Merkelzellkarzinom
Klassifikation nach ICD-10 | |
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C44 | Sonstige bösartige Neubildungen der Haut |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Das Merkelzellkarzinom oder kutane neuroendokrine Karzinom der Haut ist ein sehr seltener bösartiger Hauttumor. Die Namensgebung beruht auf ultrastrukturellen Ähnlichkeiten mit den Merkel-Zellen der Epidermis, wobei heute nicht mehr davon ausgegangen wird, dass die Merkel-Zellen die Ausgangszellen der neoplastischen Transformation darstellen.[1][2]
Die Inzidenz beträgt 0,1 bis 0,3 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner und Jahr. Die typischerweise im hohen Lebensalter auftretenden und rötlich-kugelig aussehenden Tumoren wachsen bevorzugt – aber nicht nur – an chronisch lichtexponierten Hautstellen des Gesichtes und der Extremitäten. Ulzerationen des Tumors sind selten. Es wird ein Zusammenhang von Tumorentstehung und UV-Exposition vermutet.[3] In Regionen mit größeren Abstand vom Äquator sind die Mehrzahl der Erkrankungen mit dem 2008 entdeckten Merkelzell-Polyomavirus assoziiert.[4]
Diagnose
Die Diagnose wird durch Probeentnahme und feingewebliche Untersuchung gestellt. Zusätzlich ist immer eine immunhistochemische Untersuchung erforderlich, um die Abgrenzung von anderen ähnlich aussehenden Geschwülsten zu ermöglichen. Da Merkelzellkarzinome häufig über die Lymphwege metastasieren, wird außer der Schnittbildgebung (CT, MR) eine Sentinellymphknotenbiopsie empfohlen.[5]
Entsprechend der AJCC Klassifizierung von 2017 wird die Erkrankung in Abhängigkeit ihrer klinischen Charakteristika in verschiedene Stadien unterteilt:[6]
- Stadium I (Patienten mit Primärtumorgröße ≤2 cm)
- Stadium II (Patienten mit Primärtumorgröße >2 cm)
- Stadium III (Patienten mit positivem Lymphknotenbefall)
- Stadium IV (Patienten mit Fernmetastasen)
In den Stadien I und II wird unterschieden, ob der lokoregionäre Lymphknoten nur klinisch oder mittels Sentinellymphknotenbiopsie als frei von Metastasen befundet wurde. Im ersten Fall ist die Prognose schlechter, da in fast einem Drittel der Fälle Mikrometastasen unerkannt bleiben.
Die Mehrzahl der Erkrankungen (35–52 %) wird im Stadium I diagnostiziert, gefolgt von Stadium III (23–35 %), Stadium II (15–26 %) und schließlich Stadium IV (5–12 %).[7][8][9][10][11][12] Ein Lokalrezidiv oder das Auftreten von Metastasen wird in der Regel innerhalb der ersten drei Jahre nach Diagnosestellung beobachtet und geht mit einer schlechten Prognose einher.[13] Am häufigsten von der Metastasierung betroffen sind die ableitenden und andere Lymphknoten, Haut, Lunge, und Leber; Knochen und das zentrale Nervensystem sind nur selten Ort einer Metastasierung.[14][15]
Die Rezidivrate beim Merkelzellkarzinom ist hoch, jedoch fehlen aufgrund der Seltenheit des Tumors und die Besonderheiten der betroffenen Patienten exakte Zahlen. Obwohl z. B. berichtet wurde, dass fast die Hälfte der Patienten mit positivem Sentinellymphknoten innerhalb von drei Jahren ein Rezidiv erleiden, muss hier doch von einem gewissen Bias ausgegangen werden.[16] Retrospektive Studien werden oft von größeren Zentren verfasst an die insbesondere Patienten mit schlechteren Verlauf, z. B. eine eingetretene Metastasierung, verwiesen werden; Patienten mit günstigen Verlauf werden dort weniger häufig gesehen.
Therapie
Die Tumoren werden mit Sicherheitsabstand chirurgisch entfernt, und es wird eine Biopsie des Wächterlymphknotens (Sentinellymphknotenbiopsie) empfohlen. Zusätzlich zur Operation sollte eine Bestrahlung des Tumorbettes und der lokoregionären Lymphabflussstation erfolgen.
Systemtherapien werden in der Regel nur bei Patienten mit metastasiertem Merkelzellkarzinom (Stadium IV) eingesetzt. Als Therapie der ersten Wahl gilt gemäß Deutscher und Internationaler Leitlinien eine Immunmodulation mit Immuncheckpoint-blockierenden Antikörpern, die sich gegen PD-L1 oder PD-1 richten.[17] Im September 2017 wurde der anti-PD-L1 Antikörper Avelumab zur Behandlung des Merkelzellkarzinoms in der EU zugelassen.[18]
In Fällen des fehlenden Ansprechens auf eine Immuntherapie, besteht weiterhin die Indikation zu einer Chemotherapie, insbesondere bei Symptomen durch die Tumormetastasen. Grundsätzlich gilt das metastasierte Merkelzellkarzinom als chemo-sensitiver Tumor mit hoher Ansprechrate, allerdings ist das Therapieansprechen oft nur von kurzer Dauer.[19] Auch in der zweiten Chemotherapielinie können Patienten noch profitieren, aber die Ansprechraten sind geringer.[20] Neben Monotherapien mit Anthrazyklinen oder Taxanen werden auch Kombinationstherapien mit Platinderivaten und Etoposid eingesetzt. Vergleichende Studien bezüglich Wirksamkeit der verschiedenen Chemotherapieregime fehlen.[21][22]
Daher gibt es einen hohen Bedarf an klinischen Studien, die neue Substanzen untersuchen, die zu andauerndem Therapieansprechen beim metastasierten Merkelzellkarzinom führen.
