Mittlere Gerichtsbarkeit
Die Mittlere Gerichtsbarkeit ist ein Begriff aus dem mittelalterlichen und dem frühen neuzeitlichen Recht und umfasst die Gerichtsbarkeit über bestimmte Ordnungswidrigkeiten beziehungsweise Straftaten und/oder zivilrechtliche Streitigkeiten.
Abgrenzung
Im Gegensatz zur Hohen Gerichtsbarkeit (Blutgerichtsbarkeit) und der Niederen Gerichtsbarkeit (Streitigkeiten die in der Regel Grundstücksrechte wie Lehen oder Feldbebau sowie Erbrecht und geringe Verfehlungen gegen den Rechtsfrieden betrafen) wurde im Rahmen der Mittleren Gerichtsbarkeit in Bezug auf die Strafgerichtsbarkeit in der Regel über Missetaten, die eine geringere Strafe als die Verstümmelung und Todesstrafe (Blutgerichtsbarkeit) nach sich zogen, abgehandelt.
Die Mittlere Gerichtsbarkeit hat sich erst nach und nach im Rahmen der Abgrenzung von Herrschaften (Herrschaftsbildung) herausgebildet.
Eine zeitliche, örtliche und sachliche Abgrenzung zur Niederen Gerichtsbarkeit ist daher schwierig, da dies je nach Region unterschiedlich geregelt wurde und eine Zuweisung zwischen Mittlerer bzw. Niederer Gerichtsbarkeit oftmals nur aus der historischen Entwicklung erklärbar ist. Oft wurde auch nicht streng zwischen Niederer- und Hoher Gerichtsbarkeit eine Trennlinie gezogen bzw. wandelten sich im Laufe der Zeit diesbezüglich die Kompetenzen.
Eine Grenze wurde teilweise nach dem Wert des Streitgegenstandes oder der Art der Straftat (zum Beispiel Raufhandel, bei dem Blut geflossen war, geringwertige Diebstähle, gröbere Friedensbrüche) zu finden gesucht. Aufgrund der Häufigkeit der Rechtsfälle im Bereich der Mittleren Gerichtsbarkeit und die damit zusammenhängende finanzielle Lukrativität wurde, neben anderen Gründen, auch teilweise versucht die Zuständigkeit der Hohen Gerichte auf Fälle der Mittleren Gerichtsbarkeit auszudehnen.
Aufgaben
Die Kompetenz der Mittleren Gerichtsbarkeit umfasste teilweise sowohl die Zivilgerichtsbarkeit als auch die Strafgerichtsbarkeit und die Appellation gegen Entscheidungen von niederen Gerichten. Die Entwicklung war jedoch in den deutschsprachigen Regionen unterschiedlich und uneinheitlich. Insbesondere auch im Hinblick auf die Appellationsmöglichkeiten bestanden erhebliche Unterschiede und im Laufe der Zeit unterschiedliche Lösungen in jeder Gerichtsherrschaft.
Neben der Mittleren Gerichtsbarkeit für die „normalen“ Untertanen bestanden weiterhin Sondergerichte zum Beispiel für den Adel, den Klerus oder in militärrechtlichen Angelegenheiten sowie teilweise für Universitäten (Akademische Gerichtsbarkeit).
Gerichtsbezeichnung
Die Gerichte, die zur Ausübung der Mittleren Gerichtsbarkeit berufen waren, wurden unterschiedlich bezeichnet. Teilweise als Landgericht, Hofgericht, Provinzial-Gericht, Rittergericht, Landvogtey, Landding, Landstuhl, Landrecht, in Österreich die Landschranne etc.[1] Aus der Bezeichnung des Gerichtes kann jedoch nicht auf dessen Aufgabengebiet geschlossen werden, da dieselbe Bezeichnung in den deutschsprachigen Ländern teilweise auch für Gerichte Niederer Gerichtsbarkeit und der Blutgerichtsbarkeit verwendet wurde.
Literatur
- Historischer Atlas von Bayern
- Johann Christoph Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart – Faksimile und Volltext (mit Volltextsuche) der Ausgabe Wien 1811
Einzelnachweise
- ↑ Nach Johann Christoph Adelungs Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Wien 1811 - Stichwort: Landgericht.