Michael von Albrecht

Michael von Albrecht (* 22. August 1933 in Stuttgart) ist ein deutscher Klassischer Philologe (Latinist).

Leben

Der Sohn des Komponisten Georg von Albrecht besuchte zunächst die Musikhochschule Stuttgart, die er 1955 mit dem Staatsexamen abschloss. Danach studierte er in Tübingen und Paris Klassische Philologie und Indologie und wurde 1959 in Tübingen zum Dr. phil. promoviert. Die Habilitation folgte ebendort 1964. Noch im selben Jahr wurde von Albrecht Ordinarius für Klassische Philologie an der Universität Heidelberg, wo er bis zu seiner Emeritierung 1998 als Professor verblieb. 1977/1978 wurde er zudem Visiting Professor der Universität von Amsterdam und 1981 Visiting Member am Institute for Advanced Study in Princeton.

Michael von Albrechts Forschungsschwerpunkt liegt auf der antiken Musik, der römischen Literatur und ihrer Rezeptionsgeschichte sowie der vergleichenden Literaturwissenschaft. Seine zweibändige Geschichte der römischen Literatur, die bereits in acht Sprachen übersetzt wurde, gilt ebenso als Standardwerk wie die Meister römischer Prosa, Musterbeispiele stilistischer und rhetorischer Analyse. Außerdem machte er sich durch Übersetzungen aus dem Lateinischen, insbesondere von Vergil und Ovid, einen Namen.

Darüber hinaus ist von Albrecht seit 1979 Herausgeber der Fachbuchreihe Studien zur klassischen Philologie und seit 1984 der Quellen und Studien zur Musikgeschichte,[1] in denen auch die Georg von Albrecht-Gesamtausgabe, unter Mitherausgeberschaft von Christiane von Albrecht und Werner Schubert, erschienen ist.

Neben seiner akademischen Forschung und Lehre, die auch die Fachdidaktik der alten Sprachen miteinschloss, engagierte sich von Albrecht über Jahrzehnte hinweg und über seine Emeritierung hinaus intensiv für die Propagierung der humanistischen Idee durch zahlreiche Vorträge, die er im Rahmen von Veranstaltungen zur Weiterbildung von Lehrern der alten Sprachen und zur Abiturvorbereitung von Gymnasiasten hielt und weiterhin hält. Auch viele seiner wissenschaftlichen Publikationen wenden sich über den engen Bereich der Fachkollegen hinaus an Studierende, Gymnasiallehrer und Oberstufenschüler als Publikum. Zum Erfolg bei diesen Zielgruppen tragen das Bemühen um Klarheit der Sprache, der Verzicht auf überbordenden Einsatz von Terminologie sowie die Bereitschaft wesentlich bei, das zum Verständnis Notwendige nicht einfach als bekannt vorauszusetzen, sondern das Lesepublikum, soweit nötig, entsprechend zu instruieren.

Als neulateinischer Dichter im Sinne der Latinitas viva zeigt von Albrecht sich in einer Sammlung seiner Carmina Latina[2] und einer Satire im Stil des Horaz, die mit dem italienischen Literaturpreis Modernità in metrica ausgezeichnet wurde.[3]

Auszeichnungen

Seit 1996 ist er ordentliches Mitglied der Academia Europaea.[4] 1998 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Aristoteles-Universität Thessaloniki. Für seine Übersetzungen wurde von Albrecht 2004 mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung ausgezeichnet. 2014 erhielt er die Dragomanov-Medaille der Nationalen Pädagogischen Dragomanov-Universität Kiew, im November 2015 die Ehrendoktorwürde der Russischen Akademie der Wissenschaften (Moskau). 2018 wurde ihm vom Deutschen Altphilologenverband die Pegasus-Nadel für seine Verdienste um die Vermittlung und Bewahrung der lateinischen Sprache und Literatur verliehen.[5]

Schriften (Auswahl)

