Metabolische Azidose

Klassifikation nach ICD-10
E87.2Azidose
metabolische Azidose
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Als metabolische Azidose bezeichnet man in der Medizin eine stoffwechselbedingte Übersäuerung des Blutes und des Körpers (Azidose). Es handelt sich um eine primäre Verminderung der Plasmabikarbonatkonzentration (PBK) mit begleitender Azidämie.[1] Sie wird durch vermehrt im Körperstoffwechsel anfallende Säuren (Überangebot an H+-Ionen), durch deren verminderte Ausscheidung (Verminderung der Säureexkretionsrate durch die Niere) oder durch einen Bikarbonatverlust (über den Magen-Darm-Trakt oder die Nieren) verursacht.

Ursachen

Die häufigsten Ursachen einer metabolischen Azidose (sofern nicht durch chronische Unterernährung verursacht) sind

Die häufigste metabolische Azidose ist die diabetische Ketoazidose. Ein Diabetiker gewinnt bei Insulinmangel, da er keine Glukose verwerten kann, Energie durch verstärkte Verbrennung von Fettsäuren. Bei diesem verstärkten Fettabbau entstehen Ketonkörper, die große Mengen von Bicarbonatpuffer binden. Der daraus entstehende relative Mangel an Bicarbonat führt zur Übersäuerung des Blutes.

Symptome

  • Hyperpnoe (lange, tiefe Atemzüge bei normaler Frequenz)
  • Herzinsuffizienz
  • Koma (durch ein Missverhältnis von Sauerstoffverbrauch und Sauerstoffangebot im Gehirn)
  • gastroinstestinale Symptome (Übelkeit, Erbrechen, Durchfall)
  • Hyperkaliämie (durch Kaliumshift aus der Zelle in den Extrazellulärraum)[2]

Diagnose

Ein Patient mit metabolischer Azidose fällt vor allem durch seine verstärkte, tiefe, normofrequente Atmung auf (sogenannte Kußmaul-Atmung). Bei der Ketoazidose des Diabetikers kann man meist auch einen fruchtartigen Acetongeruch in der Atemluft bemerken. Entscheidend für die Erkennung und Quantifizierung der metabolischen Azidose ist die Blutgasanalyse. Aus dem Basendefizit, dem pH-Wert und dem CO2 -Partialdruck lässt sich leicht das Ausmaß der metabolischen Azidose und das Ausmaß der respiratorischen Kompensation des Körpers erkennen. Weiter differenzieren lassen sich die Ursachen anhand der Anionenlücke.

Therapie

Therapeutisch steht die Ursachenbehandlung im Vordergrund. Aber auch durch symptomatische Behandlung, z. B. durch die Gabe von Insulin, kann bei der diabetischen Ketoazidose sehr schnell eine Besserung erzielt werden. Zu beachten ist hier auch die ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr. Vor allem bei der schockbedingten Laktatazidose ist die Flüssigkeitszufuhr zur Volumenauffüllung entscheidend. Bei der Urämie muss eine Dialyse angestrebt werden.

Wenn es das Ausmaß der Azidose erforderlich macht, besteht die Möglichkeit zur Therapie mit alkalisierenden Substanzen. Durch die Gabe von Natriumhydrogencarbonat oder anderen (weniger vorteilhaften) Puffersubstanzen (Laktat, Zitrat, THAM) kann man versuchen, die Stoffwechselentgleisung der akuten metabolischen Azidose zumindest vorübergehend (durch Erhöhung der Plasmabikarbonatkonzentration, orient am Base Excess) zu begrenzen. Dies wird allerdings aufgrund schwerwiegender Nachteile wie Elektrolytentgleisungen nur noch bei schwerer Azidose mit einem pH < 7,1 durchgeführt.

Siehe auch

Literatur

  • Albrecht Schwab: Atmung und Säure-Basen-Haushalt. In: Michael Gekle u. a. (Hrsg.): Taschenlehrbuch Physiologie. Thieme Verlag, Stuttgart 2010, ISBN 978-3-13-144981-8, S. 320–334.
  • Karl Friedrich Rothe, Rudolf Schorer: Der Säure-Basen-Haushalt in der Anästhesiologie und operativen Intensivmedizin. Physiologie, Pathophysiologie und Klinik der Azidosen. In: Anästhesie Intensivtherapie Notfallmedizin. Band 20, Nr. 2, April 1985, S. 69–75, hier: S. 71–73 (Die metabolische Azidose).

Einzelnachweise

  1. K. F. Rothe, Rudolf Schorer: Der Säure-Basen-Haushalt in der Anästhesiologie und operativen Intensivmedizin. Physiologie, Pathophysiologie und Klinik der Azidosen. 1985, S. 71.
  2. K. F. Rothe, Rudolf Schorer: Der Säure-Basen-Haushalt in der Anästhesiologie und operativen Intensivmedizin. Physiologie, Pathophysiologie und Klinik der Azidosen. 1985, S. 72 f.