Franziskanerkloster Regensburg

Die Minoritenkirche, Teil des Historischen Museums (rechts)
Blick in die Apsis

Das Franziskanerkloster St. Salvator Regensburg ist ein ehemaliges Kloster der Franziskaner (ordo fratrum minorum, „Minderbrüder“ oder „Minoriten“) in Regensburg im Bistum Regensburg.

Geschichte

Das St. Salvator geweihte Kloster wurde 1221 durch Konrad IV. von Frontenhausen, Bischof von Regensburg, zusammen mit Pfalzgraf Otto VIII. von Bayern, König Heinrich (VII.) u. a. als eines der ersten Franziskanerklöster in Deutschland gegründet. Die Brüder des 1210 in Italien gegründeten Franziskanerordens erreichten in diesem Jahr Deutschland und ließen sich zunächst in Augsburg und bald auch in Würzburg und Regensburg nieder.

An Stelle der ehemaligen Salvatorkapelle erbauten die Minderbrüder etwa zwischen 1255 und 1275 die Minoritenkirche als Klosterkirche. Der Chor wurde um 1350 erneuert. Die dreischiffige gotische Pfeilerbasilika ist das größte Gotteshaus des Ordens in Süddeutschland und nach der Regensburger Dominikanerkirche die größte Bettelordenskirche in dem Gebiet.

Um 1350/60 entstanden die wertvollen Glasfenster und Ende des 15. Jahrhunderts die Fresken im Langhaus und im Chor. In der Mitte des Chores befindet sich die Grabplatte des Predigers Berthold von Regensburg, der von 1226 bis zu seinem Tod 1272 dem Regensburger Minoritenkonvent angehörte.

Das Kloster gehörte zur Oberdeutschen oder Straßburger Ordensprovinz (Provincia Argentina) und ab 1625 zur aus dieser hervorgegangenen Bayerischen Franziskanerprovinz (Bavaria). 1799 wurde das Kloster im Zuge der Säkularisation aufgelöst und die Kirche profaniert. Das Kirchengebäude und große Teile des Klosters wie der Kreuzgang mit spätgotischem Klosterbrunnen sind erhalten. Die Kirche diente als Zoll- und Mauthalle, Exerzierhalle, Bauspeicher und Hotelspeicher. Die Konventgebäude des Klosters wurden als Wohnhaus und als Kaserne der Bayerischen Armee genutzt.

Die Grabplatten an den Kirchenwänden kommen von aufgelassenen Regensburger Friedhöfen. Sie wurden in den 1930er-Jahren hier aufgestellt. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Minoritenkirche durch Bomben stark beschädigt.[1]

Orgeln

Steinmeyer-Orgel

Steinmeyer-Orgel mit ergänztem Chorwerk (Eule 2020)
Eberhard Kraus am Spieltisch der modifizierten Steinmeyer-Orgel (vor 2003)

In der Kirche steht eine geschichtsträchtige Orgel: Kurz vor dem Anschluss Österreichs plante die NSDAP im Juni 1937 im Rahmen eines Staatsaktes die Büste Anton Bruckners in der Walhalla aufzustellen. Auf der Suche nach einem angemessen großen Raum für den Festakt fiel die Wahl auf die Minoritenkirche; die NSDAP-Gauleitung ließ den Innenraum zuvor renovieren. Für die weihevolle Gestaltung der Feierstunde wurde eine Orgel bei der Firma Steinmeyer in Auftrag gegeben, aber ohne das geplante Positiv und Fernwerk verwirklicht. Die Mittel für die Orgel und den Ausbau der Kirche hatte Adolf Hitler persönlich bewilligt. Das unvollendete Instrument erklang zum ersten Mal am 6. Juni 1937 bei einem Konzert in Anwesenheit von Hitler, Siebert und anderer hochrangiger Parteigenossen. Es wurde vom Reichssender Berlin deutschlandweit live übertragen.[2]

Die Kirche wurde ab 1952 in den Sommermonaten im Rahmen der Sonntäglichen Orgelstunden von Eberhard Kraus wieder belebt. Dabei wurde die Orgel über 50 Jahre bei etwa 1.100 Konzerten genutzt.[3]