  • Die Parenthese in Ovids Metamorphosen und ihre dichterische Funktion. Selbstverlag, Tübingen 1959 (Hochschulschrift, Diss. phil.).
  • Silius Italicus. Freiheit und Gebundenheit römischer Epik. Schippers, Amsterdam 1964 (Zugleich: Tübingen, Universität, Habilitations-Schrift, 1964).
  • als Herausgeber mit Ernst Zinn: Ovid (= Wege der Forschung. Bd. 92). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1968.
  • Meister römischer Prosa. Von Cato bis Apuleius. Interpretationen. Lothar Stiehm, Heidelberg 1971 (Mehrere ergänzte Auflagen).
  • Goethe und das Volkslied (= Libelli. 163). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1972, ISBN 3-534-05478-4.
  • Der Teppich als literarisches Motiv. In: Deutsche Beiträge zur geistigen Überlieferung. Heft 7, 1972, ISSN 1616-2471, S. 11–89.
  • M. Tullius Cicero, Sprache und Stil. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Supplementband XIII, Stuttgart 1973, Sp. 1238–1347.
  • Römische Poesie. Texte und Interpretationen. Lothar Stiehm, Heidelberg 1977, 3. durchgesehene und bibliographisch aktualisierte Aufl. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2014, ISBN 978-3-534-26372-1.
  • als Herausgeber: Die römische Literatur in Text und Darstellung. 5 Bände. Reclam, Stuttgart 1985–1991;
    • als Herausgeber: Band 3: Augusteische Zeit (= Universal-Bibliothek. Nr. 8068). 1987, ISBN 3-15-008068-1.
  • Rom. Spiegel Europas. Texte und Themen (= Sammlung Weltliteratur. Serie 2: Forschung, Deutung, Darstellung. 3). Schneider, Heidelberg 1988, ISBN 3-7953-0514-4 (2., berichtigte und erweiterte Auflage. Stauffenburg-Verlag, Tübingen 1998, ISBN 3-86057-180-X).
  • Scripta Latina (= Studien zur klassischen Philologie. Bd. 41). Lang, Frankfurt am Main u. a. 1989, ISBN 3-8204-9938-5.
  • Geschichte der römischen Literatur. Von Andronicus bis Boethius. Mit Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit. 2 Bände. Francke u. a., Bern u. a. 1992, ISBN 3-317-01795-3 (Bd. 1), ISBN 3-317-01796-1 (Bd. 2), (Besprechung von Hans-Albrecht Koch; mehrere verbesserte Auflagen; Übersetzung in zahlreiche Sprachen).
  • Roman Epic. An Interpretative Introduction. Brill, Leiden u. a. 1999, ISBN 90-04-11292-8.
  • Das Buch der Verwandlungen. Ovid-Interpretationen. Artemis und Winkler, Düsseldorf u. a. 2000, ISBN 3-538-07090-3.
  • als Herausgeber und Übersetzer: Vergil: Hirtengedichte (= Universal-Bibliothek. Nr. 18133). Lateinisch – deutsch. Studienausgabe. Reclam, Stuttgart 2001, ISBN 3-15-018133-X.
  • Ovid. Eine Einführung (= Universal-Bibliothek. Nr. 17641). Philipp Reclam jun., Stuttgart 2003, ISBN 3-15-017641-7.
  • Literatur als Brücke. Studien zur Rezeptionsgeschichte und Komparatistik (= Spudasmata. Bd. 90). Olms, Hildesheim u. a. 2003, ISBN 3-487-11893-9.
  • Wort und Wandlung. Senecas Lebenskunst (= Mnemosyne. Supplementum. 252). Brill, Leiden u. a. 2004, ISBN 90-04-13988-5.
  • Lukrez in der europäischen Kultur (= Förderkreis Lebendige Antike. Schriftenreihe. Bd. 8). F. Hennecke, Ludwigshafen am Rhein 2005, ISBN 3-9807034-8-7.
  • als Herausgeber mit Walter Kißel und Werner Schubert: Bibliographie zum Fortwirken der Antike in den deutschsprachigen Literaturen des 19. und 20. Jahrhunderts (= Studien zur klassischen Philologie. Bd. 149). Lang, Frankfurt am Main u. a. 2005, ISBN 3-631-50802-6.
  • Vergil. Eine Einführung – Bucolica – Georgica – Aeneis. Winter, Heidelberg 2006, ISBN 3-8253-5265-X.
  • SERMONES. Satiren zur Gegenwart. Lateinisch und Deutsch. Hrsg. Hans-Joachim Glücklich, (Ars Didactica – Alte Sprachen lehren und lernen, Bd. 8) doi:10.11588/propylaeum.811

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Peter Lang Verlag: Quellen und Studien zur Musikgeschichte. Abgerufen am 13. Februar 2021.
  2. Michael von Albrecht: Carmina Latina. Cum praefatione Valahfridi Stroh (= Michael von Albrecht [Hrsg.]: Studien zur klassischen Philologie. Band 179). Verlag Peter Lang, Berlin/Bern/Wien 2019, ISBN 978-3-631-78992-6 (Latein).
  3. Michael Lobe: Eine neue Horazsatire? In: Forum Classicum. 63. Jahrgang, Nr. 2, 2020, ISSN 1432-7511, S. 72–84 (Latein, deutsch, uni-heidelberg.de).
  4. Mitgliederverzeichnis: Michael von Albrecht. Academia Europaea, abgerufen am 25. Juli 2017.
  5. Hartmut Loos: Ehrung: Pegasus-Nadel für Michael v. Albrecht. Abgerufen am 22. August 2018 (deutsch).

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Siegel der Universität Heidelberg mit dem lateinischen Text «s [sigillum] : vniversitatis stvdii heydelbergensis» (zu deutsch: Siegel der Universität Heidelberg).