Michael Mayr

Michael Mayr

Michael Mayr (* 10. April 1864 in Adlwang in Oberösterreich; † 21. Mai 1922 in Waldneukirchen in Oberösterreich) war ein österreichischer Historiker und Politiker der Christlichsozialen Partei. Von 7. Juli 1920 an war Mayr Staatskanzler, mit Inkrafttreten des Bundes-Verfassungsgesetzes am 10. November 1920 erster Bundeskanzler Österreichs und amtierte bis 1. Juni 1921.

Leben

Michael Mayr studierte Geschichte und Geographie an der Universität Wien und wurde 1890 promoviert. Von 1897 bis 1920 war Mayr als Nachfolger von David von Schönherr Leiter des Tiroler Landesarchives. 1900 wurde er Professor für Neue Geschichte an der Universität Innsbruck.

Mayrs politische Karriere begann bereits in der Zeit der Monarchie; von 1907 bis 1911 war er Abgeordneter zum Reichsrat, von 1908 bis 1914 Abgeordneter im Tiroler Landtag.

1916 forderte Mayr ein weit ins italienische Land vergrößertes Südtirol und plädierte für die künstliche Eindeutschung der italienischen Namen in Welschtirol.[1]

1918/19 war Mayr Gesandter Tirols in der Schweiz, wo er mit Abgesandten der Ententemächte über eine eigene Republik oder einen Freistaat Tirol verhandelte. Als Tiroler Abgeordneter in der Provisorischen Nationalversammlung verlangte er mit den anderen Tirolern das Recht des Landes auf Loslösung von Österreich.

Karl Renner machte ihn in seiner dritten Regierung vom 17. Oktober 1919 bis zum 7. Juli 1920 zum Staatssekretär für die Arbeiten an der gesamtösterreichischen Verfassung.[2]

1919/20 war Mayr gewähltes Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung und verhandelte als Vertreter der Christlichsozialen mit den Sozialdemokraten über das dann am 1. Oktober 1920 beschlossene und am 10. November 1920 in Kraft getretene Bundes-Verfassungsgesetz. Wie in der (noch im gleichen Jahr auf Entscheidung der Sozialdemokraten nach der ersten Nationalratswahl zu Ende gegangenen) Koalition vereinbart, übernahm er am 7. Juli 1920 mit der Staatsregierung Mayr I, einem Übergangs-Proporzkabinett, das Amt des Staatskanzlers von Karl Renner (SDAPÖ), der Staatssekretär für Äußeres (Außenminister) wurde; ab 10. November 1920 war die Funktionsbezeichnung Bundeskanzler gültig. Als solcher war Mayr seit 22. Oktober, als die Sozialdemokraten aus dem Kabinett austraten, auch Außenminister. Der am 10. November 1920 erstmals zusammengetretene Nationalrat wählte am 20. November die Bundesregierung Mayr II, ein christlichsoziales Minderheitskabinett, das von Verbündeten im „dritten Lager“ gestützt wurde.

Wegen einer in der Steiermark beabsichtigten Abstimmung über den Anschluss an Deutschland – die Regierung hatte sich im Vertrag von Saint-Germain 1919 verpflichtet, Österreich unabhängig zu erhalten – trat Mayr am 1. Juni 1921 als Bundeskanzler zurück; führte die Geschäfte aber noch bis 21. Juni 1921 weiter, als die Bundesregierung Schober I angelobt wurde. Mayr starb schon relativ früh 1922 in der Nähe seines oberösterreichischen Geburtsortes.[3] Er wurde am 27. Mai 1922 auf dem Innsbrucker Westfriedhof beigesetzt.[4]

Er war Mitglied der AV Austria Innsbruck, damals im CV, heute im ÖCV.

Publikationen

Einzelnachweise

  1. Friedrich Heer: Der Kampf um die österreichische Identität, Böhlau, Graz 1981, ISBN 3-205-07155-7, S. 377
  2. Rudolf Spitzer: Karl Seitz: Waisenknabe – Staatspräsident – Bürgermeister von Wien, Franz Deuticke, Wien 1994, ISBN 3-7005-4643-2, S. 78
  3. Gerhard Strejcek: Vor 100 Jahren starb Österreichs Verfassungskanzler. In: Wiener Zeitung, 21. Mai 2022
  4. Joachim Bürgschwentner: Michael Mayrs letzte Fahrt. In: Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck: Innsbruck erinnert sich, 20. Mai 2022

Literatur

  • Robert Kriechbaumer: Zwischen Einmarschdrohungen, Volksabstimmungen und Finanzkollaps. Politik im Schatten der Katastrophe. Die Regierung Michael Mayr 1920/21. In: Robert Kriechbaumer, Wolfgang Mueller, Erwin A. Schmidl (Hrsg.): Politik und Militär im 19. und 20. Jahrhundert. Festschrift für Manfried Rauchensteiner. Wien-Köln-Weimar: Böhlau Verlag 2017. ISBN 978-3-205-20417-6, S. 257–281.
  • Goldinger: Mayr Michael. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 5, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1972, S. 439 f. (Direktlinks auf S. 439, S. 440).
  • Hermann J. W. Kuprian: Mayr, Michael. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 565 f. (Digitalisat).
  • Walter Landi: Michael Mayr: dallo Statthalterei-Archiv di Innsbruck al cancellierato della Prima Repubblica Austriaca. Carriera e percorso politico di uno storico tirolese. In: Giuseppe Albertoni et al. (Hrsg.): La storia va alla guerra. Storici dell’area trentino-tirolese tra polemiche nazionali e primo conflitto mondiale (Studi e Ricerche 18). Trento: Università degli Studi di Trento 2018. ISBN 978-88-8443-825-6, S. 37–92.

Weblinks

Commons: Michael Mayr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.
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photograph of Michael Mayr, Chancellor of Austria