Die Prognose hängt sehr vom Stadium der Erkrankung ab und ist bei Tumoren in der Hals-Kopf-Region oder am Rumpf schlechter. Auch Männer und Patienten mit Immunsuppression haben schlechtere Perspektiven.[23]
Risikofaktoren
Das Merkelzellkarzinom ist häufiger bei Patienten mit einer Immunsuppression, z. B. durch hämatologischen Erkrankungen, Organtransplantationen oder AIDS und zeigt bei diesen Patienten einen aggressiveren Verlauf.
Weitere Risikofaktoren sind Alter, helle Haut, vorhergehende bösartige Tumorerkrankungen und chronische UV-Exposition.[24]
Siehe auch
- Neuroendokrines Karzinom
Quellen und Einzelnachweise
- ADO-Leitlinie: Merkelzellkarzinom (MZK, MCC, neuroendokrines Karzinom der Haut) – Update 2018, AWMF-Registernr.: 032-023, Qualitätsstufe S2k
- ↑ C. M. Sauer, A. M. Haugg, E. Chteinberg, D. Rennspiess, V. Winnepenninckx: Reviewing the current evidence supporting early B-cells as the cellular origin of Merkel cell carcinoma. In: Critical Reviews in Oncology/Hematology. Band 116, August 2017, ISSN 1879-0461, S. 99–105, doi:10.1016/j.critrevonc.2017.05.009.
- ↑ J. C. Becker: Merkel cell carcinoma. In: Annals of Oncology. Band 21, suppl_7, 1. Oktober 2010, ISSN 0923-7534, S. vii81–vii85, doi:10.1093/annonc/mdq366 (oup.com [abgerufen am 19. September 2017]).
- ↑ on behalf of the International Workshop on Merkel Cell Carcinoma Research (IWMCC) Working Group, Paul W. Harms, Kelly L. Harms, Patrick S. Moore, James A. DeCaprio: The biology and treatment of Merkel cell carcinoma: current understanding and research priorities. In: Nature Reviews Clinical Oncology. Band 15, Nr. 12, Dezember 2018, ISSN 1759-4774, S. 763–776, doi:10.1038/s41571-018-0103-2, PMID 30287935, PMC 6319370 (freier Volltext) – (nature.com [abgerufen am 13. September 2021]).
- ↑ Andreas Stang, Jürgen C. Becker, Paul Nghiem, Jacques Ferlay: The association between geographic location and incidence of Merkel cell carcinoma in comparison to melanoma: An international assessment. In: European Journal of Cancer. Volume 94, 1. Mai 2018, S. 47–60, doi:10.1016/j.ejca.2018.02.003.
- ↑ Celeste Lebbe, Jürgen C. Becker, Jean-Jacques Grob, Josep Malvehy, Veronique del Marmol: Diagnosis and treatment of Merkel Cell Carcinoma. European consensus-based interdisciplinary guideline. In: European Journal of Cancer. Band 51, Nr. 16, S. 2396–2403, doi:10.1016/j.ejca.2015.06.131 (elsevier.com [abgerufen am 19. September 2017]).
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- ↑ Systematic literature review of efficacy, safety and tolerability outcomes of chemotherapy regimens in patients with metastatic Merkel cell carcinoma. In: Future Oncology. Band 13, Nr. 14, 28. März 2017, ISSN 1479-6694, S. 1263–1279, doi:10.2217/fon-2017-0072 (futuremedicine.com [abgerufen am 19. September 2017]).
- ↑ NCCN: Merkel Cell Carcinoma guidelines Version 1. (PDF) Abgerufen am 19. September 2017.
- ↑ S2k – Kurzleitlinie – Merkelzellkarzinom (Memento des Originals vom 18. Februar 2017 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Dirk Schadendorf, Céleste Lebbé, Axel zur Hausen, Marie-Françoise Avril, Subramanian Hariharan: Merkel cell carcinoma: Epidemiology, prognosis, therapy and unmet medical needs. In: European Journal of Cancer. Band 71, S. 53–69, doi:10.1016/j.ejca.2016.10.022 (elsevier.com [abgerufen am 19. September 2017]).
Weblinks
- Merkelzell-Karzinom auf der Website „Die Online-Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin“ von Peter Altmeyer, Universitätshautklinik Bochum
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Ed Uthman from Houston, TX, USA, Lizenz: CC BY-SA 2.0
This large tumor presented as a protuberant mass on the buttock of a 45-year-old woman. Microscopically it showed sheets of undifferentiated cells with high nuclear/cytoplasmic ratio, a high mitotic rate, a occasional inconspicuous nucleoli.
Immunostains showed strong dot-like and diffuse cytoplasmic positivity for cytokeratins 20, CAM5.2, and AE1-AE3, as well as granular staining for synaptophysin and chromogranin. There were negative reactions for cytokeratin 7, gross cystic disease fluid protein 15, melan-A, S-100 protein, and thyroid transcription factor 1-alpha.
Even though the histologic features and immunostain profile was characteristic of a primary skin tumor, the presentation is atypical. Usually, Merkel cell carcinoma presents on the sun-exposed areas of elderly individuals. Therefore, the pathologist recommended workup for the possibility of another primary site, including lung, female genital tract, salivary gland, and other cutaneous site.Autor/Urheber: Patrick S. Moore, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Photomicrograph of Merkel cell carcinoma infiltrating the skin (arrow). Tumor cell nuclei are stained brown by an antibody to the Merkel cell polyomavirus large T antigen.
Autor/Urheber: Klaus D. Peter, Wiehl, Germany, Lizenz: CC BY 3.0 de
Merkelzellkarzinom der Ohrmuschel bei 94jähriger Patientin.