Micarna
Micarna SA | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
Gründung | 1958 |
Sitz | Courtepin, Schweiz[1] |
Leitung |
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Mitarbeiterzahl | 2'735 (2020)[3] |
Umsatz | 1,8 Mrd. CHF (2019)[4] |
Branche | Nahrungsmittel, Fleischwaren |
Website | www.micarna.ch |
Die Micarna AG mit Hauptsitz in Courtepin ist ein Unternehmen des Schweizer Detailhandelskonzerns Migros. Sie ist einer der führenden Fleischverarbeiter der Schweiz. Neben dem Handel werden auch Gastronomiebetriebe und Grossverbraucher beliefert. Das Unternehmen beschäftigte im Jahr 2019 rund 3'400 Mitarbeitende und erwirtschaftete einen Umsatz von etwa 1,8 Milliarden Franken. Micarna gehört zu den 500 grössten Unternehmen in der Schweiz.
Mit 43 Prozent hat Micarna den grössten Marktanteil bei Poulet. Über 31 Millionen Poulets hat das Unternehmen im Jahr 2019 geschlachtet.[5]:S. 49
Geschichte
Ab Juni 1958 betrieb der Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) eine Metzgerei in Winterthur, die aber bald nicht mehr mit der ständig wachsenden Nachfrage Schritt halten konnte. Deshalb gründete der MGB noch im selben Jahr die Micarna und nahm den Bau eines Produktionsbetriebs für Frischfleich und Fleischwaren in Courtepin in Angriff. Die damals modernste Fleischwarenfabrik der Schweiz nahm ihren Betrieb am 2. Juni 1960 auf. Mit der Zeit kamen Personalschule, Labors und Schlachtanlagen hinzu.[6] 1966 beschloss die Micarna, den zu klein gewordenen Betrieb in Winterthur aufzugeben und in Bazenheid eine neue, weitaus grössere Produktionsstätte zu errichten. Mit Abschluss der ersten Bauetappe am 4. November 1968 begann die etappenweise Verlegung der Abteilungen. Dieser Vorgang war am 14. August 1969 abgeschlossen.[7] Seit 1993 werden die beiden Standorte einheitlich operativ geführt.
1997 gliederte Micarna die Geflügelveredelung in die Optigal AG aus, 2001 übernahm sie von der Genossenschaft Migros Waadt den Fleischproduktionsbetrieb in Ecublens. 2003 eröffnete sie in Courtepin einen neuen Schlachthof und eine neue Zerlegerei.[8] Im Rahmen einer neuen Expansionsstrategie, die zunächst auf Wachstumsmöglichkeiten innerhalb des Schweizer Marktes beschränkt war, übernahm die Micarna im Jahr 2004 die im Gastronomiebereich tätige Firma Mérat & Cie AG in Bern.[9] 2006 fusionierte Micarna mit der Optigal AG und integrierte sie als Business Unit «Geflügel», 2007 folgte die Integration des Fischgeschäfts des MGB in die Business Unit «Seafood».[8]
Die Natura Bündner Fleischtrocknerei in Tinizong wurde 2009 übernommen, 2012 die Favorit Geflügel AG in Lyss[8] und 2015 die Firma Maurer Speck aus Flüh.[10] 2016 übernahm Micarna die Gabriel Fleury SA in Granges, einen Spezialisten für Walliser Trockenfleisch. 2017 integrierte der MGB den Bereich Produktion und Verarbeitung des zwei Jahre zuvor erworbenen Eier- und Tiefkühlproduzenten Lüchinger + Schmid in die Micarna.[11] Die deutsche Firma Stauss Geflügel GmbH wurde 2018 in Oberschwäbische Geflügel GmbH umbenannt und dessen Gesellschaftssitz von Ertingen nach Betzenweiler verlegt. Im Schlacht- und Verarbeitungsbetrieb in Ertingen wird das Geflügel-Rohmaterial produziert, das anschliessend in Betzenweiler verarbeitet wird.[12] Um Fischzucht zu betreiben, wurde im Jahr 2020 eine Aquakulturanlage in Birsfelden in Betrieb genommen.[13]
In Zeiten der administrativen Versorgung verrichteten Insassen der Strafanstalt Bellechasse gemäss dem Schlussbericht der Unabhängigen Expertenkommission bis 1978 Zwangsarbeit bei der Micarna in Courtepin. Das Unternehmen weist die Vorwürfe von sich und vertritt den Standpunkt, man habe nie von sich aus Zwangsarbeiter eingestellt. Vielmehr seien diese stets unter der Auswahl, Leitung und Kontrolle der Strafanstalt in der Produktion beschäftigt gewesen.[14]
Micarna ist Mitglied bei der IG Bio[15] und bei der Branchenorganisation Proviande.