Das Instrument wurde 1936 als Opus 1627 nach einem Dispositionsentwurf von Carl Thiel erbaut. 1964 erfolgte eine Erweiterung mit neuen Registern im Schwellwerk durch Eduard Hirnschrodt, 1979 die Ergänzung um ein ursprünglich nicht vorgesehenes Rückpositiv durch Weise, jeweils nach Entwürfen von Eberhard Kraus. Im heißen Sommer 2003 wurde die Orgel durch die intensive Sonneneinstrahlung beschädigt. Eine Restaurierung und Ergänzung durch die Orgelbaufirma Hermann Eule (fachlich begleitet von Norbert Düchtel) in Anlehnung an das originale Konzept Steinmeyers (vgl. geplante und frühere Disposition unten) wurde im Oktober 2020 vollendet; dabei wurde das Rückpositiv von 1979 außer Funktion gesetzt[4]. Im November 2022 wurde bekannt, dass das Instrument nicht spielbar ist und eine Expertenkommission zur Untersuchung der Probleme eingesetzt wurde.[5]

I Hauptwerk C–g3[A 1]
1.Bourdun16′
2.Prinzipal8′
3.Dulciana8′
4.Harmonieflöte8′
5.Rohrflöte8′
6.Oktav4′
7.Kleingedackt4′
8.Quinte223
9.Oktav2′
10.Sifflöte1′
11.Kornett III–V8′
12.Mixtur IV–VI113
13.Trompete8′
I Fernwerk C–g3[A 2]
1.Zartgedackt16′
2.Gemshorn8′
3.Gemshorn celeste8′
4.Echobourdun8′
5.Russisch Horn4′
6.Salizet4′
7.Vox humana8′
Tremulant
II Chororgel C–g3[A 3]
1.Gedacktbass (P)16′
2.Prinzipal8′
3.Gedeckt8′
4.Quintatön8′
5.Spitzflöte8′
6.Oktav4′
7.Nachthorn4′
8.Quintflöte223
9.Blockflöte2′
10.Terz135
11.Nasat113
12.Zimbel III1′
13.Rankett16′
14.Krummhorn8′
15.Geigenregal4′
Tremulant
III Schwellwerk C–g3[A 4]
1.Quintade16′
2.Prinzipal8′
3.Gambe8′
4.Salicional8′
5.Vox coelestis8′
6.Jubalflöte8′
7.Prinzipal4′
8.Traversflöte4′
9.Sesquialter223
10.Waldflöte2′
11.Plein jeu V2′
12.Basson16′
13.Trompette harmonique8′
14.Oboe8′
Tremulant
Pedal C–f1[A 5]
1.Principal16′
2.Subbaß16′
3.Zartbaß16′
4.Quintbaß1023
5.Oktavbaß8′
6.Baßflöte8′
7.Choralbaß4′
8.Flachflöte2′
9.Rauschpfeife IV223
10.Posaune16′
  • Koppeln:
    • Normalkoppeln (als Tritte und Drücker unter dem I. Manual): I an P, II an P, III an P, II an I, III an I, III an II
    • Oktavkoppeln: Super I, Sub III an I, Super III an I, Sub III, Super III, Super III an P, Sub FW, Super FW
  • Spielhilfen: Setzeranlage (2020), 2 freie Kombinationen, 1 freie Pedalkombination, Walze, Fernwerk an, Schwelltritt III, Schwelltritt FW
  • Anmerkungen:
  1. Westempore.
  2. Dachboden, Nord-Lettner links.
  3. Nord-Lettner, links.
  4. Unter der Westempore links.
  5. Westempore.

