurde. Dargestellt ist die Madonna sitzend auf einem Thron. Auf dem linken Knie befindet sich stehend das Christuskind. Beide Figuren sind frontal dargestellt. Maria trägt ein gegürtetes Kleid mit Mantel und Kopftuch. Das Christuskind trägt dagegen ein schlichtes Hemd, ebenfalls mit einem Gürtel.[8] Auf der Rückseite der thronenden Madonna deuten Dübellöcher darauf hin, dass die Skulptur mit einer Rückwand, zum Beispiel mit einem Schrein verbunden gewesen sein muss. Hinweise auf eine vormals angebrachte Agraffe (Schmuckstück aus Metall) geben drei Löcher auf der Brust der Madonna. Es sind Spuren verschiedener Farbfassungen an der Skulptur zu erkennen. So sind am Gewand zu den Füßen der Maria rote Farbreste zu sehen.[9] Beide Arme des Jesuskindes und der rechte Arm der Muttergottes sind nicht mehr erhalten. Auch die rechte Seite der Thronwange fehlt. Die heute fehlenden Zacken der Krone von Maria sind vermutlich einzeln angefertigt und eingesetzt worden. Über den gesamten Korpus der Holzskulptur ziehen sich Risse, unter anderem von der linken Schulter bis in den Sockelbereich. Dieser alte Riss zeugt davon, dass die Madonnenskulptur in zwei Teile getrennt war. Gleichermaßen sind Spuren von einer alten Vernagelung und Verleimung zu finden. Auch am hinteren Teil des Oberkörpers und am Kopf des Kindes sind Bruchstellen zu beobachten.[10]

Schule

Um 1784 bestand bereits eine Schule, die mit einer Küsterstelle versehen war. Als Lehrer war u. a. August Rathke von 1833 bis 1842 im Amt. Im Jahre 1932 wurden in der zweistufigen Dorfschule 69 Kinder unterrichtet, u. a. von den Lehrern Hugo Block, Hermann Raddatz und Joachim Raddatz.

Söhne und Töchter des Ortes

  • Adolf Zahn (1834–1900), deutscher evangelisch-reformierter Theologe. Geboren als Sohn des Pfarrers von Mützenow, wurde er evangelisch-reformierter Domprediger in Halle (Saale) und später als Vertreter des Neocalvinismus Pastor der niederländisch-reformierten Gemeinde in Elberfeld.
  • Klaus Granzow (1927–1986), deutscher Dichter, Schriftsteller, Schauspieler und Kulturhistoriker. Der am 10. September 1927 in Mützenow geborene Granzow hielt mit seinem umfangreichen literarischen Schaffen die Erinnerung an die Geschichte und Kultur Pommerns und insbesondere der Stolper Region wach. Besonders eindrucksvoll sind seine Schilderungen aus der Russen- und Polenzeit 1945/1946.

Einzelnachweise

  1. Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern. Teil II, Band 2, Stettin 1784, S. 933, Nr. 11.
  2. Ergebnis dendrochronologischer Untersuchungen.
  3. Schöfbeck, Tilo; Heussner, Karl-Uwe: Dendrochronologische Untersuchungen an mittelalterlichen Kunstwerken zwischen Elbe und Oder. In: Badstübner, Ernst; Knüvener, Peter u. a. (Hrsg.): Die Kunst des Mittelalters in der Mark Brandenburg. Berlin 2008, S. 175.
  4. Schöfbeck, Tilo; Heußner, Karl-Uwe: Dendrochronologie in der Denkmalpflege. In: Scheuer, Ingrid (Hrsg.): Zeitschichten. Ausstellungskatalog. Dresden/München/Berlin 2005, S. 287.
  5. Materialordner, Archiv Pommersches Landesmuseum, unveröffentlichte Korrespondenz. [29.05.2023]
  6. Fassbinder, Stefan: Thronende Madonna mit Kind. In: Stiegemann, Christoph; Kroker, Martin; Walter, Wolfgang (Hrsg.): CREDO. Christianisierung Europas im Mittelalter. Band 2. Paderborn/ Petersberg 2013, S. 587.
  7. Fassbinder, Stefan: Thronende Madonna mit Kind. In: Pommersches Landesmuseum Greifswald (Hrsg.): Edition Logika 8. München 2005, S. 28 - 29.
  8. Materialordner, Archiv Pommersches Landesmuseum, unveröffentlichte Korrespondenz [29.05.2023]
  9. Materialordner, Archiv Pommersches Landesmuseum, unveröffentlichte Korrespondenz [29.03.2023]
  10. Materialordner, Archiv Pommersches Landesmuseum, unveröffentlichte Korrespondenz [29.05.2023]

Literatur

Weblinks

Commons: Możdżanowo – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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Gmina Ustka coat of arms
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Riss über Marias Oberkörper
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Die Zacken in der Krone der Maria fehlen.
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Hinweis auf Befestigung einer Agraffe
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Der Riss zieht sich von der linken Schulter bis zu den Füßen.
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Rote Farbreste am Ende des Gewandes
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Die Arme des Jesuskindes und die Hand der Maria fehlen
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Detailansicht Werkzeugspuren