Micarna-Gruppe
Die Hauptstandorte der Micarna AG sind Courtepin und Bazenheid, die zusammen mehr als zwei Drittel der Belegschaft umfassen. Hinzu kommen weitere Produktionsbetriebe in Avenches, Ecublens VD, Schönbühl und Zürich, mehrere Zuchtbetriebe im Kanton Wallis sowie in Kooperation mit anderen Unternehmen betriebene Schlachthöfe in Bazenheid, Clarens, Estavayer-le-Lac, Gossau und Hinwil.[16] Ebenfalls zur Micarna-Gruppe gehören folgende Unternehmen (Stand 2019):[16]
- Mérat & Cie. AG in Allschwil, Bazenheid, Bern, Carouge, Landquart, Martigny, Rothenburg und Zürich
- Favorit Geflügel AG in Lyss
- Gabriel Fleury SA in Granges
- KM Seafood GmbH in Schirgiswalde-Kirschau (Deutschland) (per 30. Juni 2020 wurden die restlichen 25,1 Prozent übernommen[17])
- Lüchinger + Schmid AG in Kloten und Flawil
- Maurer Speck in Flüh
- Natura Bündner Fleischtrocknerei in Tinizong
- Optisol in Saillon
- Rudolf Schär AG in Thal und St. Gallen
- Tipesca SA in Sigirino und Losone
Die Geschäftsanteile an der Oberschwäbischen Geflügel GmbH in Ertingen und Betzenweiler (Deutschland) wurden am 11. Mai 2020 veräussert.[18]
Micarna E-Direct
Ende 2017 kündigte Micarna an, im ersten Quartal 2018 die App Micarna E-Direct zu lancieren.[19] Tierproduzenten werden durch die App zu Lieferanten der Micarna (Direktvertrieb), auch Transport und Begleitdokument werden darüber abgewickelt. Dies macht den Handelsverkauf und somit den Viehhandel überflüssig. Seit 2019 wird das Bio Weide-Beef der Migros auch über die App gehandelt[20], was im Vorfeld zu einer ausserordentlichen Generalversammlung der IG Bio Weide-Beef mit vielen kritischen Stimmen führte.[21] An der Generalversammlung vom 14. März 2019 wurde der Präsident der IG abgewählt und zwei Drittel des Vorstands traten zurück.[22]
Kritik
Rund 93 % des Label-Geflügels bei der Migros stammt aus Optigal-Betrieben der Micarna.[23] In der Geflügelproduktion mit einer «besonders tierfreundlichen Stallhaltung» (kurz BTS) verenden immer noch rund 4 % der Tiere während der Mastzeit. Der Beitrag «Der Tod ist Teil des Geschäfts» vom 30. Januar 2018 in der Sendung 10vor10 veranlasste Micarna dazu, eine Beschwerdeschrift beim Ombudsmann der SRG einzureichen. Micarna sieht im Beitrag Verletzungen an den publizistischen Leitlinien des Schweizer Radios und Fernsehen, den Richtlinien des Schweizer Presserats sowie beim Sachgerechtigkeitsprinzip und Unabhängigkeitsprinzip der SRG. Ombudsmann Roger Blum wies die Beschwerde zurück. Seiner Meinung nach seien in der betreffenden Sendung alle wesentlichen Fragen gestellt und behandelt worden. Die verschiedenen Parteien kamen zu Wort, konnten ihre besten Argumente vortragen und auf Kritik reagieren.[24] Dass die Migros Optigal-Werbung nicht annähernd mit der Realität übereinstimmt[25], zeigten im Juli 2018 erneut Aufnahmen der Westschweizer Tierrechtsorganisation Pour l’égalité animale (PEA).[26] Daraufhin besuchte auch der Beobachter die Anlage.[27] Nachdem der Kassensturz am 1. Juni 2021 erneut über das Thema berichtete, hat die Migros angekündigt in Zukunft auf die Bezeichnung «Besonders tierfreundliche Stallhaltung» auf den Verpackungen verzichten zu wollen.[28]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Micarna SA. In: Handelsregister des Kantons Freiburg. Abgerufen am 12. April 2021.
- ↑ Micarna: Hinder übernimmt ab sofort. In: schweizerbauer.ch. 14. Oktober 2021, abgerufen am 16. Oktober 2021.
