Messerangriff in Aschaffenburg 2025

Bei einem Messerangriff in Aschaffenburg wurden am 22. Januar 2025 ein Kleinkind und ein Mann getötet sowie drei weitere Menschen schwer verletzt. Der Messerangriff ereignete sich im innerstädtischen Park Schöntal. Tatverdächtig ist ein 28-jähriger ausreisepflichtiger Afghane, der unmittelbar nach der Tat von der Polizei festgenommen wurde. Das Motiv der Tat ist Gegenstand von Ermittlungen.

Tathergang und Opfer

Am 22. Januar 2025 um 11:45 Uhr griff ein Mann im Park Schöntal eine Kita-Gruppe an und tötete einen zweijährigen Jungen marokkanischer Abstammung[1] mit einem Küchenmesser. Ein 41-jähriger deutscher Passant griff in das Geschehen ein und wurde dabei tödlich verletzt.[2][3] Drei weitere Personen erlitten schwere Verletzungen: ein zweijähriges Mädchen syrischer Abstammung, eine 59-jährige Erzieherin und ein 72-jähriger Mann.

Der flüchtende Täter wurde von Passanten verfolgt und nach zwölf Minuten im Gleisbett der wenige hundert Meter entfernt vom Park vorbeiführenden Bahnstrecke in Richtung Miltenberg von der Polizei gestellt und festgenommen.[4] Das mutmaßliche Tatmittel wurde sichergestellt.[5] Der Bahnverkehr in Aschaffenburg wurde zeitweise eingestellt.[6][7]

Tatverdächtiger

Laut Spiegel heißt der festgenommene Afghane Enamullah O. und wurde 1997 geboren.[8] Er reiste 2022 über die Türkei nach Bulgarien, wo er registriert wurde, und von dort im November 2022 illegal nach Deutschland weiter. Anfang 2023 stellte er einen Asylantrag.[9] Diesen lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) am 19. Juni 2023 ab und ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an. Die Rückführung konnte nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, woraufhin ein Asylverfahren eingeleitet wurde.[6][10] Der spätere Tatverdächtige soll im Dezember 2024 seine freiwillige Ausreiseabsicht schriftlich kundgetan haben. Daraufhin stellte das BAMF das Asylverfahren ein und er wurde ausreisepflichtig.[11]

Der Tatverdächtige war wegen dreier Gewalttaten polizeibekannt. Er war mehrfach in stationärer psychiatrischer Behandlung und wurde wieder entlassen.[6][12] Im Dezember 2024 sei gerichtlich eine Betreuung angeordnet worden.[6] Eine terroristische oder islamistische Motivation wird von den Behörden ausgeschlossen.[13] Einen Tag nach dem Vorfall wurde durch eine Ermittlungsrichterin am Amtsgericht Aschaffenburg eine einstweilige Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Klinik angeordnet. Ihm wurden zweifacher vollendeter und zweifacher versuchter Mord, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, vorgeworfen.[14]

Reaktionen

Trauer und Gedenken

Am 25. Januar 2025 fand in einer Moschee in Frankfurt die Trauerfeier für den getöteten zweijährigen Jungen statt. 1.000 Menschen nahmen teil, Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef legte einen Kranz nieder.[15]

Der Bayerische Ministerpräsident, Markus Söder, ordnete für den 26. Januar Trauerbeflaggung an.[16]

Politik

Infolge der tödlichen Tat einen Monat vor der Bundestagswahl 2025 – nach dem Messerangriff in Mannheim im Mai, dem Messeranschlag in Solingen im August und dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt im Dezember 2024 – verschärfte sich die politische Debatte über Migration.[17] Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, die Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, Alice Weidel und Sahra Wagenknecht und weitere Politiker von CDU, AfD, BSW und FDP forderten Verschärfungen in der Asylpolitik.[18][19] Bundeskanzler Olaf Scholz gab an, seine Regierung habe alles getan, um Rückführungen zu fördern und irreguläre Migration zu reduzieren. Es gebe aber „ein erkennbares Vollzugsdefizit – in diesem Fall insbesondere bei den bayerischen Behörden“.[20] Darauf erwiderte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann, dass die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Dublin-Verfahren angeordnete Abschiebung des tatverdächtigen Afghanen den bayerischen Behörden verspätet mitgeteilt worden sei. Damit sei die Frist, innerhalb derer die Abschiebung hätte vollzogen werden müssen, so weit fortgeschritten gewesen, dass eine Abschiebung nicht mehr möglich gewesen sei.[21]