Schwalbennestorgel

Schwalbennestorgel

Bei der Restaurierung der Kirche wurden an der Nordwand Spuren wie Aussparungen, Türdurchlass, Spuren der Blasebalghalterungen, im Putz die Schwalbennestkontur sowie auf den spätgotischen und manieristischen Wandmalereien entdeckt, was auf das frühere Vorhandensein einer Schwalbennestorgel hindeutete. 1989 wurde daher unter finanzieller Hilfe des Siemens Kunst Fonds von Orgelbau Bernhardt Edskes ein Instrument rekonstruiert, welches auf einen Dispositionsentwurf von Caspar Sturm aus dem Jahr 1583 basiert.[10] Die Orgel kann über drei handgezogene Keilbälge, aber auch alternativ mit einem elektrischen Schleudergebläse betrieben werden. Die Disposition lautet:[11]

I (Manual) CD–c3
1.Gedeckter Coppel(bass)8′
2.Principal4′
3.Quinta223
4.Octava2′
5.Terza135
6.Duodecima113
7.Mixtur III
II (Oberpositiv) CD–c3
8.Regal8′
9.Flautten4′
10.Gemshorn2′
Pedal CDEFGA–a0
11.Posaune8′

Cuntz-Orgel

Cuntz-Positiv

Nicht stationär gebunden steht im Raum ein Positiv von Stephan Cuntz aus dem Jahr 1627. Ursprünglich wurde es erbaut für ein Nürnberger Patrizierhaus und ist die älteste erhaltene Orgel der Oberpfalz. Das Werk ist im Oberteil des zweiteiligen Renaissance-Gehäuses untergebracht und ist bekrönt von einer Volutenkartusche. Die Tastatur mit gebrochener Oktave und den Subsemitonien (Fis, Gis, dis0, dis1, dis2) und die Prospektpfeifen, die von reich geschnitzten und vergoldeten Schleierbrettern eingerahmt sind, befinden sich hinter einer Flügeltür. Das Instrument wurde 2015 von der Orgelbaufirma Hermann Eule umfassend restauriert.[12][13] Dabei wurde vor allem die historische Balganlage rekonstruiert.[14] Die Disposition der mechanischen Schleifladenorgel mit Stechermechanik lautet:[15]

Manual CDE–e3
1.Copula8′
2.Flauto4′
3.Copula4′
4.Prinzipal2′ (Prospekt)
5.Octav1′
6.Regal8′
  • Stimmtonhöhe bei 15 °C: a1 = 449 Hz
  • Temperatur: mitteltönig

Heutige Nutzung

Heute sind die Gebäude in das Historische Museum Regensburg integriert. Die Minoritenkirche wird auch für Konzerte und Ausstellungen genutzt, so beispielsweise im Jahr 2014 für die Bayerische Landesausstellung. Von 2010 bis 2020 war Norbert Düchtel Kustos der Orgeln.[16] Er begründete dort die Konzertserie Sonntägliche Orgelmatinee, in der die Orgeln regelmäßig bespielt werden.

Einmal im Jahr, am Gedenktag des seligen Franziskanerpredigers Berthold von Regensburg am 14. Dezember, findet ein Gottesdienst mit dem Bischof von Regensburg in der Minoritenkirche statt. Diese Messe muss mangels Technik ohne elektrisches Licht und Mikrofonanlagen gefeiert werden.

Literatur

  • Michael Wackerbauer: Die Musikinstrumente im Historischen Museum der Stadt Regensburg. (= Regensburger Studien und Quellen zur Kulturgeschichte 18). Universitätsverlag Regensburg, Regensburg 2009, DNB 997012633
  • Anneliese Hilz: Die Minderbrüder von St. Salvator in Regensburg 1226–1810. (= Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg. 25). Regensburg 1991, DNB 920705561.
  • Wilhelm Weber: Regensburg. Minoritenkirche St. Salvator. Ehem. Klosterkirche. (= Kleine Kunstführer. Nr. 2819). Schnell & Steiner, Regensburg 2012, DNB 1036634493.