- ↑ Tochtergesellschaften & Beteiligungen. Micarna SA. In: report.migros.ch. Abgerufen am 17. Mai 2021.
- ↑ Micarna-Chef tritt Ende 2021 zurück. In: schweizerbauer.ch. 22. Dezember 2020, abgerufen am 22. Dezember 2020.
- ↑ Priska Baur, Patricia Krayer: Schweizer Futtermittelimporte – Entwicklung, Hintergründe, Folgen. Forschungsprojekt im Auftrag von Greenpeace Schweiz. Hrsg.: Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. 28. Februar 2021, doi:10.21256/zhaw-2400.
- ↑ Alfred A. Häsler: Das Abenteuer Migros. Die 60 Jahre junge Idee. Hrsg.: Migros-Genossenschafts-Bund. Migros Presse, Zürich 1985, S. 329.
- ↑ Häsler: Das Abenteuer Migros. S. 337.
- ↑ a b c Geschichte. Micarna, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ 2013–2018 – Nachhaltigkeit, Expansion und Kommunikation. (PDF, 6,1 MB) Micarna, 2018, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ Micarna übernimmt Maurer Speck. St. Galler Tagblatt, 21. Juli 2015, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ Lüchinger + Schmid: Produktion zu Micarna. Schweizer Bauer, 10. Oktober 2016, abgerufen am 7. September 2021.
- ↑ Aus der Stauss Geflügel GmbH wird die Oberschwäbische Geflügel GmbH. (PDF, 408 kB) Micarna, 18. April 2018, abgerufen am 19. Mai 2018.
- ↑ Dennis Hoffmeyer: Aquakultur — Zukunft des Fischkonsums: Migros eröffnet eigene Fischzucht. In: SRF. 18. September 2020, abgerufen am 24. Juli 2021.
- ↑ Tobias Marti: In der Schweiz gab es Zwangsarbeit. Auch die Migros machte mit. blick.ch, 29. Juni 2019, abgerufen am 1. Juli 2019.
- ↑ Mitglieder. In: igbio.ch. Interessengemeinschaft Bio Schweiz, abgerufen am 8. April 2021.
- ↑ a b Vademecum 2019. (PDF, 5,4 MB) Micarna, 2019, abgerufen am 15. Oktober 2019.
- ↑ Migros-Industrie erwirbt weitere Minderheitsanteile. Akquisitionen, Veräusserungen & Unternehmensgründungen. In: report.migros.ch. Abgerufen am 20. Mai 2021.
- ↑ Akquisitionen, Veräusserungen & Unternehmensgründungen. In: report.migros.ch. Abgerufen am 20. Mai 2021.
- ↑ Micarna-App ersetzt Viehhändler. Schweizer Bauer, 9. Dezember 2017, abgerufen am 9. Dezember 2017.
- ↑ Micarna bekommt mehr Gewicht. Schweizer Bauer, 5. Januar 2019, abgerufen am 6. Januar 2019.
- ↑ IG Bio Weide-Beef: Protokoll der ausserordentlichen Generalversammlung. (PDF; 72,2 KB) (Nicht mehr online verfügbar.) igbioweidebeef.ch, 16. November 2018, archiviert vom Original am 6. Januar 2019; abgerufen am 6. Januar 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Adrian Krebs: Palastrevolte bei der IG Bio Weide-Beef. Bauernzeitung, 22. März 2019, abgerufen am 11. April 2019.
- ↑ Labels und Marken – perfekte Orientierung. Micarna, abgerufen am 6. Januar 2019.
- ↑ Keine Manipulation beim Hühnerbericht. SRG SSR, 8. Mai 2018, abgerufen am 9. Mai 2018.
- ↑ Optigal – weit weg von einer optimalen Tierhaltung. Stiftung für Konsumentenschutz, 16. Februar 2018, abgerufen am 14. Juli 2018.
- ↑ Tote Hühner im Migros-Stall. Tier im Fokus, 10. Juli 2018, abgerufen am 13. Juli 2018.
- ↑ Gian Signorell: Den Himmel sehen die «Optigal»-Hühner der Migros nie. Beobachter, 27. September 2018, abgerufen am 29. September 2018.
- ↑ David Jans: BTS – von wegen! – Tierleid in Ställen mit «Besonders Tierfreundlicher Stallhaltung». Schweizer Radio und Fernsehen, 1. Juni 2021, abgerufen am 1. Juni 2021.