Friedrich Merz kündigte an, er würde im Falle eines Wahlsiegs das Bundesinnenministerium im Wege seiner Richtlinienkompetenz anweisen, alle deutschen Landgrenzen dauerhaft zu kontrollieren und alle Versuche der illegalen Einreise ausnahmslos zurückzuweisen.[22] SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich entgegnete, dass Merz’ Forderungen praxisuntauglich seien und gegen geltendes internationales Recht verstießen.[23] Der Verfassungsrechtler Hans-Jürgen Papier hingegen sieht Zurückweisungen an der Grenze als ohne weiteres zulässig an.[24] Die Gewerkschaft der Polizei bezeichnete die flächendeckende Kontrolle aller deutschen Außengrenzen als „nicht umsetzbar“.[25] Der stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Manuel Ostermann äußerte, die Politik habe in der Migrations- und Asylpolitik versagt und der Bundeskanzler müsse endlich handeln. Es brauche mehr Abschiebehaftplätze und eine Zuständigkeitserweiterung der Bundespolizei.[21]

Laut RND-Redakteur Matthias Koch griffen insbesondere in Zeiten des Wahlkampfs Politiker schnell zu Etiketten, ohne das eigentliche Problem, „das Abdriften einsamer Männer in eine psychische Krankheit“, wahrhaben zu wollen.[26] So kritisierte auch Jan van Aken (Die Linke), dass nach der Tat vor allem um Abschiebung und Asyl diskutiert worden sei, während die Aufmerksamkeit auf die psychische Krankheit des Täters sowie auf den gesellschaftlichen Umgang damit gerichtet werden müsse.[27]

Am Tatabend kam es nach einem Aufruf in rechten Foren zu einer Kundgebung vor dem Aschaffenburger Rathaus und einem Schweigemarsch von etwa 80 bis 100 Personen. Linke Gegendemonstranten protestierten gegen diese Gruppe. Die Polizei trennte beide Lager. Als Zeichen ihrer Anteilnahme legten Menschen am Ort des Geschehens Blumen und Kränze ab, zündeten Lichter an und zeigten sich nach Ansicht des Lokalsenders Radio Primavera „angewidert von der politischen Vereinnahmung der Bluttat“.[28]

Björn Höcke versuchte bei einer von der AfD veranstalteten Gedenkveranstaltung einen „Kranz zu Ehren der Getöteten“ niederzulegen, woran er aber von „Gegendemonstranten der Antifa“ gehindert wurde, die darin eine „Vereinnahmung des Gedenkens durch die AfD“ sahen.[29]