Weblinks

Commons: Minoritenkirche Regensburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. https://www.bavariathek.bayern/wiederaufbau/orte/detail/regensburg/38
  2. Geschichte der Orgel ausführlich in der Musikzeitschrift Mälzels Magazin. 1/2005, abgerufen am 10. Mai 2017.
  3. OKB / H[eike] N[asritdinova]: Sonntägliche Orgelstunden. Eintrag in der Datenbank des Oberpfälzer Kulturbundes (derzeit nicht erreichbar)
  4. Die Steinmeyer-Orgel (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) auf der Seite der Musikwissenschaft der Universität Regensburg, abgerufen am 11. Mai 2017 (PDF)
  5. Marianne Sperb: Schrille Heuler aus der Steinmeyer-Orgel. In: Mittelbayerische Zeitung. 17. November 2022, abgerufen am 17. November 2022.
  6. Eberhard Kraus: Orgeln und Orgelmusik. Pustet, Regensburg 1972, ISBN 3-7917-0291-2, S. 166.
  7. Bei Kraus nicht, im Dispositionsentwurf Steinmeyers aus dem August 1936 doch genannt.
  8. Bei Kraus als 8´, im Dispositionsentwurf von 1936 als 4´ bezeichnet
  9. Abdruck jeweils im Gesamtjahresprogramm der Sonntäglichen Orgelstunden
  10. Die Schwalbennestorgel (Memento vom 8. Juli 2014 im Internet Archive) auf einem Jahresprogramm von 2008 der Stadt Regensburg, abgerufen am 10. Mai 2017.
  11. Die Schwalbennestorgel (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) auf der Seite der Musikwissenschaft der Universität Regensburg, abgerufen am 11. Mai 2017 (PDF)
  12. Hans Scherrer: Cuntz-Orgel wird in Bautzen generalsaniert. In: Mittelbayerische Zeitung. 5. Dezember 2013, abgerufen am 23. Juni 2016.
  13. Davina Lang: Cuntz-Orgel verzaubert Minoritenkirche. In: Mittelbayerische Zeitung. 8. Juni 2015, abgerufen am 23. Juni 2016.
  14. Peter Germann-Bauer und Klemens Unger: „Ich will den Herrn loben alle Zeit:“ Festschrift anlässlich der Restaurierung der Cuntz-Orgel von 1627. Kulturreferat, Regensburg 2015, ISBN 978-3-943222-21-0.
  15. Die Cuntz-Orgel (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) (vor der Restaurierung) auf der Seite der Musikwissenschaft der Universität Regensburg, abgerufen am 11. Mai 2017 (PDF)
  16. Norbert Düchtel in einem Bericht der Mittelbayerischen Zeitung, abgerufen am 10. Mai 2017 (PDF)

Koordinaten: 49° 1′ 5″ N, 12° 6′ 7″ O

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Orgelanlage Steinmeyer: Westempore HW, darunter Schwellwerk, rechts vorne Chororgel (Eule 2020), darüber Fernwerk (59/III/P)
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Fresken aus dem Ende des 15. Jahrhundert in der Minoritenkirche in Regensburg
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Glasfenster von 1350/60 in der Minoritenkirche in Regensburg
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Die ehemalige Minoritenkirche St. Salvator wurde etwa zwischen 1255 und 1275 erbaut. Nach der Regensburger Dominikanerkirche St. Blasius ist sie die zweitgrößte Kirche der Bettelorden in Süddeutschland.
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Schwalbennestorgel der Minoritenkirche in Regensburg
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Cuntz-Positiv in der Minoritenkirche in Regensburg
St. Salvator Regensburg Dachauplatz 2 D-3-62-000-264 06.tif
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Die ehemalige Minoritenkirche St. Salvator wurde etwa zwischen 1255 und 1275 erbaut. Nach der Regensburger Dominikanerkirche St. Blasius ist sie die zweitgrößte Kirche der Bettelorden in Süddeutschland. Typisch für die Kirchen der sogenannten Bettelorden ist, dass nur der Chor ein gewölbe hat, während das Langhaus eine einfachere Flachdecke erhalten hat.
Glasfenster aus Minoritenkirche Regensburg Kreuzigung.jpg

München, Bayerisches Nationalmuseum:
Glasfenster aus der Minoritenkirche Regensburg

Passionsszene aus dem mittleren Chorfenster: Kreuzigung (Fragment), um 1330, Inv. Nr. G 963; nach 1810 in Regensburg ausgebaut, 1860 dem Nationalmuseum überwiesen
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Inneres der Minoritenkirche in Regensburg. Blick in die Apsis.