Einzelnachweise

  1. Mahnwache: Tiefe Trauer nach Gewalttat in Aschaffenburg. FAZ, 24. Januar 2025, abgerufen am 24. Januar 2025.
  2. Nachbarn warnten vor Täter – Video zeigt Vorfall in Heim. In: stern.de. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  3. Patrick Freihwah: ASCHAFFENBURG – Tatverdächtiger muss in Psychiatrie – 3000 Menschen kommen zu stillem Gedenken. In: allgaeuer-zeitung.de. 22. Januar 2025, abgerufen am 24. Januar 2025.
  4. Till Erdtracht: Tödlicher Messerangriff in Aschaffenburg: Was wir bisher wissen. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  5. Karin Truscheit: In Aschaffenburg sterben zwei Menschen bei Messerangriff: 28-Jähriger festgenommen. In: FAZ.net. 22. Januar 2025, abgerufen am 22. Januar 2025.
  6. a b c d Tödlicher Messerangriff in Aschaffenburg: Was wir bisher wissen. In: BR24. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  7. Polizist über Messerangriff: „Die Kinder waren in einem Bollerwagen“. In: Welt TV. welt.de, 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  8. Aschaffenburg: Zwei Tote nach Messerangriff auf Kindergartengruppe im Park. In: Spiegel Online. 22. Januar 2025, abgerufen am 22. Januar 2025.
  9. Die Strafakte von Enamullah O.: Der mutmaßliche Aschaffenburg-Täter hätte im Gefängnis sitzen müssen. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 24. Januar 2025]).
  10. Nach Aschaffenburg: Bayern und Bund schieben sich Schuld zu. In: BR24. 23. Januar 2025, abgerufen am 24. Januar 2025.
  11. BR24live: Söder informiert über Messerattacke in Aschaffenburg. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  12. Christoph Lemmer: Bluttat von Aschaffenburg: „Die von der AfD müssen nichts mehr machen. Das erledigt sich für die jetzt ganz allein“. In: welt.de. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  13. Aschaffenburg: Zwei Tote nach Messerangriff auf Kindergartengruppe im Park. In: Der Spiegel. 22. Januar 2025, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 23. Januar 2025]).
  14. SpOn: Tatverdächtiger von Aschaffenburg muss in die Psychiatrie, 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  15. Malena Menke: Familie nimmt in Frankfurt Abschied von getötetem Zweijährigen. 25. Januar 2025, abgerufen am 25. Januar 2025.
  16. Pressemitteilung — Ministerpräsident Dr. Markus Söder ordnet landesweite Trauerbeflaggung an. Bayerische Staatsregierung, 24. Januar 2025, abgerufen am 26. Januar 2025.
  17. Sarah Beham: Aschaffenburg: Politische Debatte über Migration entbrannt. In: BR24. 23. Januar 2025, abgerufen am 24. Januar 2025.
  18. Merz zum Messerangriff in Aschaffenburg: „Das Maß ist endgültig voll“. In: tagesschau.de. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  19. Was folgt aus dem Messerangriff in Aschaffenburg? In: tagesschau.de. 23. Januar 2025, abgerufen am 24. Januar 2025.
  20. Olaf Scholz äußert sich nach Messerattacke auf Kindergartengruppe in Aschaffenburg. In: Der Spiegel. 23. Januar 2025, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 23. Januar 2025]).
  21. a b Scholz kritisiert „Vollzugsdefizite bei den bayerischen Behörden“. In: Die Welt. 23. Januar 2025 (welt.de [abgerufen am 23. Januar 2025]).
  22. Marcel Leubecher: Tödliche Attacke eines Afghanen: „Mir ist es völlig gleichgültig, wer diesen Weg politisch mitgeht. Ich gehe keinen anderen“. In: welt.de. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  23. Nach Angriff in Aschaffenburg: Kritik an Merz' Asyl-Äußerungen. In: tagesschau.de. 24. Januar 2025, abgerufen am 24. Januar 2025.
  24. „Eine solche Zurückweisung an den deutschen Binnengrenzen ist ohne weiteres zulässig“. In: Die Welt. 24. Januar 2025, abgerufen am 24. Januar 2025.
  25. Nach Angriff in Aschaffenburg: Polizeigewerkschaft hält Merz-Forderung nach flächendeckenden Grenzkontrollen für nicht umsetzbar. In: mdr.de. 24. Januar 2024, abgerufen am 24. Januar 2025.
  26. https://www.rnd.de/politik/terror-oder-wahnsinn-aschaffenburg-und-magdeburg-werfen-fragen-auf-psychische-krankheiten-H6Q5IEEWLFBPNOQ7X4MSNBNZPQ.html
  27. Frederik Eikmanns, Konrad Litschko: Politische Verantwortung: Jenseits der Scheindebatte. In: Die Tageszeitung: taz. 24. Januar 2025, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 25. Januar 2025]).
  28. Demos in A'burg am Abend nach Bluttat. In: primavera24.de. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
  29. Höcke bei AfD-Gedenkveranstaltung in Aschaffenburg. In: Radio Primavera, 24. Januar 2025. Abgerufen am 24. Januar 2025.

Koordinaten: 49° 58′ 32″ N, 9° 9′ 7″ O

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